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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Was tun gegen illegale Müllkippen?
 
Höchststand bei illegalen Müllkippen
Zwischenüberschrift:
Wie die Stadt den Tätern auf die Spur kommen könnte
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Altreifen, Elektroschrott, Holzlack oder einfacher Hausmüll: Tagtäglich finden Mitarbeiter der Stadtverwaltung und des Osnabrücker Servicebetriebs (OSB) im Stadtgebiet kubikmeterweise Abfälle. Vor allem Altglascontainerstandorte sind betroffen, aber auch schlecht einsehbare Orte. Im vergangenen Jahr haben sich die Fälle illegaler Müllablagerungen sogar auf einen neuen Höchstwert begeben. Die Aufklärungsquote ist dagegen verschwindend gering. Um des Problems Herr zu werden, soll die Einstellung von Müllsheriffs in Kürze auf die politische Tagesordnung in Osnabrück rücken. Als Teil eines Gesamtpakets könnten die Abfalldetektive eine abschreckende Wirkung auf Müllsünder haben und dabei helfen, den Tätern besser auf die Spur zu kommen.

Osnabrück Es war einer der krassesten Fälle, vielleicht einer der dreistesten aber mit Sicherheit kein Einzelfall: Im Juni 2017 entluden Täter am Dodesheider Containerplatz Am Zuschlag″ Kubikmeter Müll. Autoreifen, Möbel, sogar Lacke und Öle legten die Verursacher neben den Glascontainern ab und machten sich von dannen.

Seinerzeit vermutete der Osnabrücker Servicebetrieb (OSB), dass die Täter sogar mit einem Lkw vorfuhren, um ihre Fracht abzuladen. Später konnte der OSB gemeinsam mit der Polizei die Verursacher des Müllbergs ermitteln.

Immer häufiger entsorgen Privatpersonen, aber auch Gewerbetreibende ihren Abfall neben Glascontainern, im Wald oder an anderen Orten in der Stadt. Für Detlev Schnier sind illegale Müllkippen dieser Art alles andere als eine Seltenheit. Der Abteilungsleiter Abfallwirtschaft beim OSB spricht vielmehr von einem Problem, das es seit langer Zeit gebe. Dennoch lassen die Zahlen aufhorchen, die Schnier gemeinsam mit seinem Kollegen Heiko Brosig vom städtischen Fachbereich Umwelt und Klimaschutz gesammelt hat.

So ordnete Letzterer im Jahr 2017 in 1028 Fällen die Beseitigung von illegalen Müllablagerungen an. In den Jahren zuvor lag die Zahl jeweils knapp unter der 1000er-Marke, 2013 waren es 905 Fälle. Das ist jedoch nicht alles: In dieser Statistik nicht erfasst sind die Einsätze, die laut Schnier das täglich Brot″ der OSB-Mitarbeiter sind. Sage und schreibe rund 8000-mal pro Jahr räumen sie kleine, mittlere und große Müllansammlungen. Den Steuerzahler kostet das insgesamt einen mittleren sechsstelligen Betrag, wie Schnier betont.

An jedem Tag fährt der OSB rund 20 bis 50 bekannte Standorte im Stadtgebiet ab weil die Mitarbeiter wissen, wo sich regelmäßig der Müll sammelt. Zum Großteil sind es Altglascontainer-Standorte, die als illegaler Abladeplatz zweckentfremdet werden und die Brosig als Hotspots bezeichnet. In der Stadt ist das Problem übrigens allgegenwärtig, besondere räumliche Schwerpunkte gibt es nicht. Wo sich die Verursacher sicher und unbeobachtet fühlen, dort laden sie ihren Müll ab″, sagt Schnier. Das gebe es sowohl in Schinkel als auch in der Dodesheide oder im westlichen Stadtgebiet.Problem verlagert sich

Einige Standorte muss der OSB bis zu dreimal in der Woche reinigen, weil sonst ein Effekt einsetzt, den die Abfall-Experten nur zu gut kennen: Wo schon Müll liegt, kommt schnell weiterer hinzu. Vereinzelt greifen Maßnahmen wie bei einem Hotspot im westlichen Stadtgebiet, an dem die Stadt an der Zufahrt Poller gesetzt hat. Doch oft verlagert sich das Abkippen von Müll dann an einen anderen Standort oder sogar in Waldbereiche, an denen eine Bergung der Abfälle noch kostenintensiver ist.

Zwar sind es offenbar hauptsächlich Privathaushalte, die ihren Müll widerrechtlich entsorgen. Doch Schnier hat beobachtet, dass auch Gewerbe- und Gastronomiebetriebe zunehmend Abfälle in den öffentlichen Raum kippen. Dementsprechend sei in den illegalen Müllkippen ein Sammelsurium aus unterschiedlichen Gegenständen zu finden: Zu dem normalen Hausmüll kommt Elektroschrott, Altreifen, Lacke und Sperrmüll. Mehr und mehr laden auch Gastronomiebetriebe ihre Hinterlassenschaften in der Umwelt ab.

