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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Fischbrei und Streicheleinheiten
Zwischenüberschrift:
Wie eine Tierpflegerin im Osnabrücker Zoo ein Pinguinbaby per Hand aufzieht
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Putzmunter und hungrig ist der Neuling im Osnabrücker Zoo. Ende Februar schlüpfte der Humboldt-Pinguin und bringt mittlerweile stolze 1600 Gramm auf die Waage. Der erste Umzug steht kurz bevor.

Osnabrück Unsicher neigt der kleine Nachwuchs bei seinem ersten Pressetermin am Dienstag seinen Kopf von rechts nach links. Ein Glück, dass schon die nächste Fischmahlzeit bevorsteht, denn der Hunger ist ungebrochen groß. Satte 1600 Gramm bringt der flauschige Jungvogel nach etwa fünf Wochen auf die Waage. Am 26. Februar durchbrach er mit seinem Schnabel die Eischale: Glücksgefühle pur waren es, als ich ihn das erste Mal gesehen und gefüttert habe″, erinnert sich die Auszubildende zur Tierpflegerin Nina Brockmann. Über eine Feder-DNA-Probe werde demnächst das Geschlecht ermittelt. Mit Jimmy″ und Juna″ stehen bereits zwei mögliche Namen fest.

42 Tage werden die Eier von Humboldt-Pinguinen bebrütet. Einige Zeit davon verbrachte das Osnabrücker Pinguin-Ei bei kuscheligen 37 Grad und steigender Luftfeuchtigkeit im Brutkasten. Die Mutter, das Pinguinweibchen Ida habe nämlich während des Ausbrütens aufgehört zu fressen, erklärte Andreas Wulftange, wissenschaftlicher Kurator im Zoo. Eine Gefahr für die Mutter als auch für den Nachwuchs, auf die Wulftange und sein Team reagierten: Eigentlich sind Handaufzuchten in Zoos sehr selten geworden, da in fast allen Fällen die Eltern ihre Jungtiere großziehen. Da Humboldt-Pinguine aber eine gefährdete Tierart sind, haben wir uns dazu entschlossen, das Ei in eine Brutmaschine zu legen.″

Nachdem er geschlüpft war, zog der kleine Humboldt-Pinguin in seine gemütliche Wanne in der Tierpflegerküche ein. Vor einer möglichen Infektion sei er in seinem Privatdomizil geschützter, erläutert Kirsten Bischoff, Tierpflegerin und Leiterin des Vogelreviers. Zwischen Teddybär und Kuscheldecken genießt er dort einen beneidbaren Alltag. Morgens um halb acht gehe es als Erstes auf die Waage, so Bischoff. Direkt im Anschluss komme die erste Fischfütterung, gefolgt von Streichel- und Kuscheleinheiten. Gerne streichele er dabei auch den Tierpflegern über den Unterarm die Zuneigung ist schließlich gegenseitig. Die nächsten Fischportionen kämen dann gegen Mittag und gegen vier Uhr nachmittags auf den Tisch, äh in den Schnabel.

Den Fischbrei mit Vitaminen aus den ersten Wochen hat der hungrige Pinguin bereits gegen feine Fischfilets und ganze Sprotten eingetauscht. Der Kleine fraß und fraß und wuchs und wuchs″, berichtet Tierpflegerin Bischoff. Innerhalb der ersten vier Wochen sei er so schon auf 1000 Gramm Gewicht gekommen. Das Füttern bedarf dabei echter Profis. Die Tierpfleger schlüpfen nämlich in die Rolle der Pinguineltern: Wir halten unserem Zögling eine freie Hand über den Kopf bzw. den Schnabel und wackeln damit ganz leicht. Der Kleine fängt dann an, nach dem Fisch zu betteln, öffnet seinen Schnabel und kriegt den Fisch.″

Eine enge Bindung zur Mutter bestehe nicht und werde auch später in der Gruppe nicht kommen, erklärt Biologe Wulftange. Denn die Elterntiere und Jungen erkennen sich vor allem über die speziellen Rufe wieder″. Bei ihrer Trennung war der Nachwuchs aber nicht einmal geschlüpft.

