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1.
Erscheinungsdatum:
16.10.2018
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Besorgt über „Angstraum″ im Schinkel
Ratten, Müll und Männergruppen
Zwischenüberschrift:
Dreieck hinter dem Hauptbahnhof wird zum sozialen Brennpunkt
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
An
der
Buerschen
Straße
im
Stadtteil
Schinkel
hat
sich
ein
sozialer
Brennpunkt
entwickelt,
der
den
Anwohnern
Sorge
bereitet.
Hier
leben
viele
Menschen
aus
Südeuropa,
vor
allem
Bulgaren
und
Rumänen.
Carsten
Friderici,
Vorsitzender
des
Bürgervereins
Schinkel,
sprach
in
öffentlicher
Sitzung
von
„
Angsträumen″
und
forderte
Stadt
und
Polizei
auf,
sich
um
die
wachsenden
Probleme
zu
kümmern.
Die
Kontaktaufnahme
ist
schwierig,
weil
die
Menschen
kaum
Deutsch
sprechen
und
es
vorziehen,
unter
sich
zu
bleiben.
„
Man
kann
nicht
vernünftig
miteinander
reden,
und
das
ist
sehr
schade″,
sagt
eine
Anwohnerin.
Manche
Häuser
sollen
deutlich
überbelegt
sein.
Die
Stadt
hat
nach
eigenen
Angaben
zwei
kritische
Häuser
bereits
kontrolliert.
Sofortiger
Handlungsbedarf
sei
nicht
festgestellt
worden.
Wo
sich
Müll
häuft
und
Ratten
über
Hinterhöfe
laufen,
wo
Männergruppen
am
Tage
Bier
trinken
und
Frauen
ungern
allein
unterwegs
sind,
wo
Drogenduft
in
der
Luft
hängt
und
ein
Gespräch
an
Deutschkenntnissen
scheitert:
Da
ist
das
Problem-
Dreieck
im
Schinkel
–
das
die
Stadt
offenbar
zu
wenig
im
Blick
hat.
Osnabrück
Das
Quartier
an
der
Ecke
Buersche
Straße/
Schinkelstraße/
Venloer
Straße
war
immer
schon
multikulti.
„
Früher
haben
hier
Türken
gewohnt,
die
ziehen
jetzt
weg,
weil
es
zu
viele
Ausländer
gibt″,
sagt
eine
Anwohnerin
mit
einer
Prise
Sarkasmus.
Was
ist
in
dem
Dreieck
hinter
der
Eisenbahnbrücke
in
den
vergangenen
Jahren
passiert?
Wie
konnte
es
so
weit
kommen,
dass
der
Vorsitzende
des
Bürgervereins,
Carsten
Friderici,
sich
genötigt
sah,
in
öffentlicher
Sitzung
von
„
Angstraum″
und
„
No-
Go-
Area″
(Sperrgebiet)
zu
sprechen
und
davon,
dass
sich
Frauen
dort
unwohl
und
bedroht
fühlen?
Starke
Worte,
die
Friderici
im
Bürgerforum
mit
Bedacht
wählte,
um
aufzurütteln.
Das
Viertel
ist
nach
und
nach
zum
Sammelpunkt
von
Menschen
aus
Südosteuropa
geworden.
Vor
allem
Bulgaren
leben
hier.
In
der
„
Shen
Lounge″
kaufen
sie
Lebensmittel
aus
ihrem
Heimatland,
die
deutsche
Einzelhändler
nicht
im
Angebot
haben.
In
der
bulgarischen
Bäckerei
an
der
Ecke
Venloer
Straße
genießen
sie
„
süße
und
deftige
Spezialitäten″
aus
der
Schwarzmeerregion.
Wenig
Kontakt
Auf
dem
grünen
Dreieck
unterhalb
der
Bahngleise
steht
ein
vergessener
Streugutbehälter.
Die
perfekte
Theke.
Die
letzten
Nutzer
haben
ihr
Leergut
stehen
lassen.
Auffällig:
Es
sind
nur
Männer,
die
sich
hier
um
die
Mittagszeit
an
den
Stehtischen
versammeln.
Die
Kontaktaufnahme
ist
schwierig.
Der
Verkäufer
im
Kiosk
sagt:
Er
nicht
Chef,
Chef
nicht
da.
Ein
Kunde
übersetzt:
Der
Ladeninhaber
sei
im
Urlaub
und
komme
in
zwei
Wochen
wieder.
Auf
ein
Gespräch
will
sich
der
Kunde,
ein
junger
Mann
Mitte
20,
nicht
einlassen
und
zeigt
auf
einen
anderen:
„
Da,
der
da
kann
Deutsch.″
Aber
auch
„
der
da″
bleibt
auf
Distanz.
Es
seien
nicht
nur
Bulgaren
hier,
„
auch
Rumänen,
Türken
und
so″,
sagt
er.
„
Alles
gemischt.″
Er
nimmt
sein
Handy
und
signalisiert
eindeutig:
Das
Gespräch
ist
beendet.
Der
Mann
neben
ihm
raunt:
„
Nicht
so
viel
neugierig
fragen.″
Eine
Parallelgesellschaft,
die
lieber
unter
sich
bleibt.
