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1.
Erscheinungsdatum:
17.04.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
„Wulff sollte Ehrenbürger werden″
Zwischenüberschrift:
Zehn Jahre nach der Karmann-Insolvenz erinnern sich Gewerkschafter an die Ereignisse des Jahres 2009
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Das
langsame
Sterben
des
einst
stolzen
Autobauers
Karmann
hat
die
Menschen
in
Osnabrück
vor
zehn
Jahren
zusammenrücken
lassen.
Auch
Menschen,
die
sich
politisch
eigentlich
fernstehen:
„
Christian
Wulff
sollte
Ehrenbürger
von
Osnabrück
werden″,
sagt
–
ein
Gewerkschafter.
Wolfram
Smolinski
ist
heute
Betriebsratsvorsitzender
bei
VW
Osnabrück
und
stand
damals
an
der
Seite
von
Harald
Klausing
an
der
Spitze
des
Karmann-
Betriebsrates.
Smolinski
hat
viele
Höhen
und
Tiefen
des
Autobauers
erlebt,
immer
aus
der
Perspektive
der
Menschen,
die
machtlos
dem
Spiel
der
wirtschaftlichen
Kräfte
zuschauen
mussten.
Wulff,
so
sagt
Smolinski,
habe
in
den
schwierigen
Zeiten
immer
sehr
engen
Kontakt
zu
den
Arbeitnehmervertretern
gehalten.
„
Wir
haben
uns
an
den
unmöglichsten
Orten
getroffen,
auf
Autobahn-
Raststätten
beim
Kaffee
gesprochen
oder
mitten
in
der
Nacht
telefoniert.″
Der
häufigste
Satz
des
damaligen
CDU-
Ministerpräsidenten:
„
Vertrauen
Sie
mir.″
Wir
sitzen
im
Büro
von
Stephan
Soldanski,
dem
1.
Bevollmächtigten
der
IG
Metall
Osnabrück-
Emsland.
Als
Karmann
ums
Überleben
kämpfte,
stand
sein
Vorgänger
Hartmut
Riemann
in
der
ersten
Kampfreihe.
„
Ich
habe
mich
immer
gefragt,
woher
Hartmut
die
Kraft
nahm,
wie
der
gekämpft
hat″,
sagt
Soldanski.
Gewerkschaft
und
Betriebsrat
konnten
die
wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen
nicht
ändern,
die
das
Geschäftsmodell
von
Karmann
zum
Auslaufmodell
machten.
Sie
konnten
nur
öffentliche
Aufmerksamkeit
und
damit
politischen
Druck
erzeugen,
um
so
viele
Arbeitsplätze
wie
möglich
zu
retten.
Wie
oft
demonstriert
wurde?
„
Ich
weiß
es
nicht
mehr″,
sagt
Soldanski.
Auf
dem
Marktplatz,
vor
dem
VfL-
Spiel,
vor
dem
Arbeitsamt,
beim
Katholikentag
–
keine
Gelegenheit
ließen
die
Metaller
aus,
den
Slogan
„
Arbeit
für
Karmann
–
die
Region
muss
leben″
in
die
Welt
zu
tragen.
Sie
hatten
es
ausrechnen
lassen:
Von
jedem
Karmann-
Arbeitsplatz
hingen
statistisch
gesehen
2,
7
Arbeitsplätze
in
der
Region
ab.
An
eine
Demo
kann
sich
Soldanski
besonders
gut
erinnern:
den
spontanen
Aufbruch
der
Karmann-
Belegschaft
zum
Wohnsitz
von
Wilhelm
Dietrich
Karmann
auf
dem
Westerberg.
Die
Männer
und
Frauen
waren
wütend,
weil
die
Gesellschafterfamilien
wenig
Neigung
zeigten,
den
Autobauer
mit
dem
Geld
zu
stützen,
das
ihnen
in
den
vergangenen
Jahrzehnten
soliden
Reichtum
beschert
hatte.
Soldanski
sagt
heute,
die
Lage
sei
durchaus
kritisch,
die
Wut
der
Leute
unberechenbar
gewesen.
Es
hätten
auch
Steine
fliegen
können.
Soldanski
ist
auch
heute
noch
der
Überzeugung,
dass
sich
die
Eigentümerfamilien
„
aus
der
Verantwortung
gestohlen″
haben.
In
der
vor
drei
Jahren
veröffentlichten
Festschrift
zum
125.
Geburtstag
der
IG
Metall
steht,
die
„
Entnahme
von
Finanzmitteln
in
Millionenhöhe″
habe
Karmann
in
die
Insolvenz
getrieben.
Die
„
Hunderte
Millionen
schweren
Eigentümer″
hätten
ihren
Reichtum
gesichert,
während
dem
Unternehmen
nicht
einmal
Mittel
für
Abfindungen
verblieben
seien.
