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1.
Erscheinungsdatum:
24.04.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Calmeyer-Haus ohne Calmeyer?
Zwischenüberschrift:
Judenretter-Museum in Osnabrück / Planer über Kreuz
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Kein
Deutscher
bewahrte
mehr
Juden
vor
dem
KZ
als
der
Osnabrücker
Rechtsanwalt
und
Holocaust-
Saboteur
Hans
Calmeyer.
Deshalb
will
ihm
seine
Heimatstadt
nun
ein
Museum
bauen.
Aber
wie
soll
es
aussehen?
Darüber
liefern
sich
die
Verantwortlichen
hinter
den
Kulissen
einen
heftigen
Streit.Am
Ratsbeschluss
vorbei?
Unserer
Redaktion
liegt
ein
Brandbrief
des
Osnabrücker
Historikers
und
Calmeyer-
Experten
Joachim
Castan
vom
12.
Februar
2019
vor.
Gerichtet
unter
anderem
an
Oberbürgermeister,
Kulturdezernent
und
Fraktionsvorsitzende
im
Rat,
beklagt
dieser
die
Arbeit
des
wissenschaftlichen
Beirats
zur
Schaffung
eines
Calmeyer-
Hauses,
den
die
Stadt
vor
gut
vier
Monaten
gegründet
hat.
Castan
selbst
gehört
diesem
elfköpfigen
Gremium
aufgrund
seiner
Erfahrungen
an,
die
er
als
Macher
von
bislang
drei
Calmeyer-
Wanderausstellungen
mit
insgesamt
420
000
Besuchern
in
Deutschland
und
den
Niederlanden
gesammelt
hat.
Dagegen
besitze
die
große
Mehrheit
im
Beirat
„
keinerlei
oder
nur
geringe
Kenntnisse
über
die
komplexe
Calmeyer-
Thematik″.
Vielmehr
herrsche
„
kollektive
Unkenntnis
und
Inkompetenz″,
schreibt
Castan.
Folge:
Schon
beim
ersten
Treffen
habe
sich
die
Gruppe
umbenannt
in
„
Beirat
zur
Neugestaltung
der
Villa
Schlikker″,
und
es
sei
„
inhaltlich
weitgehend
Abstand″
genommen
worden
von
einem
Calmeyer-
Haus,
wie
es
der
Rat
gefordert
habe.
Stattdessen
werde
jetzt
ein
„
soziokulturelles
Begegnungszentrum
mit
Café
im
Erdgeschoss
und
allenfalls
zeithistorischen
Reminiszenzen
an
die
NS-
Zeit
und
an
Calmeyer
in
den
Stockwerken″
bevorzugt.
„
Ganze
270
Quadratmeter″
würden
so
für
eine
Dauerausstellung
über
den
größten
deutschen
Judenretter
im
Zweiten
Weltkrieg
übrig
bleiben
– „
recht
überschaubar″,
findet
Castan.
Was
ihn
außerdem
ärgert:
dass
die
Stadt
„
öffentliche
Gelder
verschwendet″,
indem
sie
schon
jetzt
für
einen
angeblich
fünfstelligen
Betrag
von
sieben
externen
Gestaltern
Vorschläge
einholen
wolle.
Denn
„
grundlegende
Dinge″
wie
Form
und
Inhalt
der
Ausstellung
sowie
Art
und
Umfang
der
Exponate
seien
ungeklärt.
„
Das
geplante
Calmeyer-
Haus
könnte
ein
Schmuckstück
für
Osnabrück
werden
von
nationaler
wie
internationaler
Bedeutung
und
Ausstrahlung″,
sagt
Castan
auf
Anfrage
unserer
Redaktion.
„
Leider
gewinne
ich
den
Eindruck,
dass
man
in
Calmeyers
Heimatstadt
eher
damit
beschäftigt
ist,
ein
Calmeyer-
Haus
systematisch
zu
verschleppen,
zu
verwässern
und
letztendlich
zu
verhindern.″
Auch
die
Osnabrücker
Hans-
Calmeyer-
Initiative
(HCI)
,
stets
eine
der
großen
Triebfedern
des
Judenretter-
Museums,
sorgt
sich
um
eine
würdige
Aufbereitung
des
Themas
durch
die
Stadt.
Es
sei
„
nicht
erkennbar,
dass
der
einstimmige
Ratsbeschluss
vom
Dezember
2017
zur
Einrichtung
eines
Calmeyer-
Hauses
in
der
erforderlichen
Weise
von
den
beauftragten
Stellen
behandelt
wird″,
teilt
HCI-
Vorsitzender
Ralf
Steiner
mit.