Grundsätzlich kümmert sich der OSB selbst um die Entsorgung des Mülls, bei größeren Mengen problematischer Stoffe wie asbesthaltiger Materialien werden jedoch externe Unternehmen beauftragt zusätzliche Kosten, die letztlich der Gebührenzahler aufbringen muss.

Brosig und Schnier machen keinen Hehl daraus, dass die Aufklärungsquote der Verschmutzungen verschwindend gering ist. Oft reichen nicht einmal die hinterlassenen Spuren wie beispielsweise Briefverkehr aus, um eine rechtssichere Beweisführung auf die Beine zu stellen.

Mit der Frage, wie dem Problem beizukommen ist, beschäftigen sich die beiden Fachleute daher schon länger. Eine Möglichkeit könnten sogenannte Müllsheriffs sein, wie es sie schon in einigen Städten Deutschlands gibt. Ihre Aufgabe wäre es, in Randzeiten und vor allem abends an den Hotspots auf Spurensuche zu gehen, Verursacher auf frischer Tat zu ertappen und vor Ort Beweise zu sichern, die eine Verfolgung der Täter ermöglichen.

Freilich: Die Erfahrungswerte aus anderen Kommunen zeigen, dass die Einrichtung einer solchen Instanz nicht kostendeckend ist. Heißt: Die eingenommenen Bußgelder decken eben nicht die entstehenden Kosten. Das wäre ein gesellschaftlicher Invest und würde auch nach außen hin kommunizieren, dass die Stadt etwas gegen die illegalen Müllkippen unternimmt″, sagt Brosig. Das Modell der Müllsheriffs will der OSB zeitnah auf die Agenda der zuständigen Ausschüsse setzen.Gesamtpaket

Schnier und Brosig sehen die Müllsheriffs als Teil mehrerer möglicher Maßnahmen, die sowohl abschrecken als auch das Bewusstsein der Menschen schärfen sollen. In diesem Paket sei auch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit denkbar sowie die Ausweitung der regelmäßigen Reinigungsmaßnahmen.

Die in diesem Kontext immer wieder geforderte Kameraüberwachung von Hotspots sehen Schnier und Brosig dagegen als nicht zielführend an. Zu groß wäre der Aufwand bei rund 140 Altglascontainern und anderen Standorten in der Stadt. Zudem würden die Bilder weitaus nicht in jedem Fall eindeutige Hinweise auf die Täter wie zum Beispiel Autokennzeichen liefern.

Bildtexte:
Vor knapp zwei Jahren wurden an einem Containerstandort in der Dodesheide Kubikmeter Müll abgeladen. Illegale Müllkippen wie diese sind leider keine Seltenheit.
In den Müllkippen finden sich Altreifen und Lacke ebenso..
... Wie auch ganz normaler Hausmüll.
Fotos:
Michael Gründel, OSB

Kommentar
Höchstgradig asozial

Man muss das Kind beim Namen nennen: Wer seinen Müll aus welchen Gründen auch immer illegal am Glascontainer, im Wald oder sonstwo entsorgt, handelt höchstgradig asozial. Denn für die Bequemlichkeit oder Dreistigkeit Einzelner muss letztlich die Allgemeinheit geradestehen.

Wilde Müllkippen sind außerdem nicht nur eine Gefahr für die Umwelt, sondern auch für spielende Kinder.

Was tun also gegen die zunehmende Verschmutzung? Eine Möglichkeit wäre es, die Sperrmüllabfuhr wieder kostenlos anzubieten. Doch das löst das Problem nur zum Teil, denn beispielsweise Altöl und ausrangierte Reifen würden auch dann noch illegal entsorgt werden. Außerdem widerspricht diese Möglichkeit dem Gedanken, dass der Verursacher die Zeche zahlen soll.

Klar, es ist illusorisch zu denken, Müllsheriffs könnten das Problem illegaler Müllkippen gänzlich lösen. Und aller Voraussicht nach kostet das Vorhaben mehr, als durch Bußgelder wieder reinkommt. Doch kann das ernsthaft ein Argument sein, nichts gegen das massenhafte Abladen von Abfällen in der Landschaft zu tun? Fakt ist, dass angesichts der steigenden Fallzahlen etwas passieren muss. Die Einrichtung der Müllsheriffs wäre zumindest ein Signal, dass die Stadt den Tätern auf der Spur ist. Einfach nichts zu tun käme jedoch einer Einladung gleich: Bitte macht weiter, wir räumen euren Müll schon weg. s.philipp@ noz.de
Autor:
Sebastian Philipp


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