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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Ein Stück Stadtgeschichte im Dornröschenschlaf
Zwischenüberschrift:
Studenten präsentieren Ideen für den Bürgerpark und die Gertrudenberger Höhlen
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück Die Besonderheiten des Gertrudenbergs sind auch vielen Osnabrückern unbekannt. So liegt unter dem Bürgerpark ein weit verzweigtes Höhlensystem, das mehr als 700 Jahre alt ist. Studenten der Hochschule wollen es mit kreativen Lösungen wieder ins Bewusstsein der Bürger holen.

Eiskeller, Bierlager, Bunker und Fluchtweg für Nonnen um die Gertrudenberger Höhlen ranken sich viele, teils wilde Geschichten. Sogar das Gerücht, dort sei Giftmüll eingelagert worden, kursierte zwischenzeitlich. Heute ist das Höhlensystem den meisten Osnabrückern nur vom Hörensagen bekannt, auch wenn sich ein Verein seit Jahren für dessen Kenntlichmachung einsetzt.

28 Studenten des Faches Freiraumplanung und Landschaftsbau im zweiten Semester haben nun in der Gertrudenkirche ihre Ideen für einen attraktiveren Bürgerpark und eine bessere Vermittlung von dessen Geschichte vorgestellt. Der Standort war nicht zufällig gewählt: Die Gertrudenkirche war lange Zeit einer der Eingänge zu den Höhlen. Nonnen konnten dadurch unentdeckt vor Angreifern in die Stadt fliehen.

An die Geschichte der Nonnen hatten mehrere der Gruppen angeknüpft. Eines der Modelle zeigt einen Gemeinschaftsgarten, der dem des Klosters nachempfunden sein soll. Senioren aus nahen Pflegeheimen und Kinder könnten dort zusammen gärtnern. In der Mitte soll ein Aussichtsturm an die Tradition des Kalkbrennens erinnern eines der ältesten Handwerke der Welt, dem die Gertrudenberger Höhlen ihre Existenz verdanken.

Denn ab dem 14. Jahrhundert trieb der steigende Bedarf nach Trochitenkalk das tiefe Höhlensystem in den Berg. Der abgebaute Kalk wurde gebrannt und danach mit Wasser gemischt, um Kalkmörtel herzustellen, der zum Bau von Häusern benötigt wurde. Insgesamt 900 Meter unterirdische Wege, von denen etwa 500 Meter noch begehbar sind, entstanden im Laufe der Zeit durch den Abbau. Die Eingänge sind im Bürgerpark zu sehen, betreten werden darf die unterirdische Welt zurzeit aber nur mit spezieller Genehmigung. Zu unbefestigt sind die Wege, um die Sicherheit möglicher Besucher garantieren zu können.Sicherheitsfragen

Ginge es nach Professor Jürgen Milchert, der das Projekt betreut hat, würde die Stadt Geld in die Hand nehmen, um das Höhlensystem begehbar und erfahrbar zu gestalten. Über die Sicherheit der Höhlen war in den vergangenen Jahren viel diskutiert worden. Im Jahr 2016 plante die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) sogar eine Zuschüttung, was mit Sicherheitsbedenken begründet wurde. Doch Gutachter gaben Entwarnung: Einsturzgefährdet ist die Höhlenwelt nicht. Das einzigartige Kulturdenkmal ist somit nicht in Gefahr, schläft aber bis auf Weiteres einen Dornröschenschlaf.

Ältere Osnabrücker erinnern sich vielleicht noch daran, als Kind in den Höhlen gewesen zu sein. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Höhlen als Bunker für mehr als 4000 Menschen genutzt. Selbst wenn oben die Bomben fielen, soll es unter der Erde relativ ruhig gewesen sein, berichten Zeitzeugen. Es gab Toiletten, Liegen und eine Elektroanlage.

Die Studenten sehen großes Potenzial in Bürgerpark und historischen Höhlen. Mit einem jährlichen Fest wollen sie die Bürger auf den stadtgeschichtlichen Schatz aufmerksam machen. Als Teil des Programms könnte ein Kalkofen befeuert werden, haben sich die Nachwuchsplaner überlegt. Es könnte Imbisswagen geben, und an Infoständen könnte über die Geschichte des Gertrudenbergs informiert werden. Auch Umweltorganisationen könnten sich präsentieren.Raum für Fledermäuse

Eine Gruppe beschäftigte sich mit der Möglichkeit, Fledermäuse in einer vom Rest abgeschlossenen Höhle anzusiedeln. Ein sicherer Ort zum Nisten und Überwintern sei wichtig für die Tiere. Über Audiogeräte oder Zähler könnte Besuchern die Zahl der jeweils anwesenden Fledermäuse anschaulich gemacht werden.

Die Geschichte der Höhlen spielte in den meisten Modellen die Hauptrolle. Infotafeln, Interaktion über QR-Codes und Projektionen historischer Bilder direkt in den Höhlen soll die Vergangenheit für die Besucher lebendig werden lassen. Auch ein Höhlenmuseum mit Glasscheibe, durch die in die Höhle geblickt werden kann, ist unter den Vorschlägen. Auch an gastronomischen Angeboten soll es den zukünftigen Besucherströmen nicht fehlen: Eine Studentin stellte ihr Modell eines Cafés vor, das in der Bauweise an einen Kalkofen erinnert und zu einem Kulturzentrum werden soll.

Den außergewöhnlichsten Vorschlag brachte eine Gruppe unter dem Titel Spirituelles Wiedererwachen″. Beim Gertrudenberg handele es sich um einen besonderen Ort mit einem Genius loci″, also einem Geist des Ortes″. Viel sei über die Jahre kaputt gegangen, mit einer Gartenanlage im Goldenen Schnitt wollen die Studenten die Harmonie in den Bürgerpark zurückbringen. Wasser ist dabei das zentrale Element, da es für Ruhe und Reinigung stehe. Einen Kräutergarten mit keltischen Kräuterbeeten, aus denen sich jeder bedienen darf, soll die Besucher zur heilenden Kraft der Natur″ zurückführen. Zwei Höhleneingänge sollen mit großen Schneckenformen markiert werden schließlich sind Schnecken die Grundlage des Trochitenkalks, der für die Entstehung der Höhlen verantwortlich war.

Zur Vorstellung der Projekte waren auch interessierte Bürger eingeladen. Auf die Nachfrage, was denn nun aus den Ideen wird und welche vermutlich dauerhaft in der Schublade landen, meinte Milchert, dass er einige davon für durchaus umsetzbar hält, zum Beispiel das Gertrudenberg-Fest.

Wer sich selbst ein Bild machen möchte: Die Modelle der Studenten sind noch für mindestens einen Monat in der Gertrudenkirche öffentlich zugänglich.

Bildtexte:
Aussichtsturm in Form eines Kalkofens.
Durch eine Glasscheibe soll man von oben in die Höhle schauen können.
Fotos:
David Ebener
Autor:
Stella Essmann


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