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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Osnabrücker Ampeln mit Steckenpferden
 
Steckenpferdreiter als Ampelmännchen?
Zwischenüberschrift:
Osnabrück berät über eigenes Symbol / Rechtliche Hürden sind hoch, aber nicht unüberwindbar
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Otto Waalkes ist bis heute ein Vorbild für viele Komiker aber dass er einmal ein Fall für eine Diskussion unter Verkehrsrechtlern werden könnte, hätte sich der Oberostfriese vermutlich auch nicht träumen lassen. Doch seit einigen Wochen sind die juristischen Hürden übersprungen, und in Ottos Heimatstadt Emden gibt es Fußgängerampeln mit seiner Silhouette. Vom 08/ 15-Ampelmännchen abzuweichen liegt spätestens seitdem im Trend. Auch in Osnabrück wird nun darüber nachgedacht. Das Symbol der Wahl soll ein kleiner Steckenpferdreiter sein. Eine Verwaltungsmitarbeiterin hatte die Idee, die bei der Osnabrück-Marketing und Tourismus GmbH (OMT) schon auf Zustimmung gestoßen ist. Ob es dazu kommt, wird wie in Emden aber vor allem von den Juristen abhängen.

Osnabrück Emden hat das Otto-Waalkes-Ampelmännchen, in Hameln zeigen Fußgängerampeln den stadtbekannten Rattenfänger, in Mainz verzieren Mainzelmännchen das Lichtsignal. Und in Osnabrück? Da keimt die Idee auf, Steckenpferdreiter als Ampelsymbol zu etablieren. Hat der Vorschlag eine Chance?

Die Stadtverwaltung diskutiert derzeit über eine Idee, die vermutlich mehr Haken als Vorteile hat. Trotzdem will sie niemand sofort abbügeln denn sie hat Charme. Der Vorschlag: Osnabrück soll eigene Ampelmännchen bekommen und zwar mit dem Umriss eines Steckenpferdreiters.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Ampelmännchen-Idee in Osnabrück aufflammt. Nun hat sie allerdings erstmalig den Status eines offiziellen Verwaltungsvorgangs erreicht. Im April sei die Anregung über das interne Vorschlagswesen eingegangen, bestätigt Stadtsprecher Sven Jürgensen Informationen unserer Redaktion. Auf diesem Weg können städtische Mitarbeiter Ideen einreichen, wie Osnabrück und seine Behörden besser werden können etwa im Bereich Bürgerfreundlichkeit und - zufriedenheit.

Der Vorschlag für neue Ampelmännchen kam von einer Mitarbeiterin der Verwaltung. So wie Berlin die Ostampelmännchen und Hameln den Rattenfänger als Ampelmotiv hat, könnte Osnabrück ebenfalls ein Alleinstellungsmerkmal in Grün bekommen, so die Idee. Konkret schlägt die Mitarbeiterin den Umriss eines Steckenpferdreiters vor. Der Reiter stehe symbolisch für die Friedensstadt und würde den Friedensgedanken im Stadtbild sichtbar machen.

Allerdings gibt es an Lichtzeichenanlagen oder Lichtsignalanlagen, wie Ampeln im Behördendeutsch heißen, zahlreiche rechtliche und technische Anforderungen. Denn in erster Linie dienen sie natürlich der Sicherheit und nicht der Imagebildung einer Stadt.

Diese Hürden können den stilistischen Ampelalleingang einer Stadt erschweren und beschäftigen in Osnabrück derzeit den Fachbereich Geodaten und Verkehrsanlagen. Der kümmert sich wie es der Name sagt um die städtische Verkehrsführung. In einer ersten Einschätzung hatten die Verkehrsexperten dem Steckenpferdreiter-Vorschlag eher skeptisch gegenübergestanden. Wegen der Beliebtheit der Idee prüfen sie ihn nun aber erneut auf Machbarkeit, berichtet Stadtsprecher Jürgensen.

Lernen kann Osnabrück dabei von einer Stadt wie Emden. Nach langen Diskussionen enthüllte der Komiker Otto Waalkes dort im Juni eine Ampel mit seinem eigenen Konterfei in Hüpfpose.

