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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Vonovia reagiert auf Kritik
 
Überraschende Wende bei Vonovia
Zwischenüberschrift:
Vermieter senkt Mieterhöhung um 70 Prozent
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Osnabrücks größter Wohnungsvermieter Vonovia hat auf die zunehmende Kritik an überhöhten Modernisierungskosten reagiert. Der Osnabrücker Mieter Bernd Mühle, der gegen den Dax-Konzern geklagt hatte, weil er monatlich 117 Euro mehr Miete für den Austausch einer 37 Jahre alten Heizung zahlen sollte, hat einen außergerichtlichen Vergleich mit Vonovia geschlossen, obwohl der Vermieter diesen beim Prozessauftakt vor zwei Wochen ausgeschlossen hatte. Die von Vonovia geforderte Mieterhöhung wird nun um 70 Prozent gesenkt. Mühles Rechtsanwalt Andy Weichler kritisierte jedoch, dass es anderthalb Jahre und erst des öffentlichen Drucks bedurfte, um nun endlich zu unserem Recht zu kommen″. Mühle ermunterte auch andere Mieter, dass sie für ihr Recht einstehen sollen.

Vermieter Vonovia hat auf den zunehmenden öffentlichen Druck reagiert und senkt die ursprünglich geforderte Mieterhöhung in einem Mehrfamilienhaus in Osnabrück-Wüste um 70 Prozent. Kläger Bernd Mühle zeigte sich überrascht und sprach von einer 180-Grad-Wende bei Vonovia″.

Osnabrück Der Mieter erinnerte, dass der Vonovia-Rechtsanwalt beim Prozessauftakt vor dem Amtsgericht Anfang Januar im Rahmen der Güteverhandlung darauf hingewiesen hatte, dass er immer sehr an einer gütlichen Einigung interessiert sei, Vonovia einen Vergleich aber bereits im Vorfeld schriftlich ausdrücklich ausgeschlossen hatte.

Was bislang geschah: Mühle und seine Lebensgefährtin Iris Sieker sowie die anderen drei Mietparteien in dem Mietshaus in der Kiwittstraße sollten monatlich 117 Euro mehr Miete zahlen, weil eine 37 Jahre alte Heizungsanlage ausgetauscht wurde, die ihren Angaben zufolge aufgrund eines Defekts ohnehin hätte ausgetauscht werden müssen. Vor Gericht hatte Mühles Rechtsanwalt Andy Weichler deutlich gemacht: Einen Instandsetzungsanteil von lediglich 833 Euro für eine 37 Jahre alte Heizung zu berücksichtigen, die ihr Lebensende erreicht hat, ist auf jeden Fall nicht angemessen.″ Der Rechtsanwalt, der Vonovia vertrat, hatte sich vor Gericht nicht konkreter zum Sachverhalt geäußert.

Erst nach der Berichterstattung unserer Redaktion über den Prozessauftakt warf die Osnabrücker Heizungsinnung Vonovia vor, über eine Tochterfirma drei- bis viermal zu hohe Kosten für die neue Brennwertanlage Wolf CGB-50″ abgerechnet und auf die Mieter umgelegt zu haben. Mehr als 98 Prozent der Gesamtkosten einer Heizungsanlage, die Vonovia auf 53 810 Euro bezifferte, hatte der Dax-Konzern auf die Mieter umgelegt. Laut dem Obermeister der Heizungsinnung Osnabrück, Kai Schaupmann, liegt ein marktüblicher Preis für diese Heizungsanlage aber lediglich zwischen 12 000 und 15 000 Euro. Insbesondere Kosten für Ingenieurleistungen, die mit 14 547 Euro abgerechnet wurden, hätten laut Schaupmann gar nicht berechnet werden dürfen. Ein Ingenieur werde für den Einbau einer solchen Anlage gar nicht benötigt. Angesprochen auf diese laut Heizungsinnung stark überhöhten und über die Modernisierungsumlage von den Mietern bezahlten Kosten, kritisierte selbst der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD): „ Es kann nicht Aufgabe der Mieter sein, für völlig überhöhte Modernisierungskosten geradezustehen.″

