Originaltext:
|
Der II-Correspondent der vorletzten Nummer des Sonntagsblattes ist in seiner Erörterung über die Beseitigung der Wälle von dem ohne Zweifel richtigen Standpunkte ausgegangen, daß der gedeihlichen Fortentwicklung unsrer Stadt die Wälle zum Opfer fallen müssen. In der That, je mehr man sich über die fernere Ausabreitung des städtischen Anbaus, die weitere Entwicklung der für di Gesundheit und Annehmlichkeit, wie dr für den öffentlichen Verkehr erforderlichen Anlagen zu infomiren sucht, um so mehr gelangt man zu der Ueberzeugung, daß selbst das lebhafte Intersse für das ehrwürdige Gepräge, welches der Stadt durch die Wälle und Wallthürme verliehen wird, oder für den Reiz der hochgelegenen, den freien Blick in die Umgegend gestaltenden Promenaden nicht im Stande sein wird, diesen aus den Kulturzuständen einer längstvergangenen Zeit uns überlieferten Mauer- und Erdring länger vor dem Untergange zu bewahren. Dem durch die Ideen und Einrichtungen einer anderen Zeit neu befruchteten Gemeinwesen sind die Wälle, die einst zu seinem Schutze errichtet wurden, nun zum beengenden, den Kreislauf des Verkehrs unterbindenden Gürtel geworden, der gesprengt werden muß und gesprengt werden wird; mögen die Zeugen der danach bedingten Umwandlung der äußeren Gestaltung der Stadt zu einer, dem neuen Inhalte besser entsprechenden neuen Form dies beklagen oder nicht." Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit," Und neues Leben blüht aus den Ruinen." Im Principe ist demnach Einsender dieses mit dem II-Correspondenten des Sonntagsblattes vollkommen einverstanden. Anders aber glaubt er in Betreff der Schwierigkeiten wie der Kosten rechnen zu müssen. Denn es leuchtet ohne Weiters ein, daß lediglich mit einer Zerstörung des Vorhandenen -- und ein Mehreres ist in die Berechnung des II. Artikels nicht hineingezogen -- Niemanden gedient sein kann. Auch die Kosten derjenigen Anlagen, welche nach Beseitung des Wallringes an diese Stelle treten würden, müssen angegeben werden; natürlich wird sich dann das Grempel anders gestalten. Aber eine unbefangene Prüfung aller bei Durchführung des Projectes in Frage kommenden Momente wird dasselbe weit eher fördern, als allzurosige Darstellungen. Was nun zunächst die Abtragung selbst betrifft, so wird man, da die Franzosen, dem Vernehmen nach nicht kommen, schon etwas anders rechnen müssen. Auch ist zu berücksichtigen, daß ein großer Theil der Abtragmassen, z. B. des Martiniwalles, nicht zur Ausfüllung des nächst angrenzenden Terrains wird verwandt werden können. Man wird also über die Verwendung der übrig bleibenden Wasser einen Plan aufstellen und wenn möglich den städtischen Anbau durch Schüttung von Straßen auf tiefliegenden vorstädtischen Gebiet vorarbeiten. Zu diesem Zweck müßten aber die betreffenden Straßenpläne erst festgestellt, die nothwendigen Vorverhandlungen, sowie die Frage der Kostentragung erledigt sein. Es werden demnaach außer den eigendlichen Abtragungsarbeiten auch noch die Transportkosten für einen Theil der Abtragsmasse in Anschlag zu bringen sein. Auf der andern Seite wird es möglich sein, durch den Verkauf von Abbruchsmaterial einen Theil der Kosten zu decken. Davon jedoch einstweilen abgesehen, glaubt Einsender, indem eine allzugroße Specialisirung überhaupt noch nicht am Platze hält, die Gesammtkosten der Abtragung