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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Geschichtsträchtige Fehlprägung?
Zwischenüberschrift:
Osnabrücker rettete als Lehrling gusseisernes Relief vor dem Schmelzofen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Ein Stück Osnabrücker Geschichte hat Georg Fleischhauer in den 1950er-Jahren vor dem Hochofen bewahrt. Das gusseiserne Relief war vermutlich anlässlich des 300. Jahrestages des Westfälischen Friedens gegossen, dann aber nie verteilt worden was an einem kleinen, aber folgenschweren Fehler gelegen haben könnte.

Osnabrück Ungefähr die Größe einer Postkarte hat die gusseiserne Platte, die Georg Fleischhauer in die Kamera hält. Ich habe die Platte im Gießschrott gefunden″, erzählt er unserer Redaktion.

Der 1938 geborene Osnabrücker lernte von 1956 bis 1959 Maschinenschlosser in der Eisengießerei Carl Weymann. Ich hatte damals viele Freiheiten und konnte mich in der gesamten Firma aufhalten″, so Fleischhauer. Eines Nachmittags sah er rund 200 bis 300 gusseiserne Platten neben einem Ofen liegen. Die teils bereits zerbrochenen Stücke sollten offenbar eingeschmolzen werden.

Fleischhauer, der dank seines früheren Geschichtslehrers schon als Schüler von der Osnabrücker Geschichte begeistert war, sah sich die Platten genauer an und erkannte ein Relief, also ein erhaben herausgearbeitetes Bildwerk. Eine der Platten nahm er kurzerhand mit nach Hause und bewahrte das geschichtsträchtige Stück auf.

Das eigentlich zur Einschmelzung vorgesehene Kunstwerk strotzt nur so von Osnabrücker Symbolen. Es zeigt das Osnabrücker Rathaus, die Marienkirche, daneben die beiden Dom-Türme mit den alten Kuppeln, das Möser-Geburtshaus und die Giebelhäuser am Markt. Oben rechts prangt das sechsspeichige Wappenrad, umrahmt vom Schriftzug Osnabrück″.

Der Verwendungszweck steht ebenfalls auf dem Stück: Zum 300. Jahrestag des Westfälischen Friedens″. Darunter befinden sich die beiden Jahreszahlen 1648 (also das Jahr des historischen Friedensschlusses) und 1948. Eine mögliche Erklärung, warum die Gusse seinerzeit in den Schmelzofen wandern sollten, ist das ebenfalls auf der Metallplatte vermerkte Datum: 25. Oktober″.

Der Westfälische Frieden wurde am 24. Oktober 1648 geschlossen und tags darauf in Osnabrück verkündet. Insofern hat für Osnabrück der 25. Oktober tatsächlich einen hohen Stellenwert, weshalb zum Beispiel das jährliche Steckenpferdreiten normalerweise an diesem Tag stattfindet so wie auch heute.

Im Jahr 1948 aber ging insbesondere der 24. Oktober in die Stadtgeschichte ein: Während des Zweiten Weltkriegs war nämlich das Rathaus stark getroffen worden und nur die ausgeglühten Außenmauern blieben stehen. Nach dem Krieg wurde es wiederaufgebaut und am 24. Oktober 1948 feierlich wiedereröffnet. Gleichzeitig wurde an diesem Tag der 300. Jahrestag des Westfälischen Friedens begangen.

Vielleicht hätten die Gusse bei diesem Ereignis als Erinnerungsplaketten verteilt oder verkauft werden sollen und die Aufschrift 25. Oktober″ war somit zwar im Hinblick auf den Westfälischen Frieden korrekt, im Hinblick auf den konkreten Anlass aber fehl am Platze.

Fleischhauer weiß es nicht. Was er als Fachmann hingegen genau weiß: Dieses Kunstwerk heute herzustellen wäre ein gewaltiger Aufwand. Das kann nicht jeder gießen. Das muss einer sein, der ein Gespür für die Feinheiten hat.″ Am unteren Rand der Eisenplatte sind zwei übereinandergestellte M″ zu sehen. Diese Signatur gehörte zu Heinrich Moshage. Der 1896 in Osnabrück geborene Künstler war Bildhauer, Medailleur und Plakettengestalter. Er fertigte vermutlich den Entwurf für das Relief.

Damit die gusseiserne Platte nicht rostet und das Kunstwerk erhalten bleibt, hatte der junge Fleischhauer sie selbst geschwärzt: Während seiner Ausbildung in der Gießerei hielt er die Platte mit einer Zange, erhitzte sie und tauchte sie dann in ein Becken mit Altöl, um sie für immer zu konservieren. Das Altöl dringt ganz gering in die Poren ein″, erklärt Fleischhauer. Ich habe das Relief nicht mit einem Pinsel angestrichen, weil beim Anstreichen vermutlich Farbreste in dem filigranen Kunstwerk zurückgeblieben wären.″

Die dünne Platte, die, wenn man sie fallen ließe, sofort zerspringen würde, hängt heute in seinem Arbeitszimmer. Er habe schon mal überlegt, sie in ein Museum zu geben, aber bislang konnte er sich von diesem Erinnerungsstück noch nicht trennen.

Bildtext:
Georg Fleischhauer bewahrte das Heinrich-Moshage-Relief, das anlässlich des 300. Jahrestages des Westfälischen Friedens geschaffen worden ist, vor der Einschmelzung.
Foto:
Thomas Osterfeld
Autor:
Jana Henschen


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