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1.
Erscheinungsdatum:
28.02.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
Vor
100
Jahren
Überschrift:
MG-Salven auf dem Neumarkt
Zwischenüberschrift:
Februar 1919: Gewaltausbrüche beim Osnabrücker „Hungeraufstand″
Artikel:
Originaltext:
Die
Umwälzungen
nach
der
November-
Revolution
1918
sind
in
Osnabrück
bis
dato
weitgehend
friedlich
abgelaufen.
Im
Februar
1919
kommt
es
jedoch
zu
einem
„
Hungeraufstand″
in
der
Stadt
–
mit
Schussverletzten,
Gefangenenbefreiungen
und
Plünderungen.
Osnabrück
Grund
für
die
Unruhen
sind
weitere
Kürzungen
der
Lebensmittelverteilung,
unmittelbarer
Auslöser
aber
ist
wohl
die
Ankündigung
eines
Festes
der
Bediensteten
des
Lebensmittelamtes.
Sie
wirkt
angesichts
gravierender
Nahrungsmittelknappheit
wie
eine
Provokation.
Tausende
von
Arbeitern
und
demobilisierten
Soldaten
ziehen
am
19.
Februar
mit
roten
Fahnen
und
Plakaten
wie
„
Raus
mit
dem
Speck″
oder
„
Laßt
die
Kinder
nicht
verhungern!
″
vor
das
Rathaus.
Die
Gewerkschaftssekretäre
Heinrich
Groos
und
Walter
Bubert
versuchen,
auch
namens
der
SPD
und
des
Arbeiter-
und
Soldatenrats,
die
Menge
zu
beruhigen.
Groos
veranlasst,
dass
eine
Gruppe
von
Vertrauensleuten
zu
Oberbürgermeister
Julius
Rißmüller
vorgelassen
wird,
um
mit
ihm
und
dem
Regierungspräsidenten
eine
„
gerechtere″
Verteilung
der
Lebensmittel
zu
verhandeln.
Mit
zunehmender
Dauer
der
Verhandlung
wird
die
Menge
unruhiger.
In
der
Darstellung
der
„
Osnabrücker
Zeitung″
ruft
ein
auf
der
Rathaustreppe
stehender
Matrose:
„
Alle
Mariner
hier
auf
die
Treppe″,
woraufhin
ein
Sturm
auf
die
Rathaustüren
einsetzt.
Die
Wachen
werden
an
die
Wand
gedrückt,
mit
lautem
Gejohle
verschafft
man
sich
Zugang
zum
Rathaus.
Bubert
teilt
ein
erstes
Verhandlungsergebnis
mit:
Die
Brotration
wird
um
300
Gramm
pro
Kopf
und
Woche
erhöht,
es
gibt
Sonder-
Zuteilungen
von
Pferdefleisch
und
Zucker.
Die
Demonstranten
geben
sich
damit
aber
nicht
zufrieden.
Sie
verlangen,
dass
sich
Rißmüller
und
Stadtbaurat
Friedrich
Lehmann
auf
der
Treppe
zeigen.
Rißmüller
erscheint,
wird
mit
Pfui-
Rufen
empfangen
und
gibt
eine
Erklärung
ab,
die
aber
nur
von
Näherstehenden
akustisch
verstanden
wird:
Schuld
am
Fehlen
des
Brotgetreides
sei
nicht
die
Stadt,
sondern
die
Reichsgetreidestelle.
Sie
habe
Mehl
zugeteilt
für
eine
Einwohnerzahl
von
74
000,
während
durch
die
Demobilmachung
verschiedener
Truppenteile
10
000
Menschen
mehr
in
Osnabrück
zu
ernähren
seien.
Vereinbart
wird,
dass
ab
sofort
die
von
der
Arbeiterschaft
zu
bestimmenden
Vertrauensleute
der
städtischen
Lebensmittelkommission
angehören.
Sie
sollen
am
nächsten
Tag
die
städtischen
Lebensmittellager
besichtigen
und
anschließend
nach
Berlin
fahren,
um
bei
der
Reichsbehörde
eine
„
schleunige
Mehrzuweisung″
von
Lebensmitteln
zu
erwirken.
Derweil
verlangt
die
Menge
auf
dem
Markt
immer
stürmischer
nach
Stadtbaurat
Lehmann.
Er
ist
der
Buhmann,
weil
er
bislang
für
Detailregelungen
der
Lebensmittelzuteilung
verantwortlich
war.
Er
wird
in
seinem
Büro
nicht
angetroffen.
Die
Rathausbesetzer
zertrümmern
daraufhin
das
Mobiliar.
Bubert
versucht
wiederholt,
die
Menge
zu
einem
geordneten
Abzug
zu
bewegen,
doch
vergebens.
Ein
Soldat
schwingt
sich
an
der
Treppenbrüstung
empor
und
gibt
die
Parole
aus:
„
Auf
zum
Westerberg
ins
Millionenviertel!
″
Er
findet
zahlreiche
Anhänger.
An
Bergstraße
und
Edinghäuser
Straße
dringen
die
Demonstranten
in
jede
Villa
ein,
wobei
je
drei
bis
fünf
Mann
sich
die
Räume
zeigen
lassen
und
Notizen
über
die
vorgefundenen
Vorräte
anfertigen.
Ein
Hausbewohner
fragt,
mit
welchem
Recht
die
Hausdurchsuchungen
vorgenommen
würden.
