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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
„Wir müssen das Stadtgrün schützen″
Zwischenüberschrift:
Osnabrücker Professor über urbane Landwirtschaft und Guerilla-Gärtnern
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Stadtgrün ist wichtig, um durchatmen zu können. Das habe der heiße Sommer gezeigt, sagt Professor Cord Petermann von der Hochschule Osnabrück. Als Organisator der Tagung Perspektiven auf die urbane Agrikultur″ erklärt er im Interview, warum Osnabrück seine grünen Finger schützen muss, wie Gärtnern in der Stadt am besten funktioniert und welch großer Druck auf stadtnahen Bauern lastet.

Osnabrück Perspektiven auf die urbane Agrikultur″ so lautet der Titel einer Tagung, zu der die Hochschule Osnabrück am heutigen Donnerstag, 27. September 2018, in der Volkshochschule rund 100 Teilnehmer erwartet. Worum es dabei geht, haben wir den Organisator Cord Petermann von der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur gefragt. Er ist Professor für Sozioökonomie der räumlichen Entwicklung.

Professor Petermann, urbane Agrikultur: Was verbirgt sich dahinter?

Wir verstehen darunter im Wesentlichen zwei Aspekte. Das erste ist die stadtnahe Landwirtschaft, also die Frage, ob es in der Stadt oder nahe bei der Stadt Bauernhöfe gibt, die als regionale Anbieter von Lebensmitteln auftreten. Der zweite Aspekt ist das Gärtnern in der Stadt, das Urban Gardening, das eher von Bürgern oder Familien ausgeht, von Umweltaktivisten gefördert oder mit Integrationsprojekten verknüpft wird. Wir untersuchen die ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte, die hinter diesen beiden Ansätzen stecken. Aber wir fragen auch, welche Technik man dafür braucht, ob etwa Indoor-Farmen eine Perspektive sind oder welche Pflanzen sich eignen, um Insekten in der Stadt einen Lebensraum zu bieten. Wir arbeiten da im Team von Experten verschiedener Fachrichtungen.

Stimmt der Eindruck, dass Städte eher grüner als grauer werden?

Ja, in der Grundtendenz stimmt das. Aber die Frage ist schon: Welches Grün beherrscht die Stadt? Und da ist die gut gemähte Rasenfläche, die in Dürrephasen mit Trinkwasser gesprengt wird, sicher weniger hilfreich als Bäume oder Wildblumenwiesen. Außerdem ist die Frage: Wer stellt das Grün her und pflegt es? Ist das nur die Kommune, die Parks anlegt, oder geht die Initiative auch von Bürgern aus? In diesem Punkt gibt es positive Entwicklungen, dass es tatsächlich ein stärkeres Engagement der Bürger gibt.

Wenn Bürger auf kommunalen Flächen gärtnern: Kann es da nicht zu Konflikten kommen?

Ja, und gerade am Anfang gab es die auch. Da war die Bewegung eher ein Guerrilla Gardening″. Heute arbeiten Kommunen und Bürger in sehr vielen Projekten gut zusammen und fragen gemeinsam, wie man mit Konflikten vernünftig umgehen kann. Zum Beispiel, welche Pflanzen am Straßenrand nicht so groß werden, dass sie den Verkehr gefährden. Oder wie die Belastungen der Stadtböden sind, also ob sie für den Nahrungsmittelanbau überhaupt geeignet sind.

Sie haben die stadtnahe Landwirtschaft erwähnt: Wie sieht es denn in Osnabrück damit aus?

Im Stadtgebiet gibt es nicht so viele Höfe, aber doch im nahen Umfeld das sieht man ja auch an den Marktständen auf den Wochenmärkten, die oft aus der Region kommen. Aber gerade die stadtnahen Höfe stehen natürlich unter Druck. Zum einen, weil ihr Land auch attraktives Bauland ist und da fragen sich manche Bauern schon, ob es nicht finanziell lukrativ sein kann zu verkaufen. Zum anderen bekommen die Bauern auch Druck aus der Nachbarschaft, je näher an der Stadt, desto mehr, etwa wegen der Geruchs- oder Lärmemissionen, besonders in der Viehwirtschaft. Aber der Boden ist knapp, und verkaufen kann man nur einmal.

Ähnliches gilt für die sogenannten grünen Finger, die gerade im Mittelpunkt eines Forschungsprojekts stehen. Osnabrück hat einige solcher grünen Verbindungen, die vom Umland in die Stadt hineinragen. Aber auch hier ist die Aufgabe, diese Gebiete zu erhalten, denn die Begehrlichkeiten gerade in Sachen Bau- oder Gewerbegebiete sind groß. Es muss mehr in das Bewusstsein hinein, wie wichtig die stadtnahen Höfe und die grünen Finger als Erholungsraum und für den Klimaschutz in der Stadt sind.

Und wie sieht es aus mit Urban Gardening?

Das ist zweifellos in Millionenstädten wie Hamburg oder Berlin ein größeres Thema. Je weiter weg die Natur ist, je weniger Leute private Gärten haben, desto größer das Interesse am Urban Gardening. Gerade in der jungen, gut ausgebildeten Bevölkerung ist das so. Man darf in diesem Zusammenhang aber die Kleingärten nicht vergessen. Davon hat auch Osnabrück eine große Zahl und die Nachfrage steigt.

Wie erklären Sie sich den Trend?

Da kommen viele Dinge zusammen: die Suche nach Gemeinschaft und Gemeinsinn; der Wunsch nach gesunden Nahrungsmitteln, die vor Ort produziert werden und wo man weiß, wie sie gewachsen sind; aber auch das Bewusstsein für Klimaschutz in der Stadt. Wer diesen heißen Sommer erlebt hat, der weiß, wie wichtig das Stadtgrün ist, um trotz Hitze mal durchatmen zu können. Und da sind die Bürger genauso wie die Kommunen gefragt, das Stadtgrün zu erhalten, in großen Großstädten genauso wie in Osnabrück. Positive Beispiele dazu wollen wir auf unserer Tagung diskutieren.

Bildtexte:
Stadt trifft Landwirtschaft: Die vielfältigen Facetten urbaner Agrikultur zeigt diese Fotomontage.
Cord Petermann ist Professor für Sozioökonomie der räumlichen Entwicklung und arbeitet an der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur der Hochschule Osnabrück.
Fotos:
Hochschule Osnabrück/ Daniel Janko
Autor:
Susanne Haverkamp


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