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1.
Erscheinungsdatum:
04.07.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Liebe Anwohner der Rheiner Landstraße...
Zwischenüberschrift:
... das kommt von heute an auf Sie zu
Artikel:
Originaltext:
Werte
Leidensgenossen!
An
der
Knollstraße
haben
wir
hinter
uns
gebracht,
was
Ihnen
an
der
Rheiner
Landstraße
unmittelbar
bevorsteht:
die
Vollsperrung
vor
der
eigenen
Haustür.
Was
rollt
mit
den
Baufahrzeugen
auf
Sie
zu,
wollen
Sie
wissen?
Hier
kommt
die
ungeschönte
Antwort.
Osnabrück
Steigen
wir
mit
der
guten
Nachricht
ein:
Acht
Monate
Vollsperrung
haben
unsere
familieninterne
Ökobilanz
ordentlich
aufpoliert.
Wer
von
der
städtischen
Baustellenplanung
im
eigenen
Wohngebiet
eingekesselt
wird,
der
steigt
gezwungenermaßen
öfter
mal
aufs
Rad.
Die
schlechte
Nachricht:
Die
Luft
vor
unserer
Haustür
war
trotzdem
verschmutzter
als
sonst,
weil
Tiefenbohrungen
und
frischer
Asphalt
dem
befreiten
Durchatmen
nicht
gerade
zuträglich
sind.
Fenster
kann
man
schließen;
das
hält
Gestank
und
Staub
zumindest
draußen.
Das
Nervenkostüm
schützen
die
Glasscheiben
allerdings
nicht.
Es
hat
gelitten
in
den
vergangenen
Monaten,
das
lässt
sich
nicht
schönschreiben.
Rückblickend
kommen
uns
die
acht
Monate
dennoch
kürzer
vor.
Weil
wir
zwar
oft
genervt,
aber
nie
verzweifelt
waren.
Es
gibt
Schlimmeres
als
Baulärm
und
Umwege.
Schlafentzug
zum
Beispiel.
Okay,
an
manchen
Morgen
war
es
doch
schlimm.
Los
ging
es
im
Oktober
2018:
Nach
mehreren
Bauabschnitten
rechts
und
links
von
uns
sperrten
Warnbaken
nun
das
rund
250
Meter
lange
Stück
Knollstraße
ab,
an
dessen
Mitte
unser
Drei-
Parteien-
Haus
steht.
Wie
alle
Autofahrer
hatten
wir
die
Straße
seit
2016
–
mit
einer
kurzen
Unterbrechung
–
nicht
mehr
in
Richtung
Innenstadt
nutzen
können.
Von
Oktober
an
ging
dann
nichts
mehr.
Keine
Zufahrt
mehr
zum
Grundstück.
Parken
bitte
in
den
umliegenden
Straßen.
Bagger
rissen
den
alten
Asphalt
auf
und
gruben
Meter
um
Meter
tiefe
Schneisen
ins
Erd-
und
Geröllreich,
um
Platz
für
dicke
Kanalrohre
zu
schaffen,
die
ausgetauscht
werden
sollten.
Die
Geräuschkulisse
darf
man
sich
dementsprechend
vorstellen:
ein
unregelmäßiges
Hämmern,
Klopfen
und
Dröhnen,
das
an
den
schlimmsten
Tagen
die
Glasscheiben
unserer
Vitrine
vibrieren
ließ.
Dass
sämtliche
Baufahrzeuge
beim
Rückwärtsfahren
piepen,
können
wir
aus
Sicherheitsgründen
nur
gutheißen.
Für
uns
fühlte
sich
der
durchdringende
Ton
aber
verdächtig
nach
Tinnitus
an.
Piep.
Piep.
Piiiiieep!
Ihnen
an
der
Rheiner
Landstraße
wird
es
als
Errungenschaft
und
Lehre
aus
den
Erfahrungen
mit
der
Knollstraße
verkauft,
dass
künftig
mehrere
Bautrupps
gleichzeitig
und
in
Doppelschichten
arbeiten
werden,
montags
bis
samstags
von
6
bis
22
Uhr.
Das
mag
die
Bauzeit
insgesamt
drastisch
verkürzen,
aber
für
uns
als
Ex-
Betroffene
klingt
es
wie
ein
Horrorszenario.
Schlafzentzug
Womit
wir
wieder
beim
Thema
Schlaf
wären.
Für
Erwachsene
ohne
Kinder
mit
9-
to-
5-
Jobs
sind
16-
stündige
Bauzeiten
vielleicht
noch
irgendwie
erträglich.
Es
bleiben
ja
acht
Stunden
zum
Schlafen.
Eltern
von
Mittagsschlaf
haltenden
Kindern,
Erwachsene
im
Schichtdienst
und
junge
Leute,
die
auch
unter
der
Woche
abends
mal
länger
ausgehen,
können
sich
auf
zermürbende
Wochen
einstellen.
