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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Mehr Vorgaben für Bauherren in Osnabrück
 
Weitere Bauvorschriften – fürs Stadtklima
Zwischenüberschrift:
Osnabrück will Zahl der Gründächer erhöhen und Frischluftschneisen schützen
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Wer in Osnabrück bauen will, wird künftig noch stärker ökologische Aspekte berücksichtigen müssen als jetzt schon. Ein Beispiel: Sowohl Großinvestoren als auch Familien werden in neuen Baugebieten künftig Dachflächen ab 50 Quadratmeter Größe begrünen müssen. Außerdem will die Stadt ihre grünen Finger besser schützen und für mehr Grün in neuen Baugebieten sorgen.

Um ein starkes Signal an Investoren zu senden, haben die Ratsfraktionen im jüngsten Stadtentwicklungsausschuss unterstrichen, dass sie alle geschlossen hinter dem Paket stehen. Kommende Woche wird der Rat voraussichtlich die neuen verschärften Vorgaben beschließen. Es ist ein Versuch, das Stadtklima zu schützen, wenn die letzten freien Flächen Osnabrücks bebaut werden.

Osnabrück Wie es um das Stadtklima bestellt ist, zeigt sich bei den aktuell hohen Sommertemperaturen: Es ist heiß und stickig in einem Großteil des Stadtgebiets. Das ist nicht nur ein subjektives Empfinden, sondern wissenschaftlich untermauert. Die Stadtverwaltung formuliert es in ihrer Beschlussvorlage zur Berücksichtigung ökologischer Belange in der Bauleitplanung so: Das Stadtklimagutachten 2017 hat gezeigt, dass sich der Wärmeinseleffekt in der Stadt aufgrund der schlechteren Durchlüftung und des hohen Versiegelungsgrades inzwischen auf weite Teile des Siedlungsgebietes ausgedehnt hat.″

Mehr Gründächer

Einen kleinen Beitrag zur Verbesserung des Stadtklimas sollen künftig alle Bauherren leisten sowohl Familien als auch größere Investoren: Sie werden mehr noch als bislang verpflichtet, Flachdächer und flach geneigte Dächer zu begrünen. Bislang gilt das bei Neubauten nur für Dachflächen mit mehr als 200 Quadratmeter Größe; künftig will die Stadt eine Begrünungspflicht schon ab 50 Quadratmeter Dachfläche in ihren Bebauungsplänen festsetzen. Und dabei geht es nicht nur ums reine Grün: Auch eine zehn Zentimeter dicke Substratschicht soll festgeschrieben werden, da diese Regenwasser aufnehmen kann. Die Verdunstung dieses Wassers wiederum führt zu einem Kühleffekt und kommt so dem Stadtklima zugute. Eine Kombination aus Grün- und Solardach soll auch weiterhin zulässig sein.

Außerdem will die Stadt die Energie-Mindeststandards für gewerbliche Neubauten, die nicht bewohnt werden, erhöhen. So müssen künftig die Anforderung der Energieeinsparverordnung also eine Reduzierung des Wärmeenergieverbrauchs zum Beispiel durch Dämmung und die verstärkte Nutzung regenerativer Energien um 20 Prozent unterschritten werden. Die Vorgaben werden in städtebaulichen Verträgen mit Investoren gemacht, und deren Einhaltung soll künftig strenger kontrolliert werden unter Androhung hoher Vertragsstrafen, falls ein Investor sich nicht daran hält.

Die größten Änderungen bei der Berücksichtigung ökologischer Kriterien für die Baulandentwicklung gibt es bei der Ausweisung neuer Baugebiete. So soll die Freihaltung der grünen Finger hohes Gewicht bekommen. Grüne Finger sind die Grünflächen, die von allen Seiten wie Finger in die Stadt hineinragen (Grafik) und für deren Erforschung der Stadt aktuell mehr als eine Million Euro an Bundesfördermitteln zur Verfügung stehen.

Neue Baugebiete sollen außerdem ausreichend mit öffentlichem Grün″ bestückt werden vorrangig mit klimaangepassten heimischen Gehölzen″, wie es in der Beschlussvorlage heißt. Und wenn Flächen versiegelt werden, sollen die gesetzlich vorgeschriebenen Kompensationsmaßnahmen ausschließlich auf öffentlichen Flächen erfolgen, damit auch die Allgemeinheit etwas davon hat, wenn als Ersatz für zugebaute Grünflächen neue entstehen.