auf pptr. 25, 000 Thlr. anschlagen zu können. Wenn wir uns nun zu einer Erörterung derjenigen Anlagen, welche nothwendigerweise an die Stelle der zu zerstörenden treten müßten, wenn überall diese Zerstörung gerechtferitigt erscheinen soll. Wir besitzen in den Wällen angenehme, bequeme, trockne Promenaden und müssen es für selbstverständlich halten, daß man uns für deren bei Niederlegung der Wälle eintretenden Verlust durch Herstellung ähnlicher Promenaden entschädige. Die schmalen hinter den Wällen entlang führenden Straßen, so wenig sie auch bislang schon ihrem Zwecke entsprechen, werden wesendlich nicht zu verändern, bzw. zu verbessern sein, so lange die Wälle bleiben. Eine Befestigung dieser aber muß noch die sofortige Umgestalung der Straßen hinter den Wällen herbeiführen; ise werden bei fernerer Entwicklung des rege fortschreitenden Anbaus außerhalb für den zwischen innerer Stadt und Vorstadt zu erwartenden Verkehr in der jetzigen Beschaffenheit völlig ungenügend sein. Endlich wird aber auch eine Umgestaltung der bisherigen Entwässerungsanlage, des außerhalb der Wälle entlang führenden Grabens zu einem unterhalb der neuen Ringstraße anzulegenden Straßenkanale vorgenommen werden müssen. Den Kosten der Abtragung der Wälle rd. 25, 000 Thlr. wird man daher behuf vollständiger Durchführung des Projects die Kosten für die Herstellung einer mintestens 90 Fuß breiten, mir Alleen, Bosqueranlagen, Pflasterbahn und Trottoirs versehenen Ringstraße mit circa 35, 000 Thlr. ferner die Kosten für die Canalisirung des Bleichgrabens mit circa 20, 000 Thlr.und endlich die Kosten einer neuen Hasebrücke mit 20, 000 Thlr. hinzuzurechnen haben, so daß die Gesammtsumme 100, 000 Thlr. betrüge. So deutet diese Summe auch auf den ersten Blick erscheinen mag, so wird es doch nach des Einsenders Ueberzeugung durch die wichtigsten Interessen der Stadt bedingt, daß Project nicht etwa lediglich im Auge behalten werte, sofern vielmehr baldmöglich zur Durchführung gelangen. Mit vollem Rechte wird im II Artikel des Sonntagsblattes darauf hingewiesen, daß schon seit Jahren die Wälle einer naturgemäßen, mehr zusammenhängenden Entwirkung des Anbaus hinderlich gewesen sind. Es ist aber auch darauf aufmerksam zu machen, daß der trotzalledem fortschreitende Anbau eine spätere Niederlegung der Wälle auf der einen Seite immer nothwendiger, auf der andern immer schwieriger machen wird. Die in Beziehung auf die Regelung der Grenzen anliegender Grundstücke, auf die Offenlegung von Straßen, wie auf die Ordnung der Niveauverhältnisse zu treffenden Dispositionen werden um so leichter ihre Erledigung finden, je weniger noch die angrenzenden Gebiete in den Bereich des Anbaus hineingezogen sind. Wie enge aber eine Vermehrung derartiger Schwierigkeiten mit einer Steigerung der Kosten zusammenhänge, wird der näheren Ausführung nicht bedürfen. Wenn nun aber die Verwirklichung des Planes als räthlich, ja nothwendig erkannt ist, eine fernere Verzögerung nur zu einer Vermehrung der Kosten und Schwierigkeiten führen kann, so wird die Frage der Deckung der Kosten, so bedeutend diese auch sein mögen, ins Auge gefaßt werden müssen. Daß durch den Verkauf von Bäume und die Verwendung, bzw. den Verkauf von Abbruchsmaterial einige tausend Thaler zu gewinnen sind, mag zugegeben werden; man wird indeß wohl thun, in Berücksichtigung