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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Wald vor dem Kollaps?
Zwischenüberschrift:
Forstgebiete in Deutschland leiden unter Dürre, Schädlingen und Stürmen / Ruf nach einem Masterplan
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Moritzburg Dem deutschen Wald geht es aus verschiedenen Gründen sehr schlecht. Weil es öfter und heftiger stürmt, weniger regnet und sich immer mehr Schädlinge ausbreiten, ist der Wald nach Aussagen des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) gestresst.

Massive Waldschäden von der Ostsee bis zum Bodensee sind die Folge der BUND spricht nach dem Waldsterben in den 80er-Jahren bereits vom Waldsterben 2.0″. Damals warfen durch den veränderten ph-Wert im Boden Bäume Blätter und Nadeln ab und starben. Jetzt kommt aus den unionsgeführten Forstressorts der Länder die Forderung nach einem Masterplan gegen den neuen immensen Waldverlust.

Anfang Juli forderte Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) das Mehrere-Millionen-Bäume-Programm″. Ein Aufforstungsprogramm, das geschätzt mehr als eine halbe Milliarde Euro kosten wird. Geld, das aus dem Energie- und Klimafonds fließen soll. Gestern kam Klöckner mit Vertretern aus Sachsen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern in Moritzburg bei Dresden zusammen. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich Zeit genommen. Gemeinsam besichtigen sie in Auer bei Moritzburg auch ein arg in Mitleidenschaft gezogenes Waldstück.„Massiv geschädigt″

Klöckner will zudem für September einen nationalen Waldgipfel einberufen. Unser Wald ist massiv geschädigt″, sagte sie der Rheinischen Post″. Nur mit vereinten Kräften stemmen wir die Mammutaufgabe, die vor uns liegt, um unseren Wald zu retten nicht nur für uns, sondern für die nachfolgenden Generationen.″ Noch im August werde sie ein Fachgespräch mit Vertretern der Wald-, Holzwirtschafts- und Umweltverbände und der Wissenschaft führen. Es geht nicht nur um Investitionen in Millionenhöhe für Aufforstungen. Sondern auch um die langfristige Anpassung der Wälder an den Klimawandel″, so Klöckner.

Die schlechten Nachrichten aus dem Wald reißen nicht ab″, sagt Sachsens Forstminister Thomas Schmidt (CDU). „ Jeden Tag erreichen uns neue Hiobsbotschaften. Deshalb müssen wir dringend handeln.″ Seinen Angaben zufolge sind seit 2018 bundesweit mehr als 100 000 Hektar Wald von Stürmen, Dürren und Schädlingen geschädigt worden. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) spricht sogar von 120 000 Hektar, die bereits abgestorben sind. Sterben würden demnach vor allem Fichten, aber auch Kiefern, Buchen und Eichen.Keine Monokulturen

Die zu beratende Moritzburger Erklärung″ mit der Forderung nach einem Masterplan zielt darauf, Antworten auf die Frage zu finden, wie der Wald für die Zukunft gewappnet werden kann. Eine Antwort lautet: robustere Mischwälder statt Monokulturen. Letztere sind in weiten Teilen der Bundesrepublik zu finden.

Ein Thema, das im Nationalpark Harz in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen allgegenwärtig ist. Hauptbaumart in dem 25 000 Hektar großen Schutzgebiet wäre von Natur aus die Rotbuche, doch es gibt sie kaum. Knapp zwei Drittel der Fläche sind potenzielle Laubbaumstandorte″, sagt Parksprecher Friedhart Knolle. Aktuell gibt es aber nur auf etwa 20 Prozent der Fläche Laubwald, der Rest sind schädlingsanfällige Fichtenwälder. Die schnell wachsenden Flachwurzler wurden in Zeiten des intensiven Bergbaus im Harz auf verschiedene Weise genutzt.

An der neuen Waldstruktur wird im Nationalpark akribisch gearbeitet, etwa durch jährliche Pflanzungen junger Buchen, Bergahorn oder Erlen. Ungeplante Mitarbeiter″ sind dabei auch die schweren Stürme der vergangenen Monate und der Borkenkäfer. Sie beschleunigen auf ihre Art den Waldumbau, wie er in dem Großschutzgebiet angestrebt wird.