So sieht die Einigung aus: Nun reagiert der Dax-Konzern. Mühles Rechtsanwalt Andy Weichler erläutert: Da die Heizungsinnung Osnabrück festgestellt hat, dass Modernisierungskosten in Höhe von maximal 15 000 Euro entstanden sind und nicht von mehr als 50 000 Euro, haben wir Vonovia ein Vergleichsangebot gemacht, dass die Mieterhöhung von 117 Euro auf 35 Euro monatlich gesenkt wird.″ Am Freitagvormittag stimmte Vonovia dem Vergleich zu, obwohl der Vonovia-Rechtsanwalt diesen bei der Güteverhandlung vor dem Amtsgericht nach Weisung des Dax-Konzerns noch ausgeschlossen hatte. Der Rechtsanwalt für Zivilrecht zeigte sich zufrieden, dass Vonovia dem Vergleich nun zustimmt, kritisierte aber, dass es anderthalb Jahre und erst des öffentlichen Drucks bedurfte, um nun endlich zu unserem Recht zu kommen″. Laut Weichler profitieren auch die anderen Mieter in dem Mietshaus davon, weil auch ihre Miete um 70 Prozent gesenkt werden soll. Bernd Mühle ermuntert nun auch andere Mieter, für ihr Recht einzustehen, wenn sie den Eindruck haben, dass Vonovia die Modernisierungskosten zu hoch ansetzt, um diese Kosten dann auf die Mieter umzulegen.

Das sagt Vonovia: Die Sprecherin des Wohnungskonzerns, Bettina Benner, sagt: Wir haben bezüglich der Frage, wie hoch der Modernisierungsanteil bei der Heizungsmodernisierung anzusetzen ist, mit unserem Mieter eine Einigung getroffen.″ Der Regionalgeschäftsführer Ulrich Schiller, der für 80 000 Vonovia-Wohnungen in Norddeutschland zuständig ist, weist den Vorwurf der Innung, die eingebaute Heizung sei deutlich zu teuer, zurück: Nach detaillierter Prüfung können wir festhalten: Es ist alles korrekt verbaut und abgerechnet worden.″ Die Fragen unserer Redaktion, warum 14 547 Euro für Ingenieurkosten berechnet wurden, obwohl für den Einbau dieser Heizung laut Schaupmann kein Ingenieur benötigt wird, und warum die Kosten für die Heizung auf 39 263 Euro beziffert werden, obwohl ein marktüblicher Preis der Innung zufolge bei einem Drittel dieser Kosten liegt, beantwortete der Konzern mit demselben Wortlaut wie vor einigen Tagen, als unsere Redaktion den Immobilienriesen das erste Mal mit den Vorwürfen konfrontiert hatte: Der Austausch von Heizkesseln erfolgt auf Basis von Einheitspreisen, die vertraglich mit den Dienstleistungen fixiert und regelmäßig auf Basis von Marktpreisinformationen unter anderem über Ausschreibungen ermittelt überprüft beziehungsweise angepasst werden.″ Im Rahmen einer Ausschreibung für den Einbau dieser Heizungsanlage eingegangene Angebote legte Vonovia auf Anfrage unserer Redaktion nicht vor. Es handle sich um unternehmensinterne Ausschreibungsunterlagen″.

Bildtext:
Mieter Bernd Mühle ist zufrieden, dass die Mieterhöhung für ihn und die drei anderen Mietparteien in dem Vonovia-Haus im Stadtteil Wüste um 70 Prozent gesenkt wird.
Foto:
Gründel

Kommentar
Grenzen aufgezeigt

Wieder einmal bewegt sich Vonovia erst, als der öffentliche Druck zu groß wird. Warum musste erst ein Mieter vor Gericht ziehen, und warum musste unsere Redaktion erst die Heizungsinnung um eine Einschätzung zu den marktüblichen Kosten für eine solche Heizung bitten, damit der Wohnungskonzern einräumt, dass die verlangte Mieterhöhung um 70 Prozent zu hoch angesetzt wurde?

Solange Vonovia erst zurückrudert, wenn es scheinbar gar keinen anderen Ausweg mehr gibt, so lange wird sich das Image von Osnabrücks größtem Wohnungsvermieter nicht verbessern. Lob gebührt Mieter Bernd Mühle, der den Mut und die Nerven hatte, dem Dax-Konzern die Grenzen aufzuzeigen. Er sollte Vorbild für andere sein, die sich ungerecht behandelt fühlen.
Autor:
Jean-Charles Fays


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