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1.
Erscheinungsdatum:
08.11.2018
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Als die Menge zum Ledenhof strömte
Zwischenüberschrift:
Heute vor 100 Jahren fand in Osnabrück die Novemberrevolution statt / Einen Tag früher als in Berlin
Artikel:
Originaltext:
Heute
vor
100
Jahren,
am
8.
November
1918,
erreicht
die
Novemberrevolution
Osnabrück
–
und
damit
sogar
einen
Tag
früher
als
die
Reichshauptstadt
Berlin.
Dort
wird
am
9.
November
1918
die
Republik
ausgerufen.
Osnabrück
Im
Herbst
1918
ist
wohl
den
allermeisten
Frontkämpfern
des
Ersten
Weltkriegs
klar,
dass
dem
Deutschen
Reich
allein
die
Kapitulation
bleibt.
Nur
Kaiser
und
Oberste
Heeresleitung
halten
am
Kampfauftrag
der
Armee
fest.
Doch
Generäle
und
Admiräle
haben
die
Rechnung
ohne
ihre
Truppe
gemacht.
Millionen
von
Soldaten
haben
das
sinnlose
Sterben
„
für
Kaiser
und
Vaterland″
sowie
für
die
Gewinnmargen
der
Rüstungsindustrie
endgültig
satt.
Schließlich
haben
mehr
als
zwei
Millionen
der
zum
Waffendienst
beorderten
Männer
an
der
Front
ihr
Leben
verloren.
Unter
ihnen
sind
2200
Söhne
und
Familienväter
aus
Osnabrück.
Etliche
sind
verkrüppelt
oder
von
Traumata
erschüttert.
Hunderte
Namen
füllen
die
„
Gefallenenanzeigen″
in
den
Tageszeitungen.
Der
Osnabrücker
Schriftsteller
Erich
Maria
Remarque
wird
dem
sinnlosen
Massensterben
mit
seinem
Roman
„
Im
Westen
nichts
Neues″
später
ein
weltweit
gelesenes
literarisches
Denkmal
setzen.
In
seinem
Werk
„
Der
Weg
zurück″
wird
der
Autor
von
der
Rückkehr
Osnabrücker
Soldaten
ins
aufgewühlte
Zivilleben
der
Nachkriegsmonate
erzählen.
Startschuss
in
Kiel
Zum
Kriegsende
überschlagen
sich
die
Ereignisse:
Am
4.
November
1918
weigern
sich
in
Kiel
und
in
anderen
Hafenstädten
die
Matrosen
der
Flotte,
zu
einer
völlig
aussichtslosen
Seeschlacht
auszulaufen.
Es
kommt
zur
offenen
Revolte.
Arbeiterinnen
und
Arbeiter
benachbarter
Betriebe
schließen
sich
postwendend
an
und
streiken.
Bereits
wenige
Tage
später
sind
Städte
wie
Kiel
und
Wilhelmshaven
in
der
Hand
frisch
gewählter
Arbeiter-
und
Soldatenräte.
Zuvor
gefürchtete
Offiziere
werden
für
abgesetzt
erklärt.
Das
Geschehen
beschränkt
sich
nicht
allein
auf
Hafenstädte.
„
Sofortiges
Kriegsende
und
Revolution!
″
lauten
die
Losungen,
die
sich
schnell
wie
ein
Lauffeuer
verbreiten.
Aktivisten
der
Revolte
steigen
in
Züge
und
schwärmen
reichsweit
aus,
um
überall
die
Sehnsucht
nach
Frieden,
Selbstbestimmung
und
besseren
Lebensbedingungen
zu
stärken.
Die
Lage
in
der
Heimat
Die
Unzufriedenheit
an
der
Front
spiegelt
sich
auch
in
der
Heimat.
Jene
ist,
da
die
Kämpfe
vornehmlich
in
Frankreich
und
Belgien
stattfinden,
zwar
vom
aktiven
Kriegsgeschehen
verschont
geblieben.
Doch
allein
die
Seeblockade
der
Alliierten
trägt
allerorten
zur
Verknappung
der
Versorgung
bei.
Tag
für
Tag
steigt
die
Angst
um
das
Leben
der
an
der
Front
kämpfenden
Väter,
Freunde
oder
Brüder.
Lebensmittelkarten
können
allenfalls
das
Allernötigste
des
Bedarfs
decken.
„
Kohlrübenwinter″
stärkt
die
Mangelsituation
auf
das
Unerträglichste.
