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1.
Erscheinungsdatum:
03.01.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
„Herr, in deinen Händen unser Anfang und Ende″
Zwischenüberschrift:
Vor 25 Jahren erstach Viktor Gross seine fünf Kinder
Artikel:
Originaltext:
Ein
Grabstein,
fünf
Namen,
fünf
unterschiedliche
Geburtsdaten,
aber
fünfmal
derselbe
Todestag
–
der
5.
Januar
1994.
Marina,
Olga,
Waldemar,
Nina
und
Alexander
Gross
liegen
in
der
kalten
Hasberger
Erde.
Osnabrück
„
Herr,
in
deinen
Händen
unser
Anfang
und
Ende″
steht
auf
dem
Grabstein.
Gestorben
sind
sie
als
Kinder
im
Alter
zwischen
vier
und
13
Jahren,
nicht
durch
Gottes
Willen,
sondern
durch
die
Hand
ihres
Vaters,
Viktor
Gross.
Er
hat
sie
in
dieser
nasskalten
Nacht
vor
25
Jahren
auf
unvorstellbar
grausame
Art
und
Weise
umgebracht.
Wohl
dem,
der
im
Glauben
an
Gott
eine
Begründung
für
den
Tod
der
Kinder
zu
finden
vermag.
Für
alle
anderen
bleibt
die
Frage
nach
dem
„
Warum?
″
unbeantwortet.
Warum
mussten
die
Kinder
sterben?
Was
ging
in
ihrem
Vater
vor,
als
er
zum
Küchenmesser
griff
und
seine
Töchter
und
Söhne
so
bestialisch
dahinmetzelte?
Die
Haster
Familientragödie
erregte
bundesweites
Aufsehen.
Nahezu
alle
Fernseh-
und
Radiosender
sowie
Printmedien
berichteten
über
das
Drama.
Erster
Kriminalhauptkommissar
Thomas
Schnorfeil
erinnert
sich,
dass
er
noch
nie
zuvor
einen
solchen
Medienansturm
erlebt
hatte.
„
Das
war
eine
ganz
neue
Dimension.″
Eine
ganz
neue
Dimension
war
ja
aber
auch
die
Tat
selber.
Mit
Stichen
in
Hals
und
Oberkörper
hatte
Viktor
Gross
seine
Kinder
getötet,
bevor
er
sich
selber
Stichverletzungen
beibrachte
und
dann
versuchte,
die
Wohnung
in
Brand
zu
setzen.
Es
entstand
ein
Schwelbrand.
Gross
starb
an
einer
Rauchgasvergiftung.
Als
die
Feuerwehr
am
Morgen
des
5.
Januar
gegen
zehn
Uhr
die
Wohnungstür
aufgebrochen
und
den
Qualm
aus
der
Wohnung
gesaugt
hatte,
machten
die
Einsatzkräfte
die
schreckliche
Entdeckung:
Waldemar
und
Alexander
lagen
blutüberströmt
in
ihrem
Zimmer
im
Bett.
Im
Schlafzimmer
der
Mädchen
setzte
sich
das
Grauen
fort.
Die
Männer
fanden
Marina,
Olga
und
Nina
ebenfalls
in
großen
Blutlachen
in
ihren
Betten.
Neben
dem
Bett
der
Mädchen
lag
der
tote
Vater.
Die
Bilder
dieses
Tatortes
brannten
sich
den
Einsatzkräften
unauslöschbar
ins
Gedächtnis.
Geborgen
wurden
die
Leichen
vom
Bestattungshaus
Schulte.
„
Das
sind
Bilder,
die
man
nie
vergisst.″
Sechs
Wochen
habe
er
gebraucht,
bis
er
wieder
habe
schlafen
können,
sagt
Ulrich
Oberpenning,
der
damals
als
Mitarbeiter
des
Beerdigungsunternehmens
im
Einsatz
war.
Die
heutige
Geschäftsführerin
des
Unternehmens,
Andrea
Schulte,
damals
selber
noch
ein
Kind,
entsinnt
sich,
dass
die
Gross-
Kinder
in
weißen
Särgen
aufgebahrt
wurden.
„
Sie
bekamen
Kleidung
von
mir.
Wir
konnten
sie
doch
nicht
in
den
blutigen
Sachen
beisetzen.
Sie
sollten
würdevoll
beerdigt
werden.″
„
Der
Vater
wird
in
aller
Wahrscheinlichkeit
in
einer
Lebenssituation
gewesen
sein,
in
der
er
völlig
verzweifelt
war″,
vermutet
Otmar
Binder,
Chefarzt
für
Forensische
Psychiatrie
und
Psychotherapie
im
Ameos-
Klinikum.
Binder
kann
lediglich
Vermutungen
anstellen,
was
in
Viktor
Gross
vorgegangen
ist.
