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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
E-Busse für Liniendienst einsatzbereit
 
Sicher und sauber
Zwischenüberschrift:
Was man über Deutschlands größte E-Bus-Flotte in Osnabrück wissen muss
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Drei Tage nach ihrer feierlichen Eröffnung verkehrt Deutschlands längste Elektrobus-Linie in Osnabrück ab dem heutigen Samstag nach Fahrplan. Die erste Fahrt der M1 ab Haste-Ost geht um 5.03 Uhr, ab Düstrup um 5.08 Uhr. Der Testbetrieb lief zu unserer vollsten Zufriedenheit, größere Pannen gab es nicht″, teilten die Stadtwerke auf Anfrage mit. Wenn Störungen auftraten, habe es sich in der Regel um technische Einstellungen gehandelt. Die Fahrzeuge sind somit einsatzbereit.″

Weil es aber in Osnabrück nicht nur Befürworter der städtischen E-Bus-Strategie gibt, sondern auch vehemente Kritiker, hat unsere Redaktion zum Start der ersten, rein elektrisch betriebenen Metrobus-Verbindung noch einmal ein paar wichtige Fragen und Antworten zusammengetragen.

Sind die Elektrobusse in Osnabrück wirklich umweltfreundlicher als Dieselbusse mit Abgasfilter? Warum haben die E-Busse nur eine kurze Reichweite? Und was passiert bei Stromausfall? Zum Start von Deutschlands längster E-Bus-Linie M1 am heutigen Samstag haben wir die wichtigsten Fakten zusammengetragen.

Osnabrück Am Mittwoch wurde Osnabrücks erste, rein elektrisch betriebene Metrobuslinie M1 (Düstrup–Haste) feierlich eröffnet. Ab jetzt müssen die von den Stadtwerken eigens dafür angeschafften 13 Gelenk-E-Busse beweisen, dass sie den Anforderungen des öffentlichen Nahverkehrs im Alltag mindestens genauso gewachsen sind wie ihre Vorgänger mit Dieselmotor. Schließlich soll Deutschlands größte E-Bus-Flotte″ (Stadtwerke-Vorstand Stephan Rolfes) schon bald auf 62 Fahrzeuge anwachsen. Ziel: die vollständige Elektrifizierung aller fünf Hauptverbindungen im Osnabrücker Busnetz (M1 bis M5) bis 2022 und damit ein ÖPNV, der in weiten Teilen ohne Lärm und Abgase auskommt.Projekt nicht unumstritten

70 Millionen Euro lässt der städtische Verkehrsbetrieb sich diesen Systemwechsel kosten, wobei mehr als die Hälfte der Summe aus Fördertöpfen von Bund, Land und Europäischer Union stammt. Gleichwohl ist das E-Bus-Projekt kommunalpolitisch nicht unumstritten. Der Bund Osnabrücker Bürger (BOB) etwa kritisiert, die Stadtwerke hätten nach Paderborner Vorbild für einen Bruchteil der Kosten″ ihre Dieselbusse so umrüsten können, dass deren Abgase plötzlich sauberer als die Umgebungsluft″ seien. Außerdem bemängelt die im Rat mit zwei Sitzen vertretene Wählervereinigung eine schlechte Klimabilanz″ der E-Bus-Batterien, die mit fossilen Brennstoffen betankte E-Bus-Heizung oder auch drohende Reichweitenminderung″ bei Kälte.

Unsere Redaktion hat den Stadtwerken zu diesen und anderen Punkten Fragen gestellt und darauf folgende Antworten erhalten:

Wie hoch ist die jährliche CO2-Ersparnis der Osnabrücker E-Bus-Flotte im Vergleich zu einem Linienbetrieb mit Dieselfahrzeugen? Im Förderantrag ans Bundesumweltministerium rechnete der Verkehrsbetrieb so: Bei einer jährlichen Fahrleistung von 4, 3 Millionen Kilometern auf den Linien M1 bis M5 würden Dieselbusse insgesamt 2, 5 Millionen Liter Sprit verbrauchen. Die Verbrennung von einem Liter Diesel oder Heizöl setzt etwa 2, 65 Kilogramm des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) frei macht zusammen 6625 Tonnen. Die Diesel-Erzeugung verursacht schätzungsweise 0, 34 Kilogramm CO2 pro Liter zusätzlich, in diesem Fall also 850 Tonnen. Unterm Strich würden damit bei rein elektrischem Busbetrieb jährlich 7425 Tonnen CO2 eingespart. Denn die Stadtwerke Osnabrück wollen für ihre Batteriebusse ausschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen″ verwenden wobei CO2-Emissionen, die mit der Grünstrom-Gewinnung verbunden sind, in dieser Ökobilanz ausgeklammert wurden.

Um wie viel verringert sich die jährliche CO2-Ersparnis durch die E-Bus-Heizung? Laut Stadtwerken erfordern die Fahrleistungen und Umlaufpläne der Linien M1 bis M5, gemessen am derzeitigen Stand vollelektrischer Heizsysteme, vorläufig eine mit Brennstoff betriebene Busheizung. Beschafft werden deshalb Fahrzeuge mit sogenannter Hybridheizung, die bis etwa fünf Grad Celsius Außentemperatur rein elektrisch und bei tieferen Temperaturen mit Brennstoff heizt. Der Brennstoffbedarf wird im Jahresmittel auf etwa 0, 06 Liter pro Kilometer geschätzt. Für spätere E-Bus-Lieferungen wird eine vollelektrische Heizung in Form hoch effizienter Wärmepumpen angenommen, weshalb nur die Hälfte der Jahresfahrleistungen für die Ermittlung des Heizölbedarfs angesetzt wird. Dieser beträgt somit pro Jahr etwas mehr als 130 000 Liter. Dadurch verringert sich die jährliche CO2-Ersparnis gegenüber dem Dieselbusbetrieb auf 7040 Tonnen (95 Prozent).