Aktuell wohnt der flugunfähige Schwimmvogel also noch in einem gesonderten Raum in der Tierpflegerküche. Sein Dunenfederkleid werde er in ein paar Wochen gegen das wasserabweisende Jugendfederkleid eintauschen. Das habe zwar noch nicht die charakteristische Färbung mit individuellem Punktemuster auf der Brust sowie dem schwarzen Brustband und der schwarzen Gesichtsmaske″, erläutert Biologe Wulftange. Aber mit dem Jungfedernkleid könne er dann bereits schwimmen. Sein jetziges nicht wasserabweisendes Dunenfederkleid würde ihn im Wasser nach unten ziehen. Nach etwa einem Jahr erhalte der Jungvogel dann das typische Erwachsenenfederkleid.

In den nächsten Tagen wird der noch namenlose Pinguin aber erst einmal umziehen: Ein eigener Bereich im Haus der Pinguine wartet auf ihn. Und mit Pinguindame Sommersprosse″ auch eine ältere und besonnene Nachbarin sowie Erzieherin. Der Pinguin soll auch Pinguin sein dürfen. Wir wollen ja keinen Pinguin haben, der meint, dass er ein Mensch wäre″, umreißt Wulftange den Prozess der Vergesellschaftung. Durch eine Plexiglasscheibe könne der Nachwuchs die Pinguindame beobachten, das typische Pinguinverhalten abschauen und Kontakt aufnehmen.″ Läuft das Nachbarschaftsleben gut, werde die Scheibe entfernt und der direkte Kontakt zwischen den beiden gesucht eine soziale Eingewöhnungsphase, bevor es zu den anderen 17 Pinguinen auf der Pinguinanlage geht.

Dass der Zoo so lange auf Pinguinküken warten musste, habe laut Biologe Wulftange mehrere Gründe. Die Kolonie sei bereits sehr alt gewesen, und mit den Neuankömmlingen aus Bremerhaven habe man sie zunächst verjüngt. Dann dauere es aber zwei bis drei Jahre, bis sie geschlechtsreif sind. Und überhaupt: Für Nachwuchs müssten sich auch erst mal entsprechende Paare finden. Wir hoffen natürlich, dass es dann bald noch mehr Nachwuchs gibt″, blickt Wulftange voraus.

Bildtexte:
Sichtlich genießt der junge Humboldt-Pinguin die täglichen Streicheleinheiten der Tierpfleger. Seine überdurchschnittlich großen Füße sind hier schon zu erahnen.
Gemütliche Wanne mit Kuscheltier: Der kleine Pinguin hat sein Kinderzimmer in der Tierpflegerküche.
Die angehende Tierpflegerin Nina Brockmann ahmt beim Füttern die Technik der Elterntiere nach.
Fotos:
Michael Gründel

Gefährdete Tierart
Der Humboldt-Pinguin gehört zur Art der Brillenpinguine. Humboldt-Pinguine leben an der Pazifikküste von Peru und Chile . Sie können bis zu 65 Zentimeter groß werden und bis zu sechs Kilogramm schwer. Der Humboldt-Pinguin brütet einmal im Frühjahr und einmal im Herbst. Dazu gräbt er eine Bruthöhle in Guanoschichten. Guano ist nichts anderes als der stickstoffreiche Kot von Meeresvögeln. Es wird als Düngemittel abgebaut und verschifft. Der massive Abbau von Guano im 19. Jahrhundert führte zur Abnahme der Pinguinbestände, die zum Nisten und Brüten auf lockeres Erdreich ausweichen mussten. Der Humboldtpinguin gilt heute als gefährdete Tierart und wird von der Weltnaturschutzunion IUCN als bedroht (vulnerable) eingestuft. Schätzungen zu aktuellen Beständen variieren stark. Eine aktuelle Schätzung des IUCN geht von 32 000 erwachsenen Pinguinen aus. Weitere Ursachen für den Rückgang der Bestände sind Überfischung und das Wetterphänomen El Niño″.
Autor:
Felix Westhoff


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