Er
kennt
den
Mörder
nicht.
Aber
es
gibt
in
der
Psychiatrie
Erklärungsmodelle,
die
womöglich
auch
auf
das
Haster
Familiendrama
zutreffen
könnten.
„
Die
Entscheidung,
sich
zu
töten,
kommt
nur
in
seltenen
Fällen
von
jetzt
auf
gleich.
In
der
Regel
steht
sie
am
Ende
einer
längeren
Entwicklung″,
sagt
Binder.
Welche
Entwicklung
hat
Viktor
Gross
genommen,
bevor
er
seinen
Kindern
und
dann
sich
selbst
das
Leben
nahm?
Migration,
Alkohol,
häusliche
Gewalt
und
Isolation.
Diese
vier
Komponenten
bestimmten
den
Alltag
der
Familie
Gross,
nachdem
sie
aus
Kasachstan
in
die
Bundesrepublik
gekommen
war.
Wahrscheinlich
hatte
sich
Viktor
Gross
die
Umsiedlung
von
Kasachstan
in
die
Bundesrepublik
anders
vorgestellt
–
einfacher,
erfolgreicher.
„
Ein
Suizid
ist
zumeist
multifaktoriell
bedingt″,
sagt
Binder.
Die
Migration
und
ihre
Folgen
könnten
hierbei
ein
Faktor
gewesen
sein.
„
Nach
der
Umsiedlung
sah
sich
der
Vater
mit
ganz
anderen
gesellschaftlichen
Strukturen
konfrontiert,
in
denen
er
sich
zurechtfinden
musste.″
Eheprobleme
und
Alkohol
–
wenige
Wochen
vor
der
Tat
muss
die
Polizei
anrücken,
um
den
Tobenden
aus
der
Wohnung
zu
entfernen.
Die
Mutter
rettete
sich
zu
einer
Nachbarin.
Am
folgenden
Tag
war
Viktor
Gross
wieder
da,
das
Drama
ging
in
den
nächsten
Akt.
Spätestens
jetzt
war
klar,
dass
es
ein
„
Weiter
so″
nicht
geben
konnte.
Aber
wie
hätte
eine
Wende
zum
Besseren
aussehen
können?
Trennung?
Die
wollte
Gross
auf
keinen
Fall.
Hätte
ihm
ein
Job
helfen
können?
„
Es
stellt
für
einen
Familienvater
oftmals
eine
große
Bürde
dar,
wenn
er
nicht
in
der
Lage
ist,
für
das
Auskommen
seiner
Familie
zu
sorgen″,
sagt
Binder.
Anhaltende
Eheprobleme
seien
zusätzlich
gewichtige
Belastungsfaktoren.
Diese
Entwicklung
könnte
insgesamt
auch
zu
einer
behandlungsbedürftigen
psychischen
Erkrankung,
wie
einer
Depression,
geführt
haben.
Kurz
vor
der
Tat
sei
Viktor
Gross
ruhiger,
entspannter
geworden,
hieß
es
damals.
Ein
Hoffnungsschimmer
am
Horizont?
Binder
verwundert
die
äußere
Ruhe
des
Vaters
in
den
Tagen
und
Stunden
vor
der
Tat
nicht.
„
Wenn
einmal
die
Entscheidung
zur
Durchführung
eines
Suizids
getroffen
ist,
wirken
diese
Menschen
in
der
Regel
äußerlich
eher
ruhig
und
gelassen.
Für
Außenstehende
erscheint
es
vermeintlich
so,
als
sei
der
Betroffene
auf
dem
Weg
der
Besserung.″
Der
Weg
zum
Suizid
kennt
mehrere
Phasen.
Im
ersten
Stadium
wird
der
Suizid
als
Möglichkeit
zur
„
Lösung″
eines
meist
als
schwerwiegend
erlebten
Problems
oder
einer
schwierigen
Lebenssituation
erwogen.
In
dieser
Phase
sind
die
Distanzierung
zu
Suizidgedanken
und
die
Fähigkeit
der
Selbststeuerung
noch
erhalten,
jedoch
zeigt
der
Betroffene
verdeckte
Hinweise
oder
richtet
entsprechende
Appelle
an
seine
Umwelt.
In
der
sogenannten
Ambivalenzphase
sind
die
Distanzierung
von
Suizidgedanken
sowie
die
Fähigkeit
der
Selbststeuerung
bereits
eingeschränkt.
Es
erfolgt
eine
zunehmende
gedankliche
Einengung
hinsichtlich
der
eigenen
Suizidhandlung.
Es
kommt
zu
einem
„
Ringen″
zwischen
Selbstzerstörung
und
Selbsterhalt.
Am
Ende
der
suizidalen
Entwicklung
steht
die
Entschlussphase.