des Verlustes der Pacht für die Bleichen einen derartigen Gewinn einstweilen nicht in Anschlag zu bringen. Möglich wäre es indeß immerhin, daß die Stadt sich bereit finden ließe, die Abtragung der Wälle sofort in Angriff zu nehmen, wenn der Verfasser des II Artikels den in der zweiten Wochenbeilage zu Nr. 214 des Sonntagsblatts nachgewiesenen Steinbruch in Ausbeute zu nehmen geneigt wäre. Auf hohe Pacht dürfte weniger gesehen werden, als auf rasche Förderung. Einstweilen dürfte man sich aber doch nach anderweiligen Mitteln zur Deckung der Kosten umzusehen haben. Als nächstliegendes stelle sich die Veräußerung des der Stadt gehörigen Terrainstreifens jenseits der Wälle dar, welcher bislang einen verhältnißmäßig geringen Werth hat, nach Abtragung der Wälle aber ohne Zweifel zu hohen Preisen zu verkaufen sein wird. Die zu veräußernde Fläche wird zwar nicht so groß sein, wie sie im Sonntagsblatte angegeben ist, da natürlich nicht verkauft werden kann, was zu Straßen und freien Plätzen nöthig sein wird; allein man wird doch auf einen Erlöß von 36 - 40, 000 Thlr. rechnen dürfen. Somit hätte man denn noch mindestens 60, 000 Thlr. zu beschaffen. Es wird sich nun zwar sehr viel Schönes und Wahres über die vortheilhafte Veränderung sagen lassen, welche in dem ganzen dutzeren Habitus der Stadt durch Verwendung dieser Summe zu dem gedachten Zwecke hervorgebracht werden würde, über die Nothwendigkeit der Verwirklichung eines großartigen Ringstraßenzuges mit freien Plätzen an allen in die Stadt einlaufenden Hauptverkehrsstraßen, endlich auch über den heilsamen Einfluß einer besseren Lüftung der inneren Stadt auf den Gesundheitszustand. Allein alle diese Dinge würden bei unsern in Betreff des finanzpunktes natürlich etwas difficilen Bätern der Stadt gegenüber einer Summe von 60, 000 .. doch möglicherweise nicht durchschlagen. Ein Anderes aber ist es, ob es gerechtfertigt sei, die ganze w. o. berechnete Ausgabe aus durch die Abtragung der Wälle bedingt darzustellen. Das muß entschieden verneint werden. Nach des Einsenders Auffassung wenigstens ist die Abtragung der Wälle im Grunde nur als ein Theil der im Interesse einer zeitgemäßen Stadtentweiterung nothwendigen Arbeiten anzusehen. Die Canalisation der Stadt ist beschlossene Sache; die Ausführung wird mit jedem Jahre weiter gefördert. Das aber ist schon jetzt vorauszusehen, daß mit Rücksicht auf die Entwässerung der südlich und westlich an die Stadt grenzenden Flächen die Herstellung eines zweiten Hauptcanals in nicht zu ferner Zeit nothwendig werden wird. Die Canäle der inneren Stadt sind schon jetzt dem Anscheine nach zum Theil reichlich in Anspruch genommen. Dieser Umstand wird die Ausdehnung der Canalisation auf alle die Staßen, welche in das Gebiet des herzustellenden zweiten Hauptcanals fallen, verbieten, so lange man diesen selbst nicht ausgeführt hat. In keinem Falle also können die Kosten des Canalbaues auf das Conto der Wallbeseitigung gesetzt werden, da weit eher umgekehrt die Fortführung der Canalisation den Fall der Wälle bedingt. Ganz ähnlich verhält es sich aber mit den Kosten der Straßenherstellung. Denn es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Stadt die Anlage einer breiten, schönen Straße zwischen Altstadt und neuem Anbau, als durch das allgemeine Interesse geboten, ohne Bedenken auf Kosten der Stadtkasse