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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Von der Leyen entschuldigt sich
 
Staverner sehen Katastrophenfall gelassen
 
Feuerwehren viel zu spät alarmiert
 
Biologische Vielfalt stirbt bei Moorbrand
Zwischenüberschrift:
Moorbrand: Ermittler durchsuchen Bundeswehr-Dienststelle / Katastrophenalarm
 
Evakuierungspläne beeindrucken betroffene Bürger kaum / Grünen-Fraktionschef Hofreiter fordert Bund-Land-Krisenstab
 
Experte: Großbrand hätte zu Beginn mit 150 bis 200 Einsatzkräften verhindert werden können / Regen hält Qualm und Schwefelstoffe am Boden
 
Leserbriefe
Artikel:
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Originaltext:
Polizeibeamte durchsuchten gestern im Auftrag der Staatsanwaltschaft Osnabrück das Bundeswehrgelände bei Meppen. Der Kreis Emsland rief wegen des Moorbrandes den Katastrophenfall aus. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bedauerte die Situation.

Meppen/ Berlin Die CDU-Ministerin bezeichnete den von der Bundeswehr selbst ausgelösten Moorbrand auf der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) 91 gegenüber unserer Redaktion als sehr ernsten Vorfall, der so nicht passieren darf″. Ich entschuldige mich im Namen der Bundeswehr bei allen Menschen der Region, die jetzt unter den Auswirkungen des Brandes leiden″, sagte die Ministerin, die heute zusammen mit Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und dessen Stellvertreter Bernd Althusmann (CDU) nach Meppen kommt, um sich ein Bild vor Ort zu machen.

Von der Leyen kündigte eine umfassende Aufklärung der Brandursache an: Natürlich werden wir auch die völlig berechtigte Frage klären, ob die den Brand auslösenden Munitionstests in dieser Form nötig und verantwortbar waren.″ Wann das Ergebnis veröffentlicht werde, sei noch offen. Zugleich lobte die Ministerin die WTD in Meppen, die unverzichtbare Arbeit für die Bundeswehr″ leiste: Ihre Forschung ist wichtig, weil sie dem Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten dient.″ Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat indes sowohl Zugang zur WTD als auch Akteneinsicht erhalten. Nach Eröffnung des Ermittlungsverfahrens durchsuchten gestern vier Polizeibeamte das Gelände und stellten Datenträger, Protokolle und Unterlagen sicher, die Aufschluss über den Hergang des Erprobungsversuchs Anfang September geben können.

Der Landkreis Emsland rief gestern Morgen den Katastrophenfall aus und schuf damit die Voraussetzungen, im Notfall die Dörfer Groß und Klein Stavern und eventuell auch Sögel evakuieren zu können. Wegen stark auffrischender Winde hatte die Gefahr bestanden, dass Funkenflug die Wälder und die Dörfer am Rande der WTD 91 in Brand setzen könnte.

Durch den Katastrophenfall konnte der Landkreis 500 zusätzliche Feuerwehrkräfte vor Ort stationieren dazu zwei Hundertschaften der Polizei, die eine eventuelle Evakuierung durchführen könnten. Bis zum Abend wurde das aber nicht notwendig.

Am Mittag hatte die Bundeswehr mitgeteilt, dass allein auf der WTD 1300 Kräfte im Einsatz waren, unter ihnen allein 782 Einsatzkräfte der freiwilligen Feuerwehren aus Niedersachsen. Hinzu kamen 421 Angehörige des THW und erstmals auch 35 Soldaten des Spezialpionierregiments 164 aus Husum. Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, sagte unserer Redaktion: Der Moorbrand ist ein weiteres Alarmsignal für den maroden Zustand der Ausrüstung der Bundeswehr.″ Der Truppe fehle es in wirklich allen Bereichen an einsetzbarem Gerät.