Der
Betroffene
hat
sich
zum
Suizid
entschlossen
und
wirkt
dadurch
oftmals
nach
außen
entlastet,
seltener
resigniert.
Womöglich
trifft
er
jedoch
schon
konkrete
Vorbereitungen
für
seinen
Suizid.
Nur
ein
sehr
aufmerksamer
oder
psychiatrisch
erfahrener
Beobachter
kann
die
trügerische
Ruhe
entsprechend
deuten.
„
Es
kommt
zu
dem
Punkt,
an
dem
Alternativlösungen
keinen
Eingang
mehr
in
das
Bewusstsein
des
Betroffenen
finden″,
sagt
Binder.
Aber
die
Kinder.
Warum
die
Kinder?
Vielleicht
hatte
Viktor
Gross
Angst,
seine
Kinder
zu
verlieren.
Die
Tötung
könnte
beispielsweise
aus
dem
Motiv
heraus
erfolgt
sein,
seinen
Kindern
das
Leid,
das
er
sehr
stark
in
seinem
Leben
empfunden
hat,
zu
ersparen.
In
Frage
käme
auch,
dass
er
mit
seiner
Tat
aufgrund
von
Rachegedanken
dafür
sorgen
wollte,
dass
seine
Frau
nach
seinem
Tod
nicht
mit
den
Kindern
weiterleben
konnte.
Letztlich
kann
auch
eine
–
nicht
behandelte
–
psychiatrische
Erkrankung
wie
zum
Beispiel
eine
Depression
oder
eine
schwere
paranoide
Erkrankung
zu
der
Tat
geführt
haben.
Kurze
Zeit
vor
der
Tat
soll
der
Vater
gesagt
haben:
„
Ich
habe
ihnen
das
Leben
geschenkt,
ich
kann
es
auch
wieder
nehmen.″
Er
hat
seinen
Kindern
ohne
jegliche
Hemmung
das
Leben
genommen.
Wie
genau
die
Tat
sich
abspielte,
wie
viel
die
Kinder
von
ihrem
Leid
noch
mitbekommen
haben,
ist
nicht
bekannt.
Fakt
aber
ist,
dass
sich
das
Sterben
über
einen
längeren
Zeitraum
hingezogen
haben
muss.
Ist
da
nichts,
was
einen
solchen
Blutrausch
stoppen
kann?
„
Die
normalerweise
vorhandene
Tötungshemmung
ist
in
einem
solchen
Fall
außer
Kraft
gesetzt″,
stellt
Binder
fest.
Sei
der
Entschluss
zum
erweiterten
Suizid
erst
einmal
gefallen,
sei
der
Tötungsakt
ein
Prozessgeschehen,
dass
quasi
automatisiert
ablaufe.
Von
außen
sei
dieser
Prozess
allenfalls
durch
tätliches
Eingreifen
zu
stoppen.
Binder
versteht
die
Hilflosigkeit,
vor
die
eine
solche
Tat
Angehörige,
Freunde
und
alle
anderen
stellt.
Eine
Hilflosigkeit,
die
aus
einer
großen,
nachvollziehbaren
Verständnislosigkeit
für
das
Unfassbare
entspringt
und
in
der
Frage
nach
dem
„
Warum″
ihren
Ausdruck
findet.
Die
Antwort
auf
diese
Frage
aber
hat
ihre
Grenzen
eben
da,
wo
sie
in
Abgründe
menschlichen
Erlebens
eintaucht.
„
Wir
versuchen,
das
eigentlich
Unerklärliche
erklärbar
zu
machen.
Das
ist
eine
zutiefst
menschliche
Eigenschaft.
Aber
wir
sollten
uns
ehrlich
eingestehen,
dass
es
dabei
auch
Grenzen
gibt″,
sagt
Binder.
Die
ganze
Geschichte
zum
Haster
Kindermord
und
weitere
Kriminalfälle
lesen
Sie
im
NOZ-
Magazin
„
Spurensuche″,
dass
im
Zeitschriftenhandel
und
in
den
NOZ-
Geschäftsstellen
erhältlich
ist.
Bildtexte:
Abschied
von
Marina,
Olga,
Waldemar,
Nina
und
Alexander.
In
fünf
weißen
Särgen
fanden
die
Kinder
in
Hasbergen
ihre
letzte
Ruhe.
Das
Medieninteresse
an
der
Tragödie
erreichte
bis
dahin
nicht
gekannte
Dimensionen.
25
Jahre
nach
dem
Mord
erinnert
nur
noch
der
Grabstein
auf
dem
Hasberger
Friedhof
an
die
Tragödie.
Die
Leichen
der
Kinder
wurden
von
Wilhelm
Schulte
(l.)
und
Ulrich
Oberpenning
geborgen.
Fotos:
Archiv/
Gert
Westdörp
Autor:
Dietmar Kröger