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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Schöner Wohnen auf dem Bunker
Zwischenüberschrift:
Der Schutzbau an der Buerschen Straße dient heute nur noch zivilen Zwecken
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
So ein Bunker mit 1, 10 Meter dicken Wänden und 1, 60 Meter dicker Decke wird auch nach 76 Jahren nicht baufällig. Leider oder zum Glück? Im Falle des Hochbunkers an der Buerschen Straße wissen die neuen Eigentümer den soliden Unterbau ihrer schicken Penthouse-Wohnung in 14 Meter Höhe zu schätzen mit der Deckenlast gab es keine Probleme.

Osnabrück In vielen deutschen Städten haben die massiven Luftschutzbauten des Zweiten Weltkriegs bis heute überlebt, weil ihr Rückbau zu aufwendig wäre. In einigen Fällen haben britische Pioniere nach 1945 ihre Sprengkünste daran ausprobiert. Wie bei dem Rundbunker am Hoffmeyerplatz. Das Vorhaben gelang jedoch nicht, der Rundling″ sackte lediglich an einer Seite ab und ragt seitdem als schiefer Turm schräg in die Lüfte. Vor der endgültigen Beseitigung schreckte die Stadt aus Kostengründen zurück. So bleibt er als eindrucksvolles Mahnmal an die Schrecken des Bombenkriegs stehen.

Bei den noch viel massigeren, quaderförmigen Hochbunkern hat man den Abriss in den meisten Fällen gar nicht erst versucht. So stehen sie nach wie vor etwa am Hauptbahnhof, an der Redlingerstraße oder an der Oststraße und werden als Möbellager, Pilzzucht-Anlage, Jugendzentrum oder sonst wie genutzt. Im Hochbunker auf dem früheren Stahlwerksplatz zwischen Buerscher und Rotenburger Straße vermietet die Firma Bunkerbox seit 2016 Raumzellen unterschiedlicher Größe nach dem Selfstorage″-Prinzip.

Der Stahlwerksbunker war der erste oberirdische Schutzbunker dieser Art in Osnabrück. Bereits im Dezember 1940 wurde mit dem Bau begonnen. Also zu einer Zeit, als Hermann Göring noch großmäulig ankündigte: Ich will Meier heißen, wenn nur ein feindliches Flugzeug über die deutschen Grenzen kommt.″ Weitsichtigere Leute in seiner Luftwaffenführung hatten aber längst erkannt, dass deutsche Städte sehr wohl Ziele feindlicher Bombenangriffe werden könnten, und begannen mit dem Aufbau eines Systems der Luftverteidigung.

Die Städte des Reichs wurden nach dem Grad ihrer Gefährdung in drei Kategorien eingeteilt. Osnabrück gehörte zur gefährdetsten Kategorie, einmal wegen seiner Lage weit im Westen, zum anderen wegen des Eisenbahnknotens und der Häufung kriegswichtiger Industrien. Sofort nach Erlass des Luftschutzsofortprogramms von Oktober 1940 bestimmte man den Stahlwerksplatz als Standort des ersten Hochbunkers, wobei man nicht nur an die Schinkeler Bevölkerung, sondern auch an die Beschäftigten der Klöckner-Werke und der Eisengießerei Ortmann dachte.

Bei allem Negativen, was man inzwischen über Oberbürgermeister Erich Gaertner weiß, muss man ihm doch wohl zugutehalten, dass er sich von parteiamtlichem Zweckoptimismus nicht blenden ließ und den Luftschutz Osnabrücks zusammen mit dem Leiter der Luftschutzpolizei, Oberstleutnant Jung, weitsichtig und energisch vorantrieb. Sie verwandelten Osnabrück in eine regelrechte Luftschutzfestung, wobei die Einbettung in felsige Hügel, in die sich Schutzstollen treiben ließen, von Vorteil war. Im Juni 1944 verfügte die Stadt über Schutzraum für 106000 Personen, was einer Versorgung″ von mehr als 100 Prozent entsprach. 1434 Menschen verloren ihr Leben im Bombenkrieg, der fast 30000 Sprengbomben auf Osnabrück herabregnen ließ und die Innenstadt zu 80 Prozent in Schutt und Asche legte. Es mag zynisch klingen, aber in Anbetracht der gewaltigen Zerstörungen erscheint die Zahl der Toten vergleichsweise gering, was auf die gute Ausstattung mit Luftschutzeinrichtungen zurückzuführen ist.