So
empfindet
es
auch
Sabine
Steiwer,
die
seit
30
Jahren
in
diesem
Viertel
wohnt
und
sich
im
Vorstand
des
Bürgervereins
Schinkel
engagiert.
„
Das
Schlimme
ist:
Man
lebt
nebeneinander
her.″
Ihre
Versuche,
auf
ihre
Nachbarn
zuzugehen,
sind
gescheitert.
Ihre
Bemühungen,
den
Bewohnern
ringsum
einige
Grundprinzipien
deutscher
Müllentsorgung
näherzubringen,
gingen
ins
Leere.
„
Man
kann
nicht
vernünftig
miteinander
reden,
und
das
ist
sehr
schade.″
Weil
es
eng
ist
in
den
Wohnungen,
treffen
sich
die
Menschen
draußen
auf
der
Straße
oder
in
den
Höfen.
Es
wird
oft
gegrillt,
„
eigentlich
ständig″,
wie
Sabine
Steiwer
sagt,
wobei
viel
Holz
zum
Einsatz
kommt,
auch
lackiertes.
Markt
für
Tagelöhner
Werner
Twent,
der
seit
49
Jahren
an
der
Venloer
Straße
lebt
und
dort
eine
Autowerkstatt
betreibt,
wäre
froh,
wenn
es
Ansprechpartner
gäbe,
mit
denen
er
die
kleineren
und
größeren
Ärgernisse
im
nachbarschaftlichen
Nebeneinander
besprechen
könnte.
Aber
die
gibt
es
nicht.
Wohl
auch,
weil
die
Fluktuation
in
der
bulgarischen
Gemeinde
sehr
groß
ist.
Beobachter
sagen,
im
Viertel
lebten
viele
Tagelöhner,
die
sich
auf
der
Straße
für
Jobs
anböten.
Sie
würden
von
Landsleuten,
die
sich
protzige
Limousinen
leisten
könnten,
in
prekäre
Arbeitsverhältnisse
vermittelt.
Nach
ein
paar
Monaten
wechselten
die
Arbeitsuchenden
in
eine
andere
Stadt.
Stimmt
das?
Stadtsprecher
Sven
Jürgensen
sagt,
der
Stadt
lägen
darüber
keine
Erkenntnisse
vor.
Auch
sei
nichts
bekannt
über
Fälle
von
Menschenhandel
oder
versteckter
Prostitution.
Das
Quartier
gehört
zum
Prostitutionssperrbezirk,
sodass
die
Stadt
eine
Handhabe
gegen
Sexarbeit
in
diesen
Straßen
hätte.
Hinweise
auf
mutmaßlichen
Sozialmissbrauch
hätten
sich
ebenfalls
nicht
bestätigt,
sagt
Jürgensen.
Wenn
sich
Männer
auf
der
Straße
friedlich
träfen,
sei
das
ihr
gutes
Recht
und
kein
Anlass
zum
Einschreiten.
Jürgensen
räumt
aber
ein:
„
Es
ist
eine
Situation,
mit
der
wir
uns
auseinanderzusetzen
haben.″
Ähnlich
beurteilt
die
Polizei
die
Lage.
„
Wir
wissen
um
die
Problematik
und
zeigen
mit
dem
Streifendienst
dort
Präsenz″,
sagt
Polizeisprecherin
Anke
Hamker.
Die
Statistik
allerdings
liefere
keine
Anhaltspunkte,
dass
es
sich
hier
um
einen
Brennpunkt
der
Kriminalität
handele.
Häuser
überbelegt
Gesichert
ist,
dass
die
Wohnbedingungen
für
viele
bulgarische
Familien
schwierig
sind.
Sven
Jürgensen
bestätigt,
dass
zweimal
Häuser
kontrolliert
wurden,
weil
eine
dramatische
Überbelegung
vermutet
wurde.
Sofortiger
Handlungsbedarf
habe
in
beiden
nicht
bestanden,
so
Jürgensen.
Was
beanstandet
worden
sei,
hätten
die
Vermieter
anschließend
behoben.
Die
Stadt
hält
aber
ein
Auge
darauf:
„
Weitere
Kontrollen
sind
in
der
Überlegung″,
so
Jürgensen.
Anwohner
berichten,
in
einigen
Häusern
an
der
Buerschen
Straße
lebten
Familien
mit
vielen
Kindern
auf
engstem
Raum.
Manchmal
liefen
vormittags
Kinder
auf
der
Straße
herum,
und
man
frage
sich,
warum
sie
nicht
in
der
Schule
seien.
Viele
Menschen
auf
knappem
Raum:
Das
hat
im
vergangenen
Jahr
zu
einem
ernsthaften
Müllproblem
geführt.
Die
Abfallbehälter
quollen
über,
auch
weil
den
Menschen
aus
ihrer
südeuropäischen
Heimat
Mülltrennung
völlig
fremd
ist.
Die
falsch
befüllten
Tonnen
nahm
die
Müllabfuhr
nicht
mit,
sie
blieben
in
den
Höfen
stehen.
