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1.
Erscheinungsdatum:
17.12.2018
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Ende der Steinkohle-Ära
Schicht im Schacht
Zwischenüberschrift:
Letzte Zeche schließt am Freitag / Gewerkschaft: Vorbild für Strukturwandel
In Ibbenbüren endet der Steinkohlebergbau – und mit ihm eine Ära
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Mit
den
Bergwerken
Ibbenbüren
und
Prosper-
Haniel
schließen
die
letzten
beiden
aktiven
Steinkohlezechen
in
Deutschland.
Der
in
dem
berühmten
Bergbaulied
besungene
Steiger
kommt
nicht
mehr.
In
unserer
neuen
Serie
„
Abschied
von
der
Steinkohle″
beschäftigen
wir
uns
unter
anderem
mit
dem
Förder-
Ende,
dem
Umgang
mit
den
Altlasten
des
Bergbaus
und
der
historischen
Bedeutung
des
„
Grubengoldes″.
Zum
Auftakt
haben
wir
uns
auf
der
Zeche
in
Ibbenbüren
umgesehen.
Auch
wenn
das
Ende
der
Förderung
abzusehen
war,
setzt
es
den
Bergleuten
zu.
Der
Vorsitzende
der
Industriegewerkschaft
Bergbau,
Chemie,
Energie
(IG
BCE)
,
Michael
Vassiliadis,
sieht
den
mit
Milliardenhilfen
abgefederten
Ausstieg
aus
der
Steinkohle
als
Vorbild
für
den
Strukturwandel
in
anderen
Branchen.
„
Wir
haben
dafür
gesorgt,
dass
niemand
ins
Bergfreie
gefallen
ist″,
sagte
Vassiliadis
anlässlich
der
Stilllegung
der
letzten
deutschen
Zeche
an
diesem
Freitag
in
Bottrop.
Das
sei
„
eine
soziale
Errungenschaft,
die
nicht
hoch
genug
geschätzt
werden
kann″.
Das
müsse
„
Leitsatz
für
die
Gestaltung
aller
industriellen
und
strukturpolitischen
Transformationen
der
Zukunft
sein″.
Vassiliadis
verteidigte
auch
die
Subventionen,
mit
denen
die
hohen
Förderkosten
in
Deutschland
ausgeglichen
wurden.
Im
Schnitt
seien
etwas
mehr
als
zwei
Milliarden
Euro
pro
Jahr
in
die
Steinkohle
geflossen.
„
So
viel
zahlen
wir
Stromkunden
an
EEG-
Umlage
heute
pro
Monat″,
betonte
der
Gewerkschaftsvorsitzende.
Der
Steinkohlebergbau
in
Deutschland
ist
Geschichte,
als
eines
der
letzten
zwei
Bergwerke
hat
die
Zeche
in
Ibbenbüren
die
Förderung
eingestellt.
Ein
Aus
mit
Ansage
–
und
dennoch
trifft
es
die
Kumpel
hart.
Ibbenbüren
Der
Förderturm
am
Nordschacht
in
Ibbenbüren
ragt
in
den
trüben
Dezemberhimmel.
An
der
Spitze
der
stählernen
Landmarke
drehen
sich
ab
und
an
die
zwei
Seilscheiben
–
ganz
so
als
würde
hier
noch
Steinkohle
ans
Tageslicht
gefördert.
Doch
damit
ist
es
vorbei,
längst
laufen
die
Rückzugsarbeiten.
Nach
rund
500
Jahren
endet
der
Kohlebergbau
im
Tecklenburger
Land.
Mit
der
Schließung
der
Zeche
Prosper-
Haniel
in
Bottrop
Ende
dieser
Woche
ist
der
deutsche
Steinkohlebergbau
Geschichte.
Schicht
im
Schacht.
Die
Politik
will
es
so.
Bereits
am
17.
August
dieses
Jahres
stellte
die
RAG
Anthrazit
Ibbenbüren
den
Regelbetrieb
ein,
auf
Wunsch
der
Belegschaft
blieb
die
Öffentlichkeit
außen
vor.
„
Das
ist
schon
eine
emotionale
Kiste″,
sagt
Volker
Krause,
Leiter
der
Öffentlichkeitsarbeit
im
Bergwerk.
Krause
schreitet
durch
die
Flure
des
Verwaltungsgebäudes,
das
die
Handwerker
schon
für
die
Nachnutzer
umbauen.
Jahrzehntelang
hat
Krause
über
Tage
für
die
Zeche
gearbeitet,
doch
ihm
geht
das
Aus
nicht
weniger
nahe
als
den
Kumpeln
unter
Tage.
Besonders
aufwühlend
wurde
es
für
Krause
und
seine
Kollegen
noch
einmal
am
4.