Epidemien
und
Rohstoffarmut
zählen
ebenso
zum
Alltag
wie
der
ständige
Appell,
Metalle
oder
Kleider
für
den
Frontbedarf
abzugeben
und
teure
Kriegsanleihen
zu
zeichnen.
Allerorten
verfallen
mühsam
angehäufte
Sparguthaben.
Vervielfacht
hat
sich
die
Alten-
und
Kindersterblichkeit.
Verzweifelt
eingerichtete
Volksküchen
und
Lazarette
können
der
Not
kaum
Herr
werden.
Im
Straßenalltag
prägen
Kriegsversehrte
das
Bild
und
verdeutlichen
mit
umwickelten
Schusswunden
und
amputierten
Gliedmaßen,
dass
an
der
Front
ein
furchtbares
Inferno
tobt.
Verschärft
wird
die
Alltagsangst
in
Osnabrück
durch
den
sogenannten
„
Auskämmererlass″
des
diensthabenden
Generals
Hänisch,
der
etliche
Wohnungen
durchkämmen
lässt,
um
auch
noch
die
letzten
wehrfähigen
Männer
zur
Front
zu
transportieren.
Schaltstelle
Bahnhof
Am
7.
November
kommt
aus
Hannover
die
Kunde,
dass
dort
ein
Arbeiter-
und
Soldatenrat
die
Macht
übernommen
hat.
Am
8.
November
schlägt
auch
in
Osnabrück
die
Revolutionsstunde
–
und
damit
einen
ganzen
Tag
vor
den
Berliner
Ereignissen,
in
deren
Verlauf
die
Abdankung
des
Kaisers
und
die
neue
Republik
proklamiert
werden.
Alles
beginnt
auf
dem
Osnabrücker
Hauptbahnhof,
einer
Art
Schaltstelle
des
Reichsgeschehens.
Immer
wieder
treffen
Matrosen
und
Soldaten
aus
anderen
Städten
ein.
Die
meisten
reisen
aus
Hannover,
Oldenburg
oder
Bremen
an.
Alle
erzählen
den
Wissbegierigen
vom
ersehnten
Kriegsende
und
der
Revolution
in
anderen
Städten.
Auf
den
Bahnsteigen
verrichten
Soldaten
des
aus
Osnabrückern
bestehenden
„
78er-
Regiments″
ihren
Dienst.
Deren
Unlust,
einschüchternd
gegen
Revoltierende
einzuschreiten,
hat
sich
längst
im
Generalstab
herumgesprochen.
Deshalb
wird
Hilfe
von
scheinbar
kaisertreuen
Waffenträgern
des
Generalkommandos
aus
Münster
angefordert.
Die
unsicheren
Kantonisten
der
„
78er″
sollen
entwaffnet
werden.
Als
die
Münsteraner
in
Osnabrück
eintreffen,
vollzieht
sich
postwendend
das
Gegenteil:
Die
Ankommenden
werden
entwaffnet.
Und
nicht
nur
das:
Ein
Großteil
von
ihnen
verbrüdert
sich
mit
den
„
78ern″.
Schnurstracks
ziehen
alle,
zum
Teil
mit
leuchtend
roten
Armbinden
ausstaffiert,
durch
die
Stadt.
Mutige
erleichtern
Offiziere
unterwegs
von
ihren
Rangabzeichen,
um
Gleichheit
unter
allen
Soldaten
herzustellen.
Begeistert
marschiert
die
stetig
wachsende
Menge
zur
Klosterkaserne,
deren
Soldaten
sich,
gegen
den
wütenden
Widerstand
der
Offiziere,
umgehend
dem
Zug
anschließen.
Gleiches
erfolgt
in
den
anderen
Kasernen
der
Stadt.
Zugleich
werden
Inhaftierte
aus
Militärgefängnissen
befreit.
In
einem
persönlichen
Rückblick,
den
der
örtliche
Sozialdemokrat
Christian
Schrader
rund
sieben
Jahre
später
verfasst,
heißt
es
kurz
und
knapp:
„
Der
Zug
war
gewaltig
angeschwollen,
statt
der
Kokarden
zeigten
sich
rote
Schleifen,
die
Waffen
wurden
‚
Kolben
nach
oben′
getragen.″
Otto
Vesper
In
der
Osnabrücker
Sozialdemokratie
klaffen
nicht,
wie
andernorts,
tiefe
Risse
zwischen
„
Unabhängigen″
(USPD)
und
„
Mehrheitssozialdemokraten″
(MSPD)
.