Wie stark belastet die Produktion der E-Bus-Batterien das Klima? Die Stadtwerke berufen sich auf eine wissenschaftliche Studie, wonach bei der Akku-Herstellung pro Kilowattstunde Kapazität etwa 170 bis 180 Kilogramm CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen werden. Bedeutet: Für 62 E-Busse des Osnabrücker Typs würden 2008 Tonnen CO2 emittiert.

Wie viel Strom verbraucht die E-Bus-Linie M1 im Jahr? Die Fahrzeuge verbrauchen unter realen Bedingungen zwischen 1, 7 und 2 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Kilometer. Bei einer Jahresfahrleistung von 60 000 Kilometern pro E-Bus liegt der Flottenverbrauch von Linie M1 (zwölf Wagen) demnach bei ungefähr 1, 44 Millionen kWh pro Jahr. Zum Vergleich: Mit derselben Menge lässt sich laut Stadtwerken der durchschnittliche Jahresstromverbrauch von über 400 Vier-Personen-Haushalten decken. Den für die Fahrzeuge benötigten, regenerativ erzeugten Strom haben die Stadtwerke bereits vorab beschafft. Dabei könnten sie ihn nach eigenen Angaben rein rechnerisch problemlos″ selbst erzeugen: Allein die drei Windkraftanlagen auf dem Piesberg liefern 15 Millionen kWh pro Jahr.

Warum haben sich die Stadtwerke für E-Busse mit vergleichsweise geringer Reichweite entschieden? Die von Hersteller VDL garantierte Mindestreichweite von 60 Kilometern ist für uns vollkommen ausreichend″, erklären die Stadtwerke. Es gebe derzeit am Markt keine Gelenk-E-Busse, die unsere Anforderungen hinsichtlich einer Reichweite von 300 bis 400 Kilometer ohne Nachladen erfüllen″. Bei einer M1-Streckenlänge von 13 Kilometern bestehe mit der garantierten Mindestreichweite ausreichend Puffer auch wenn ein Ladevorgang an einer Endhaltestelle nicht durchgeführt werden kann.

Wie ist die E-Bus-Linie gegen Stromausfall gesichert? Alle Ladestationen an den Buskehren in Düstrup und Haste sowie auf dem Busbetriebshof sind von zwei Richtungen an das Mittelspannungsnetz angebunden. Dadurch ist eine Redundanz gegeben: Fällt das System auf einer Seite aus, springt die andere ein. Für die Ladestationen haben die Stadtwerke mit dem Lieferanten zudem einen Servicevertrag vereinbart, der eine Fehlerbehebung innerhalb vorgegebener Fristen garantiert.

Was passiert, wenn mehrere E-Busse gleichzeitig streiken? Die Stadtwerke verfügen für die Linie M1 über 13 E-Busse, darunter ein Reservewagen. Vertraglich bekommt der Verkehrsbetrieb von Fahrzeughersteller VDL während der Garantiezeit einen zusätzlichen Dieselbus als Ersatz gestellt. Zudem steht VDL finanziell für fest vereinbarte Verfügbarkeiten seiner E-Busse gerade. Bei einem Totalausfall der Linie gibt es also Ausgleichszahlungen. Im Betrieb würden dann, ähnlich wie bei einem Flottenausfall von Dieselfahrzeugen (etwa durch Serienschäden), Ersatzfahrzeuge besorgt oder auch angemietet.

Wie weit sind die Stadtwerke mit der Ende 2017 angekündigten Nachrüstung von Stickoxidfiltern bei 37 alten Dieselbussen? Im vergangenen Jahr wurden 13 Dieselbusse für eine Nachrüstung mit sogenannten SCR-Katalysatoren ausgeschrieben. Der Auftrag ist mittlerweile vergeben. In den kommenden Wochen erfolgt eine weitere Ausschreibung über 14 Fahrzeuge, die noch 2019 umgerüstet werden sollen. Die übrigen zehn Dieselbusse sind inzwischen außer Betrieb genommen bzw. bereits verkauft worden, sodass eine Nachrüstung nicht mehr erfolgt.

Bildtexte:
Elektrobusse auf ganzer Linie: Am Samstag ist die M1 in Osnabrück fahrplanmäßig unterwegs.
An den Buskehren in Düstrup (Bild) und in Haste werden die Antriebsbatterien der Fahrzeuge binnen weniger Minuten nachgeladen.
Fotos:
Jörn Martens, Gert Westdörp

Kommentar
Nur der Anfang

Wenn am frühen Samstagmorgen in Osnabrück zwölf batteriebetriebene Gelenkbusse aus dem Depot auf die Straße rollen, um Fahrgäste zwischen Düstrup und Haste zu kutschieren, markiert das nicht weniger als den Beginn einer neuen Ära im öffentlichen Nahverkehr unserer Stadt. Knapp zehn Jahre lang haben die Stadtwerke auf diesen Tag hingearbeitet und dabei in vielerlei Hinsicht Pionierarbeit geleistet für ganz Deutschland. Doch Linie M1 ist in der Tat nur der Anfang. Vier weitere, für das Netz elementar wichtige Verbindungen sollen schon bald folgen. Damit am Ende mehr Menschen vom eigenen Auto auf den E-Bus wechseln, muss aber noch mehr passieren Stichwort Busbeschleunigung. Solange die umweltfreundlichen Riesen im selben Stau stehen wie die vielen privaten Pkw, fehlt für einen Umstieg das beste Argument.

E-Mail: s.stricker@ noz.de
Autor:
Sebastian Stricker


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