Das
Schlimmste,
so
sagen
die
beiden
Gewerkschafter,
seien
die
geplatzten
Hoffnungen
gewesen.
BMW
stellte
in
Aussicht,
das
Modell
Colorado
bei
Karmann
bauen
zu
lassen.
Soldanski
erinnert
sich,
dass
Hartmut
Riemann
in
Erwägung
gezogen
habe,
die
gute
Nachricht
bei
einer
Jubilarehrung
an
einem
Freitagabend
in
der
Stadthalle
zu
verkündigen.
Er
tat
es
nicht
–
und
musste
am
Montag
die
katastrophale
Nachricht
verarbeiten,
dass
Karmann-
Konkurrent
Magna
den
Auftrag
bekommen
hatte.
„
Ich
habe
einen
gebrochenen
Mann
gesehen″,
sagt
Soldanski
über
den
inzwischen
verstorbenen
Riemann.
„
So
etwas
möchte
ich
nicht
noch
mal
erleben.″
Auch
für
Wolfram
Smolinski
brach
in
dem
Moment
etwas
zusammen.
Die
regionalen
Arbeitnehmervertreter
hatten
sich
bundesweit
bei
den
Betriebsräten
und
der
IG
Metall
Rückendeckung
für
einen
Tarifvorschlag
geholt,
der
an
Lohndumping
grenzte
und
Wirkungen
auf
alle
Autohersteller
in
Deutschland
gehabt
hätte.
„
Das
Paket
wäre
tragfähig
gewesen,
wir
sind
ganz
weit
entgegengekommen″,
sagt
Smolinski.
Und
dann
kam
die
Absage.Gewinner
und
Verlierer
Keiner
weiß,
wie
viele
ehemalige
Karmänner
in
die
Arbeitslosigkeit
gerutscht
und
dort
hängen
geblieben
sind.
Es
habe
„
etliche
Verlierer″
gegeben,
sagt
Smolinski.
Aber
es
gibt
eben
auch
die
positive
Seite:
2450
Menschen
arbeiten
heute
für
Volkswagen.
Etwa
die
Hälfte
der
VW-
Belegschaft
besteht
heute
aus
ehemaligen
Karmännern.
Der
VW-
Konzern
brauchte
den
Standort
Osnabrück
nicht.
Davon
sind
die
beiden
Gewerkschafter
überzeugt.
Dass
Wolfsburg
Karmann
trotzdem
gekauft
habe,
sei
das
Verdienst
von
Christian
Wulff
und
des
Insolvenzverwalters
Ottmar
Hermann
gewesen,
der
„
immer
mit
Herzblut″
für
der
Erhalt
des
Automobilstandortes
gekämpft
habe.
Soldanski:
„
Der
Insolvenzverwalter
war
ein
Glücksfall.″
Aber
auch
ohne
Mitwirkung
der
Gewerkschaft
wäre
es
nicht
zum
VW-
Deal
gekommen.
Die
IG
Metall
akzeptierte
einen
Ergänzungstarifvertrag,
der
die
VW-
Beschäftigten
in
Osnabrück
für
fünf
Jahre
schlechterstellte
als
die
Kollegen
an
anderen
Standorten.
Bis
2015
lagen
die
Löhne
um
fünf
Prozent
unter
dem
VW-
Niveau,
es
wurde
kein
Weihnachts-
und
Urlaubsgeld
gezahlt.
Der
Verzicht
habe
geholfen,
den
Standort
Osnabrück
auf
den
Weg
zu
bringen.
„
Klar,
bei
der
Auslastung
ist
noch
Luft
nach
oben″,
sagt
Wolfram
Smolinski.
Aber:
In
diesem
März
haben
die
Osnabrücker
VW-
Mitarbeiter
eine
Bonuszahlung
von
2400
Euro
erhalten.
„
Das
zeigt:
Wir
sind
profitabel.″
Bildtexte:
MARSCH
DER
WÜTENDEN:
Als
am
24.
Februar
2009
rund
800
Karmänner
zum
Wohnsitz
der
Karmann-
Gesellschafter
auf
dem
Westerberg
zogen,
hätte
die
Situation
auch
aus
dem
Ruder
laufen
können.
IG-
Metall-
Chef
Stephan
Soldanski.
VW-
Betriebsratschef
Wolfram
Smolinski.
Der
damalige
Ministerpräsident
Christian
Wulff
bei
einer
Karmann-
Demo
am
3.
November
2007.
Fotos:
Michael
Hehmann,
André
Havergo,
G.
Westdörp,
dpa/
Friso
Gentsch
Autor:
Wilfried Hinrichs