Am kommenden Mittwoch werde sich der Verteidigungsausschuss im Bundestag mit dem Moorbrand befassen. Da wollen die Abgeordneten genau erfahren, was bei der Bekämpfung des Brandes nicht funktioniert hat″, sagte Bartels und fügte hinzu: Sicherheit muss erste Priorität haben.″ Der Wehrbeauftragte kritisierte, dass im vergangenen Jahr 600 Millionen Euro für die Beschaffung nicht abgerufen worden seien und forderte: Das muss sich ändern.″ Seite 3

Brand im Moor: Weitere Texte, Eindrücke und Hintergründe, Videos und Bildergalerien von der Lage im Emsland sowie einen Liveticker finden Sie auf noz.de

Bildtext:
Wasser marsch: Mithilfe von Düsenschläuchen versuchen Bundeswehr und Feuerwehr, die kokelnden Torfabschnitte zu löschen.
Foto:
Bundeswehr/ Marcus Rott

Nachdem der Landkreis Emsland gestern den Katastrophenfall ausgerufen hatte, drohte eine Evakuierung von Klein und Groß Stavern. Die Bewohner blieben gelassen.

Stavern Gestern Vormittag, 11 Uhr, in Stavern: In dem beschaulichen emsländischen Örtchen ist von Panik keine Spur. Das THW, das seit über einer Woche auf dem Kirchplatz eines seiner Quartiere eingerichtet hat, bestimmt weiterhin das Ortsbild. Dominika Baalmann (40), eine der knapp über 1000 Einwohner von Stavern, steht in der Nähe des Kirchplatzes auf dem Bürgersteig und schaut nach, ob sich die Lage nach der Mitteilung des Landkreises verändert. Ob sie sich Sorgen machen würde, beantwortet sie mit einem klaren Nein″.

Am Dienstag war es viel schlimmer, als der Qualm und Rauch über unser Dorf gezogen ist. Aber heute ist ja so gut wie nichts.″ Dass jetzt evakuiert werden könnte, kann sie nicht nachvollziehen. Falls es doch noch dazu kommen sollte, will sie erst dann ihre Sachen packen. Ich mache mir viel mehr Gedanken um die vielen freiwilligen Helfer″, sagt sie. Ich habe gehört, dass sie teilweise nicht genug zu essen bekommen. Ich möchte gerne helfen.″ Sie sucht das Gespräch mit den Einsatzkräften des THW.

Beim Kindergarten, der in unmittelbarer Nähe zum Kirchplatz liegt, stehen einige Eltern auf dem Parkplatz, die ihre Kinder vorzeitig abholen. Michael Kösters hat seine Tochter Resi auf dem Arm. Meine Frau hat sich Gedanken gemacht, nachdem sie die Katastrophenfallmeldung gelesen hatte, also hole ich die Kleine jetzt ab.″

Schon daran gewöhnt″

Der 37-Jährige selbst macht sich wenig Sorgen über den Moorbrand, ist aber genervt von der Geruchsbelästigung. Ob nun evakuiert wird oder nicht, ist ihm relativ egal. Wir fahren spontan in den Urlaub, um dem Stress und dem Qualm aus dem Weg zu gehen.″ Wohin es gehen soll, ist noch nicht entschieden. Kindergartenleiterin Sabine Beelmann ist ebenfalls völlig ruhig. Es brennt ja seit über zwei Wochen. So langsam haben wir uns daran gewöhnt. Wir machen bis 14 Uhr heute ganz normal weiter. Wenn Eltern ihre Kinder eher abholen wollen, dann dürfen sie das natürlich gerne machen.″ Gegen den Qualm halten sie stets die Türen und Fenster geschlossen. Man wolle jetzt abwarten, wie es weitergeht.

