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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Friedenslabor statt Hans-Calmeyer-Haus?
Zwischenüberschrift:
Stadt bereitet Umbau der Villa Schlikker vor / Gelehrtenstreit über Museumsname
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Das frühere NSDAP-Hauptquartier Villa Schlikker soll zum Friedenslabor″ werden. Das hat die Stadt am Dienstag bekannt gegeben. In dem Haus soll an den Osnabrücker Rechtsanwalt Hans Calmeyer erinnert werden, der im Zweiten Weltkrieg Tausende Juden rettete. Seinen Namen darf es aber anscheinend nicht tragen.

Um die 2017 vom Rat beschlossene Bezeichnung Hans-Calmeyer-Haus″ streiten sich zurzeit die Gelehrten. Insbesondere im wissenschaftlichen Beirat, den die Stadt Anfang des Jahres gegründet hat und der am Montag zum zweiten Mal tagte, sind sich Historiker uneins. Grund ist Calmeyers aktive Rolle als NS-Funktionär im Dritten Reich, die ihm seine groß angelegte Holocaust-Sabotage überhaupt erst ermöglichte.

Der Beirat hat den Auftrag, auf Basis aktueller wissenschaftlicher Forschungsergebnisse eine reflektierte Darstellung von Calmeyers Wirken zu gewährleisten″, zitierte die Stadt in ihrer Mitteilung den Beiratsvorsitzenden Professor Alfons Kenkmann. Den Angaben zufolge soll im Museumsquartier am Heger Tor nun ein neuer historisch-kultureller Lernort″ geschaffen werden. Dazu werde die Villa Schlikker zu einer Stätte umkonzipiert, an der die Biografie des Osnabrückers Hans Calmeyer thematisiert wird″. Wie und in welchem Umfang, lässt die Mitteilung offen. Auch der Begriff Calmeyer-Haus taucht darin nicht auf.

Stattdessen ist von einem Friedenslabor″ die Rede, in dem Dauer- und Sonderausstellungen sowie Veranstaltungen und Workshops stattfinden sollen. Konkrete Vorschläge zur Gestaltung des Museums, außerdem einen Zeitplan und eine Kostenschätzung verspricht sich die Stadt von einer Machbarkeitsstudie, die in Kürze ausgeschrieben werde. Ergebnisse sollen dem Beirat Anfang Dezember vorgestellt werden.

Wir verfügen nun über eine tragfähige Grundlage für die weitere Arbeit″, sagte Kulturdezernent Wolfgang Beckermann laut der Mitteilung. Heute sind wir einer neuen wertvollen Institution in der Friedensstadt Osnabrück ein gutes Stück näher gekommen.″

Geplant sei ein offenes Forum, das es auch jüngeren Besuchern ermöglicht, Fragen der Gesellschaftspolitik, der Zivilcourage und der Erinnerungskultur zu erfassen und zu diskutieren″. Mit diesem Konzept treibe die Stadt Osnabrück die Entwicklung des Museumsquartiers zu einem Friedensmuseum″ weiter voran.

Es halte zudem die Ambivalenz″ aus, die sich in der Person Hans Calmeyers (1903–1972) zeige. Als Teil der nationalsozialistischen Besatzungsverwaltung in den Niederlanden verantwortete der Osnabrücker Jurist das Überleben, aber auch den Tod vieler Juden. Calmeyer arbeitete von 1941 bis 1944 beim Reichskommissariat in Den Haag. Seine Abteilung war an zahlreichen Repressionsmaßnahmen der Behörde beteiligt und entschied zudem in rassischen Zweifelsfällen″ über den Status Arier″ oder Jude und Halbjude. Davon hing das Schicksal der Betroffenen ab, da nur Juden ersten Grades anschließend in Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt wurden.

Calmeyer sowie seine deutschen und niederländischen Mitarbeiter versuchten, Einzelne und ganze Gruppen vor der Verfolgung zu bewahren. In 2866 namentlich bekannten Fällen sei das gelungen, heißt es in der Mitteilung der Stadt Osnabrück. Yad Va-shem, die Jerusalemer Gedenkstätte der Märtyrer und Helden des Staates Israel, befand, Calmeyer habe etwa 3000 Menschen gerettet. Sie verlieh ihm deshalb 1992 posthum den Titel Gerechter unter den Völkern″.

Bildtext:
Hans Calmeyer beim Zeitunglesen.
Foto:
Mathias Middelberg
Autor:
Sebastian Stricker


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