Die
„
alte″
Partei
ist,
unbeschadet
vieler
Kriegstoter,
im
Wesentlichen
intakt
geblieben.
Lediglich
unter
Funktionären
des
örtlichen
Metallarbeiterverbandes
bekennen
sich
einige
als
USPD-
Anhänger,
ohne
eine
verantwortliche
Rolle
einzunehmen.
Die
Osnabrücker
Mehrheitssozialdemokraten
nehmen
mit
den
revoltierenden
Soldaten
Kontakt
auf.
Die
Partei
startet
damit
eine
Art
Doppelstrategie:
Bereits
seit
den
Kriegsjahren
hat
man
sich
einerseits
ganz
bewusst
in
die
Stadtregierung
einbinden
lassen
und
trägt
Mitverantwortung
–
nicht
zuletzt
innerhalb
des
1915
gemeinsam
begründeten
„
Kriegsausschusses
für
Konsumenteninteressen″.
Die
Partei
fühlt
sich
auch
dadurch
als
Teil
aller
Akteure,
die
für
die
kommunale
Daseinsvorsorge
einstehen.
Parteisprecher
Otto
Vesper
ist
überdies
bereits
seit
1915
–
trotz
eines
Wahlrechts,
das
allein
Gutsituierten
zusteht
–
gewählter
Bürgervorsteher.
Der
gebürtige
Berliner
genießt
selbst
beim
kaisertreuen
Oberbürgermeister
Julius
Rißmüller
ein
hohes
Ansehen.
Andererseits
fühlt
sich
die
Partei
allen
sehr
nahe,
die
endlich
ein
Ende
der
bitteren
Not,
ein
Kriegsende
und
demokratische
Verhältnisse
anstreben.
Der
Schulterschluss
ist
somit
schnell
vollzogen:
Vesper
wird
zum
Vorsitzenden
des
gemeinsam
gebildeten
Arbeiter-
und
Soldatenrats
gewählt.
Dem
ersten
Arbeiterrat
gehörten
neben
ihm
Johann
Kaldenbach
vom
Ortskartell
der
Gewerkschaften,
Carl
Wilkesmann,
Wilhelm
Dense,
Waldemar
Sörensen
für
die
Konsum-
und
Sparvereine
sowie
Gewerkschaftssekretär
Heinrich
Groos
an,
der
Jahre
später
bis
1933
als
Arbeitsamtsdirektor
amtieren
wird.
In
den
Revolutionstagen
geht
es,
ganz
im
Sinne
bestmöglicher
Kooperation,
allein
darum,
Ruhe
zu
bewahren
und
das
Wirtschaftsleben
nicht
zu
stören.
„
Haltet
Disziplin!
″,
lautet
die
Parole,
die,
fett
gesetzt,
inmitten
einer
Sonderausgabe
der
sozialdemokratischen
Tageszeitung
„
Osnabrücker
Abendpost″
am
9.
November
abgedruckt
ist.
Wie
im
Reich
besteht
auch
bei
der
Osnabrücker
Mehrheitssozialdemokratie
keinerlei
Interesse,
eine
vormals
streng
kaisertreue
Verwaltung
gegen
neue
Verantwortliche
auszutauschen.
Indem
der
Arbeiterrat
allein
Aufgaben
zur
Daseinsvorsorge
der
Bevölkerung
übernimmt
und
die
restlichen
Führungspositionen
um
OB
Rißmüller
unangetastet
lässt,
entspricht
er
exakt
der
sozialdemokratischen
Parteilinie.
Dass
sich
das
Stützen
auf
die
alten
Eliten
spätestens
1933
bitter
rächen
wird,
ahnen
zu
diesem
Zeitpunkt
nur
wenige.
Werben
für
eine
Wahl
Sehr
deutlich
wird
Vespers
Selbstverständnis,
als
er
anlässlich
einer
revolutionären
Kundgebung
am
9.
November
–
jenem
Tage,
als
in
Berlin
die
Abdankung
des
Kaisers
bekannt
gegeben
wird
–
auf
dem
Ledenhof
vor
Tausenden
Zuhörern
eine
viel
beachtete
Rede
hält.
Im
Zentrum
der
Ansprache
steht
das
Werben
für
die
schnellstmögliche
Wahl
einer
verfassungsgebenden
Nationalversammlung:
„
Nicht
zerstören,
nicht
zerrütten,
sondern
aufbauen
ist
unsere
Aufgabe.