Dezember,
dem
Gedenktag
der
Bergbau-
Schutzpatronin
St.
Barbara.
Die
Kumpel
förderten
das
symbolische
„
Letzte
Fördergefäß″
zutage,
das
Steigerlied
wurde
angestimmt.
Als
Krause
davon
erzählt,
kämpft
er
gegen
die
Tränen.
„
Wir
haben
hier
an
diesem
Tag
unseren
Berufsstand
beerdigt″,
sagt
Krause.
Bis
2014
förderte
die
Zeche
rund
zwei
Millionen
Tonnen
Steinkohle
jährlich,
die
zum
Großteil
im
benachbarten
Kraftwerk
verfeuert
wurde.
Seither
wurde
die
Förderung
gedrosselt
auf
870
000
Tonnen
bis
August
dieses
Jahres.
Parallel
schrumpfte
die
Belegschaft,
die
meisten
Kumpel
gingen
in
den
Vorruhestand.
Wer
dafür
zu
jung
war,
kam
woanders
unter.
Auch
wenn
keine
Kohle
mehr
auf
der
Zeche
gefördert
wird,
arbeiten
noch
immer
mehr
als
800
Bergleute
in
Ibbenbüren.
Sie
sind
mit
dem
Rückbau
der
unterirdischen
Anlagen
beschäftigt.
Rohre,
Leitungen
und
schweres
Gerät
müssen
aus
den
horizontalen
Tunneln
entfernt
werden,
den
sogenannten
Strecken.
Erst
danach
können
die
senkrecht
in
die
Tiefe
führenden
Schächte
mit
Beton
verschlossen
werden.
„
Es
ist
nicht
so,
dass
man
eine
Tür
zumacht,
und
damit
ist
die
Sache
erledigt.
Wir
ziehen
uns
nun
Schritt
für
Schritt
zurück″,
erklärt
Heinz-
Dieter
Pollmann,
der
den
Rückzug
leitet.
Pollmann
ist
Markscheider,
ein
öffentlich
bestellter
Vermessungsingenieur
im
Bergbau.
Läuft
alles
nach
Plan,
werden
im
kommenden
Jahr
die
Schächte
versiegelt.
Im
Lauf
der
Jahrhunderte
haben
sich
die
Ibbenbürener
Bergleute
immer
tiefer
ins
Erdreich
vorgegraben,
durch
den
Nordschacht
geht
es
1560
Meter
hinab,
damit
ist
er
einer
der
tiefsten
Schächte
Europas.
Es
ist
einer
der
gravierenden
Nachteile
der
deutschen
Steinkohle,
dass
sie
sehr
tief
im
Boden
liegt.
Das
macht
sie
–
zusammen
mit
hohen
Sicherheits-
und
Umweltstandards
–
deutlich
teurer
als
Kohle
vom
Weltmarkt.
Allein
dank
staatlicher
Subventionen
blieb
der
Abbau
hierzulande
rentabel.
Nach
Angaben
des
Umweltbundesamtes
flossen
allein
zwischen
1980
und
2003
mehr
als
100
Milliarden
Euro
an
Fördergeldern.
Der
EU
waren
die
Subventionen
ein
Dorn
im
Auge.
Nach
jahrelangem,
zähem
Ringen
zwischen
der
Politik,
dem
RAG-
Konzern
und
den
Gewerkschaften
folgte
2007
der
Ausstiegsbeschluss,
damals
arbeiteten
noch
fast
33
000
Bergleute
beim
Zechenunternehmen
RAG.
Die
Kosten
für
den
Ausstieg
aus
der
Förderung
wurden
auf
30
Milliarden
Euro
taxiert,
von
denen
der
Steuerzahler
21
Milliarden
trägt.
Auf
die
Frage
nach
Sinn
und
Unsinn
des
Ausstiegs
seufzt
Markscheider
Pollmann
und
holt
aus:
„
Eine
Volkswirtschaft
benötigt
Energie.
Die
Kohle
war
unsere
Versicherung,
und
diese
Versicherung
haben
wir
mit
der
Schließung
der
Steinkohlezechen
aufgegeben.″
Mit
dem
Ausstieg
ändere
sich
der
Strommix
nicht,
denn
die
heimische
Kohle
werde
durch
Importkohle
ersetzt.
„
Ich
halte
die
Entscheidung
für
fragwürdig.″
Der
56-
Jährige
hat
die
Schließung
des
Bergwerkes
West
im
Ruhrgebiet
2012
begleitet,
ehe
er
nach
Ibbenbüren
kam.
