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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Mehr Platz für Carsharing – weniger für alle?
Zwischenüberschrift:
Sonderregelung der Stellplatzsatzung findet erstmals in Osnabrück Anwendung
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Weniger verpflichtende Parkplätze, dafür ein Stadtteilauto der Stadtwerke: Im März wird erstmals eine Sonderregelung der Osnabrücker Stellplatzsatzung umgesetzt. In der Weststadt muss ein Bauherr seinen Mietern weniger Parkplätze bereitstellen als vorgeschrieben doch ohne Gegenleistung gibt es das nicht. Verlierer könnte der öffentliche Raum sein.

Osnabrück Baut ein Bauherr ein Gebäude, so schreibt ihm die Stadt mit ihrer Stellplatzsatzung vor, wie viele Parkplätze er bereitstellen muss. Auf dem eigenen Grundstück, wohlgemerkt. Dabei unterscheidet die Satzung zwischen Zonen die Stadt ist in drei Zonen aufgeteilt und Art der Nutzung wie etwa Wohnen und Handel. So muss für jede Wohnung mit einer Größe zwischen 40 und 120 Quadratmetern ein Parkplatz vorhanden sein. Die 2016 eingeführte Satzung gilt aber nur für Neubauten und Nutzungsänderungen alles andere hat Bestandsschutz.

Carsharing als Ausnahme

Die vorgeschriebene Zahl können Bauherren umgehen, wenn sie einen Parkplatz an einen von der Stadt anerkannten Carsharing-Anbieter abtreten. Ein Bauherr eines Neubaus an der Otto-Vesper-Straße in der Weststadt nutze ab März erstmals diese Möglichkeit, sagt Lea Hilling von den Stadtwerken. Er baut dort ein Mietshaus mit 30 Wohnungen und tritt einen seiner Parkplätze an die Stadtwerke ab.

Mieter und Nachbarn haben dann ein Stadtteilauto vor der Tür und die Stadtwerke einen weiteren Abstellplatz für eines ihrer Carsharing-Autos gefunden, die sie so dringend suchen. Auf der anderen Seite haben die Mieter weniger Parkplätze für die eigenen Autos zur Verfügung, die sie dann auf der Straße abstellen müssen, sofern sie nicht auf das Stadtteilauto umsteigen Platz, der allen gehört.

Parkplätze einsparen

Das Prinzip dahinter: Muss ein Bauherr zehn Parkplätze realisieren, so bleiben es ohne Carsharing-Auto auch zehn. Gibt er jedoch einen ans Stadtteilauto ab, so bleiben sechs Stellplätze für die Autos seiner Mieter. Drei Parkplätze kann er streichen und anderweitig nutzen. Bietet er zwei Stadtteilautos Platz, bleiben drei für die Mieter, fünf Parkplätze entfallen gänzlich.

Bis zu sechs Parkplätze kann ein Bauherr durch diese Regelung einsparen. Bei theoretisch zehn Stellplätzen entfielen dann drei auf Stadtteilautos und nur noch einer auf die Mieter. Das dürfte insbesondere Bauherren entgegenkommen, die gar nicht über den Platz für die vorgeschriebenen Parkplätze verfügen. Zudem bietet diese Regelung die Möglichkeit, weniger Fläche zu versiegeln: Grün statt Grau.

Unsere Mietverträge mit den Bauherren oder Eigentümern sind nach Vorgabe der Stellplatzsatzung auf zehn Jahre abgeschlossen″, sagt Hilling. Entfällt der Platz, muss der Bauherr Parkplätze aufstocken oder zahlen.

Auch eine Bauherrin an der Natruper Straße 207 will im dritten Quartal dieses Jahres von der Regelung profitieren. Es hätten dort ohne Carsharing zwölf Stellplätze bereitgestellt werden müssen″, sagt Hilling. Durch das Stadtteilauto reduziert sich die Zahl auf neun.

Freikauf möglich

Alternativ können sich Bauherren auch schlichtweg freikaufen: Gegen die Zahlung von 13 650 Euro (Zone 1), 6300 Euro (Zone 2) oder 4650 Euro (Zone 3) pro notwendigen Einstellplatz können sie einen einsparen. Die Stadt kann dem Wunsch aber widersprechen. Tut sie das nicht, profitiert sie finanziell Verlierer ist erneut der öffentliche Raum. Den Stadtwerken zufolge ersetzt ein Carsharing-Fahrzeug neun private Pkw.

Ende Januar hatte der Rat der Stadt eine Änderung der Stellplatzsatzung abgenickt. Ziel der Änderung: weniger Autos und mehr Fahrräder in der Innenstadt. In der Zone 1 kann laut Satzungsänderung die ermittelte Anzahl notwendiger Pkw-Einstellplätze um 50 Prozent (vorher 25 Prozent) reduziert werden. Einfacher: Wer neu baut und rein rechnerisch acht Parkplätze nachweisen muss, muss in der Zone 1 nur vier Plätze ausweisen. Auf Wunsch darf er bis zu sechs (respektive maximal 75 Prozent) umsetzen. Der Carsharing-Aspekt war auch vorher enthalten.