Zunächst wollte Ottos ostfriesische Heimatstadt die berühmten Ottifanten aus seiner Feder als Ampelmotiv und somit als städtisches Wahrzeichen etablieren. Das ließ sich allerdings mit der deutschlandweit geltenden Straßenverkehrsordnung nicht machen. Denn dort heißt es: Im Lichtzeichen für Fußgänger muss das rote Sinnbild einen stehenden, das grüne einen schreitenden Fußgänger zeigen.″ Rüsseltiere als Fußgängersymbol seien von der Formulierung eher nicht gedeckt, interpretierte die Emdener Stadtverwaltung. Es müssten wohl menschliche Umrisse sein.

Ein Steckenpferd hätte es also eher schwer aber ein Steckenpferdreiter? Die Symbole müssen eindeutig und zugleich allgemeinverständlich sein″, betont Jürgensen von der Stadt Osnabrück. Zudem sei der Steckenpferdreiter ein eher filigranes Symbol. Ließe es sich grafisch so realisieren, dass ausreichend grüne Fläche auf schwarzem Hintergrund angezeigt würde? Auch darüber wird in Osnabrück derzeit nachgedacht.OMT angetan

Auf viel Gegenliebe stieß der Vorschlag bei der Osnabrück-Marketing und Tourismus GmbH (OMT), wie der Stadtsprecher berichtet. Die Kollegen würden eigene Ampelmännchen für Osnabrück sehr positiv sehen und haben die Idee begrüßt.″

Ampeln zeigen an, wer geht und wer steht. Sie regeln aber nicht nur den Verkehr, sie können auch Identität stiften. In Deutschland weiß man das spätestens, seit im Gebiet der ehemaligen DDR die beliebten Ost-Ampelmännchen flächendeckend der schmaleren Westvariante weichen sollten. Gegen den symbolträchtigen Austausch regte sich Widerstand in der Bevölkerung. Die Folge: Die Ostmännchen kamen zurück. Von den Ampeln prangte wieder ein gedrungenes Männchen mit Hut statt des klassisch-gestreckten Fußgängersignals. Heute sind die DDR-Männchen nicht nur beliebte Motive auf Touristen-Mitbringseln aus Berlin sie gelten als das plakative Ostalgiesymbol schlechthin.

Viele Städte setzten in den vergangenen Jahren auf einen ähnlichen Marketing-Effekt per Ampelschaltung. In Augsburg etwa zeigt eine Ampel das Kasperle des Marionettentheaters Augsburger Puppenkiste. In Worms strahlt bei Grün ein Martin-Luther-Umriss, am Friedberger Elvis-Presley-Platz schwingt das grüne Ampelmännchen galant die Hüfte wie einst der King of Rock n′ Roll″.

Taugt der Steckenpferdreiter als Osnabrücker Pendant zur Friedberger Elvis-Ampel? Ist das Symbol überhaupt bekannt genug? Auch darüber wird in Osnabrück diskutiert werden. Entschließt sich die Stadt, den Vorschlag voranzutreiben, hätte theoretisch auch das Land Niedersachsen als oberste Verkehrsbehörde ein Wörtchen mitzureden.Bundesrecht beachten

Grundsätzlich sind in Niedersachsen die unteren Verkehrsbehörden, in diesem Fall die Stadt Osnabrück, für die Umsetzung der Straßenverkehrsordnung (StVO) verantwortlich. Das Recht, Verkehrszeichen zu erfinden, liege allerdings allein beim Bund, erklärt Eike Frenzel, Sprecher des niedersächsischen Verkehrsministeriums. Sollte eine offizielle Anfrage, etwa von der Stadt Osnabrück, nach einem abweichenden Ampelsymbol an das Landesverkehrsministerium gerichtet werden, würde diese selbstverständlich geprüft″, teilt der Sprecher mit. Es bestünden aber erhebliche rechtliche Bedenken gegen das beabsichtigte Lichtzeichen, die aller Voraussicht nach zu einer Ablehnung führen würden″.