Mittlerweile hat sich Dominika Baalmann mit dem THW verständigt. Auf Nachfrage erklärt Sprecher Wolfgang Schumann, dass es am Donnerstagabend wohl zu einem kleinen Engpass gekommen sei, weil weitere Kräfte angerückt waren. Es wären am Ende aber alle versorgt worden. Er verweist auch auf die weiten Strecken, die zurückgelegt werden müssten, um alle Helfer an ihren Einsatzorten zu erreichen. Dass nun Anwohner mithelfen wollen, die Einsatzkräfte zu versorgen, findet er prinzipiell gut. Allerdings müsste diese Hilfe koordiniert werden. Außerdem gebe es genaue Vorschriften, die es dabei einzuhalten gilt. Wer helfen will, der spricht uns am besten direkt an″, so Schumann.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte unterdessen gegenüber unserer Redaktion die Einsetzung eines Bund-Land-Krisenstabs: Dieser muss die Brandbekämpfung koordinieren und die Umstände des Brandes aufklären″ sagte Hofreiter und fügte hinzu: Die Menschen haben ein Recht darauf zu erfahren, wie es zu dieser Fahrlässigkeit kommen konnte und wie so etwas künftig ausgeschlossen werden kann.″

Bildtext:
Päuschen nach getaner Arbeit: Feuerwehrleute ruhen sich gestern an einem Heuhaufen nahe Stavern aus. Im Ort selbst wimmelt es nur so von Einsatzfahrzeugen. Einwohner wie Michael Kösters bleiben gelassen, obwohl er wegen des Katastrophenalarms vorzeitig Töchterchen Resi aus dem Kindergarten abgeholt hat. Unterdessen ist das WTD-Gelände weiterhin abgesperrt.
Fotos:
Katharina Leuck, Harry de Winter

Meppen Heftige Kritik an der Koordination des Großbrandes gibt es jetzt auch seitens der Freiwilligen Feuerwehr des Emslandes. Wenn wir sofort mit großer Einsatzstärke im Gelände gewesen wären, hätten wir das Feuer vermutlich schnell löschen können″, sagte ein Experte der emsländischen Feuerwehren.

Das Feuer war am 3. September nach Raketentests ausgebrochen und breitete sich durch die Trockenheit rasch aus. Gerade am darauffolgenden Wochenende wäre es ein Leichtes gewesen, 150 bis 200 Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehren aus dem Emsland zu aktivieren″. Diese hätten leicht einen großen und sicheren Sperrriegel um die da noch überschaubare Brandfläche errichten können. Ähnliche Szenarien habe man gemeinsam mit der Feuerwehr der Bundeswehr in der Vergangenheit mehrfach erfolgreich auf dem WTD-Gelände bekämpft. Stattdessen habe die Bundeswehr versucht, die Flammen allein zu bekämpfen. Im Einsatz seien 30 bis 50 Personen gewesen.

Dann habe 8. und 9. September der Wind gedreht und sei stark aufgefrischt. So konnte sich der Brand weiter nach Norden ausbreiten. Der weitreichende Funkenflug habe die viel zu klein eingerichteten Riegelstellungen der Feuerwehr überwinden und die Brandausbreitung herbeiführen können. Diese Riegelstellung war nach Ansicht von Feuerwehrexperten völlig unzureichend gewesen.

Erst am Freitag, 14. September, sei dann die Feuerwehrbereitschaft Nord des Emslandes alarmiert worden. Wir waren schnell mit 100 Kräften als Erste von außerhalb vor Ort″, so der Feuerwehrexperte. Die Einsatzkräfte würden nach spätestens 48 Stunden abgelöst. Es folgten später die Feuerwehrbereitschaften Süd und Mitte des Emslandes. Inzwischen kommen die ehrenamtlichen Einsatzkräfte aus dem ganzen Emsland. Es wird ständig durchgetauscht.″

Dabei kommt der Feuerwehrexperte zu der Einschätzung: Der Sperrriegel von Klein Stavern bis Sprakel wird halten.″ Dieser sei alleine acht Kilometer lang und schützt die Gemeinden Groß Stavern und Klein Stavern. Der Schlauch sei zum Teil doppelt gelegt worden. Die Einsatzkräfte sind dort Tag und Nacht vor Ort.″ Die Brandgefahr für die Anwohner sei nicht so groß. Eine Evakuierung der Bevölkerung wegen einer starken Rauchentwicklung sei jedoch weiterhin möglich. Der Regen vom Freitagmorgen half. Er hielt sowohl den Qualm als auch die Schwefelstoffe am Boden.

