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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Neue Straßennamen machen Probleme
 
Straßenchaos in Osnabrück
Zwischenüberschrift:
Umbenennung bereitet Anwohnern Probleme
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Nachdem die Giesbert-Bergerhoff-Straße in Frida-Schröer-Straße umbenannt wurde, stehen die Anwohner vor Problemen: Niemand findet sie, nicht einmal taufrische Navigeräte, und von der Stadt fühlen sie sich im Stich gelassen.

Paketboten wissen nicht wohin, Navigationssysteme schicken ihre Nutzer in die Irre und das seit über einem halben Jahr. Die Namensänderung der Giesbert-Bergerhoff-Straße in Frida-Schröer-Straße in Osnabrück-Atter bereitet den Anwohnern größere Probleme als gedacht.

Osnabrück Mysteriös, was sich nach der Straßenumbenennung in Atter abspielt. Für die Anwohner ist es aber vor allem nervenraubend und ärgerlich, und das schon seit über einem halben Jahr. Ein Drama in (vorerst) fünf Akten.

Drei Straßennamen wurden im Sommer 2018 von der Stadt Osnabrück geändert. Darunter auch die Giesbert-Bergerhoff-Straße. Sie wurde in Frida-Schröer-Straße umbenannt. Der Grund dafür ist die nationalsozialistische Vergangenheit Bergerhoffs. Er war zwar von 1952 bis 1956 Bürgermeister in Atter, zuvor aber ab 1936 Ortsgruppenleiter der NSDAP.

Schröer hingegen war eine Atteranerin, die 1943 Opfer der NS-Krankenmorde wurde. Ihren Namen schlug das Bürgerforum Atter vor. Zuvor hatten sich nicht wenige Anwohner dafür ausgesprochen, den bisherigen Straßennamen trotz allem beizubehalten. Doch der Rat gab schließlich grünes Licht für die Umbenennung.

Diese teilte die Stadt Osnabrück zunächst über eine amtliche Bekanntmachung mit. Zusätzlich wurde der neue Straßenname im städtischen Straßenverzeichnis hinterlegt, und Behörden wie die Polizei sowie die Feuerwehr und andere städtische Stellen wurden informiert. Die Anwohner der betroffenen Straße bekamen die Information per Post und mussten im Anschluss eigenständig Vertragspartner wie Versicherungen und Geldinstitute über die neue Anschrift informieren. Gibt es dabei Unklarheiten, können sich die Unternehmen bei den Städten melden″, erläutert Jens Borm von der Stadt Osnabrück, zuständig für städtische Kartografie, das allgemein übliche Vorgehen bei Straßenumbenennungen.

Kein Erfolg

Anwohner Jürgen Pruß hat dementsprechend versucht, seine Bank über die Umbenennung in Kenntnis zu setzen ohne Erfolg. Sie habe die Änderung nicht vornehmen können, denn der Name Frida-Schröer-Straße existierte (noch) nicht in ihren EDV-Systemen. Dasselbe Problem hatte er bei seinem ehemaligen Stromanbieter. Der wollte die Adressänderung sogar als Umzug werten. Der Vertrag hätte sich dann automatisch verlängert, obwohl Pruß eigentlich aufgrund einer Preiserhöhung kündigen wollte.

Den Stromanbieter hat er mittlerweile gewechselt. Kurios aber: Der neue Anbieter kennt die Frida-Schröer-Straße offenbar auch nicht. Wir wohnen in Osnabrück, haben aber keine Straße″, stöhnt Pruß. Ich hab kein′ Bock mehr. Seit einem Dreivierteljahr geht das schon, und das Allerschlimmste ist, dass die von der Stadt uns damit alleinlassen″, betont er.

Schwierigkeiten macht die Straßenumbenennung auch den Lieferdiensten. Eine betroffene Anwohnerin schildert das Drama mit den Zustellern: Seit der Umbenennung ist keines der per DHL an uns gesandten Pakete ohne Probleme angekommen.″ Die Frida-Schröer-Straße sei im Paketzentrum Greven schlichtweg nicht bekannt gewesen. Erst nach einem langen Hin und Her mit dem Kundenservice des Zustellers würden die Sendungen mit erheblicher Verzögerung ankommen″.

