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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
„Mecki″-Figur am Stadtschloss
 
Wie „Mecki″ ans Schloss kam
Zwischenüberschrift:
Beim Wiederaufbau erlaubte sich ein Steinmetzgeselle einen Spaß
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Als 1949 das Schloss wieder aufgebaut wurde, erlaubten sich junge Steinmetze einen Scherz. Seither ziert die Comic-Figur Mecki″ ein Fenster in der Ostfassade. Unter den Spaßvögeln war der spätere Künstler Hans Gerd Ruwe.

Die Bauaufsicht war 1949 noch nicht gar so streng. Beim Wiederaufbau des Osnabrücker Schlosses gelang es einem Schelm unter den Steinmetzen, den Kopf des damals populären Hörzu″-Maskottchens Mecki″ unter den ansonsten barock-allegorischen Figurenschmuck zu mogeln.

Osnabrück Diese Bausünde″ wurde offiziell nie registriert und folglich auch nicht korrigiert. Man kann sie bis heute in Augenschein nehmen, wenn man sich dem Hauptgebäude des Schlosses von der Seminarstraße aus nähert. Dort, wo die Ostfassade des Hauptgebäudes auf den Verbindungsbau zum Ostflügel stößt, erkennt man über dem Erdgeschossfenster den ungewöhnlichen Schmuck innerhalb des barock geschweiften Fensteraufsatzes.

Leser Stefan Kiefer machte unsere Redaktion auf das Kuriosum aufmerksam. Er stellte den Kontakt zu Jürgen Korte her, dessen Bruder Klaus einer der damals beteiligten Steinmetze war. Klaus Korte hatte von 1946 bis 1948 beim Steinmetzmeister Emil Jung an der Natruper Straße gelernt und war als frisch gebackener Geselle mit von der Partie, als Meister Jung Ende der 1940er-Jahre den Auftrag erhielt, zusammen mit anderen Steinmetzbetrieben die architektonischen Zierteile am kriegszerstörten Schloss zu rekonstruieren.

Zu Kortes Arbeitskollegen gehörte der später als Bildhauer und Bronzeskulpteur sehr bekannt gewordene Hans Gerd Ruwe (1926– 1995). Von ihm stammen unter anderem der Bürgerbrunnen auf dem Platz des Westfälischen Friedens an der Stadtbibliothek und die Waschfrau auf dem Vitihof. 1948 war Ruwe gerade erst aus französischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt und froh, bei Emil Jung eine Arbeit zu finden, die ihm wenigstens ansatzweise eine Entfaltung seiner künstlerischen Ambitionen ermöglichte.

Jürgen Korte weiß aus den Erzählungen seines schon 1998 verstorbenen Bruders Klaus, dass Ruwe wohl Kniest mit dem Obermeister der Steinmetzinnung hatte. Dieser Obermeister war der verantwortliche Bauleiter für alle am Schloss eingesetzten Steinmetzbetriebe. Ursache der Verstimmung waren möglicherweise unterschiedliche Auffassungen von Ruwes Prüfungsleistungen, die der Obermeister zu beurteilen gehabt hatte.

Als die Arbeiten nun auf das besagte Fenster an der Ostseite des Hauptgebäudes zuliefen und Ruwe den Obermeister fragte: Was soll da hin, auch eine Vase? Oder eine Blütenrosette?″, soll der Obermeister nur mürrisch geantwortet haben: Lasst euch was einfallen!

Das taten Ruwe, Korte und andere beteiligte Gesellen dann auch. Wer letztlich die Idee mit dem Mecki″-Konterfei hatte und sie umsetzte, ist nicht bekannt, aber wenn man die vielen humorvollen Arbeiten in Ruwes Spätwerk danebenhält, erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass Ruwe der Schöpfer dieses Mecki″-Kopfes ist.

Bei der späteren Bauabnahme hatte man wohl andere Sorgen. Jedenfalls nahm niemand vom Staatshochbauamt Anstoß an der Comicfigur, zumal das Fenster in einer wenig beachteten Nische liegt.

