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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Flugplatz Atterheide besteht seit 60 Jahren
Zwischenüberschrift:
Die vorbildliche Infrastruktur beruht auf Eigenleistungen der Aero-Club-Mitglieder
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Die erstaunliche Geschichte des Flugplatzes Atterheide in Osnabrück, der ohne städtische oder staatliche Unterstützung nur durch den persönlichen Einsatz der flugbegeisterten Vereinsmitglieder einen beachtlichen Standard an Ausstattung, Sicherheit und Komfort erreicht hat, begann vor 60 Jahren.

Natürlich gab es hilfreichen Flankenschutz. Da war der Grundeigentümer Baron Ostman von der Leye, der den Flugplatz wollte und faire Pachtbedingungen für die zunächst sechs Hektar große Fläche bot. Der niedersächsische Verkehrsminister Alfred Kubel galt als alter Freund des Luftsports″. Er hatte ohne allzu viel Bürokratie für die offizielle Start- und Landeerlaubnis schon im Januar 1959 gesorgt. Zur Einweihung am 25. April 1959 kam er nur deshalb nicht, weil er zeitgleich die Hannover Messe eröffnen musste. An seiner Stelle fanden Regierungspräsident Egon Friemann und Oberbürgermeister Willi Kelch schöne Worte über den zu erwartenden Anschluss Osnabrücks an das nationale Luftverkehrsnetz. Der Einzelhandelskaufmann Konsul Herbert Eklöh schwebte mit seiner zweimotorigen Piper Aztec ein, unterstrich das große Interesse der Wirtschaft an einer stadtnahen Flugbasis und bewies zugleich die Tauglichkeit der Atterheide auch für größere Geschäftsflugzeuge.

Dank stattete der Präsident des Aero-Clubs Hugo Niehaus in erster Linie seinen Vereinsmitgliedern ab. Jeder hatte bis dahin mindestens 250 Stunden ehrenamtlich geschuftet. Ein alter Bunker war zu sprengen und brockenweise fortzuschaffen gewesen, Bäume zu fällen und zu roden, die Piste einzuebnen und mit geeignetem Rasen zu begrünen. Ein Mitglied hatte vom Stahlwerk Georgsmarienhütte eine Holzbaracke ergattern können, die dort in den Notjahren nach dem Krieg als Hühnerstall gedient hatte. Sie wurde zum ersten Clubheim und zum Büro der Luftaufsicht. Man musste in allen Belangen bei null anfangen.

Die Atterheide hatte freilich auch vorher schon Geschichte geschrieben. Im Kaiserreich gab der Baron die Heide südlich des Leyer Holzes pachtweise an den Militärfiskus als Übungsgelände, das für die Soldaten aus den Kasernen auf dem Westerberg schnell zu erreichen war. 1912 hatte man dem Osnabrücker Verein für Luftfahrt (OVfL) und seinem populären Kunstflieger Gustav Tweer gestattet, Übungsflüge auf der Atterheide durchzuführen und dort eventuell eine Fliegerschule aufzubauen. Auf ihrem eigenen Flugplatz Netterheide wollte die Stadt den Sturz- und Schleifenflieger″ Tweer zunächst nicht so gerne haben, weil sie seine Kunststücke für unseriös und nicht weit von Zirkusakrobatik entfernt hielt.

1926 kamen die Segelflieger des OVfL zur Atterheide. Auf der Netterheide konnten sie nichts werden, weil der Platz völlig eben war. Für den damals üblichen Gummiseilstart brauchte man leicht abschüssiges Gelände. Das fand man auf der Atterheide vor, indem man die Schulgleiter nach Süden, also quer zur heutigen Start- und Landebahn, in den Hangaufwind katapultierte. Im August 1932 lockte Raketenpionier Reinhold Tiling zum ersten und einzigen öffentlichen Raketenflugtag 4000 Zuschauer auf die Atterheide.