[…]
Wir
wollen
keine
russischen
Methoden
einführen,
nicht
alles
in
Grund
und
Boden
wirtschaften
und
dann
eine
neue
Gesellschaft
errichten.
Nein,
aus
der
alten
Gesellschaft
heraus
soll
die
neue
Gesellschaft
erwachsen
und
sich
erheben
als
ein
Volkskörper,
an
dem
sich
alle
Glieder
wohlfühlen
können
[…]
unter
welcher
Herrschaft
und
Staatsform,
das
muss
der
Entscheidung
des
Volkes
vorbehalten
bleiben.″
Verantwortung
abgeben
Bereits
eine
Woche
nach
seiner
Konstituierung
wird
der
Arbeiter-
und
Soldatenrat,
der
im
örtlichen
Schloss
amtiert,
mit
Mitgliedern
bürgerlicher
Parteien
sowie
durch
August
Josef
Hagemann
erweitert.
Letzterer
ist
zum
Zeitpunkt
seiner
Wahl
katholischer
Arbeitersekretär
und
bereits
seit
1909
Bürgervorsteher
im
Rathaus.
Seine
Befugnisse
wird
der
Arbeiter-
und
Soldatenrat
danach
bis
zur
Selbstauflösung
nahezu
freiwillig
aufgeben.
Die
dem
Gremium
unterstellte
Sicherheitskompanie
von
immerhin
650
Mann
dient
in
der
Folgezeit
allenfalls
als
Hilfspolizei.
Dass
Vesper
wie
Hagemann
am
19.
Januar
1919
gemeinsam
zu
Abgeordneten
der
verfassungsgebenden
Weimarer
Nationalversammlung
gewählt
werden,
unterstreicht
die
Bedeutung
beider
für
die
Monate
nach
Kriegsende.
Zur
Person:
Heiko
Schulze
ist
Autor
stadtgeschichtlicher
Sachbücher
und
Romane
sowie
Mitarbeiter
im
Fachbereich
Kultur
der
Stadt
Osnabrück.
Von
1992
bis
2013
war
er
Geschäftsführer
der
Osnabücker
SPD-
Ratsfraktion.
Bildtexte:
Der
Rosenhof
am
Tag
der
Ausrufung
der
Republik
am
9.
November
1918:
Die
Menge
strömt
zu
einer
revolutionären
Kundgebung
auf
dem
Ledenhof.Quelle:
Wido
Spratte
(Hrsg.)
: „
Alt-
Osnabrück
–
Bildarchiv
fotografischer
Aufnahmen
bis
1945.
Band
2″,
Wenner
1996,
S.
179
Oberbürgermeister
Julius
Rißmüller
(1863–1933)
.
Otto
Vesper
(1875–1923)
auf
einem
Foto
aus
dem
Privatarchiv
Ingeborg
Hensings.
Der
Osnabrücker
Arbeiter-
und
Soldatenrat
auf
einem
Foto
aus
dem
Privatarchiv
der
Enkelin
von
Otto
Vesper,
Ingeborg
Hensing.
Nicht
alle
Namen
sind
bekannt.
Das
erste
Kugelschreiber-
Kreuz
links
markiert
Wilhelm
Dense
und
das
zweite
Otto
Vesper.
Rechts
neben
ihm
steht
der
spätere
Rechtsanwalt
Adolf
Rahardt.
Am
Tisch
sitzt
Zentrumsmann
August
Josef
Hagemann,
rechts
neben
diesem
sitzt
der
spätere
Arbeitsamtsdirektor
Heinrich
Groos.
Oberbürgermeister
Rißmüller
(Mitte)
begrüßt
am
1.
Januar
1919
auf
dem
Neumarkt
die
wenigen
Überlebenden
eines
nach
Hause
zurückgekehrten
Osnabrücker
Infanterieregiments.
Das
Stadtoberhaupt
bringt
ein
Hoch
aus
–
aber
ansonsten
ist
von
der
in
den
Vorjahren
bei
vergleichbaren
Anlässen
üblichen
patriotischen
Euphorie
nichts
mehr
zu
sehen.
Quelle:
Wido
Spratte
(Hrsg.)
: „
Alt-
Osnabrück
–
Bildarchiv
fotografischer
Aufnahmen
bis
1945.
Band
2″,
Wenner
1996
Fotos:
Museumsquartier
Osnabrück
Autor:
Heiko Schulze