Der heutigen Leiterin des Staatlichen Baumanagements, Cristina von Pozniak-Bierschenk, war bis zu unserer Anfrage nichts vom Mecki″ am Schloss bekannt, obwohl sie zu dem Zeitpunkt auch bereits 27 Jahre in dem Amt tätig war, das für die Bauunterhaltung des Schlosses zuständig ist. Generell wisse man, dass sich Steinmetze hin und wieder an versteckten Stellen ein Denkmal für die Ewigkeit setzten, aber hier war wirklich ein Pfiffikus am Werk″, stellte sie anerkennend fest. Der habe wohl bewusst ein Symbol der Nachkriegszeit gewählt, um anzudeuten, dass der figürliche Schmuck an der Stelle nicht aus dem 17. Jahrhundert stammt, sondern Ergebnis des Nachkriegs-Wiederaufbaus ist.

Das Schloss war als Residenz des protestantischen Osnabrücker Fürstbischofs Ernst August I. von Braunschweig-Lüneburg und seiner Frau Sophie von der Pfalz zwischen 1667 und 1673 errichtet worden. Nach der Säkularisation des Fürstbistums 1803 diente die vierflügelige Anlage als Sitz verschiedener Verwaltungen.

Beim ersten Großangriff auf Osnabrück am 6. Oktober 1942 erhielt sie schwere Schäden. Palmsonntag 1945 („ Qualmarum″) gab ihr ein Treffer den Rest, als 500 Panzerfäuste explodierten, die zur Verteidigung der Stadt bestimmt im Keller lagerten. Nur noch die Außenmauern standen. 1947 begann die Sicherung der Ruine und 1949 der Wiederaufbau, wobei man im Innern keine Rücksicht auf die historische Raumteilung nahm, sondern für zeitgemäße Nutzbarkeit sorgte. 1953 bezog die Pädagogische Hochschule das Schloss, und 1974 wurde es zum Hauptgebäude der neu gegründeten Universität.

Bildtexte:
Die beliebte Comic-Figur Mecki″ ziert seit etwa 1949 die Ostfassade des Schloss-Hauptgebäudes.
Das kriegszerstörte Schloss, 1945 von der Gartenseite aus gesehen. Das Bild des Fotoateliers Lichtenberg entstammt der fotografischen Sammlung des Museumsquartiers.
Diese fröhlichen Steinmetzgesellen brachten Mecki″ ans Schloss, unter ihnen (von links) Klaus Korte und Hans Gerd Ruwe.
In dieser Gebäudeeecke an der Ostseite des Hauptgebäudes hält sich " Mecki" versteckt.
Fotos:
Joachim Dierks, Archiv Jürgen Korte/ Franz Vogelsang, Stefan Kiefer

Hörzu″-Maskottchen Mecki″

Die Figur des Mecki″ geht zurück auf eine Zeichentrickverfilmung des Grimm′schen Märchens vom Wettlauf zwischen Hase und Igel, die die Gebrüder Diehl 1938/ 39 im Auftrag der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm (RfdU) ablieferten. Der Film erfreute sich großer Beliebtheit. Auf dieser Welle schwimmend, verkauften die Brüder Diehl Postkarten des noch namenlosen Igels in großem Stil.

Die aufstrebende Programmzeitschrift Hörzu″ war auf der Suche nach einem Maskottchen, das die wöchentlichen Sendungskritiken illustrieren sollte. Man stieß auf den Igel und war von ihm angetan. Nach Darstellung der Chefredaktion habe man intensiv nach dem Rechteinhaber gesucht, ihn aber nicht gefunden. 1949 zierte Mecki″ erstmals die Titelseite der Hörzu″.

Diehl bekam Wind davon und strengte eine Urheberrechtsklage an. Nach längerem Rechtsstreit einigte man sich auf die Bedingungen einer Lizenzübernahme.

Hörzu″ erhob die Figur nun zum Redaktionsigel″ und gab diesem den Namen Mecki″, weil er über kritikwürdige Programme meckern sollte. Außerdem erschienen Comic-Geschichten mit Mecki″ in der Hörzu″ und daneben eine erfolgreiche Bilderbuchreihe, stets mit dem Vermerk Zeichnungen der Mecki-Figur nach Diehl-Film″. Für den Vertrieb von Spielpuppen im Aussehen von Mecki″, seiner Frau Micki″ und deren Kinder Macki″ und Mucki″ vergab Diehl die Lizenz an die Firma Steiff.
Autor:
Joachim Dierks


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