Klar,
es
ist
nicht
immer
laut.
Aber
bei
uns
zumindest
fiel
der
Mittagsschlaf
der
kleinen
Tochter
regelmäßig
aus.
Nach
meinen
Spätdiensten
in
der
Redaktion
war
an
ein
Nickerchen
am
nächsten
Tag
ebenfalls
regelmäßig
nicht
zu
denken.
Der
Tochter
brachten
wir
den
Protestslogan
„
Weg
mit
der
Baustelle!
″
bei,
den
sie
regelmäßig
im
Brustton
der
Überzeugung
skandierte,
wenn
es
ihr
mal
wieder
zu
bunt
wurde.
Leider
nie,
als
wir
sie
den
ganzen
Winter
über
durch
den
Hindernisparcours
auf
dem
Bürgersteig
an
den
Bauarbeitern
vorbeischleppten.
Die
Gesichter
hätten
wir
gerne
gesehen.
Wobei
die
Bauarbeiter
für
die
ganze
Misere
ja
am
wenigsten
können.
Sie
führen
letztlich
nur
aus.
Ohnehin,
dass
sollte
vielleicht
einmal
betont
werden:
Dass
die
Bauarbeiten
notwendig
waren,
haben
wir
nie
angezweifelt.
Das
Bemühen,
es
den
Anwohnern
so
erträglich
wie
möglich
zu
machen,
war
für
uns
meist
erkennbar
–
mit
einigen
unrühmlichen
Ausnahmen.
Es
kam
schon
mal
vor,
dass
man
morgens
das
Grundstück
verlassen
wollte
und
in
sämtlichen
Richtungen
nicht
weiterkam,
weil
Absperrungen
den
Weg
abschnitten.
Der
Bürgersteig
zur
einen
Seite
aufgerissen,
auf
der
anderen
Seite
lag
der
Wendekreis
des
Riesenbaggers.
Piep.
Piep.
Piiiiieep!
Als
sich
mein
Mann
mit
der
Tochter
auf
dem
Arm
einmal
seinen
Weg
durch
den
Bakendschungel
bahnte,
maulte
ihn
der
Baggerfahrer
an.
Ständig
liefen
ihm
die
Passanten
vor
den
Bagger,
und
er
müsse
höllisch
aufpassen.
Mein
Mann
antwortete
mit
einer
gepfefferten
E-
Mail
an
die
Bauleitung.
Abends
standen
zwei
Flaschen
Wein
vor
unserer
Haustür
–
und
wir
fühlten
uns
schlecht.
Die
Nachbarn
befürchteten
zudem,
man
könnte
durch
unsere
Intervention
das
gesamte
Bauteam
gegen
uns
aufgebracht
haben.
Der
große
Graben
Zumindest
langfristig
schienen
die
Arbeiter
aber
nicht
vergrämt
zu
sein.
Als
sie
sich
an
die
Kanalverbindungen
vor
unserem
Grundstück
machten,
klaffte
eines
Nachmittags
ein
unüberwindbarer
Graben
vor
der
Hofeinfahrt.
Kurzerhand
hievten
die
Männer
erst
meine
Tochter
und
dann
das
Rad
samt
Anhänger
über
die
Kluft.
Auch
mich
hätten
sie
galant
hinüberbegleitet,
aber
ich
wagte
lieber
den
Sprung.
Auch
Missgeschicke
gab
es
–
wie
sollte
es
anders
sein,
wenn
haushohe
Baumaschinen
acht
Monate
lang
auf
engem
Raum
im
Erdreich
wühlen?
Wo
gehobelt
wird,
fallen
auch
Späne.
Einmal
kappte
die
Baggerschaufel
ein
Wasserrohr,
ein
andermal
musste
das
Telefonkabel
dran
glauben.
Das
war
aber
alles
nichts
gegen
die
Panne,
die
auffiel,
als
der
Kanalbau
an
unserem
Straßenstück
eigentlich
schon
abgeschlossen
war.
Der
Anschluss
eines
Eckhauses
an
der
Knollstraße
war
in
alten
Plänen
nicht
eingezeichnet
gewesen
und
deshalb
bei
den
neuen
–
uppsala
–
vergessen
worden.
Das
Haus
war
plötzlich
nicht
mehr
an
die
Kanalisation
angeschlossen,
und
alles,
was
aus
Wasserhähnen,
Duschen
und
Toiletten
durch
Rohre
ins
Kanalsystem
abfließen
sollte,
hatte
sich
bis
zum
Überlaufen
angestaut.
Das
Beruhigende
für
Sie,
liebe
Rheiner-
Landstraßen-
Bewohner:
„
So
etwas
kommt
äußerst
selten
vor″,
hatten
uns
die
Stadtwerke
damals
erklärt.