Deutschland ist etwa zu einem Drittel bewaldet. 11, 4 Millionen Hektar Wald gibt es, gut die Hälfte ist laut aktueller Bundeswaldinventur Privateigentum. Der SDW zufolge fehlen wegen der Dürresommer 2018 und 2019 im Schnitt mehr als 200 Liter pro Quadratmeter Regen im Jahr. Vor allem die Wälder im Osten vertrockneten, hieß es.

In der Vorwoche schlug der BUND Alarm. Es müsse großflächig aufgeforstet und parallel eine waldfreundliche Bejagung entwickelt werden. Die Jagd müsse so gestaltet sein, dass eine erfolgreiche natürliche Verjüngung und Wiederaufforstung möglich sei, so der BUND. Für eine gute und sichere Zukunft sei auch mehr Forstpersonal nötig.

Der Bund Deutscher Forstleute (BDF) sieht den Wald gar vor dem Kollaps. Der Wald ist der Klimaretter schlechthin, aber aktuell ist der Wald selbst Opfer der Klimakatastrophe″, heißt es in einer Mitteilung. Der BDF fordert einen nationalen Waldgipfel auf höchster Ebene″ und eine auskömmliche Finanzierung der Aufräumarbeiten im Wald″. Auch die Forschungsarbeit müsse vertieft werden, hieß es.Grüne für Urwald

Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte unterdessen einen Urwald-Plan in Deutschland. Neben dem Waldumbau braucht es auch eine Urwald-Offensive in Deutschland″, sagte sie der Rheinischen Post″. Fünf Prozent der Waldfläche wollen wir der Natur überlassen, sodass dort Natur wieder Natur sein kann, ohne menschliche Eingriffe.″ Der Bund müsse zudem Nadelwälder, die ihm gehören, in Misch- und Naturwälder umwandeln, sagte Göring-Eckardt. Die Bundesregierung dürfe außerdem die Länder im Kampf gegen das Waldsterben nicht alleinlassen. Sie muss den Waldumbau mit einem Waldzukunftsfonds in Höhe von einer Milliarde Euro in den nächsten zehn Jahren unterstützen.″

Bildtext:
Macht sich vor Ort ein Bild: Bundesagrarministerin Julia Klöckner.
Foto:
dpa/ Karsten Koall

Angst vor dem Waldsterben in den 80er-Jahren

Dem deutschen Wald geht es schlecht. Die Rede ist von Notfallplänen, Aufforstungsprogrammen und nationalen Krisengipfeln. Erinnerungen an das große Waldsterben aus den 80er-Jahren werden beschworen.

Was passierte damals? In den 80er-Jahren lösten Bilder von dramatischen Baumschäden und Warnungen von Wissenschaftlern in Westdeutschland emotionale Debatten aus. Es wurde befürchtet, dass sogenannter saurer Regen durch Luftverschmutzung das Land entwalden könnte. Luftschadstoffe wie Schwefel- und Stickoxid aus Industrie- und Autoabgasen schädigten die Pflanzen und führten zu einer Übersäuerung des Waldboden, was diese ebenfalls angriff. Die dramatischen Bilder abgestorbener Wälder entstanden dabei im Windschatten enorm schmutziger großer Braunkohlekraftwerks- und Industriereviere in der damaligen DDR und der Tschechoslowakei. Diese zeigten außerdem auch, dass die Schäden wohl nicht nur durch Luftverschmutzung entstanden. Auch mehrere trockene Sommer und ein sehr strenger Winter trugen wohl dazu bei. In Westdeutschland wurden in der Folge die Abgasvorschriften für Industrieanlagen weiter verschärft, auch Braunkohlekraftwerke und ältere Fabriken mussten mit einer Rauchgasentschwefelung nachgerüstet werden. Ab 1989 galt eine Katalysatorpflicht für Neuwagen. Waldböden wurden als Notmaßnahme teilweise großflächig mit Kalk bestreut, um die schädlichen Säuren zu neutralisieren. Ein Waldsterben in der befürchteten Form blieb aus. Dabei ist nach Ansicht von Experten aber schwer zu sagen, inwieweit dies den Gegenmaßnahmen zuzuschreiben ist.
Autor:
dpa, Sabrina Gorges, AFP


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