Baugebiete, die an die freie Landschaft angrenzen, sollen fortan mit heimischen Gehölzen eingegrünt″ werden. Und dann gibt es auch noch einen Passus zum Schutz von Fledermäusen: Straßenlaternen sollen nur noch mit Leuchmitteln bestückt werden, die eine geringere Lockwirkung auf Insekten und damit auch auf Fledermäuse haben.

All diese Punkte zu Natur und Landschaft spielten auch bislang schon eine Rolle bei Bebauungsplanverfahren doch wenn der Rat sie jetzt formal beschließt, ist ihre Berücksichtigung künftig nicht mehr freiwillig, sondern Pflicht. Die Freihaltung der grünen Finger betrifft beispielsweise einen Teil der 16 Hektar großen Fläche östlich des Schinkeler Friedhof, die die Stadt im Frühjahr 2018 einem Landwirt abgekauft hatte, um dort Bauland zu schaffen.

Signal an Investoren

Monatelang hatten sich die Ratsfraktionen über die neuen Vorgaben in einem Arbeitskreis Gedanken gemacht. Verena Kämmerling (CDU) bezeichnete das Ergebnis jetzt als guten Kompromiss″, Sebastian Bracke (Grüne) als eine wichtige Vorlage für eine gesunde Stadtentwicklung″. Bracke: Am wirksamsten ist es nach außen, wenn wir eine Einstimmigkeit hinkriegen, dann können wir geschlossen gegenüber Investoren auftreten.″

Denn die beklagen, dass das Bauen durch immer neue Vorschriften immer teurer und komplizierter werde. Die FDP-Fraktion hatte zwar kurz vor der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses noch kleine Änderungswünsche eingebracht, blitzte damit aber ab. Wir haben Zeit genug gehabt, uns damit inhaltlich auseinanderzusetzen″, sagte Rita Feldkamp (CDU).

Jens Meier (Grüne) brachte es so auf den Punkt: Es geht hier um ein Signal: Die Notwendigkeit, Wohnraum zu schaffen, und die Notwendigkeit, ressourcen- und klimaschonend zu bauen, lassen sich nicht gegeneinander ausspielen.″ Einstimmig bei Enthaltung der FDP gab der Ausschuss dem Rat die Empfehlung, die ökologischen Kriterien in seiner Sitzung am 3. September so zu beschließen.

Bildtext:
Bäume, Gründächer und Frischluftschneisen rund um die grünen Finger kühlen die Stadt damit es im Sommer nicht unerträglich heiß wird.
Fotos:
imago/ Marius Schwarz, dpa/ Stephanie Pilick

Kommentar
Balanceakt

Die Stadt steckt in einem Dilemma: Einerseits braucht Osnabrück dringend neue Wohnungen andererseits wird es immer stickiger im Stadtgebiet. Und jedes neue Haus lässt Grün verschwinden.

Wenn erst die letzten noch verfügbaren Freiflächen bebaut sind, ist es zu spät. Die zusätzlichen Regelungen zur Berücksichtigung ökologischer Belange in der Bauleitplanung sind daher grundsätzlich zwar der richtige Schritt. Doch wenn die Stadt künftig von Bauherren und das sind auch Familien verlangt, dass sie ihre Dächer begrünen, bedeutet das für die Betroffenen erst einmal höhere Kosten. Familien müssen sie selbst schultern, und Investoren geben sie an die künftigen Mieter weiter.

Schon jetzt klagt jeder, der ein Haus baut, über die hohe Zahl der Bauvorschriften, die das Bauen verteuern und verlangsamen. Bis sämtliche Dokumente geprüft und der Bauantrag endlich genehmigt ist, vergeht viel Zeit Zeit, die Osnabrück eigentlich nicht hat, da der Bedarf an Wohnungen aktuell so hoch ist.

Es ist daher kein gutes Signal, wenn die Stadt die zusätzlichen Belastungen zugunsten der Umwelt an die Bauherren weitergibt, ohne an anderer Stelle Enlastung zu schaffen. Das erstickt das nötige Verständnis für Umwelt und Stadtklima im Keim.

s.dorn@ noz.de
Autor:
Sandra Dorn


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