Kommen
wir
von
einem
appetitlichen
Thema
zum
nächsten:
Müll.
Wenn
die
Müllabfuhr
Ihre
gefüllten
Tonnen
und
Säcke
auch
während
der
Vollsperrung
abholen
soll,
dürfen
Sie
sie
künftig
einmal
pro
Woche
an
der
Baustelle
vorbeibugsieren.
Im
Sommer
bereitet
das
dank
Fliegen
und
Gestank
vermutlich
noch
etwas
mehr
Freude
als
im
Winter.
Lärmbelästigung,
Parkplätze,
Müllabholung:
Sie
als
Baustellengeplagte
können
all
Ihre
Fragen
und
Sorgen
künftig
in
einem
Baubüro
loswerden,
das
Stadt
und
Stadtwerke
für
Sie
eingerichtet
haben.
Diese
Möglichkeit
hatten
wir
noch
nicht.
Bei
uns
an
der
Knollstraße
kamen
die
rudimentärsten
Infos
über
neue
Einschränkungen
per
Hauseinwurf
in
den
Briefkasten.
Den
Rest
erledigte
die
Gerüchteküche.
Ein
Vorteil:
Das
geteilte
Leid
brachte
die
Nachbarschaft
näher
zusammen.
So
viel
miteinander
gequatscht
haben
wir
vorher
nicht.
Unser
Gesprächsthema
Nummer
eins
war
natürlich:
Wann
ist
das
Ganze
endlich
wieder
vorbei?
!
Und
dann
–
auf
einmal
–
war
es
so
weit.
Der
letzte
Stein
am
Bürgersteig
zurechtgesägt,
die
letzte
Markierung
getrocknet,
der
letzte
Kantstein
gesetzt.
Dass
man
sich
mal
so
über
250
Meter
neue
Straße
freuen
würde…
Wieder
selbstbestimmt
Seit
Ende
April
haben
wir
wieder
freie
Fahrt
–
zumindest
gen
City.
Sind
wir
damit
auch
freiere
Bürger?
So
platt
der
alte
„
ADAC
Motorwelt″-
Slogan
sein
mag,
so
zutreffend
fühlt
er
sich
überraschenderweise
an.
Die
Baustelle
hatte
uns
beschnitten.
Jetzt
können
wir
wieder
selbst
entscheiden,
wann
wir
aufstehen,
wie
oft
wir
lüften
und
wo
wir
parken
wollen.
Man
wird
dankbar
für
die
kleinen
Dinge:
Nach
einem
Spätdienst
wach
werden,
weil
die
Tochter
ins
Bett
schlüpft
und
nicht
vom
Tinnitus-
Bagger,
der
seine
Wendemanöver
gefühlt
immer
direkt
vor
unserer
Haustür
vollzog.
Den
Wocheneinkauf
vor
die
Haustür
fahren
und
nicht
im
Bollerwagen
über
die
provisorische
Buckelpiste
ruckeln
müssen,
die
einst
ein
Bürgersteig
war.
Den
Parkplatz
am
Grundstück
ansteuern
können,
statt
die
dichten
Nebenstraßen
noch
weiter
zu
verstopfen.
Unsere
erste
Autofahrt
über
das
neue
Stück
Knollstraße
haben
wir
gefeiert
wie
ein
Marathonläufer
die
letzten
200-
Meter
eines
Rennens
mit
Gegenwind.
Ausgelaugt,
aber
glücklich.
Endlich
geschafft.
Die
Baustelle
hat
uns
demütig
gemacht.
Wir
haben
sie
in
Demut
ertragen.
In
dem
Wissen,
dass
sie
notwendig
war
und
ihr
Zweck
größer
als
unsere
kleinen
Bedürfnisse.
Diese
Demut
wünsche
ich
auch
Ihnen,
liebe
Anwohner
der
Rheiner
Landstraße!
Es
geht
ja
wieder
vorbei.
Bildtexte:
Eine
erste
Bauphase
startet
heute
auf
Höhe
der
Rückertstraße,
die
bis
Ende
der
Sommerferien
voll
gesperrt
wird.
Die
Rheiner
Landstraße
bleibt
in
diesem
Bereich
zunächst
befahrbar,
allerdings
nur
halbseitig
–
gesteuert
von
Ampeln
mal
in
die
eine
und
mal
in
die
andere
Richtung.
Schritt
für
Schritt
wandert
die
Großbaustelle
in
den
kommenden
Monaten
über
die
Rheiner
Landstraße,
streckenweise
Vollsperrungen
inklusive.
Das
gesamte
Projekt
soll
im
Sommer
2021
abgeschlossen
sein.
Leben
an
der
Großbaustelle:
Wie
schlimm
ist
es
wirklich?
Fotos:
Jörn
Martens,
Michael
Gründel
Autor:
Maike Baars