Vielmehr
drohe
das
Projekt
„
schon
im
Ansatz
zu
scheitern″.
Wiederholt
habe
die
Initiative
der
Stadt
ihre
Mitarbeit
angeboten.
Doch
weder
die
„
umfangreichen
Kompetenzen″
der
HCI
noch
ihr
großer
Schatz
an
multimedialem
Ausstellungsmaterial
seien
bislang
gefragt,
bedauert
Steiner.
Auch
im
Beirat
ist
die
HCI
nicht
direkt
vertreten,
sondern
nur
über
ihren
Vize-
Vorsitzenden
Castan
und
das
Ehrenmitglied
Petra
van
den
Boomgaard,
die
beide
persönlich
eingeladen
wurden.
Und
was
sagt
die
Verwaltung
zur
Entwicklung
in
Sachen
Calmeyer-
Haus?
„
Wir
stehen
vor
einer
komplexen
Aufgabe″,
erklärt
Nils-
Arne
Kässens,
Direktor
des
Osnabrücker
Museumsquartiers,
„
aber
ich
sehe
uns
auf
einem
guten
Weg″.
Der
derzeitige
Verlauf
entspreche
den
Ratsaufträgen
durchaus.
Bei
der
Planung
des
Calmeyer-
Hauses
sei
„
insbesondere
die
direkte
Nachbarschaft
zum
Felix-
Nussbaum-
Haus″
zu
berücksichtigen.
Als
ehemalige
Parteizentrale
der
Osnabrücker
NSDAP
stehe
die
Villa
Schlikker
„
vis-
à-
vis
zu
einem
Museum,
welches
einem
Opfer
der
Naziherrschaft
gewidmet
ist″.
Eine
weitere
Herausforderung
sei
es,
das
Wirken
von
Calmeyer
ansprechend
aufzubereiten.
„
Sein
Wirken
bestand
in
Verwaltungsabläufen,
und
die
sind
erst
mal
nicht
sinnlich″,
sagt
Kässens.
„
Für
eine
Ausstellung
brauchen
wir
also
ein
gutes
Konzept.″
Letztendlich
stelle
das
Gebäude
selbst
ein
Problem
dar:
Die
bald
120
Jahre
alte
Villa
Schlikker
–
ursprünglich
ein
Wohnhaus
–
sei
„
nicht
für
museale
Präsentationen
gebaut″
und
müsse
darüber
hinaus
saniert
werden.Rundum-
Blick
auf
Projekt
Vor
diesem
Hintergrund
hält
der
Direktor
es
für
wichtig,
„
möglichst
viele
Perspektiven
auf
das
Thema
Calmeyer-
Haus
an
einem
runden
Tisch
zusammenzubringen″.
Deshalb
habe
sich
am
10.
Dezember
2018
der
neu
gegründete
Beirat
mit
Vertretern
aus
der
Kulturpolitik
Osnabrücks
und
der
Stadtverwaltung
im
Akzisehaus
zu
einem
Workshop
getroffen.
Ziel
sei
es
gewesen,
„
die
Erwartungen
an
eine
Neuausrichtung
und
Neugestaltung
der
Villa
Schlikker
abzustecken
und
grundsätzliche
Leitideen
für
die
gemeinsame
Arbeit
festzulegen″.
Die
Ergebnisse
des
Workshops
sollen
dann
als
Grundlage
für
eine
Machbarkeitsstudie
dienen,
die
ein
Grobkonzept
sowie
einen
Kosten-
und
Zeitplan
beinhalte.
„
Aufgrund
der
überregionalen
und
sogar
internationalen
Bedeutung
des
Vorhabens
ist
ein
sorgfältiges
Vorgehen
notwendig″,
betont
der
Musemsquartier-
Direktor.
Allzu
viel
Zeit
wolle
die
Stadt
sich
aber
nicht
mehr
lassen.
„
Anfang
2020
wollen
wir
substanzielle
Ergebnisse
vorlegen.″
Der
Bund
fördert
den
Umbau
der
Villa
Schlikker
in
ein
„
Friedenslabor″
mit
1,
7
Millionen
Euro.
Der
Haushaltsausschuss
des
Deutschen
Bundestages
hat
vor
der
Osterpause
eine
90-
prozentige
Bezuschussung
des
Vorhabens
bewilligt.
Weitere
200
000
Euro
will
die
Stadt
Osnabrück
selbst
aufbringen.
„
Das
Hans-
Calmeyer-
Haus
ist
damit
gesetzt″,
sagte
der
Osnabrücker
Bundestagsabgeordnete
und
innenpolitische
Sprecher
der
Unionsfraktion
Mathias
Middelberg
(CDU)
,
der
sich
für
die
Förderung
des
Calmeyer-
Hauses
eingesetzt
hatte.
