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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Unter dem Dach der Stadtwerke ?
 
„Wir trauen uns das zu″
Zwischenüberschrift:
Stadtwerke wollen kommunale Wohnungsgesellschaft unter ihrem Dach gründen
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Dass die Stadt Osnabrück eine kommunale Wohnungsgesellschaft gründen soll, haben die Osnabrücker Ende Mai in einem Bürgerentscheid mit großer Mehrheit beschlossen. Knapp drei Viertel der Wähler stimmten dafür. Jetzt geht es um die Frage der konkreten Umsetzung. Die Stadtwerke haben dafür ihren Hut in den Ring geworfen. Sie wollen die kommende Gesellschaft bei sich andocken und die Strukturen nutzen, die mit dem Aufbau ihrer neuen Immobiliensparte seit einem Jahr entstanden sind. Mit Politik und Verwaltung, aber auch mit der Bürgerinitiative für bezahlbaren Wohnraum befinden sich die Stadtwerke aktuell in Gesprächen. Der Rat hatte Ende Mai eine Bürgerbeteiligung bei der Gründung der kommunalen Wohnungsgesellschaft beschlossen.

Osnabrück Vor einem Jahr schon also noch vor dem Bürgerentscheid zur Gründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft hatten die Osnabrücker Stadtwerke beschlossen, in den Wohnungsbau einzusteigen. Inzwischen arbeiten zehn Fachleute in der neuen Wohnungssparte, perspektivisch sollen es 15 werden, sagt Stadtwerke-Vorstand Christoph Hüls.

Auch konkrete Projekte gibt es schon, zwei davon im Neubaugebiet Landwehrviertel. Insgesamt 90 Wohnungen wollen die Stadtwerke mit ihrer Tochter Esos dort erstellen und die sollen durchaus bezahlbar sein. Zu einem Sozialwohnungsanteil von 20 Prozent mit Kaltmieten von 7 Euro pro Quadratmeter habe sich das städtische Tochterunternehmen verpflichtet, sagt Hüls. Und auch bei den restlichen 80 Prozent sollen die Mieten im Neubau unter zehn Euro bleiben.

Mit dem Bürgerentscheid haben sich nun aber die Rahmenbedingungen geändert. Sollte die Stadt eine eigene Wohnungsgesellschaft gründen, würden die Stadtwerke mit ihrer Immobiliensparte künftig schwieriger an Baugrundstücke gelangen, und es gäbe im Prinzip zwei kommunale Wohnungsgesellschaften nebeneinander. Die großen Ratsfraktionen von CDU, SPD und Grünen, deren Vertreter im Aufsichtsrat der Stadtwerke sitzen, tun sich schwer mit dem Gedanken, Doppelstrukturen aufzubauen, und haben durchaus Sympathien für die Idee, die kommunale Wohnungsgesellschaft bei den Stadtwerken anzudocken.

Wir trauen uns das zu″, sagt Stadtwerke-Vorstand Christoph Hüls. Zwei Gründe sprechen aus seiner Sicht dafür: Wir haben jetzt die Ressourcen und sind schnell und wir können als Komplettanbieter auftreten.″ Komplettanbieter heißt: Die Mieter könnten alles aus einer Hand bekommen: Wohnung inklusive Verwaltung, Energie, Wasser, Glasfaseranschluss und noch dazu Parkmöglichkeiten über die Osnabrücker Parkstättenbetriebsgesellschaft (OPG), die zu 94 Prozent den Stadtwerken gehört (und zu sechs Prozent dem Mutterkonzern Stadt). „ Wir können ein Rundum-sorglos-Paket bieten″, betont Hüls.

Aber was hätten die Stadtwerke davon? Das städtische Tochterunternehmen arbeitet gewinnorientiert und erwirtschaftete 2018 einen Überschuss von 8, 1 Millionen Euro drei davon fließen in den städtischen Haushalt. Über ihre Eigensparte Immobilien könnten die Stadtwerke in Zukunft durchaus weitere Gewinne erwirtschaften. Aber falls die Stadtwerke vom Osnabrücker Rat den Zuschlag für die kommunale Wohnungsgesellschaft bekämen, wäre es damit vorbei dann müsste alles, was in der Gesellschaft erwirtschaftet wird, auch in der Gesellschaft bleiben.Neue Geschäftsmodelle

Hüls kalkuliert so: Wenn die Stadtwerke als Komplettanbieter auch in Sachen Energieversorgung und Infrastruktur auftreten würden, könnten sie in genau diesen Sparten profitieren. Fotovoltaik ist die Energie der Zukunft″, meint der Stadtwerke-Vorstand. Er geht davon aus, dass sich künftig immer mehr Haushalte selbst mit Energie versorgen werden, und ist daher auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen.