Stirbt damit die Idee, bevor sie richtig zum Leben erweckt wurde? Nicht unbedingt. Denn wo kein Kläger, da kein Richter. Zwangsweise anhören müsste die Stadt das Verkehrsministerium zumindest nicht. Gegen den Emdener Hüpf-Otto als Ampelmotiv schritt das Ministerium auch nicht ein.

Wie geht es also weiter? Zunächst kommt es auf die Bewertung des städtischen Fachbereichs für Verkehrsanlagen an. Senken die Experten den Daumen, wäre die Idee vorerst begraben. Geben sie grünes Licht, könnte sich die Verwaltung über eine konkrete Umsetzung Gedanken machen. Etwa: Wie viele Ampeln sollten überhaupt umgerüstet werden? Das wäre nicht zuletzt auch eine finanzielle Frage. In Emden rechnete die Verwaltung mit Kosten von 2500 Euro pro Otto-Ampel.

Bremst die Verkehrsbehörde die Idee nicht aus, könnte sich das auch für die Ideengeberin lohnen. Mitarbeiter der Stadt, deren Verbesserungsvorschlag umgesetzt wird, können mit einer Prämie rechnen. Im Herbst tagt die Vorschlagskonferenz der Stadt zum nächsten Mal. Spätestens dann wird klar sein, ob Osnabrücks eigenes Ampelmännchen eine Chance bekommt.

Bildtext:
Vorerst nur eine Fotomontage: der Steckenpferdreiter als Ampelmännchen.
Foto:
imago images/ Westend61, Jörn Martens/ Collage: Matthias Michel

Kommentar
Idee nicht gleich ausbremsen

Die Straßenverkehrsordnung ist kein x-beliebiges Gesetzeswerk. Sie regelt allumfassend, wie sich Verkehrsteilnehmer auf unseren Straßen und Plätzen bewegen dürfen. Ihr oberstes Ziel ist die Sicherheit. Um es zu erreichen, gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.

Von allen Gruppen im Verkehr ist der Fußgänger der schwächste. Einen Fußgänger umgibt kein dicker Panzer, wenn er eine Straße überquert. Er muss darauf vertrauen, dass die Regeln und Verkehrszeichen, die auf unseren Wegen gelten, ihn schützen. Deshalb trifft die Straßenverkehrsordnung genaue Vorgaben, wie diese Verkehrs- und Lichtzeichen auszusehen haben. Jeder soll sie sofort verstehen und befolgen können.

Entscheidet sich eine Stadt entgegen der StVO dafür, ein eigenes Ampelmännchen einzuführen, muss sie deshalb genau abwägen: Wie hoch ist das Risiko, dass das Alternativsymbol ablenkt oder missverstanden wird und damit Unfälle provoziert?

Sollte die Stadt Osnabrück also ausgerechnet am ohnehin schon unübersichtlichen Neumarkt oder an vierspurigen Wallabschnitten neue Ampelumrisse in Rot und Grün vorsehen, wäre sie schlecht beraten.

Das steht aber ohnehin nicht zur Debatte. Andere Städte, die eigene Ampelmännchen entwarfen, zeigen eine sinnvolle Marschroute: Ihre Lichtsignale leuchten nicht an Hauptverkehrsadern sondern an zentralen Fußgängerwegen und bedeutenden Plätzen, über die sich keine Massen von motorisiertem Verkehr schieben.

Im ruhigeren Osnabrücker Altstadtbereich könnte der Steckenpferdreiter in Grün erstrahlen, ohne dass er für gefährliche Irritationen sorgt. Wer hier unterwegs ist, hat vielleicht sogar die Zeit, innezuhalten und sich zu fragen, auf was für ein Symbol er dort eigentlich gerade blickt. So bekommt der Osnabrücker Friedensgedanke eine sichtbare Präsenz in der Stadt, die ganz nebenbei auch zum Emblem für Touristen-Mitbringsel taugt. m.baars@ noz.de
Autor:
Meike Baars


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