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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Initiative will Dürre-Tod der Bäume stoppen
 
„Wenn Bäume schreien könnten...″
Zwischenüberschrift:
Private Initiative will das Stadtgrün vor dem Verdursten retten / Treffen am Freitag
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Baumschulgärtnerin Dagmar Lücke ruft zur Gründung einer privaten Initiative zur Rettung des Osnabrücker Stadtgrüns auf. Am kommenden Freitag soll es ein erstes Treffen geben, um ein Netzwerk zum Bewässern und zur Pflege der vom Dürre-Tod bedrohten Bäume zu knüpfen. Lücke befürchtet, dass es zu einem massenhaften Baumsterben in der Stadt kommen wird, wenn die Pflanzen nicht fachgerecht beschnitten und regelmäßig mit Wasser versorgt werden. Zehn bis zwölf Mitarbeiter des Service-Betriebes (OSB) sind täglich mit ebenso vielen Fahrzeugen im Einsatz, um Jungbäume zu wässern. Die Lage ist dramatisch″, bestätigte OSB-Sprecherin Katrin Hofmann. Altbäume zu gießen mache aber keinen Sinn.

Osnabrück Dagmar Lücke will dem Sterben nicht mehr tatenlos zusehen. Die Baumschulgärtnerin ruft zur Gründung einer privaten Initiative auf, die die Stadtbäume vor dem Dürre-Tod retten soll. Die Stadtgärtner allein schafften es nicht, die Katastrophe aufzuhalten, sagt sie. An diesem Freitag ist das erste Treffen der Initiative.

Wenn die Bäume schreien könnten, hätten wir ohrenbetäubenden Lärm in der Stadt″, sagt die Osnabrückerin, die in Melle eine Bonsai-Baumschule betreibt und es von ihrer Wohnung nicht weit hat in den Wald der Gartlage. Täglich hat sie das Drama dort vor Augen und erkennt als Frau vom Fach die Symptome: Linden, Eichen, Buchen, Lärchen stellen sich auf ihren nahenden Tod ein und setzen genetisch programmierte Prozesse in Gang. Die Bäume geben sich selbst auf, um das Überleben der Art zu sichern.

Die Hainbuche zum Beispiel am Rande des Wendehammers in ihrer Straße treibt zurzeit mit aller noch verfügbaren Kraft Früchte aus. Generisches Wachstum″, erklärt Lücke. Der Baum wisse, dass er unter diesen Bedingungen sterben werde, und konzentriere alle Energie auf den Nachwuchs.Wie im Herbst

Die Hainbuche sei aber noch nicht verloren, sagt Lücke, und setzt die Astschere zum Entlastungsschnitt″ an. Sie kappt die langen Zweige, damit der Baum diese jetzt nicht mehr versorgen muss und im nächsten Frühjahr nach innen neu austreiben kann. Solche Entlastungsschnitte müssten eigentlich flächendeckend in der Stadt erfolgen, um möglichst viele Bäume zu retten. Aber wer soll diese Arbeit machen die Fachkenntnis, Zeit und Geld erfordert?

Lücke zeigt auf die Lindenallee bei KME, durch die der neue Radschnellweg führt. Die Asphaltdecke hat den Boden zusätzlich versiegelt. Die Feinwurzeln im weiteren Umfeld des Stammes, die Regenwasser oberflächennah aufnehmen, seien schon abgestorben, sagt Lücke. Sie bleibt vor einer großen, alten Linde in der Allee stehen: Der Baum habe die Fotosynthese eingestellt, bringe die Nahrung nicht mehr in die hohen Spitzen und beginne, die Blätter abzuwerfen. Eine Rotbuche am Waldrand ist schon kahl, der Waldboden darunter mutet herbstlich an. In den Wipfeln hängen hier und da abgebrochene Äste. Beim nächsten starken Wind dürfte es hier Äste hageln. Joggen im Wald das ist im Herbst vorbei″, sagt Lücke. Viele Wälder müssen dann gesperrt werden.″

Drei bis vier Jahre dauert das Sterben eines Baumes. Lücke befürchtet, dass große Teile des innerstädtischen Baumbestandes verloren gehen werden, wenn den Bäumen nicht in den kommenden Wochen und Monaten geholfen wird durch Zurückschneiden und regelmäßige Wässerung. Sie schätzt, dass 100 Liter Wasser pro Woche den dürstenden Bäumen das Leben retten können. Ich hab nachgerechnet: Dafür müsste jeder Osnabrücker seinen Wasserverbrauch um 3, 8 Prozent reduzieren.″

Doch es braucht Fachleute, die erkennen, welche Bäume gegossen werden müssen. Es braucht Menschen, die die gezielte Bewässerung in ihren Straßen organisieren. Und es braucht Menschen, die Schlauch und Gießkanne in die Hand nehmen. Dagmar Lücke will ein Netzwerk von Baumrettern knüpfen und lädt alle, die beim Aufbau mithelfen wollen, zu einem ersten Treffen an diesem Freitag um 19 Uhr im Grünen Jäger (Jägerzimmer) ein.Aus der Kläranlage

Das Bewässern ist aktuell eine zweischneidige Sache. Die Trinkwasserversorgung ist nicht gefährdet, wie die Stadtwerke versichern, doch empfehlen sie, mit der kostbaren Ressource sensibel″ umzugehen. Das heißt: Lieber nicht den Pool füllen, aber bedürftige Jungpflanzen durchaus versorgen. Im vergangenen Jahr rief die Stadt die Bürger zur Gießhilfe auf, darauf hat sie in diesem Jahr bislang verzichtet.

Ein Dutzend Mitarbeiter des Osnabrücker Service-Betriebes (OSB) schwärmt jeden Werktag mit ebenso vielen Tankfahrzeugen aus, um junge Bäume zu gießen, die nicht älter als drei Jahre alt sind. Außerdem versorgen sie Pflanzen in exponierter Lage″, wie OSB-Sprecherin Katrin Hofmann sagte. Trinkwasser nutzt der OSB nicht. Die Tanks werden mit dem frisch geklärten Wasser aus der Kläranlage befüllt, das ansonsten in die Hase geleitet wird.

Wer einen Jungbaum vor seiner Tür habe, solle gern zum Schlauch greifen, so Katrin Hofmann. Alle 60 000 Bäume in der Stadt zu versorgen, sei aber unmöglich und auch nicht sinnvoll. Ein Altbaum braucht bis zu 500 Liter am Tag″, sagte Hofmann. Da mache das Gießen mit der Gießkanne keinen Sinn.

Bildtexte:
Entlastungsschnitt: Dagmar Lücke kappt die langen Äste einer Hainbuche. Die Baumschulgärtnerin will ein Netzwerk zur Rettung der verdurstenden Bäume gründen.
Dem Tode nahe: Die Hainbuche treibt mit letzter Kraft viele Früchte aus, um die Fortpflanzung zu sichern.
Wie im Herbst: Bäume stellen die Fotosynthese ein und werfen ihre Blätter ab.
Fotos:
Jörn Martens
Autor:
Wilfried Hinrichs


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