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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Wohnungsgesellschaft – ja oder nein?
Zwischenüberschrift:
Die wichtigsten Argumente der Befürworter und Gegner zum Bürgerentscheid am 26. Mai
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Am 26. Mai, dem Tag der Europawahl, entscheiden die Bürger von Osnabrück darüber, ob die Stadt eine eigene Wohnungsgesellschaft gründen soll. Befürworter und Gegner einer solchen Einrichtung haben viele Argumente. Wir fassen die wichtigsten zusammen.

Bis 2004 hat es in Osnabrück schon mal eine Wohnungsbaugesellschaft (OWG) in städtischer Hand gegeben. Die damalige Ratsmehrheit aus CDU und FDP setzte ihren Verkauf an eine Tochtergesellschaft der Niedersächsischen Landesentwicklungsgesellschaft (Nileg) durch gegen den Willen von SPD und Grünen. Der Preis für die etwa 3500 Wohnungen: 26 Millionen Euro. Die OWG ging in den Jahren danach durch mehrere Hände. Heute ist sie in Besitz der Vonovia.

Angesichts eines heiß gelaufenen Wohnungsmarktes, auf dem es besonders Menschen mit wenig Geld in der Stadt schwer haben, gab es in der Osnabrücker Politik wiederholt Versuche, eine Art neue OWG zu gründen. 2016 wurde vom seinerzeit rot-grün dominierten Rat sogar ein entsprechender Beschluss gefasst, allerdings kurze Zeit und eine Kommunalwahl später von einer konservativen Mehrheit wieder gekippt. Weitere Anläufe scheiterten. In der Zwischenzeit nahmen die Bürger das Heft selbst in die Hand. Und erzwangen einen Bürgerentscheid, der am 26. Mai parallel zur Europawahl durchgeführt wird.

Die Frage, die es nun von den Wahlberechtigten mit Ja oder Nein zu beantworten gilt, lautet: Soll die Stadt Osnabrück eine kommunale Wohnungsgesellschaft gründen? Oberbürgermeister Wolfgang Griesert fordert im Internet zur Mitwirkung auf: Nehmen Sie am Bürgerentscheid teil, um diese für unsere Stadt wichtige Frage zu beantworten.″ Gleichzeitig hat die Verwaltung wichtige Argumente, die für und gegen eine kommunale Wohnungsgesellschaft sprechen, zusammengestellt. Pro und Kontra im Überblick: Was dafür spricht ...

Eine städtische Wohnungsgesellschaft ist nicht in erster Linie auf Profit aus, sondern auf eine soziale Rendite. Das heißt, sie will mit ihrem Geschäft nicht möglichst viel Geld verdienen, sondern bedarfsgerechten, bezahlbaren Wohnraum insbesondere für untere und mittlere Einkommensgruppen schaffen. Gewinne einer städtischen Wohnungsgesellschaft würden zunächst nicht ausgeschüttet, sondern reinvestiert also in Erweiterung und Erhalt des Bestands gesteckt.

Mit ihren Wohnungen könnte eine kommunale Wohnungsgesellschaft den Markt entlasten und Mieterhöhungen entgegenwirken. Der Ankauf von Bestandsgebäuden und deren Sanierung wären möglich. Für einkommensschwache Haushalte wird auch aufgrund auslaufender Sozialbindungen bis Mitte der 2020er-Jahre nur noch ein Drittel der bisherigen preisgünstigen Wohnungen zur Verfügung stehen. Deshalb müssen zusätzliche Sozialwohnungen gebaut werden. Dafür gibt es Förderprogramme des Landes.

Sozialer Wohnungsbau wird bei einer geringen Eigenkapital-Rendite aber in der Regel nicht von privaten Investoren durchgeführt. Geringverdiener wie Studenten, Rentner, Alleinerziehende oder Flüchtlinge kämen als Zielgruppe einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft leichter und diskriminierungsfrei zu eigenen vier Wänden. Eine gezielte Durchmischung sozialer Schichten bei den Vermietungen kann helfen, soziale Brennpunkte zu vermeiden. Städtische Grundstücke könnten zu Beschaffungskosten eingebracht werden.... und was dagegen

Mit Stephanswerk, Heimstättenverein Osnabrück (HVO) und Wohnungsbaugenossenschaft Osnabrück (WGO) sind in der Region bereits drei Anbieter von preisgünstigen Wohnungen am Markt. Diese haben nicht nur mehr Erfahrung in der Wohnungsherstellung und - bewirtschaftung als die Stadtverwaltung, sondern können bei einem Bestand von insgesamt mehr als 5000 Wohnungen mit niedrigen Mieten auch effizienter arbeiten.

Der Aufbau einer kommunalen Wohnungsgesellschaft würde mehrere Jahre dauern. Es muss aber jetzt etwas dafür getan werden, den Osnabrücker Wohnungsmarkt zu entspannen. Dies kann insbesondere mit bestehenden Gesellschaften zeitnah geschehen. Eine städtische Wohnungsgesellschaft erfordert mit Blick auf Baukosten und Grundstücke hohen Kapitaleinsatz. Die investive Verschuldung des Konzerns Stadt, sprich die kreditfinanzierte Schaffung bleibender Werte in Form von Wohnungen, würde weiter steigen. Durch hohen Kapitaleinsatz besteht ein hohes Unternehmensrisiko, ohne eine angemessene betriebswirtschaftliche Kapitalrendite zu erzielen.

Es gibt zu wenige Grundstücke auf dem Markt. Der Wohnungsmarkt ist bereits so angespannt, dass sowohl Neubau als auch Kauf für eine neue Wohnungsgesellschaft zu teuer sein könnten. Die politisch bestimmten Anforderungen an Gebäude im städtischen Eigentum gehen oft über die am Markt etablierten Standards hinaus. Können Mieten und Nebenkosten nicht kostendeckend erhoben werden, wäre eine finanzielle Unterstützung aus dem städtischen Haushalt notwendig. Aufgrund der höheren finanziellen Belastung kann es deshalb zum Wegfall von Leistungen in anderen Bereichen oder zu Steuererhöhungen kommen.

Da eine städtische Wohnungsbaugesellschaft keine Gewinne erzielen müsste, fehlt der Druck, effizient zu wirtschaften. Trotz des derzeitigen Mangels an bezahlbaren Wohnungen wird es mittelfristig wieder Leerstände geben sowie erhöhte Instandhaltungskosten zur Sicherstellung der Vermietbarkeit.

Bilodtext:
Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware in Osnabrück. Ob die Stadt als Bauherrin das ändern kann?
Foto:
David Ebener
Autor:
Sebastian Stricker


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