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1.
Erscheinungsdatum:
26.03.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
vor
100
Jahren
Überschrift:
Überwältigender Vertrauensbeweis für OB Rißmüller
Zwischenüberschrift:
März 1919: Steigende Kriminalität und Wohnungsnot, Bürgerwehren und sozialer Wohnungsbau
Artikel:
Originaltext:
Davon
kann
Oberbürgermeister
Wolfgang
Griesert
nur
träumen:
Vor
100
Jahren
lagen
Tausende
Osnabrücker
Mädchen
und
Frauen
seinem
Amtsvorgänger
Julius
Rißmüller
zu
Füßen.
„
In
treuer
Ergebenheit
und
Anhänglichkeit″
baten
sie
den
Zurückgetretenen,
im
Amt
zu
bleiben.
Osnabrück
Hintergrund
für
Rißmüllers
Ankündigung,
sich
zurückziehen
zu
wollen,
sind
die
persönlichen
Angriffe
und
Demütigungen,
denen
er
während
der
Rathausbesetzung
im
Zuge
des
Hungeraufstandes
im
Februar
ausgesetzt
gewesen
ist.
Sie
haben
den
gesundheitlich
sowieso
schon
angeschlagenen
55-
Jährigen
schwer
mitgenommen
und
amtsmüde
gemacht,
sodass
er
seinen
Rücktritt
zum
1.
April
1919
erklärt.
Doch
das
behagt
den
Osnabrückern
überhaupt
nicht.
Der
erfahrene
Verwaltungsfachmann
hat
die
Stadt
mit
ruhiger
Hand
durch
schwierigste
Zeiten
geführt
und
wird
nicht
nur
in
den
bürgerlichen
Parteien,
sondern
auch
in
der
Sozialdemokratie
geschätzt.
Die
zur
Kriegshilfe
zusammengeschlossenen
Osnabrücker
Frauenvereine
starten
eine
beispiellose
Unterschriftenaktion,
die
Rißmüller
zum
Bleiben
auffordert.
Junge
Damen
gehen
von
Tür
zu
Tür
und
erbitten
Unterstützung
für
ihr
Anliegen.
Damit
haben
sie
fast
immer
Erfolg.
In
wenigen
Wochen
kommen
17
300
Unterschriften
zusammen.
Am
23.
März
überreichen
die
Vorsitzenden
der
drei
größten
Frauenvereine
dem
OB
eine
kunstvoll
ausgestattete
Ledermappe,
die
eine
Vertrauensadresse
„
in
geschmackvollem
Kunstdruck″
und
dahinter
die
besagten
Unterschriften
enthält.
Auch
die
Osnabrücker
Tageszeitungen
stoßen
ins
gleiche
Horn.
Rißmüller
ist
beeindruckt,
er
erklärt
den
Rücktritt
vom
Rücktritt.
Doch
die
Probleme
werden
dadurch
nicht
kleiner.
Hunger,
eine
durch
den
Krieg
aufgeweichte
Moral
und
Autoritätsverluste
der
Hoheitsträger
lassen
Eigentumsdelikte
bis
hin
zu
schweren
Raubüberfällen
sprießen.
Beispiel
Hellern:
Die
zunehmende
Unsicherheit
auf
dem
Lande
mit
beinahe
täglichen
Diebstählen
hat
zum
Aufstellen
der
Sicherheitswehr
Hellern-
Hörne
geführt,
der
mehr
als
hundert
Freiwillige
angehören.
Jede
Nacht
zieht
ein
mit
Gewehren
und
sogar
MGs
bewaffneter
Trupp
von
15
Mann
durch
die
Bauerschaften
und
kontrolliert
jeden
nächtlichen
Wagen-
und
Personenverkehr.
Wer
Lebensmittel
oder
Vieh
mit
sich
führt,
wird
arretiert
und
der
Polizei
übergeben.
Zu
einem
kleinen
Feuergefecht
kommt
es
auf
dem
Schwarzen
Platz
(der
spätere
Standort
des
Niedersachsenbades)
:
Zwei
Personen
versuchen
in
das
dortige
Körnermagazin
einzubrechen,
werden
aber
von
den
Posten
der
Sicherheitskompagnie
entdeckt.
Auf
ihrer
Flucht
feuern
die
Einbrecher
auf
die
Posten,
die
das
Feuer
erwidern.
Im
Schutz
der
Dunkelheit
entkommen
die
Täter.
Das
Schwurgericht
verhandelt
gegen
den
Monteur
Janssen
wegen
Straßenraubes.