„
Heute
gibt′s
kein
Recht
mehr
–
das
nehmen
wir
uns
selbst″,
bekommt
er
zur
Antwort.
Der
Hauptstrom
der
Demonstranten
zieht
zum
Neumarkt.
Das
Verlagshaus
J.
G.
Kisling
hat
sich
mit
der
hier
verlegten
„
Osnabrücker
Zeitung″
den
besonderen
Zorn
der
entlassenen
Soldaten
zugezogen,
nachdem
in
der
Abendausgabe
des
18.
Februar
in
einem
Artikel
der
Satz
stand:
„
Es
ist
schon
eine
Schande,
daß
der
Waffendienst
zum
Söldnerhandwerk
erniedrigt
wird.″
Eine
Menschenmenge
dringt
in
das
Verlagshaus
ein
und
zerrt
den
Schriftleiter
auf
die
Außentreppe
zum
Neumarkt
hin.
Er
soll
Rede
und
Antwort
stehen,
welche
Haltung
das
Blatt
zum
Soldatenstand
einnehme.
In
dem
allgemeinen
Tumult
kann
er
sich
jedoch
nicht
verständlich
machen.
Scharfmacher
drängen
nach
vorne
und
beginnen,
den
Schriftleiter
zu
misshandeln.
Einigen
Besonnenen
gelingt
es,
die
Angriffe
auf
den
wehrlosen
Mann
zu
beenden.
Die
Redaktion
verspricht,
am
nächsten
Tag
eine
Klarstellung
zu
eventuell
missverständlichen
Sätzen
abzudrucken.
Danach
zieht
die
Menge
zum
nahe
gelegenen
Gerichtsgefängnis,
wo
man
die
Befreiung
von
acht
bis
neun
Inhaftierten
durchsetzt.
Mehrere
Stunden
lang
bleibt
der
Neumarkt
besetzt.
In
Ansprachen
werden
die
Forderungen
immer
höhergeschraubt.
Die
ursprünglichen
Anführer
der
Protestbewegung
haben
die
Lage
nicht
mehr
im
Griff.
Schließlich
erscheint
eine
Sicherheitskompagnie
mit
sechs
Maschinengewehren
und
schießt
zur
Abschreckung
Salven
in
die
Luft.
Gleichwohl
gibt
es
einige
Verletzte,
möglicherweise
durch
Querschläger.
Ein
Mann
gerät
unter
die
Straßenbahn
und
wird
lebensgefährlich
verletzt.
In
den
Abendstunden
wird
auch
noch
die
Redaktion
der
zentrumsnahen
„
Osnabrücker
Volkszeitung″
am
Breiten
Gang
aufgesucht.
Die
Redakteure
Dr.
Fromm
und
Schumacher
stellen
sich
einer
Abordnung
der
Demonstranten,
die
dem
Blatt
„
arbeiterfeindliche
Artikel″
vorwerfen.
Auf
die
Frage,
um
welche
Artikel
es
sich
handele,
kommt
keine
Antwort.
Auf
den
Fluren
ertönen
Ausrufe
von
nachrückenden
Protestierenden:
„
Heraus
mit
der
schwarzen
Bande!
″
und
„
Nieder
mit
den
Pfaffen!
″
Die
Redaktion
betont,
dass
sie
Tausende
von
christlich
organisierten
Arbeitern
zu
ihren
Lesern
zähle
und
stets
eine
arbeiterfreundliche
Haltung
eingenommen
habe.
Auf
dem
Neumarkt
versammelt
sich
am
nächsten
Morgen
wieder
eine
große
Menschenmenge
und
versucht
abermals
den
Sturm
auf
das
Gefängnis.
Einige
wegen
Mundraubs
und
anderer
leichterer
Vergehen
Inhaftierte
werden
freigelassen,
„
Lebensmittelschieber
und
Schwerverbrecher″
bleiben
jedoch
in
Haft.
Die
Arbeitersekretäre
Groos
und
Bubert
halten
Ansprachen
auf
der
Freitreppe
des
Justizgebäudes,
in
denen
sie
zu
Besonnenheit
und
Ruhe
ermahnen.
Die
Sicherheitskompagnie
wird
zurückgezogen,
die
Menge
verläuft
sich
allmählich.
Die
„
traurigen
Vorfälle″,
wie
die
„
Osnabrücker
Zeitung″
sie
bezeichnet,
führen
an
den
Folgetagen
dazu,
dass
Oberbürgermeister
Rißmüller
seinen
Rücktritt
zum
1.
April
1919
ankündigt.
Die
persönlichen
Angriffe
und
Demütigungen
während
der
Rathausbesetzung
haben
ihn
schwer
mitgenommen.
Tausende
Osnabrücker
unterschreiben
jedoch
eine
Eingabe,
in
der
sie
ihm
das
Vertrauen
aussprechen.
Die
Osnabrücker
Presseorgane
stoßen
ins
selbe
Horn.
Rißmüller
revidiert
seinen
Entschluss
und
bleibt
bis
1927
Osnabrücks
Oberbürgermeister.
Bildtext:
Das
Verlagshaus
Kisling
am
Neumarkt,
hier
in
friedlicheren
Zeiten
fotografiert,
wurde
genau
wie
das
Rathaus
am
19.
Februar
1919
gestürmt.
Foto:
R.
Lichtenberg
jr.,
aus:
R.
Spilker,
Lichtenberg.
Bilder
einer
Stadt.
1900–1940,
Bramsche,
1996
Autor:
Joachim Dierks