Viele Fragen sind noch offen, etwa steuer- und vergaberechtliche. Wenn wir anfangen müssen, als Wohnungsgesellschaft alle Leistungen auszuschreiben, dann lassen wir die Finger davon″, so Hüls. Es wäre verrückt, wenn wir da nicht unsere eigenen Produkte anbieten könnten.″

Die Stadtwerke haben weitere Ausschlusskriterien: Eine Sozialwohnungsquote von 100 Prozent mit Mieten von 5, 60 Euro pro Quadratmeter schließt Hüls aus, dann bestehe die Gefahr von sozialen Brennpunkten. Bis zu 50 Prozent seien unter gewissen Voraussetzungen aber machbar. Auch eine Zielvorgabe, beispielsweise 500 Wohnungen pro Jahr zu bauen, wäre unrealistisch, sagt der Stadtwerke-Vorstand ebenso ein Auftrag, alle Wohnungen von der umstrittenen Gesellschaft Vonovia zurückzukaufen und die Mieten zu senken. Da sind wir raus″, so Hüls, auch wenn er sich grundsätzlich durchaus einen Ankauf von schon bestehenden Wohnungen vorstellen könnte.

80 Wohnungen pro Jahr trauen die Stadtwerke sich zu. Die Größenordnung entspricht den Vorstellungen der Stadtverwaltung. Nach 25 Jahren hätte die Stadt dann eine veritable Wohnungsgesellschaft, betont Stadtwerke-Vorstand Hüls. Er könne sich auch vorstellen, in kleineren Baulücken zu bauen und auch im südlichen Teil der Landwehrviertels geht noch was.″

Bildtext:
Über ihr Tochterunternehmen Esos sind die Stadtwerke Osnabrück bereits ins Immobiliengeschäft eingestiegen und wollen 80 Wohnungen pro Jahr bauen. 90 eigene Wohnungen sind bereits im Neubaugebiet Landwehrviertel im Stadtteil Atter geplant.
Foto:
Jörn Martens

Das sagen die drei größten Ratsfraktionen

Fritz Brickwedde (CDU): Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die kommunale Wohnungsgesellschaft unter dem Dach der Stadtwerke angesiedelt wird, das ist der schnellste und effizienteste Weg.″ Festgelegt sei die CDU aber noch nicht. Es mache aus seiner Sicht keinen Sinn, dass wir verschiedene Gesellschaften haben, die kommunalen Wohnungsbau betreiben″. Klar sei, dass städtisches Kapital in der Höhe von mehreren Millionen Euro benötigt werde, wenn die Wohnungsgesellschaft auch staatlich geförderte Wohnungen mit Kaltmieten von 5, 60 Euro pro Quadratmeter anbieten wolle.

Frank Henning (SPD): Ich habe gewisse Sympathien dafür, die Wohnungsgesellschaft bei den Stadtwerken anzusiedeln. Das muss ergebnisoffen geprüft werden.″ So sei es übrigens auch mit den anderen Ratsfraktionen vereinbart worden. Wir sind noch ganz am Anfang des Verfahrens.″

Volker Bajus (Grüne): Ich will, dass die neue kommunale Wohnungsgesellschaft schon bald loslegen kann. Dazu ist es sinnvoll, vorhandene Strukturen und Aktivitäten der Stadt und ihrer Tochtergesellschaften zu nutzen und in einer neuen Gesellschaft zu bündeln. Ineffiziente Doppelstrukturen sind nicht zielführend.″ Es gebe keine Vorfestlegungen. Verwaltung und Politik prüfen in den nächsten Wochen steuerliche, finanztechnische, vergaberechtliche und beihilferechtliche Fragen.″ Alle Vorschläge würden mit dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum beraten, das den Bürgerentscheid herbeigeführt hatte.

Kommentar
Schlüssig und schnell

Die kommunale Wohnungsgesellschaft an die Osnabrücker Stadtwerke anzudocken ist ebenso naheliegend wie sinnvoll.

Da bei dem städtischen Tochterunternehmen bereits die passenden Strukturen geschaffen wurden, wäre dies der schnellste und klügste Weg, um rasch mit den ersten städtischen Wohnungen an den Markt zu gehen und die werden gerade im unteren Preissegment dringend benötigt.

Tatsächlich hatten die Stadtwerke ihren neuen Immobilienbereich überhaupt erst vor dem Hintergrund des Mangels an bezahlbaren Wohnungen in Osnabrück aufgebaut. SPD-Fraktionschef Frank Henning hatte diese Idee im Frühjahr 2018 noch als kommunale Wohnungsgesellschaft durch die Hintertür″ gefeiert, weil sich im Rat partout keine Mehrheit für die Gründung einer Wohnungsgesellschaft fand. Dann kam der Bürgerentscheid, und die Gegner einer Wohnungsgesellschaft im Rat müssen sich dem deutlichen Wählerwillen von 76, 4 Prozent beugen.

In der Stadt Kiel sind seit dem ersten Prüfauftrag des Rates zur Gründung einer Wohnungsgesellschaft schon mehr als drei Jahre vergangen. Das darf Osnabrück nicht passieren. Die Stadt sollte das Angebot ihrer Tochtergesellschaft Stadtwerke annehmen.

s.dorn@ noz.de
Autor:
Sandra Dorn


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