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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Ex-Karmänner sollen 2019 Geld erhalten
 
Fiskus will seinen Teil vom Karmann-Geld
Zwischenüberschrift:
Insolvenzverwalter verhandelt mit dem Finanzamt
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Zehn Jahre nach der Insolvenz des Osnabrücker Autobauerns Karmann warten mehrere Tausend ehemalige Mitarbeiter immer noch auf ihr restliches Geld. Insolvenzverwalter Ottmar Hermann machte ihnen in einem Gespräch mit unserer Redaktion Hoffnung, dass es in diesem Jahr eine weitere, dritte Abschlagszahlung geben wird. Über deren Höhe machte Hermann keine Angaben. Auf Hermanns Liste stehen über 4517 Gläubiger, darunter auch viele ehemalige Beschäftigte. Am 8. April 2009 hatte die Geschäftsführung der Wilhelm Karmann GmbH beim Amtsgericht Osnabrück Insolvenzantrag gestellt. Damit ging der größte Arbeitgeber der Region in die Pleite. Vorausgegangen waren ein langes, letztlich erfolgloses Ringen um neue Aufträge und mehrere Entlassungswellen.

Eine Region in Schockstarre: Als vor zehn Jahren Karmann-Chef Peter Harbig vor den Amtsrichter trat, brach der größte Arbeitgeber der Region zusammen. 3470 Menschen drohte die Arbeitslosigkeit. Viele von ihnen haben neue Jobs viel warten aber weiter auf Geld von Karmann.
Osnabrück Das Ende vom Ende ist noch nicht in Sicht. Auch zehn Jahre nach dem Insolvenzantrag der Wilhelm Karmann GmbH liegt Insolvenzverwalter Ottmar Hermann im Clinch mit dem Fiskus. Er ringt mit dem Finanzamt noch um eine Millionensumme im zweistelligen Bereich. Wir stehen im Gespräch mit dem Finanzamt und hoffen auf eine außergerichtliche Klärung″, sagte Hermann in einem Gespräch mit unserer Redaktion. Vielleicht gebe es eine Einigung, vielleicht finde sich ein Kompromiss, vielleicht sei aber auch eine weitere gerichtliche Klärung nötig.

Dabei schien alles längst geklärt: 2014 sprach der Bundesgerichtshof dem Insolvenzverwalter 160 Millionen Euro (plus Zinsen) zu. Das Geld fließt in die Insovlenzmasse und damit den Gläubigern zu. Der Hintergrund: Karmann war in eine Besitzgesellschaft und eine Betriebsgesellschaft geteilt. Die Besitzgesellschaft, hinter der die Gesellschafterfamilien standen, stellte Immobilien und Maschinen zur Verfügung, die Betriebsgesellschaft baute die Autos. Und die Betriebsgesellschaft zahlte für beide Unternehmensteile die Umsatzsteuer. Dumm nur: Eine Steuerrückzahlung von 160 Millionen Euro überwies das Finanzamt an die Besitzgesellschaft und damit an die Gesellschafterfamilien. Insolvenzverwalter Hermann holte sich die Millionen mit dem BGH-Urteil von den Gesellschaftern zurück.

Aber nun kommt das Finanzamt erneut ins Spiel. Denn der Fiskus ist jetzt ganz gewöhnlicher Gläubiger, der seine Ansprüche geltend macht. Vom Ausgang der Gespräche mit dem Finanzamt hängt ab, wann der Insolvenzverwalter den Gläubigern ihr Geld auszahlen kann.

Betroffen sind auch Ex-Karmänner, deren Gehaltsbestandteile nicht insolvenzsicher waren und im Moment des Insolvenzantrages Teil des Verfahrens wurden. Das betrifft zum Beispiel einen Großteil der Beschäftigten, die in Altersteilzeit gegangen waren. Auch einige außertariflich bezahlte Führungskräfte haben noch Ansprüche gegen Karmann.

2017 leistete der Insolvenzverwalter eine erste Abschlagszahlung von zwei Prozent auf die Forderungen. 2018 folgte eine zweite Ausschüttung. Die Auszahlungsquote erreichte dabei 16 Prozent. Konkretes Beispiel: Ein Beschäftigter in Altersteilzeit, der einen Anspruch von 12 200 Euro geltend gemacht hatte, erhielt Mitte vergangenen Jahres 958 Euro überwiesen.

Ottmar Hermann geht davon aus, dass es noch in diesem Jahr eine dritte Zahlung geben wird. Die Höhe der Quote nennt er nicht. Nur so viel: Es wird ein guter, zweistelliger Prozentsatz.″ Auch deshalb findet er, dass das Insolvenzverfahren gut gelaufen″ ist. Es sei eine gute Quote″ zu erwarten, und ein großer Teil der Arbeitsplätze sei mit dem Einstieg von VW erhalten worden.

Bildtext:
Der Ruf nach Arbeit für Karmann verhallte ungehört. Der Autobauer stellte vor genau zehn Jahren Insolvenzantrag. Das Bild zeigt eine Demonstration im Mai 2008, als über 1700 Beschäftigten die Entlassung drohte.
Foto:
Archiv/ Michael Hehmann

Kommentar
Insolvenz als Chance

Der damalige Oberbürgermeister von Osnabrück, Boris Pistorius, reagierte auf die Nachricht von der Karmann-Insolvenz im ersten Moment entsetzt und machte im nächsten Moment Mut für einen Neuanfang. Die Wirtschaftsregion sei stark genug, diesen Rückschlag zu verdauen und den Menschen neue berufliche Perspektiven zu geben, sagte er. Er sollte recht behalten.

Natürlich hat es Verlierer gegeben. Natürlich haben nicht alle, die über Jahrzehnte mit Karmann verbunden waren, den Bruch in ihrem Leben gemeistert. Aber unterm Strich steht nach zehn Jahren: Die Karmann-Pleite ist ohne nachhaltige soziale Folgen geblieben, der Arbeitsmarkt ist solide, die Wirtschaftsregion stärker als zuvor.

Die Lehre daraus: Eine Insolvenz muss keine Katastrophe sein. Sie bietet fast immer auch die Chance auf einen Neuanfang. Zu beobachten bei den Paracelsus-Kliniken und hoffentlich auch aktuell bei Leysieffer.

w.hinrichs@ noz.de
Autor:
Wilfried Hinrichs


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