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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Immer wieder hart umkämpft
Zwischenüberschrift:
Vor 40 Jahren wurde Osnabrücks Stadthalle eröffnet
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Zum 40. Geburtstag zeigt sich die Osnabrück-Halle optisch und technisch perfekt aufgestellt. Zur Wahrheit gehört, dass sie diesen Geburtstag wahrscheinlich nicht erlebt hätte, wenn nicht in ihren Lebensjahren 34 bis 37 noch einmal fast doppelt so viel Geld in ihre Auffrischung gesteckt worden wäre, wie sie ursprünglich gekostet hat.

Osnabrück Ein Selbstläufer war Osnabrücks zweite Stadthalle von Anfang an nicht. Hart war um ihren Standort gerungen worden. Der Platz der ersten Stadthalle am Kollegienwall (1900 1944) stand nicht mehr zur Verfügung, nachdem Land und Stadt sich auf einen Neubau für das Amtsgericht an dieser Stelle geeinigt hatten. Die CDU-Fraktion favorisierte den Platz vor dem Heger Tor. Dafür hätten das Stüvehaus und einige Nebengebäude des Stadtkrankenhauses geopfert werden müssen. Die CDU versprach sich davon wohl auch eine Beschleunigung der Pläne, das Krankenhaus auszulagern.

Die Bürgerliche Vereinigung Neustadt schlug als Standort den alten Salzmarkt am Petersburger Wall vor. Die CDU brachte alternativ die Martinsburg am Blumenhaller Weg ins Spiel, und zwar im baulichen Zusammenhang mit dem geplanten neuen Kreiszentrum, das für diesen Bereich der Weststadt in der Diskussion stand, bevor man sich auf den Schölerberg festlegte. Viel zu weit draußen, sagten viele, eine Stadthalle gehöre in die Innenstadt. Auch der Ledenhof und der Herrenteichswall (Tennisplätze und Gärten, auf denen später das Iduna-Hochhaus entstand) gerieten als Standorte in die Diskussion, während weite Kreise der CDU eisern an dem Platz vor dem Heger Tor festhielten.

Gleichzeitig wurde die Lage immer ernster. Roy Black kam bis zur Oetker-Halle in Bielefeld, aber keinen Meter weiter in Richtung Osnabrück. Die Egerländer Musikanten mussten Kartenwünsche zurückweisen, weil die eigentlich für Viehauktionen errichtete Halle Gartlage nicht mehr Platz bot. Der Sportpresseball fand in der Aula der Fachhochschule am Westerberg in drangvoller Enge statt. Der OSC erwog allen Ernstes, für seinen Winterball mit 1400 Gästen einen Sonderzug nach Münster zu chartern und dort in der Halle Münsterland zu feiern. So ging es nicht weiter. Die Osnabrücker Veranstalter wollten endlich auch einen Platz an der Sonne.

SPD-Kreise nahmen dafür den nordwestlichen Zipfel des Schlossgartens in den Fokus. Die Fläche zwischen Schlosswall und Hans-Böckler-Straße besaß insofern Tradition als Veranstaltungsort, als hier der großbürgerliche Große Club″ bis zur Kriegszerstörung seinen Sitz hatte. Nach dem Krieg ermöglichte die Stadt dem Gewerkschaftsbund, dort seinen Verwaltungssitz zu bauen. Die Clubstraße wurde nach dem Gewerkschaftsführer Hans Böckler umbenannt.

Die SPD empfand Sympathien dafür, die neue Stadthalle in diesem gewerkschaftlichen Umfeld zu platzieren, auch wenn dafür der Saalanbau der Schlossgarten-Gaststätte abgerissen werden müsste. Im April 1970 sprach sich der SPD-dominierte Rat in nichtöffentlicher Sitzung schließlich für diesen Standort aus.

Doch in der Folgezeit sollten Zweifel auftauchen. Ein Umweltschutzverein Osnabrück″ ja, den gab es tatsächlich schon 1972 forderte, die Grünfläche des Schlossgartens nicht anzutasten. Dagegen hörte man das Argument, dass der Schlossgarten so unhistorisch groß wie nach dem Krieg noch nie gewesen sei. Das Haus des Regierungspräsidenten, das Kinderhospital und der Marstall des Schlosses hätten zuvor da gestanden, wo sich erst in den 1960er-Jahren große Rasenflächen ausbreiteten. Doch die Bürgerinitiative Hände weg vom Schloßgarten″ trommelte unverzagt weiter. Im April 1974 überreichte sie Oberbürgermeister Ernst Weber einen dicken Aktenordner mit 9776 Unterschriften.

Die halfen jedoch nichts. Im April 1974 entschied die SPD-Mehrheit im Rat, einen Architektenwettbewerb für den Standort Schlossgarten auszurufen. Aus ihm ging der Entwurf des Braunschweiger Teams Hafkemeyer/ Fangmeier/ Richi als Sieger hervor. Während die Öffentlichkeit bereits diskutierte, ob zur Eröffnung Herbert von Karajan oder doch eher Udo Jürgens kommen sollte, trieb den Kämmerer die Sorge um, dass es bei den früher veranschlagten 20 Millionen DM Bausumme nicht bleiben werde.

Die Schlussrechnung, die der Bauträger Neue Heimat Städtebau schließlich der Stadt präsentierte, endete mit 39 Millionen DM (ohne Grunderwerb und Abriss). Am 12. Januar 1979 feierte Osnabrück die Eröffnung mit den Osnabrücker Symphonikern und Kammersängerin Ingeborg Hallstein.