Auf
einer
Hamsterfahrt
in
Hollage
ist
ihm
auf
der
Straße
die
Dienstmagd
eines
Bauern
begegnet,
die
in
ihrem
Korb
15
Pfund
Butter
und
20
Eier
zur
Ablieferungsstelle
bringen
wollte.
Als
das
Mädchen
seine
Bitte
ablehnte,
ihm
einige
Eier
zu
überlassen,
entriss
er
ihr
den
Korb
und
verschwand
damit
im
Wald.
Vor
Gericht
gibt
der
Angeklagte
die
Aneignung
des
Korbes
zu,
bestreitet
aber
eine
Gewaltanwendung.
Die
Geschworenen
glauben
ihm
und
sprechen
ihn
nur
eines
einfachen
Diebstahls
schuldig.
Hierfür
kann
er
aber
nicht
bestraft
werden,
da
er
als
Kriegsteilnehmer
unter
den
Amnestie-
Erlass
fällt.
Das
Verfahren
wird
eingestellt.
Auch
aus
den
Kleinanzeigen
im
„
Osnabrücker
Tageblatt″
spricht
die
schlechte
Versorgungslage.
Zum
Beispiel
heißt
es
da:
„
3
Mtr.
schwarzer
Wollstoff,
Friedensware,
1,
35
Mtr.
breit,
passend
für
Konfirmandenanzug,
nur
gegen
Schmalz
oder
Salatöl
einzutauschen.
Domhof
8
B.″
– „
Wer
gibt
für
Hemdentuch,
Nessel
oder
Bettzeug
ein
3–4
Monate
altes
Schwein?
″ – „
Ein
weiß-
wollenes
Konfirmationskleid
geg.
Fettigkeiten
einzutauschen.
Auguststr.
13,
II.
Stock,
rechts″.
Wenn
Jugendliche
über
die
Stränge
schlagen,
erzürnt
das
Leserbriefschreiber
wie
in
diesem
Fall:
„
Sind
das
die
Kinder
des
hochkultivierten
deutschen
Vaterlandes,
die
Tag
und
Nacht
singen
und
tanzen?
Heute
früh
zwischen
4
und
6
Uhr
sang
man
auf
der
Großenstraße
,
O
Susanna′
usw.!
Ist
es
denn
gar
nicht
möglich,
diesen
Leuten
begreiflich
zu
machen,
in
welchem
Elend
wir
stecken
und
welchem
noch
größeren
Elend
wir
entgegengehen?
″
Teil
dieses
Elends
ist
die
Wohnungsnot.
Sie
hat
sich
vervielfacht,
seitdem
Hunderttausende
von
Soldaten
ins
Zivilleben
zurückgekehrt
sind.
Der
Gemeinnützige
Osnabrücker
Bauverein
bemüht
sich
nach
Kräften,
„
bezahlbaren
Wohnraum″,
wie
wir
es
heute
nennen,
zur
Verfügung
zu
stellen.
Dabei
erhält
er
von
der
Stadt,
von
der
Landesversicherungsanstalt
und
vom
Reich
Unterstützung,
um
insbesondere
Kriegsheimkehrern
und
anderen
„
weniger
bemittelten,
aber
strebsamen
Mitbürgern″
vergünstigte
Konditionen
bieten
zu
können.
Im
Februar
1919
hat
der
Bauverein
bislang
224
Häuser
mit
339
Wohnungen
errichtet.
Bereits
1916
hat
der
Bauverein
einen
Mitbewerber
bekommen:
Die
Siedlungsgesellschaft
„
Kriegerdank″
verfolgt
gleiche
Ziele.
In
den
Augen
der
Stadtverwaltung
ist
diese
Konkurrenz
jedoch
wenig
wünschenswert.
Oberbürgermeister
Rißmüller
gelingt
es,
beide
Vereine
zu
einer
Verschmelzung
zu
bewegen.
Der
fusionierte
Verein
soll
unverzüglich
mit
dem
Bau
von
100
Wohnungen
beginnen.
An
der
Hügelstraße
erwirbt
er
zu
diesem
Zweck
9,
25
Hektar
Land.
Stadtbaurat
Friedrich
Lehmann
stellt
die
Planungen
vor,
die
190
Wohnhäuser
mit
234
Wohnungen
umfassen.
Der
erste
Teil
der
Wohnungen
soll
zum
1.
Oktober
1919
bezugsfertig
sein.
In
der
Scharnhorststraße
wird
bereits
eifrig
gebaut,
zum
1.
