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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Kein Respekt vor dem Nikolaus?
Zwischenüberschrift:
Wie Fritz Wolf zwischen heiligem Bischof und Weihnachtsmann unterschied
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Nikolaus oder Weihnachtsmann? Diese Frage sorgt in Kirchenkreisen zum 6. Dezember alljährlich für Diskussionen. Der Osnabrücker Karikaturist Fritz Wolf setzte beide ins Bild, doch der Unterschied zwischen dem heiligen Bischof und dem rot gekleideten, zipfelmützigen Geschenkeboten war ihm sehr wohl bewusst.

Osnabrück Da war der Wunsch Vater des Gedankens: Wenn ich Nikolaus wäre …″, überlegte sich Fritz Wolf und witterte die Chance, Politikern endlich die Leviten lesen zu können. Unverkennbar ist es der Karikaturist, der im frommen Gewand mit Bischofsstab und - hut zunächst noch einen kräftigen Zug aus der obligatorischen Pfeife nimmt, bevor er seine Maske mit weißem Bart anlegt.

In insgesamt 12 Bildern für das Magazin Stern″ knöpft er sich zum 6. Dezember 1964 vor allem die Herren Strauß und Adenauer vor, die er nach kräftigem Ohrenziehen in einen Sack verfrachtet. Anschließend lässt er seiner Rute freien Lauf, denn mit Bundeskanzler und dem CSU-Chef erwischt er aus Karikaturistensicht stets den richtigen.

Nach einer gehörigen Kopfwäsche müssen sich die Lümmel sodann unter heiliger Regie mit ihren politischen Kontrahenten versöhnen, um schließlich ihre Gewalt- und Kriegsspielzeuge Guillotine, Panzer und Rakete zu verschrotten. Am Ende dieser Wolf′schen Gedankenspiele steht jedoch die Einsicht, dass solche Knaben vermutlich nicht einmal den Nikolaus respektieren.

Genau ein Jahr später präsentierte Fritz Wolf im Stern″ ein desillusionierendes Nikolaus-Leben in sechs Teilen (siehe Bild). Für die wohlstandsgesättigte Kapitalistengattin ist der Heilige ein lästiger Hausierer, den ihre Haushaltshilfe mit einer klaren Ansage abwimmeln soll: Sagen Sie dem Mann, wir hätten alles! Und verschanzt hinter Mauer und Stacheldraht, erweist sich der ungezogene DDR-Chef Walter Ulbricht in der nächsten Szene als unerreichbar für Nikolaus′ Rute.

Statt dankbar zu sein, moniert ein gestresster Familienvater den falsch geparkten Schlitten. Zwei Tippelbrüder fürchten sich eher vor der Wermutsteuer″ als vor dem Nikolaus, während der mürrische Herr vom Verfassungsschutz zunächst dessen Papiere prüfen möchte. Lediglich zwei katholische Priester bezeugen Respekt: dies allerdings vor allem, weil sie in ihm insgeheim einen vom 2. Vatikanischen Konzil zurückkehrenden Bischof vermuten.

Für Lokalkolorit in den Bildern aus der Provinz″ des Stern″ sorgt in den 1970ern ein Detail in der neunteiligen Folge Nikolaus, komm in unser Haus″, mit der Fritz Wolf eine befreundete Familie verewigt: Da beordert die Sekretärin des Studentenhilfsdienstes″ einen der drei wartenden Studiosi im Nikolauskostüm zu Munsberg, Atterstrasse!″.

In späteren Jahrzehnten taucht der Weihnachtsmann häufiger in Wolf′schen Zeichnungen auf allerdings vor allem zum Heiligen Abend: 1995 und 1998 watet er in der Neuen Osnabrücker Zeitung″ mit seinem Schlitten bzw. seinem prall gefüllten Sack durch riesige Regenpfützen, während er 1999 Kanzler Kohl den Allerwertesten versohlt dazu der deutsche Michel nach dem Motto So feste du kannst! kräftig Beifall spendet.

Trotz aller Ehrfurcht vor dem Nikolaus hüllte sich Fritz Wolf in späten Jahren selbst zeichnerisch ins rote Weihnachtsmann-Kostüm (kleines Bild), um mit einer Glocke die Bescherung einzuläuten. Offenbar hatte die vergebliche Politikerzurechtweisung von 1964 nachhaltige Spuren hinterlassen.

Zur Person: Hermann Queckenstedt ist Sprecher des Fritz-Wolf-Kuratoriums und Direktor des Diözesanmuseums Osnabrück.

Bildtext:
Nikolaus komm in unser Haus″

Fritz Wolf

Die Neue Osnabrücker Zeitung″ widmet ihrem langjährigen Hauskarikaturisten Fritz Wolf anlässlich seines 100. Geburtstags eine Karikaturen-Serie. Zum Abschluss des Jubiläumsjahres 2018 ist seit gestern im Forum am Dom die Ausstellung Friede den Menschen auf Erden! mit nicht nur weihnachtlichen Karikaturen von Fritz Wolf und Gerhard Mester zu sehen, die ebenso wie das Begleitheft (4, 80 Euro) auch die Themen Flucht und Asyl aufgreift. Einen Rückblick auf weitere Bildthemen des Jubiläumsjahres und einen Ausblick ins neue Jahr bietet der Fritz-Wolf-Kalender 2019, der im Buchhandel und den Geschäftsstellen der NOZ zum Preis von 18, 90 Euro erhältlich ist. Für Infos und Rückfragen steht der Medienwissenschaftler Sebastian Scholtysek zur Verfügung unter Telefon 01 76/ 31 11 06 63 oder per E-Mail an post@ Fritz-Wolf.de
Autor:
Hermann Queckenstedt


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