Weiterer
Abfall
und
Sperrmüll
kamen
hinzu.
Die
Folge:
eine
Rattenplage.
Die
Behörden
reagierten
damals
zügig.
Es
wurden
Köder
ausgelegt,
und
der
Osnabrücker
Service-
Betrieb
stellte
mehr
Mülltonnen
zur
Verfügung.
Die
Ratten
verschwanden,
aber
das
grundlegende
Problem
blieb
ungelöst.
Inzwischen
werden
wieder
vermehrt
Nager
in
den
Gärten
gesichtet,
wie
eine
Anwohnerin
der
Venloer
Straße
berichtet:
„
Es
geht
wieder
los.″
Was
unternimmt
die
Stadt?
Der
Schinkel
ist
dieses
Jahr
in
das
Landesprogramm
Soziale
Stadt
aufgenommen
worden.
Ziel
des
Programms
ist
es,
mit
einem
Bündel
von
sozialen,
gesellschaftlichen
und
städtebaulichen
Eingriffen
solche
Problemquartiere
aus
der
Schmuddelecke
zu
holen,
die
Wohn-
und
Lebensbedingungen
zu
verbessern,
sozial
Schwachen
Hilfe
zur
Selbsthilfe
anzubieten,
die
Menschen
im
Viertel
zusammenzubringen.
Im
Rosenplatzviertel
ist
das
Programm
2016
nach
15
Jahren
erfolgreich
beendet
worden.
Auch
in
Belm,
wo
es
16
Jahre
lief,
gilt
es
als
Erfolgsgeschichte.
Eine
erste
Bestandsaufnahme
unter
Beteiligung
der
Bürger
ist
abgeschlossen.
Im
kommenden
Jahr
soll
das
Programm
im
Schinkel
anlaufen.
Was
konkret
angepackt
werden
soll,
ist
aber
noch
unklar.
Rechte
Sprüche
Trotz
der
Probleme:
„
Ich
wohne
gerne
hier″,
beteuert
Sabine
Steiwer.
Und
Carsten
Friderici
legt
Wert
darauf,
dass
der
Stadtteil
Schinkel
traditionell
ein
„
Schmelztiegel
der
Kulturen″
ist.
Integration
sei
in
diesem
Stadtteil
„
tägliches
Geschäft″.
Beide
befürchten
allerdings,
dass
die
Entwicklung
im
Dreieck
an
der
Buerschen
Straße
Rechtsextremen
und
Ausländerfeinden
Auftrieb
geben
wird,
wenn
die
Stadt
nicht
gegensteuert.
Steiwer:
„
Ich
höre
hier
immer
öfter
rechte
Sprüche.″
Bildtexte:
Das
Viertel
an
der
Ecke
Buersche
Straße/
Venloer
Straße/
Schinkelstraße
hat
ein
Problem.
Treffpunkt
an
der
Buerschen
Straße.
Fotos:
Jörn
Martens
Kommentar
Nicht
länger
wegsehen
Die
führenden
Köpfe
des
Bürgervereins
Schinkel
rufen
um
Hilfe.
Sie
tun
es
nicht
hysterisch,
nicht
anklagend,
aber
auch
nicht
beschönigend.
Sie
haben
mit
ihren
Mitteln
versucht,
Kontakte
zu
knüpfen
und
Brücken
zu
bauen.
Denn
miteinander
zu
reden
ist
allemal
besser,
als
aufeinander
zu
zeigen.
Doch
ernüchtert
stellen
immer
mehr
Ur-
Schinkelaner
fest:
Die
Gesprächsbereitschaft
ist
auf
der
anderen
Seite
kaum
vorhanden,
auch
weil
es
gar
keine
gemeinsame
Sprache
gibt.
Die
bulgarische
Gemeinschaft
lebt
isoliert
–
und
das
mitten
unter
uns.
Das
kann
auf
Dauer
nicht
gut
gehen.
Prekäre
Wohnverhältnisse,
Arbeitslosigkeit,
Armut,
Sprachbarrieren.
Wahrscheinlich
auch
Drogen
und
Alkohol.
Viele
Problemkreise
überschneiden
sich,
und
viele
Behörden
und
Dienststellen
haben
mit
unterschiedlichen
Folgen
zu
tun.
Was
bislang
fehlt,
ist
der
Gesamtblick
und
die
Idee,
wie
eine
weitere
Verfestigung
dieser
Parallelgesellschaft
verhindert
und
ein
nachbarschaftliches
Zusammenleben
ermöglicht
werden
kann.
Die
Aufnahme
in
das
Programm
Soziale
Stadt
ist
ein
richtiger
und
wichtiger
Schritt.
Aber
dieser
Weg
ist
lang
und
mühsam,
es
ist
kein
Konzept
der
schnellen
Lösungen.
Doch
auch
die
werden
gebraucht,
damit
aus
dem
latenten
Ärger
nicht
ein
offener
Konflikt
wird
–
den
Scharfmacher
aus
dem
rechten
Spektrum
dann
gern
zum
eigenen
politischen
Nutzen
weiter
anheizen
würden.
Autor:
Wilfried Hinrichs