„
Kein
Mitarbeiter,
der
hier
auf
dem
Bergwerk
arbeitet,
wird
den
Abschied
von
der
Steinkohle
frohen
Mutes
wegstecken″,
sagt
Pollmann.
Dennoch:
„
Die
Kollegen,
die
jetzt
unter
Tage
beschäftigt
sind,
sind
genauso
engagiert
dabei,
die
Grube
leer
zu
räumen,
wie
sie
vorher
die
Kohle
rausgeholt
haben.″
Zwei
dieser
Mitarbeiter
beenden
kurze
Zeit
später
ihre
Schicht.
Andreas
Witthacke
und
Dirk
Schäfer
entsteigen
dem
Aufzug,
der
sie
aus
den
Eingeweiden
des
Bergwerkes
wieder
an
die
Tagesoberfläche
gebracht
hat.
Auf
dem
Weg
zur
Umkleide
durchqueren
sie
die
Lampenstube,
eine
große
Halle,
in
der
sie
bei
Schichtbeginn
ihre
Helmlampe
geholt
haben
–
unter
den
Augen
einer
hölzernen
St.-
Barbara-
Figur.
„
Glückauf!
″
rufen
die
Kumpel
in
den
Hallen
und
Fluren
einander
zur
Begrüßung
zu.
Als
Sicherheitsbeauftragte
verbringen
Witthacke
und
Schäfer
ihre
verbleibende
Zeit
auf
der
Zeche.
Das
Thema
Arbeitsschutz
wird
in
Ibbenbüren
großgeschrieben,
wie
Krause
nicht
müde
wird
zu
betonen.
Davon
zeugen
auch
die
vielen
Schilder
in
den
Gebäuden,
die
die
Kumpel
zur
Umsicht
ermahnen.
Das
letzte
schwere
Grubenunglück
in
Ibbenbüren
liegt
Jahrzehnte
zurück:
1981
kamen
bei
einem
Gasausbruch
acht
Männer
ums
Leben.
Witthacke
und
Schäfer
sind
Bergleute
durch
und
durch.
Rund
drei
Jahrzehnte
hat
jeder
von
ihnen
unter
Tage
geschuftet,
in
lebensfeindlichen
Tiefen,
die
mit
Atemluft
versorgt
und
auf
erträgliche
Temperaturen
heruntergekühlt
werden
müssen.
Schäfer
heuerte
1987
auf
der
Zeche
als
Lehrling
an,
Witthacke
im
Jahr
darauf.
„
Als
wir
in
der
Lehre
das
erste
Mal
runter
durften,
konnte
ich
es
gar
nicht
abwarten″,
erinnert
sich
Witthacke,
dessen
Vater
schon
auf
der
Zeche
war.
„
Ich
wollte
das
eigentlich
immer
machen.
Handwerk
war
sowieso
meine
Vorstellung,
aber
ich
wollte
nicht
in
einer
Halle
stehen.″
Schäfer
hebt
die
Kameradschaft
unter
Tage
hervor.
„
Das
Schöne
am
Beruf
Bergbau:
Geht
nicht,
gibt′s
nicht.
Was
wir
uns
vorgenommen
haben,
haben
wir
auf
irgendeinem
Weg
geschafft.
Das
finde
ich
super.″
Entsprechend
schwer
fällt
den
beiden
der
bevorstehende
Abschied.
Schon
im
kommenden
Jahr
soll
die
Belegschaft
weiter
auf
350
Mitarbeiter
schrumpfen.
Ein
Großteil
davon
wird
zum
Jahresende
in
den
Ruhestand
gehen,
rund
zwei
Dutzend
Bergleute
bleiben
für
weitere
Arbeiten.
Die
Anpackermentalität
wird
bleiben,
auch
nachdem
Schäfer
und
Witthacke
ihre
letzte
Schicht
gefahren
haben.
Der
48-
jährige
Schäfer
will
Arbeiten
an
seinem
Haus
in
Angriff
nehmen,
das
er
–
klar
–
mit
Kohle
aus
dem
Ibbenbürener
Bergwerk
beheizt.
„
Jetzt
muss
ich
mich
darauf
vorbereiten,
dass
ich
sie
woanders
herholen
muss.″
Bildtexte:
Die
letzten
ihres
Berufsstands:
die
Bergleute
Andreas
Witthacke
(links)
und
Dirk
Schäfer.
Hinter
ihnen
geht
es
anderthalb
Kilometer
in
die
Tiefe.
Mit
schwerem
Gerät
trieben
die
Bergleute
Tunnem
in
die
Erde,
nun
müssen
die
Maschinen
unter
dem
Nordschacht
(rechts)
hervorgeholt
werden.
Fotos:
Manuel
Glasfort,
RAG
Ibbenbüren
Autor:
Manuel Glasfort