Auf Nachfrage unserer Redaktion bei DHL fiel die Antwort zunächst knapp aus: Dass durch uns gar keine Pakete zugestellt werden können, schließen wir aus″, teilte Pressesprecherin Maike Wintjen mit. Die Beschwerden der Anwohner beim Kundenservice scheinen aber mittlerweile Erfolg zu haben. Wintjen betonte, dass jetzt sowohl der alte als auch der neue Straßenname in die Systeme eingespeist sei.

Trotz amtlicher Bekanntmachung ist in den Karten einschlägiger Suchmaschinen im Internet weiterhin die Giesbert-Bergerhoff-Straße eingetragen. Man kann zwar die Frida-Schröer-Straße suchen, angezeigt wird aber der alte Name: Gleiches gilt für die ebenfalls umbenannte Carl-Diem-Straße. Sie sollte bei den Online-Kartendiensten eigentlich unter ihrem neuen Namen An der Moorweide″ eingetragen sein. Doch auch in diesem Fall ist immer noch der alte Name zu sehen.

Verwirrte Navis

Auch in manchen Navigationssystemen ist die Bezeichnung Frida-Schröer-Straße nicht zu finden. Schlimmer noch: Bei manchen taucht plötzlich ein ganz anderer Straßenname auf, den es in Osnabrück überhaupt nicht gibt: Karl-Heinz-Dusbaba-Straße.

Wie kann das sein? Eine mögliche Erklärung findet sich in den Anfängen der Änderungsdebatte. Aktivisten einer Initiative für geschichtliche Verantwortung″ überdeckten im Oktober 2015 die Straßenschilder der Giesbert-Bergerhoff-Straße eigenmächtig mit einer Karl-Heinz Dusbaba″-Version. In einem Internetbeitrag der Aktivisten auf der linken Plattform Indymedia heißt es, dass Karl-Heinz Dusbaba ein in Osnabrück lebender Sinti gewesen sei, der 1941 im Alter von drei Jahren mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert wurde. Bei Kriegsende sei er aus dem Konzentrationslager befreit worden, habe jedoch gesundheitliche und seelische Schäden erlitten und sei mit 25 Jahren früh verstorben.

In Osnabrück gibt es drei Stolpersteine für in Auschwitz ermordete Mitglieder einer Familie Dusbaba. Wahrscheinlich waren es Verwandte von Karl-Heinz. Die Aktivisten jedenfalls forderten 2015 die Umbenennung der Giesbert-Bergerhoff-Straße in Karl-Heinz-Dusbaba-Straße. Vergeblich: Der Rat entschied sich für eine Benennung nach Frida Schröer.

Der Name ist während des Verfahrens zur Straßenumbenennung ins Spiel gebracht worden″, erinnert sich Stadtkartograf Borm. Allerdings habe der Vorschlag nie zur Abstimmung gestanden. Auch in der Beschlussvorlage für den Rat aus dem März 2018 taucht er nicht auf in vielen Navigationsgeräten aber schon. Warum, bleibt offen. Möglicherweise haben die Aktivisten ihre eigenmächtige Umbenennung nicht nur im Straßenbild umgesetzt, sondern auch einen Weg gefunden, Kartenwerke in ihrem Sinne zu manipulieren. Eine Anfrage unserer Redaktion bei einem der Navigationsgeräte-Hersteller blieb bisher ohne Antwort.

Bildtexte:
Nach langen Debatten wurde die Giesbert-Bergerhoff-Straße im vergangenen Jahr in Frida-Schröer-Straße umbenannt. Seitdem haben Anwohner mit enormen Alltagsproblemen zu kämpfen.
Die neuesten BMW-Navis zeigen auch nach neuesten Updates die Phantomstraße Karl-Heinz Dusbaba-Straße an. Die Frida-Schröer-Straße wurde gar nicht erst gefunden.
Fotos:
Jörn Martens
Autor:
Felix Westhoff


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