Zudem würden die Gräben immer stärker durch die Pioniere der Bundeswehr geflutet. Damit wird das Moor quasi von unten wiedervernässt.″ Die Glutnester könnten nicht mehr so tief in den Boden eindringen. Momentan seien keine Feuerwehreinsätzkräfte aus dem Emsland mehr auf dem WTD-Gelände. Fast alle seien sich aber einig: Wenn wir rechtzeitig da gewesen wären, hätte der Großbrand verhindert werden können.″

Zum Moorbrand im Emsland.

Es ist schon ziemlich dummdreist, nach langen Wochen extremer Trockenheit eine Rakete in den ausgetrockneten Torfkörper eines Hochmoores zu schießen, um dann, nach dem beginnenden Brand, mit defekten Löschfahrzeugen dazustehen. Dass unter den beißenden Rauchwolken und Löscharbeiten jetzt die ansässige Bevölkerung leidet, ist tragisch, zumal sie offensichtlich bezüglich nötiger Informationen ziemlich im Stich gelassen wird.

Ebenso tragisch ist auch die Menge an Kohlenstoffdioxid, die durch das Verbrennen des Torfes jetzt in die Atmosphäre geht. Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt, den es zu beklagen gilt: Im von der Bundeswehr verursachten Feuer geht ein selten gewordener Lebensraum mit seinen hochspezialisierten Tier- und Pflanzenarten unter, und damit stirbt ein weiteres Stück der biologischen Vielfalt in Niedersachsen.

Dieses Bundesland ist einmal der an Hochmooren reichste Teil Deutschlands gewesen, und von dem kläglichen Rest, der verblieben ist, brennt nun völlig unnötigerweise ein weiteres Stück ab! Und dass dieser Aspekt in den Presseberichten überhaupt keine Erwähnung findet, ist symptomatisch für unsere Gesellschaft. […]″

Prof. Dr. Herbert Zucchi

Osnabrück

Nicht nur das Emsland, sondern Niedersachsen insgesamt ist geprägt durch Moorlandschaften, die seit Jahrzehnten als schützenswert gelten. Politik, Umweltschutzverbände und Bürger werfen der Bundeswehr derzeit vor, die Gefahr eines großen Moorbrandes sei vorhersehbar gewesen, wenn Schießtests nach langer Dürre auf dem Gelände des WTD 91 durchgeführt wurden.

Es sind 720 Einsatzkräfte im Kampf gegen einen Brand von 800 Hektar Ausdehnung im Einsatz (Stand 19. September 2018). Der Brand droht auf Waldbestände überzugreifen. Heute ist Niedersachsen durch ein weiteres Merkmal geprägt. Der Ausbau zum Windkraftland Nummer eins bestimmt ganze Landschaftsbilder. Und aus dem Emsland und ganz Niedersachsen sind auch diejenigen Bilder von kontrolliert abbrennenden Windkraftanlagen bekannt und diese Anlagen stehen allzu oft in besagten schützenswerten Moorgebieten. Ist es nicht eine sich geradezu aufdrängende Transferleistung hiernach zu erkennen, dass dies brandgefährlich ist und der CO2-Ausstoß dieses , Pulverfasses′ in keiner vernüftigen Relation zur erklärten Absicht zum Klimaschutz stünde? Ist dies nicht gleichermaßen empörend und zeigt es nicht eine unerträgliche Doppelmoral? Plötzlich und in der Katastrophe spielen Amphibien und Vogelschutz wieder eine große Rolle, sofern sie nur nicht eigenes Versagen offenlegen.″

Michael Krabbe

Neuenkirchen-Vörden
Autor:
Tobias Böckermann, Marion Trimborn, Harry de Winter, Hermann-Josef Mammes, Prof. Dr. Herbert Zucchi, Michael Krabbe


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