zur Ausführung bringen würde, sofern nicht die Wälle hindernd entgegenständen. Erscheint es also nach der Natur der zu schaffenden Anlagen gerechtfertigt, den bei Weitem größten Theil der Kosten der Stadtkasse zuzuweisen, so werden doch Bedenken entstehen können, ob dies auch in Betreff desjenigen Theils der Kosten zufällig sei, welcher diese Anlage gegeüber andern Straßenanlagen außergewöhnlich vertheuert, d. h. ob man den Erlös aus dem Verkauf der städtischen Plätze, falls derselbe überhaupt ausreicht, zur Deckung der Kosten mit verwenden dürfe. Es wird dagegen eingewandt werden können, daß man die Deckung der außergewöhnlichen Kosten, welche durch die Abtragung der Wälle entstehen, billigerweise von den Besitzern aller der Liegenschaften zu erwarten habe, welche, in unmittelbarer Nähe zu beiden Seiten der Wälle bringen, durch deren Niederlegung mit einem Schlage einen so erheblich höhren Werth erhalten. Unbillig würde es auf der andern Seite sein, wenn man verlangen wollte, daß auch zu diesen Kosten jedes Mitglied der Commune gleichmäßig herangezogen werden sollte, während die Anlieger dabei so ungleich mehr interessirt sind, als alle übrigen. Selbstverständlich würde auch in diesem Falle die Stadt den bedeutenden Theil der Kosten, welcher auf ihre Grundstückeentfiele, zu tragen ahben, aber doch nur nach einem alle anliegenden Grundstücke gleichmäßig treffenden Maßstabe. Ein geeigneter Rodus der Vertheilung dürfte sich finden lassen, da auch an anderen Orten unter ähnlichen Verhältnissen die berührten Grundstücke zur Deckung der Kosten von Straßen-Anlagen herangezogen worden sind. So erheblich nun auch die Schwierigkewiten zu sein schinen, welche der Ausführung des Planes noch entgegenstehen, so würde nach Ansicht des Einsenders ein großer Theil derselben beseitigt werden, wenn diejenigen Bewohner der Stadt, welche vermöge der Helegenheit ihrer Grundstücke vorzugsweise dabei interessirt sind, aus freien Stücken sich bereit reklacien, entsprechend den besonderen Vortherten, welche ihnen erwachsen, eine Art von Präcipuum zu den Kosten beizutragen. Der dadurch gegbene Implus dürfte einer abermaligen Vertagung auf unbestimmte Zeit aufs wirksamste entgegentreten. Erfreulich aber würde es unter allen Umständen sein, wenn der mit dem Abschlusse des Friedens in den Gemüthern wie in Handel und Wandel zu erwartende Aufschwung durch geeignetes Zusammenwirke aller Betheiligten es ermöglichte, Hand an die Umgestaltung der Wälle zu legen, welche Vielen zum Vortheil, den ganzen Gemeinwesen aber in mehrdacher Beziehung zum Gegen gereichen würde. Wenn mit den jetzt vorhandenen Wällen-Denkmäler einer längst entschwundenen Zeit zu Grabe getragen werden, so dürfte gerade unsere Zeit und die großen Ereignisse, welche wir durchleben, uns Veranlassung bieten, die Erinnerungen an dieselben mit den neu zu schaffenden Anlagen durch die Wahl geeigneter Benennungen zu verknüpfen. Um auch diesen Gegenstand in Anregung zu bringen, würde Einsender vorschlagen in folgender Weise, vom Möserplatz anfangend, umzutaufen: Kaiserstraße (oder Kaiserwall), Wilhelmplatz (Hasethor), Friedrichstraße, Karlsplatz (Natruperthor), Molckestraße, Siegerplatz (Waterloothor), Bismarkstraße, Friedensplatz (Martinithor), Ludwigstraße ec. Mögen bis zur Ausführung noch bessere Ideen reisen; an Zeit wirds ja nicht fehlen.
|