User Online: 2 | Timeout: 02:27Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Auf die „Saufbarkeit″ kommt es an
Zwischenüberschrift:
Der große Hype ist vorbei, aber der Durst auf Craft-Bier noch lange nicht erloschen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Biere in der Krise? Das mag aus Sicht der großen Brauereien so sein. Das Bierfest auf dem Osnabrücker Markt kann sich hingegen nicht über mangelnde Besucherzahlen beklagen. Es setzt auch am heutigen Samstag ab 14 Uhr noch einmal auf Vielfalt in Stil und Geschmack.

Es ist die sechste Auflage und mittlerweile ist beim Bierfest auch die Mafia vor Ort. Zum Glück. Denn hier tritt sie nicht undurchsichtig, sondern komplett transparent auf. Und mit Angeboten, die zumindest der neugierig gebliebene Bierfreund nicht ablehnen kann. Wir konzentrieren uns auf untergärige Bierstile wie Helles, Pils oder beispielsweise Doppelbock und Export″, beschreibt es Dario Stieren, diplomierter Braumeister der Munich Brew Mafia (englisch für Münchener Braumafia″).

Unfiltriert und unpasteurisiert stellen die bayerischen Bierpaten ihr flüssiges Hopfengold her. Das verkürze zwar das Mindesthaltbarkeitsdatum, erhöhe aber die Drinkability die Saufbarkeit″, wie es Stieren landestypisch ausdrückt. Die Leute sollen unsere Biere frisch trinken″, lautet die Überzeugung der bajuwarischen Braumafiosi.

So wie der Betrieb von Stieren und seinen Partnern funktioniert die deutsche Craft-Bier-Szene von der Macherseite noch immer: Lust auf (anderes) Bier macht Lust auf den selbstbestimmten Sud, verbunden mit der Lust auf die risikobehaftete Mission, daraus ein Geschäft zu machen. Die sogenannten Craft-Brauer („ craft″ lässt sich aus dem Englischen mit handwerklich″ übersetzen) erhöhten die Zahl deutscher Brauereien im vergangenen Jahr auf 1500.

Gegründet wurde der kleine mafiöse Braubetrieb mit einem Ausstoß von 1000 Hektolitern vor drei Jahren. Damals wie heute war Craft-Bier zwar nicht in aller Munde, aber ein Thema in den Medien. Was ist vom Hype um die Entdeckung von Biervielfalt und neuem Geschmack geblieben? Momentan stagniert es″, sagt Bierfest-Veranstalter Michael Solms.

Der Bierfanatiker (Solms über Solms) wirkt aber überhaupt nicht resigniert. Ja, Craft-Biere in Deutschland fristeten bei einem Marktanteil von höchstens einem Prozent ein Nischendasein. Ja, das liege an der Dominanz der Großbrauereien, die den deutschen Bierkonsum steuerten. Marktführer Krombacher gibt allein 60 Millionen Euro für das Marketing aus″, weiß der Hannoveraner.

Trotzdem und das stimme ihn optimistisch keines der Standardbiere habe die Eier und die Qualität, um mit unseren Bieren mithalten zu können″. Allerdings zeigen auch die sogenannten Fernsehbiere auf dem Osnabrücker Bierfest Flagge. Nur ein bisschen versteckt. Mit einer Art Landbier will beispielsweise Veltins jenseits des hellen Blonden″ geschmacklich überzeugen. Auch der Pils-Nachbar aus Warstein ist da: Aufgegangen in einem hochprozentigen Mischgetränk.

Cesur Yeni hatte die Idee, Bier mit Cocktails zu verschmelzen. Nach viel Tüftelei und objektiv angelegten Geschmacksermittlungen ist der Bremer mit seinem neuen Start-up Cocktailooo″ nun ein Mitreisender auf dem deutschlandweit tourenden Bierfest.

Dessen Erfinder, Michael Solms, muss länger überlegen, fragt man ihn, wie sich sein Bierfest und gar die Bierspezialitäten-Bewegung in der nächsten Zukunft entwickeln werden. Ich wünsche mir, dass die Leute nicht nur zufrieden sind mit dem, was wir ihnen präsentieren, sondern uns fordern, indem sie sagen, wir möchten dieses oder jenes Bier haben.″

Und Solms glaubt an immer neue Entdeckungen von Brauereien aus der ganzen Welt und deren individuellen Biergeschichten. So wie sie die Finne-Brauer aus dem benachbarten Münster und eben die Munich Brew Mafia″ erzählen. Deren Narrativ ist unter anderem eng mit Lokalität und Regionalität verbunden.

Noch. Denn auch Dario Strieren und seine Mit-Brau-Paten wollen genau wie die Kollegen aus Münster durchaus noch wachsen. In Oberbayern wollen wir uns einen Namen machen und irgendwann auch mal national Grenzen erweitern.″ Und wer wollte ihnen das auch verdenken? Solange die Saufbarkeit″ erhalten bleibt, ist an Erfolg schließlich nichts Unanständiges.

Bildtexte:
Fachsimpeln kann man nicht nur über Wein auch verschiedene Bierstile wecken die Diskussionslust.
Bekennender Bierfanatiker: Michael Solms aus Hannover, der Erfinder und Veranstalter des Bierfests.
Die Paten der Münchener Braumafia: Niklas Zerhoch und Dario Stieren (von links).
Fotos:
Michael Gründel
Autor:
Stefan Buchholz


Anfang der Liste Ende der Liste