Gefällige Gestaltung

Beim Stahlwerksbunker hat man sich noch Mühe gegeben, durch architektonische Zier eine gute Anpassung an die Umgebungsbebauung zu erreichen. Am augenfälligsten ist die Gestaltung der Gebäudeecken aus Sandstein-Sichtmauerwerk, das bei den beiden Eingangsvorbauten wiederkehrt. Ende 1941 war der Bunker fertig. Auf einer Grundfläche von knapp 400 Quadratmetern konnte er auf vier Ebenen 1200 Personen aufnehmen. Im späteren Kriegsverlauf wurde diese Zahl häufig weit überschritten. Dreieinhalb Jahre hat der Bunker seinen Zweck erfüllt und vielen Tausend Menschen die Haut gerettet. Übrigens, wer mehr über Osnabrücks Bunker- und Unterwelten erfahren möchte, sollte sich die Internetseiten untergrundosnabrueck.de anschauen, auf denen Hauke Haubrock und seine Hobby-Bunkerforscher alles, was sie über 791 Luftschutzobjekte in Erfahrung bringen konnten, akribisch zusammengetragen haben.

Nach dem Krieg war die Raumnot so groß, dass die britische Kommandantur den Bunker ohne große Umbauten sofort der Inneren Mission zur Einrichtung eines Notkrankenhauses zuwies. Um 1950 ging man an die Entfestigung″. Um dauerhaften Wohnraum zu schaffen, ließen die Engländer Fenster in die meterdicken Wände brechen. Nach etwa 20 Jahren war diese Phase beendet. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges entschied die Bundesrepublik, vermehrt Schutzräume für die Zivilbevölkerung anzulegen und dafür auch auf alte Kriegsbunker zurückzugreifen. Der Stahlwerksbunker wurde wieder armiert, die Fensteröffnungen zubetoniert, das Gebäude gemäß ABC-Schutz abgedichtet und die Inneneinrichtung nach Nato-Standard erneuert. Ein Schiffsdiesel erzeugte Strom, pumpte unter anderem das Wasser aus einem 67 Meter tiefen Brunnen nach oben und trieb die Trinkwasseraufbereitungsanlage an.

30 Jahre später bekam der Zivilschutz wiederum einen anderen Stellenwert. Die Vorhaltung entsprechender Schutzräume erschien nicht mehr sinnvoll. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben stellte den Bunker zum Verkauf. Zwei unternehmungslustige junge Leute, Franziska Ohnheiser und Simon Brüwer, erhielten den Zuschlag. Sie richteten im Bunker Selfstorage-Lagerräume unter dem Markennamen Bunkerbox″ ein und setzten sich oben auf das Dach ein schickes Penthouse zum eigenen Wohnen. Kurz vor Fertigstellung kam es im Januar 2015 zu einem Brand von Baumaterialien, der den Einzug um ein halbes Jahr verzögerte. Aber nun sind die Schäden beseitigt, und das Paar Ohnheiser/ Brüwer wohnt mitsamt Nachwuchs hoch oben über den Dächern und freut sich über den Ausblick und die vielen Vögel in den Baumwipfeln ringsum.

Bildtexte:
Der Stahlwerksbunker um 1944 auf dem Bild eines unbekannten Fotografen. Penthäuser″ auf dem Dach gab es damals auch schon es handelte sich um Baracken für die Bedienmannschaften einer Flakbatterie.
Keine Angst, der Bunker kippt nicht, auch wenn die aufgesetzte Penthouse-Wohnung einseitig die Außenwand überragt.
Foto:
Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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