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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Klima versus Wohnbebauung
 
Osnabrücks Frischluftlieferant ist in Gefahr
Zwischenüberschrift:
Klimagutachten sieht Bebauung im Stadtteil Schinkel kritisch
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Der Schinkel ist Kältelieferant für Teile der Stadt. Werden diese Kaltluftentstehungsflächen bebaut, könnte das Folgen für das Stadtklima haben. Politik und Verwaltung müssen nun um eine Abwägung von Klima und Wohnraum ringen.

Osnabrück Eigentlich war die vom Fachbereich Umwelt erstellte Vorlage für den Stadtentwicklungsausschuss zum Thema Stadtklimatische Bedeutung der östlichen Grün- und Freiflächen″ schon wieder vom Tisch einkassiert von Oberbürgermeister Wolfgang Griesert. Und doch beschäftigte sie in der vergangenen Woche die Parteien.

Nicht ohne Grund, denn das Thema ist sensibel. Die Verwaltungsfachleute hatten auf Bitte des Ausschusses vier benachbarte Bebauungsplangebiete im Osten der Stadt untersucht. Ihre Aufgabe: Darstellung der Auswirkung einer Bebauung auf das städtische Klima. In Erinnerung an einen ungewöhnlich heißen und trockenen Sommer sicherlich ein nachvollziehbares Anliegen.

Gegenstand der Untersuchung war auch die erst jüngst von der Stadt für einen soliden Millionenbetrag erworbene Fläche östlich des Friedenswegs in Schinkel. Angekauft wurde die Fläche, um dem strategischen Ziel bis 2020 3000 Wohnungen mittlerweile hat die CDU die Zahl auf 5000 erhöht zu schaffen. Die Wohnungen sollen vor allem eins sein: so günstig im Mietzins, dass sie auch für untere Einkommen erschwinglich sind.

Extrem konfliktträchtig

Bei der Fläche handelt es sich mit 170 000 Quadratmetern um eines der größten Erschließungsgebiete nach den ehemaligen Kasernenflächen. Bereits in der Erarbeitungsphase eines Stadtklimagutachtens im Jahr 2017, darauf weisen die Mitarbeiter des Umweltamtes in ihrer jüngsten Vorlage hin, sei das Gebiet als extrem konfliktträchtig eingeschätzt″ worden. Weiter heißt es: Eine Bebauung dieser Fläche würde somit einen Frischluftversorgungsverlust bedeuten, der nicht kompensiert werden kann.″

In Summe lässt sich die Stellungnahme des Fachbereichs Umwelt für bauwillige Politiker schon als gewichtiger Hemmschuh für eine erfolgreiche Wohnungsbaupolitik lesen. So werden zum Beispiel die Bebauungsplanbereiche Windthorststraße und Bornheide als leistungsfähige Kaltluftentstehungsgebiete″ beschrieben. Und deren Bedeutung hat nach Aussage der Klimafachleute seit 1990 bereits deutlich zugenommen. Diese Entwicklung werde sich auch in den kommenden Jahren im Angesicht des Klimawandels weiter fortsetzen. Im Fazit des Umweltamtes heißt es, dass der Bereich Friedensweg aus stadtklimatischer Sicht von Bebauung freigehalten werden″ sollte.

Die Reaktion aus der Politik folgte prompt. Wir haben den Hof Entrup für neue Wohnungen gekauft, nicht als Grünanlage″, sagt der Chef der CDU-Fraktion, Fritz Brickwedde. Selbstverständlich würde der grüne Finger erhalten und die Fragen der Frischluftzufuhr im Rahmen des Bebauungsplanes mit in die Abwägungsprozesse eingehen, aber das Hauptziel des Erwerbs der Fläche sei es gewesen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Brickwedde reagierte damit auf eine Pressemitteilung der Grünen, die mit Blick auf die Baulandentwicklung im Schinkel Bedenken anmelden. Im Osten der Stadt gibt es ein großes Entwicklungspotenzial für Wohnbauflächen. Wir sorgen uns aber, dass dabei die Frischluftzufuhr für den Schinkel und die Innenstadt in Gefahr gerät. Wir brauchen ein Gesamtkonzept, das das Stadtklima ausreichend berücksichtigt″, fordern der Fraktionsvorsitzende, Volker Bajus, und der umweltpolitische Sprecher, Sebastian Bracke.

Gleichzeitig betonen die Grünen, dass auch sie für die Entwicklung weiterer Wohngebiete eintreten. Die Temperatur in der Stadt sei aber seit 1960 bereits um 1, 6 Grad gestiegen mit erheblichen Folgen für die Gesundheit″. Jeder einzelne Bebauungsplan für sich sei vertretbar, die Flächen müssten aber im Ganzen betrachtet werden, um Hinweise für eine klimaoptimierte Bebauung zu bekommen, die die wichtigsten Kaltluftbahnen schützt.

Kommentar
Quadratur des Kreises

Politik und Verwaltung rackern sich ab, um in Osnabrück bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Gleichzeitig gilt es, das klimatechnische Gesamtgefüge der Stadt zu schützen. Das erinnert schon fast an den Versuch, aus einem Kreis ein Quadrat zu machen.

Dass der Werdegang der klimatechnischen Vorlage des Fachbereichs Umwelt einmal mehr Anlass gibt, über ein nicht unerhebliches Durcheinander in der Verwaltung zu spekulieren, soll an dieser Stelle ausgeblendet werden. Denn es geht um mehr.

Die Forderung nach mehr und vor allem bezahlbarem Wohnraum wie auch die nach einem Schutz des Stadtklimas dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Das Problem liegt vielmehr an anderer Stelle: Wird die überbaubare Fläche aus Klimaschutzgründen knapper, wird der Quadratmeter Baugrund teurer. Politik und Verwaltung werden also überlegen müssen, wie sie diesen Kreis eckig bekommen wollen, wenn Bauen erschwinglich sein soll. Denn am Ende des Tages wird der Quadratmeterpreis entscheiden, ob der Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum im Osten der Stadt erfüllt werden kann.
Autor:
Dietmar Kröger


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