Hohe Ablöseerträge

Durch die im Januar beschlossene Änderung der Stellplatzsatzung entgehen der Stadt aber Einnahmen. In den Jahren 2014 bis 2018 habe sie 1 087 588 Euro durch Ablöseerträge in der Zone 1 eingenommen, sagt Stadtsprecher Gerhard Meyering auf Nachfrage. Das waren durchschnittlich 217 518 Euro im Jahr. Die Stadt rechnet durch die Satzungsänderung in der Zone 1 mit einem Einnahmeverlust von 47 000 bis 73 000 Euro jährlich.

Seit September 2017 erlaubt das Carsharing-Gesetz Kommunen überdies, öffentliche Parkplätze ausschließlich und kostenlos für Carsharing-Anbieter einzurichten. Das gilt allerdings nur für Autos mit einem festen Stellplatz in Osnabrück also den Stat-K, nicht aber den Flow-K.

Immer mehr Nutzer

Die Stadt würde das Gesetz gern in Osnabrück anwenden, kann es aber noch nicht. Da es ein Bundesgesetz ist, gilt es damit nur für Stellflächen im Bereich der Bundesstraßen. Für alle anderen Bereiche fehlt noch die Durchführungsverordnung des Landes, auf die wir seit Längerem warten″, sagt Meyering.

Andere Städte hingegen stellen dem Carsharing öffentlichen Raum zur Verfügung, etwa Hannover. Leider können wir in Osnabrück noch keine Stellplätze im öffentlichen Raum erhalten″, sagt Hilling.

Dabei steigt die Zahl der Carsharing-Nutzer bundesweit und auch in Osnabrück. 2017 lag die Zahl in Osnabrück bei 2800, Anfang 2019 waren es mehr als 3100, so Hilling. Daher habe das Stadtteilauto im vergangenen Jahr zehn zusätzliche Fahrzeuge angeschafft. Weitere zwölf würden in den kommenden sechs bis zehn Monaten folgen, wenn es ausreichend Stellplätze gäbe, versichert sie.

Bildtexte:
Wer einen Parkplatz ans Stadtteilauto abtritt, muss weniger Parkplätze bereitstellen als eigentlich vorgeschrieben.
Zone 1 (innerhalb des Wallrings) und Zone 2 der Stellplatzsatzung der Stadt Osnabrück. Der Rest der Stadt ist Zone 3.
In der Otto-Vesper-Straße in Osnabrück wird gerade ein Haus mit 30 Wohnungen fertiggestellt. Der Bauherr gibt einen seiner Parkplätze ans Stadtteilauto ab.
Fotos:
Stadtwerke Osnabrück/ Tobias Schwertmann, Michael Gründel
Grafik:
Stadt Osnabrück

Geändertes Mobilitätsverhalten
Den Stadtwerken zufolge ändern die Osnabrücker Stadtteilautokunden ihr Mobilitätsverhalten. Wird das Auto verkauft, steigen 30 Prozent aufs Rad um. 25 Prozent nutzen Carsharing, 21 Prozent den ÖPNV (davon nutzen 52 Prozent Zeitkarten). 15 Prozent gehen lieber zu Fuß, und 9 Prozent nehmen sich Leihwagen. Das ergab eine Umfrage des Team Red″ aus dem Jahr 2016 im Auftrag der Stadtwerke Osnabrück. Den Stadtwerken zufolge ersetzt ein Stadtteilauto neun private Autos. Das schafft Platz.

Rechenbeispiel in den drei Zonen
Ein Bauherr plant die Errichtung eines Mietshauses mit insgesamt 20 Wohnungen: 15 davon sind zwischen 40 und 120 Quadratmeter groß (je ein Stellplatz), fünf davon sind größer (je 1, 4 Stellplätze).

Zone 3: Der Formel nach müsste er in der Zone 3 die komplett geforderte Anzahl realisieren, in diesem Fall also 22 Stellplätze (15 x 1, 0 + 5 x 1, 4)

Zone 2: In der Zone 2 muss ein Bauherr lediglich 75 Prozent der erforderlichen Stellplätze realisieren. In unserem Rechenbeispiel wären das 16, 5.

Zone 1: In der Zone 1 darf ein Bauherr bis zu 75 Prozent der eigentlich erforderlichen Stellplätze realisieren (16, 5), er muss aber nur 50 Prozent umsetzen. In unserem Beispiel wären das 11 Stellplätze.

Verwendung der Ablöseerträge
Nach § 47 Abs. 7 Nds. Bauordnung ist festgelegt, dass die Gemeinde die Ablösebeträge für folgende Maßnahmen zu verwenden hat:

1. Parkplätze, Stellplätze oder Garagen,

2. Anlagen und Einrichtungen für den öffentlichen Personennahverkehr,

3. a) Anlagen zum Abstellen von Fahrrädern,

b) Fahrradwege oder

c) sonstige Anlagen und Einrichtungen, die den Bedarf an Einstellplätzen verringern.
Autor:
Jörg Sanders


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