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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Flatauer-Haus steht zum Verkauf
Zwischenüberschrift:
Angebotsfrist für geschichtsträchtiges Gebäude an der Herderstraße läuft ab
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Nachdem der Osnabrücker Rat entschieden hatte, das frühere Haus eines in Auschwitz ermordeten jüdischen Ehepaars an der Herderstraße nicht zu kaufen, wird es nun auf dem freien Immobilienmarkt angeboten. Wer es haben möchte, sollte sich beeilen.

Wie unsere Redaktion aus gut informierten Kreisen erfuhr, können sich Kaufinteressenten bis Mittwochmittag, 24. April, bei dem von den Erben des Hauses eingesetzten Immobilienmakler melden und ihr Gebot abgeben. Seitens des Maklers wird diese Frist weder bestätigt noch dementiert.

Die Konsequenz: Die Stadt Osnabrück wird das Haus rein zeitlich nicht mehr kaufen können. Über den von der SPD-Fraktion gestellten Antrag, Neuverhandlungen mit der Eigentümerin aufzunehmen, wird erst eine Woche später, am 30. April, entschieden, wenn Rat und Verwaltungsausschuss das nächste Mal tagen. Sechs Tage zu spät für ein Kaufangebot.Haus seit 15 Jahren leer

Das Haus an der Herder-straße steht seit mehr als 15 Jahren leer. Einst gebaut von der jüdischen Unternehmerfamilie Flatauer, musste diese es 1938 auf Druck der Nazis zu einem Spottpreis verkaufen.

Von den neuen Besitzern wurde das Haus als Mieteinnahmequelle genutzt, in den vergangenen Jahren jedoch stark vernachlässigt. Nach dem Tod der Besitzerin im Herbst boten ihre Erben der Stadt den Ankauf der Immobilie für rund 340 000 Euro an. Doch der Rat stimmte am 12. März dagegen.

Die knappe Entscheidung gegen den Kauf des Hauses hat in der Stadt für Unmut gesorgt. Neben den Fraktionen von SPD und Grünen hatten sowohl der Bürgerverein Katharinenviertel wie auch die Nussbaum-Gesellschaft ihr Unverständnis kundgetan.

Auch Osnabrücker Künstler befürchten den Abriss des Hauses: Bei einer Aktion am Haus hatte Manfred Blieffert Drucke vom Haus angefertigt, um so auf das Schicksal der Familie Flatauer hinzuweisen. Diese Menschen waren hier zu Hause. Dieser Ort ist Teil der Osnabrücker Geschichte allein, weil hier in der Reichspogromnacht die jüdischen Frauen und Kinder des Viertels zusammengetrieben wurden.″

Künstlerin Imelda Többen befestigte derweil eine von ihr entworfene Friedensfahne am Haus Herderstraße 22. Die Fahne entstand mit anderen für die Ausstellung über , 350 Jahre Westfälischer Friede′ am FMO 1998.″ Zwei dieser Fahnen sollen am 22. Mai um 18 Uhr im , Martini 50′ in der Martinistraße 50 versteigert werden. Das Geld will ich der Stadt spenden, wenn diese sich für den Erhalt des Hauses starkmacht.″ Und wenn das Haus dann schon einen anderen Besitzer gefunden haben sollte? Dann spende ich es der jüdischen Gemeinde Osnabrück″, sagt Többen.Pläne für Kulturdreieck″

Dabei gibt es Pläne für das Haus: Reinhart Richter, ehemaliger Kulturdezernent der Stadt Osnabrück, hat für den Bürgerverein ein Konzept für ein Kulturdreieck Jüdische Kultur und Geschichte″ entworfen. Dieses verbindet das Nussbaum-Haus mit dem Standort der im Jahr 1938 niedergebrannten Synagoge in der Rolandstraße und dem Haus Herderstraße 22. Richter kommt in dem Plan auf Kosten von rund 800 000 Euro inklusive Kauf, Sanierung und Rückbau.

Im Erdgeschoss und im oberen Geschoss könnten dann eine Ausstellungsfläche über die Geschichte der Juden in Osnabrück″ und ein koscheres Restaurant entstehen, das gleichzeitig als Caterer des Museumsquartiers dienen könnte. Der Rest des Hauses könnte vermietet werden auch, um die Betriebskosten zu erwirtschaften. Es ist nur ein Entwurf, aber für Osnabrück als Friedensstadt wäre eine solche Stätte eine lohnende Investition, die überregionale Ausstrahlung nach sich ziehen würde″, sagt Manfred Haubrock, Vorsitzender des Bürgervereins Katharinenviertel.

Der Bürgerverein plant zudem eine Info-Veranstaltung, um gemeinsam über den aktuellen Stand rund um das Haus an der Herderstraße 22 zu beraten. Knackpunkt ist das Datum: Der Infoabend im Café Herr von Butterkeks″ findet am 26. April um 19 Uhr statt also zwei Tage, nachdem die Frist zum Kauf des Hauses abgelaufen ist. So kurzfristig können wir ihn nicht mehr verschieben″, sagt Haubrock. An dem Abend soll trotzdem über das Haus und seine Bedeutung in der Stadt und seine mögliche Zukunft diskutiert werden.

Eingeladen sind neben Oberbürgermeister Wolfgang Griesert auch die Ratsfraktionen, die Nussbaum-Gesellschaft, Calmeyer-Inititive, Remarque-Gesellschaft und jüdische Gemeinde.

An dem Abend wird auch der Verein für Baukultur eine Stellungnahme abgeben. Das Haus Herderstraße 22 liegt dem Verein besonders nahe″, sagt Vorstandsmitglied Dirk Manzke. Der Professor für Städtebau an der Hochschule Osnabrück hat viele Fragen. Zum Beispiel: Was sagt das bisher nur beiläufig erwähnte Baugutachten tatsächlich aus? Manzke: Aus humaner, historischer und baulich-fachlicher Sicht fordern wir den Stadtrat dazu auf, seine Entscheidung zu korrigieren.″

Bildtext:
Dieses heruntergekommene Haus an der Herderstraße 22 wurde einst von der jüdischen Unternehmerfamilie Flatauer gebaut. 1938 mussten sie es auf Druck der Nazis zu einem Spottpreis verkaufen.
Foto:
Michael Gründel
Autor:
Corinna Berghahn
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