Im Zweiten Weltkrieg und auch noch danach war der Platz sich selbst überlassen. Die Alliierten hatten den Deutschen jegliche Fliegerei verboten. Erst 1951 durften sie wieder segelfliegen und ab Mai 1955 auch wieder mit Motorkraft. Die versprengten Motorflugbegeisterten der Region fanden sich im August 1955 zu einer Motorfluggruppe innerhalb des OVfL zusammen. Bald zeigte sich, dass eine Eigenständigkeit gegenüber den Segelfliegern, Modellfliegern und Ballonfahrern sinnvoll war. Und so gründeten 28 alte Fliegerhasen im Dezember 1955 den Aero-Club Osnabrück. Zu den Aktivisten der ersten Stunde gehörten Siegfried Radde, Hugo Niehaus, Werner Grewe und der Remarque-Freund Hanns-Gerd Rabe. Gestartet wurde zunächst vom ehemaligen Feldflugplatz Vörden. Dort hatten die Engländer eine Landebahn wieder instand gesetzt, um Versorgungsflüge durchführen zu können.

Der Platz Vörden konnte nur vier Jahre genutzt werden. 1959 übergaben ihn die Briten an die niederländische Luftwaffe, die dort eine Nike-Flugabwehrraketenstellung aufbaute. Ab da war eine parallel laufende zivile Nutzung nicht mehr möglich, der Osnabrücker Aero-Club musste sich eine neue Bleibe suchen. Clubmitglied Karl Karp brachte die ihm vertraute Atterheide ins Spiel und fädelte die erfolgreichen Verhandlungen mit den Behörden und dem Baron ein.

Seit der Eröffnung im April 1959 haben die Clubmitglieder Schritt für Schritt die Platz-Infrastruktur weiter ausgebaut, teils mit eigenem Arbeitseinsatz, sonst mit eigenen finanziellen Mitteln. Abstellhallen und Karussell-Hangars gehörten ebenso dazu wie 1986 ein neuer Tower und 1990 ein neues Clubheim. Aus der 500 Meter langen Graspiste, die nach Regenperioden oft wochenlang nicht benutzbar war, wurde 1980 eine 800 Meter lange Asphaltbahn. Reparaturwerft und Tankstelle zogen ein, eine Flugschule mit derzeit sechs ehrenamtlichen Fluglehrern ist dauerhaft etabliert.

Die Zeitschrift Fliegermagazin″ hatte zur Abstimmung über den fliegerfreundlichsten Platz″ in Deutschland aufgerufen, die Atterheide kam unter 93 Nennungen auf Platz 3 und in Niedersachsen sogar auf den Spitzenrang.

In den 1960er-Jahren zogen Großflugtage bis zu 40 000 Zuschauer an. Kunstflugvorführungen, Fallschirm-Zielspringer und Düsenjäger-Überflüge ließen die Herzen der Technikbegeisterten höherschlagen.

Ungezählt sind die Prominenten, die zu Osnabrück-Besuchen über die Atterheide einschwebten, an der Spitze gleich zwei Staatsoberhäupter: Bundespräsident Roman Herzog und Spaniens König Juan Carlos trafen im Oktober 1998 kurz nacheinander ein. Rund 10 000 Flugbewegungen pro Jahr erlebt der Platz heutzutage, der von der Internationalen zivilen Luftfahrtorganisation (ICAO) unter dem Code EDWO den Status eines Luftlandeplatzes″ mit einer Betriebspflicht zugunsten der allgemeinen Luftfahrt zuerkannt bekam.

Nicht alle Bewohner der umliegenden Siedlungen waren glücklich über die fliegerischen Aktivitäten. Eine Bürgerinitiative verlangte in den 1990er-Jahren gar die Verbannung des Flugplatzes aus Atter. In den letzten Jahren waren hingegen kaum noch Proteste zu vernehmen. Leisere Motoren, andere Anflugkorridore und zeitliche Selbstbeschränkungen der Sportflieger dürften dazu beigetragen haben.

Bildtexte:
Bescheidene, aber zweckmäßige Gebäude dienten um 1960 dem Flugbetrieb.
Werfthalle, Clubgebäude, Tower und Karussell-Hangars gehören heute zum Gebäudebestand.
Foto:
Archiv Martin Frauenheim/ Aero-Club Osnabrück, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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