April
1919
ist
mit
ersten
Fertigstellungen
zu
rechnen.
Den
Betroffenen
aber
geht
das
alles
nicht
schnell
genug.
„
Ein
aus
dem
Felde
heimgekehrter
Krieger″
fordert
in
einem
Leserbrief,
dass
großzügig
wohnende
Osnabrücker
einen
Teil
ihrer
Fläche
abgeben:
„
Es
ist
eine
bekannte
Tatsache,
dass
ein
Teil
der
sogenannten
besseren
Kreise
unbenutzte
Wohnräume
oder
nicht
notwenige
Räumlichkeiten
besitzt.
Nur
wenn
diese
der
Gesamtheit
dienstbar
gemacht
werden,
wird
Linderung
der
Wohnungsnot
merklich
zu
spüren
sein.″
Der
Magistrat
setzt
indessen
auf
Freiwilligkeit.
Er
ruft
Villenbesitzer
auf,
im
Interesse
des
sozialen
Friedens
vorübergehend
Notwohnungen
abzutrennen.
Als
weitere
Sofortmaßnahme
sollen
Schulräume
belegt
werden,
die
von
der
Heeresverwaltung
zur
Demobilisierung
von
Truppen
beschlagnahmt
worden
sind.
Insgesamt
53
Notwohnungen
will
man
etwa
im
Hofhaus
an
der
Bramscher
Straße
und
den
daneben
liegenden
Baracken,
in
den
Nebenräumen
der
Turnhalle
am
Schlosswall,
in
der
katholischen
Volksschule
Eversburg,
in
der
Schule
am
Schützenwall,
im
Dachgeschoss
der
Rosenplatzschule
und
in
der
Hilfsschule
in
der
Pfaffenstraße
einrichten.
Je
zwei
Schulen
werden
sich
ein
Gebäude
teilen
müssen
und
abwechselnd
nur
vormittags
oder
nur
nachmittags
unterrichten.
Rißmüller
weist
darauf
hin,
dass
„
von
den
bestehenden
Übeln
die
Wohnungsnot
das
größere
sei″.
Auch
die
Schulräte
stimmen
den
neuen
Belastungen
des
Schulwesens
zu.
Eine
besorgte
Leserin
fragt
an,
ob
eine
Bahnreise
ins
rechtsrheinische
Troisdorf
möglich
sei.
Die
Besetzung
des
Rheinlandes
durch
alliierte
Truppen
beziehe
sich
zwar
auf
das
linksrheinische
Gebiet,
aber
es
sei
ja
auch
von
besetzten
„
Brückenköpfen″
gegenüber
von
Köln
auf
der
rechten
Rheinseite
die
Rede.
Das
„
Osnabrücker
Tageblatt″
antwortet,
dass
seines
Wissens
der
Bahnverbindung
über
Köln–Deutz
„
Hindernisse,
die
mit
der
feindlichen
Besetzung
des
linksrheinischen
Gebietes
zusammenhängen″,
nicht
im
Wege
stehen.
Die
Preußische
Staatsbahn
hat
das
Jahr
1918
mit
einem
gigantischen
Verlust
von
1,
25
Milliarden
Mark
abgeschlossen.
Als
Reaktion
darauf
sollen
alle
Gütertarife
vorübergehend
um
60
Prozent
erhöht
werden.
Im
Personenverkehr
soll
eine
Staffelung
der
Zuschläge
eintreten:
Die
vierte
Wagenklasse
soll
mit
20
Prozent,
die
dritte
mit
25
Prozent,
die
zweite
mit
85
Prozent
und
die
erste
Klasse
mit
100
Prozent
beaufschlagt
werden.
Der
Vorort-
,
Arbeiter-
und
Schülerverkehr
sollen
keine
Zuschläge
erfahren.
Außerdem
plant
man
eine
Reduzierung
der
Wagenklassen
–
auch
dies
ein
Schritt
weg
vom
alten
Ständestaat.
Es
soll
nur
noch
zwei
Klassen
geben:
eine
gepolsterte
und
eine
ungepolsterte.
Bildtext:
Die
Hügelstraße
im
Stadtteil
Sonnenhügel
wird
zum
größten
Neubaugebiet
nach
dem
Ende
des
Ersten
Weltkriegs.
Der
Gemeinnützige
Bauverein
beginnt
1919
mit
dem
Bau
von
234
Wohneinheiten.
Foto:
Archiv
Museum
Industriekultur/
Rudolf
Lichtenberg
jr.
Autor:
Joachim Dierks