Bildtexte:
Die
Villa
Schlikker
am
Heger-
Tor-
Wall,
ehemaliges
NSDAP-
Hauptquartier,
kann
mit
finanzieller
Hilfe
des
Bundes
in
ein
Museum
für
den
Osnabrücker
Judenretter
und
Holocaust-
Saboteur
Hans
Calmeyer
umgebaut
werden.
Eigentlich
als
Wohnhaus
gebaut,
ist
die
120
Jahre
alte
Villa
Schlikker
nach
Angaben
der
Verwaltung
erst
nach
umfangreicher
Sanierung
als
Museum
nutzbar.
Foto:
Gert
Westdörp,
David
Ebener,
Filmkontor
Castan
Kommentar
Unwürdiges
Hauen
und
Stechen
Offensichtlich
herrschen
im
Kreis
der
Verantwortlichen
völlig
unterschiedliche
Vorstellungen
darüber,
wie
groß
die
Ausstellung
über
einen
Holocaust-
Saboteur
werden
darf,
der
im
Zweiten
Weltkrieg
nachweislich
mehr
Juden
vor
dem
Vernichtungslager
bewahrt
hat
als
jeder
andere
Deutsche
–
mindestens
2659,
um
genau
zu
sein.
Wahrscheinlich
Hunderte,
wenn
nicht
gar
Tausende
mehr.
Uneins
sind
die
Beteiligten
auch
in
der
Frage,
wie
ein
solches
Museumsprojekt,
von
dem
die
Stadt
sich
internationale
Aufmerksamkeit
verspricht,
am
besten
angepackt
wird.
Das
Vertrauen
in
erfahrene,
zudem
heimische
Calmeyer-
Ausstellungsmacher
und
-
Gralshüter
scheint
jedenfalls
weniger
ausgeprägt
als
das
in
externe
Kräfte.
Allemal
ist
es
unklug,
die
Hans-
Calmeyer-
Initiative
als
Mutter
aller
Museumspläne
und
mutmaßlich
unverzichtbare
Dauerleihgeberin
nicht
ausdrücklich
in
die
konkreten
Überlegungen
einzubeziehen.
Sollten
bei
dem
Hauen
und
Stechen
hinter
den
Kulissen
persönliche
Animositäten
und
Eitelkeiten
eine
Rolle
spielen,
sei
empfohlen,
diese
schleunigst
zu
überwinden
und
sich
ausschließlich
der
Sache
zu
widmen.
Alles
andere
wäre
–
insbesondere
bei
diesem
Projekt
–
einer
selbst
ernannten
Friedensstadt
wie
Osnabrück
doch
ziemlich
unwürdig.
s.stricker@
noz.de
Der
wissenschaftliche
Beirat
Dem
wissenschaftlichen
Beirat
zur
Schaffung
des
Hans-
Calmeyer-
Hauses
gehören
nach
Angaben
der
Stadt
Osnabrück
elf
Personen
an.
Die
Zusammensetzung
sei
auf
Beschluss
der
politischen
Gremien
erfolgt.
Zielsetzung
war
demnach
„
ein
breit
aufgestellter
Beirat,
der
den
Entwicklungsprozess
mit
Expertise
aus
mehreren
für
die
Neukonzeption
relevanten
Bereichen
vereint″.
Neben
profilierten
Calmeyer-
Forschern
wurden
Historiker
mit
Schwerpunkt
auf
der
NS-
Zeit,
Experten
für
Vermittlung/
Geschichtsdidaktik
und
Museumspraktiker
ausgewählt.
Einbezogen
wurde
aufgrund
von
Calmeyers
Wirken
in
Den
Haag
auch
die
NS-
Forschung
in
den
Niederlanden.
Darüber
hinaus
ist
sowohl
die
jüdische
Perspektive
im
Beirat
vertreten
als
auch
Vertreter
der
jungen
Generation
als
Kernzielgruppe
des
Calmeyer-
Hauses.
Hans
Calmeyer
(Bild,
1903–1972)
,
Rechtsanwalt
aus
Osnabrück,
war
im
Zweiten
Weltkrieg
als
sogenannter
Rassereferent
an
die
deutschen
Besatzungsbehörden
in
den
Niederlanden
abkommandiert
und
sollte
die
Abstammung
von
Juden
prüfen.
Durch
Anerkennung
falscher
Abstammungsgeschichten
rettete
er
nachweislich
knapp
2700
Juden
–
höchstwahrscheinlich
sogar
wesentlich
mehr
–
vor
der
Deportation
in
Vernichtungslager.
Autor:
Sebastian Stricker