Stadthallen-Geschäftsführer Günter Valjak gelang es in den Folgejahren, viele Größen des Kulturgeschäfts in die Halle zu holen. Fernsehaufzeichnungen wie etwa der Aktuellen Schaubude″ des NDR oder Ein Platz an der Sonne″ füllten die Ränge, das Restaurant Entrecôte″, das Weinlokal Chablis″ sowie die Diskotheken Manila″ und Tangente″ rundeten das Angebot ab. Die Stadthalle hatte schnell einen beherrschenden Platz in den Veranstaltungskalendern von Stadt und Landkreis erobert.

Das Kongressgeschäft gewann mit der Zeit an Bedeutung. 1996 begann die erste Erweiterung mit dem Bau des Veranstaltungsfoyers im Erdgeschoss sowie des Kongress-Saals im ersten Obergeschoss. Aber das reichte nicht. Zu Beginn des neuen Jahrtausends erkannte man, dass die Stadthalle mit ihrer Architektur und Bühnentechnik der 1970er-Jahre auf dem hart umkämpften Veranstaltungsmarkt nicht mehr wettbewerbsfähig war. Münster, Halle in Westfalen und selbst Lingen und Quakenbrück schoben sich mit ihren größeren Platzangeboten nach vorne.

2008 kamen deshalb erste Überlegungen auf, eine moderne, auch für Sportveranstaltungen nutzbare Mehrzweckhalle an anderem Standort, beispielsweise auf dem ehemaligen Güterbahnhof, zu bauen und das bestehende Gebäude zur Verfügung der Hochschulen an das Land Niedersachsen zu verkaufen. Da das Land nicht mitspielte, wurden diese Pläne nicht weiterverfolgt.

Im Dezember 2011 entschied sich der Rat gegen den Neubau und damit trotz der horrenden Kosten von geschätzten 20 Millionen Euro für die Sanierung. In dreieinhalbjähriger Umbauzeit zwischen April 2013 und Herbst 2016 verschwand die alte Sichtbeton- und Bronze-Aluminium-Optik: Weiß statt Braun, Glas statt Beton. In Sachen Architekturgeschmack, Nutzeranforderungen, Veranstaltungstechnik, Barrierefreiheit, Brandschutz und Energieverbrauch brachte man die Halle auf den aktuellen Stand. Die Kosten gerieten mit 31 Millionen Euro um ein Drittel höher, als beim Ratsbeschluss 2011 veranschlagt.

Den Namen hatte man schon vorher geändert: Aus der Stadthalle Osnabrück″ wurde die OsnabrückHalle″ in Eigenpublikationen stets ganz modern mit einem Großbuchstaben in der Wortmitte geschrieben, aber im Alltagsgebrauch der Bevölkerung noch immer höchstens zum Teil akzeptiert. Auch die Idee der von Anfang 2010 bis Ende 2014 amtierenden Hallen-Chefin Sandra Gagliardi, der Halle der Friedensstadt mit Frieda″ einen zeitlosen Frauennamen zu geben, erwies sich nicht als großer Wurf. Der Vorschlag wurde vorwiegend mit Hohn und Spott quittiert und verschwand bald in der Schublade.

Nun scheint dem neuen Hallen-Chef Jan Jansen und seinem Team seit der 2016 abgeschlossenen Sanierung ein guter Neustart gelungen zu sein, die Betriebsverluste fielen geringer aus als erwartet. Das 2015 in direkter Nachbarschaft eröffnete Arcona-Living-Hotel wirkt sich günstig auf das Kongressgeschäft aus.

In den vergangenen 40 Jahren hat die Halle mehr als 10 000 Veranstaltungen erlebt und neun Millionen Menschen fröhliche, unterhaltsame und informative Stunden beschert. Viele weitere Millionen an Gästen und möglichst wenige Millionen an Zuschüssen sind ihr für die Zukunft zu wünschen. An diesem Samstag, 9. Februar, feiert die Osnabrück-Halle ihren 40. Geburtstag mit einem Empfang und einer abendlichen Party, bei der unter anderem die Schlagerpolizei″, Caught Indie Act″ und The Beat″ auftreten.

Bildtexte:
Den Wandel des architektonischen Zeitgeschmacks verdeutlicht das Foto vom ersten Aussehen der Stadthalle nach der Eröffnung 1979. Die Sandsteinfigur des Riesen″ am Eingang zum Schlossgarten scheint sich von all dem Sichtbeton und bronzefarbenen Aluminium abwenden zu wollen. Links die Identifikationsplastik″ von Heinz Mack, mit der sich viele Osnabrücker freilich nur schwer identifizieren konnten.
Die Identifikationsplastik″ steht noch. Statt des Riesen″ grüßt inzwischen Claire Ochsners Plastik Solara″. Die Halle selbst präsentiert sich seit 2016 mit großen Glasflächen in einem zeitgemäßen Look.
Der Saal der Schloßgarten-Gaststätte nahm vor 1977 den Standort der Stadthalle ein. Dahinter erhebt sich das viergeschossige Gewerkschaftshaus, das heute in das Arcona-Living-Hotel einbezogen ist. Das Erdtmann-Foto entstammt dem Band Osnabrück Schöne alte Stadt zwischen Teutoburger Wald und Wiehengebirge″, Verlag A. Fromm, 1968.
Fotos:
Peter Mühlmann, David Ebener
Autor:
Joachim Dierks
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