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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Osnabrück lässt sich in die Akten schauen
 
Jeder darf jetzt im Rathaus in die Akten sehen
Zwischenüberschrift:
Rat verabschiedet Satzung über Informationsfreiheit in Osnabrück
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Die Stadt hat sich als zehnte Kommune in Niedersachsen eine Informationsfreiheitssatzung gegeben. Sie gibt jedem Osnabrücker das Recht, im Rathaus Akteneinsicht zu nehmen. Der Stadtrat stimmte geschlossen der Satzung zu, um die seit 2011 gerungen wurde. Vor allem die UWG/ Piraten-Gruppe im Rat hatte auf Öffnung gedrängt. Wer Akten lesen will, muss weder eine Begründung liefern noch ein berechtigtes Interesse nachweisen. Auch Gebühren werden nicht erhoben. Nicht zugänglich bleiben aber weiterhin Unterlagen, die schützenswerte Interessen Dritter berühren oder durch Gesetz einer Geheimhaltungspflicht unterliegen. Neun Landkreise und Städte in Niedersachsen verfügen bereits über entsprechende Satzungen. Aber nur wenige Bürger beantragten dort bisher Akteneinsicht.

Osnabrück Die Stadt öffnet Aktenschränke und Dateien: Jeder Osnabrücker hat jetzt das Recht auf Akteneinsicht. Er muss keine besonderen Gründe vorweisen und dafür auch nichts zahlen. Der Stadtrat hat einstimmig eine neue Informationsfreiheitssatzung beschlossen, die Bürgern mehr Transparenz und Mitsprache ermöglichen soll.

So funktioniert die Akteneinsicht: Das Recht auf Akteneinsicht gilt für Menschen mit Wohnsitz in Osnabrück und juristische Personen also Firmen oder Vereine, die ihren Sitz in der Stadt haben. Wer in die Akten sehen will, muss weder eine Begründung liefern noch ein rechtliches Interesse nachweisen. Es genügt, der zuständigen Behörde mündlich oder schriftlich den Wunsch zu äußern wobei die Angaben das Auffinden der gewünschten Informationen mit angemessenem Aufwand″ ermöglichen müssen. Sind die Angaben zu unbestimmt, darf die Behörde den Informationswunsch nicht einfach abweisen, sondern ist gehalten, dem Antragsteller zu helfen, die Suche einzugrenzen.

Die Verwaltung muss dann dem Bürger binnen vier Wochen die Möglichkeit schaffen, die Akten zu lesen. Die Unterlagen können in Amtsräumen eingesehen werden. Handelt es sich um digitale Dateien, muss die Stadt Lesegeräte zur Verfügung stellen. Das Fotokopieren ist zulässig, sofern nicht Rechte Dritter verletzt werden. Eine Herausgabe der Akten außer Haus ist nicht erlaubt.

Die Stadt könnte Gebühren verlangen, verzichtet aber darauf. Der Rat folgte einem Antrag der Linken, die Akteneinsicht entgeltfrei zu ermöglichen.

Die Grenzen der Freiheit: Die Grenzen der Akteneinsicht werden erreicht, wo persönliche Interessen Dritter betroffen sind, Geheimhaltungsvorschriften greifen und die Zuständigkeit der Kommune endet. Die Stadt ist laut Satzung nur verpflichtet, die Unterlagen zu öffnen, die Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises″ betreffen. Dazu gehören zum Beispiel die Bauplanung oder der kommunale Haushalt.

Wenn Dinge betroffen sind, für die der Bund oder das Land zuständig sind, greift die Informationsfreiheitssatzung der Stadt nicht. Auch darf die Stadt keine Informationen offenlegen, die laut Gesetz geheim zu halten sind oder deren Bekanntwerden die öffentliche Sicherheit gefährden würde.

Die rechtlichen Grundlagen: Das Ringen um die Akteneinsicht für jedermann dauert seit 2006 an. Damals verabschiedete der Bundestag das Informationsfreiheitsgesetz, das den Bürgern weitreichende Einsicht in Behördenakten, Ausschussunterlagen, Gutachten oder andere Hintergrundpapiere sichert. Das Gesetz beschränkt sich allerdings auf Bundesbehörden. Damit Bürger ihr Informationsrecht auch gegenüber dem Land und der Kommune geltend machen können, müssen die Länder entsprechende Gesetze und die Kommune Satzungen erlassen.

Geschehen ist das bisher in zwölf Bundesländern, nicht aber in Niedersachsen. Kurz vor Ende der Legislaturperiode hatte die alte rot-grüne Landesregierung 2017 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der aber wegen der vorgezogenen Neuwahlen nicht mehr beraten wurde. Seither steckt das Gesetz in der Warteschleife.

Wenig Interesse bei den Bürgern: Neun Kreise und Kommunen haben in Niedersachsen inzwischen Info-Satzungen erlassen: die Landkreise Hameln-Pyrmont und Wesermarsch, die Städte Braunschweig, Cuxhaven, Göttingen, Hameln, Langenhagen, Lingen/ Ems und die Samtgemeinde Dahlenburg.

Das Interesse der Bürger scheint aber begrenzt. In Braunschweig gingen von 2012 bis 2018 zwölf Anträge ein. Der Sprecher der Stadt Hameln, die 2012 die Akteneinsicht liberalisierte, antwortete im vergangenen Jahr auf Anfrage unserer Redaktion: Bislang haben wir nur einen Antrag erhalten und selbst dieser Antrag zählt eigentlich nicht. Es handelte sich dabei um einen Test-Antrag der örtlichen Tageszeitung.″

Bildtext:
DIE NEUE OFFENHEIT: Die Stadt gewährt jedem Osnabrücker Akteneinsicht, sofern nicht besondere Geheimhaltungsvorschriften dem entgegenstehen.
Foto:
Michael Gründel

Kommentar
Stuttgarter Lehrstück

Mehr Transparenz, mehr Mitsprache: Das Gesetz zur Akteneinsicht für jedermann verfolgt hohe Ziele. Die Erfahrungen in anderen Städten aber lehren, dass die Bürger die neue Offenheit kaum nutzen. Überflüssig ist die Info-Satzung damit keineswegs.

Erinnern wir uns an Stuttgart 21. Über ein Jahrzehnt wurde der neue Bahnhof geplant, mindestens zehn Bebauungspläne wurden in vielen öffentlichen Verfahrensschritten geändert. Doch erst als die Sägen kreischten, erhob sich der Protest. Das Beispiel zeigt: Solange die Bürger nicht selbst und unmittelbar betroffen waren, haben sie sich für die Planungen nicht interessiert, nicht hingesehen, nicht hingehört, nicht nachgefragt. Auch ein Informationsfreiheitsgesetz hätte die Bürger wohl nicht aktiviert.

Daher ist es wichtig, dass die Behörden auf die Bürger zugehen und zwar in einer Sprache, die jeder versteht, auf technischen Kanälen, die viele nutzen, und mit Methoden, die Interesse wecken.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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