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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Was wird aus Galeria Kaufhof?
Zwischenüberschrift:
Nach der Fusion mit Karstadt Ängste um Standort und Arbeitsplätze
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Bei Galeria Kaufhof geht die Unsicherheit um. Die Fusion mit Karstadt wirft die Frage auf, ob der Standort Osnabrück im neuen Unternehmen noch eine Zukunft hat. In der Immobilienbranche gibt es schon Überlegungen, wie sich das Gebäude für andere Nutzungen herrichten ließe.

Osnabrück 20 bis 30 Prozent Nachlass versprechen die roten Sale″-Werbebanner überall in den Abteilungen. Mit Rabattaktionen versucht Galeria Kaufhof schon seit Jahren, Kunden ins Haus zu locken. Wie erfolgreich solche Kampagnen sind, ist in der Osnabrücker Filiale ein gut gehütetes Geheimnis. Geschäftsführer Dirk Pallapies gibt schon lange keine Presseauskünfte mehr und verweist stattdessen an die Kölner Zentrale. Auch dort gibt man sich ausgesprochen zugeknöpft.

Vor einem Jahr, als das Manager Magazin″ und andere Medien von bedenklichen Umsatzrückgängen der Warenhauskette berichteten, beantwortete ein Unternehmenssprecher von Kaufhof die Anfrage unserer Redaktion immerhin noch mit den Worten: Galeria Kaufhof ist gut aufgestellt, und das Geschäft in den Filialen läuft wie gewohnt. Das gilt selbstverständlich auch für den Standort Osnabrück.″

Die Zentrale schweigt

Die Zahl der Mitarbeiter benannte er mit 80, einschließlich der Auszubildenden. Wie viele es jetzt, im September 2018, sind? Kein Kommentar. Ob frei gewordene Stellen noch wiederbesetzt wurden? Auch da schweigt sich die Pressestelle aus. Stattdessen folgt der Satz: Galeria Kaufhof betreibt in Deutschland aktuell 95 Warenhäuser und beschäftigt rund 18000 Mitarbeiter.″

Die Süddeutsche Zeitung″ hatte vor wenigen Tagen noch von 20000 Arbeitsplätzen gesprochen. Und gemeldet, jeder vierte davon solle gestrichen werden. Solche Nachrichten verfolgt auch Gewerkschaftssekretär Maiko Schulz mit Unbehagen. Er ist bei der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für den Einzelhandel in der Region Osnabrück zuständig. Aber was in der Belegschaft von Galeria Kaufhof passiert, erfährt er nicht. Es gebe zwar Verdi-Mitglieder unter den Beschäftigten und sogar im Betriebsrat, sagt er, aber die hielten dicht.

Die Verdi-Zentrale in Berlin lehnt die Fusion der beiden Unternehmen ab, weil sie einen massiven Arbeitsplatzabbau befürchtet. Karstadt und Galeria Kaufhof verfügten über hoch qualifiziertes Fachpersonal. Wer Geld für solch eine große Transaktion hat, muss auch Geld für die Beschäftigten haben″, sagt Stefanie Nutzenberger vom Bundesvorstand der Gewerkschaft.

Investitionen blieben aus

Viel ist nicht bekannt über die Vereinbarungen, die in dieser Woche zwischen der Signa-Holding des österreichischen Karstadt-Eigners René Benko und der kanadischen Hudson′s Bay Company (HBC) als Eigentümerin von Galeria Kaufhof getroffen wurden. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Kaufhof-Mitarbeiter nach dem Vorbild des Fusionspartners Karstadt zum Lohnverzicht gedrängt werden sollen.

Schon seit Langem berichten Wirtschaftsmedien von gravierenden Umsatzeinbrüchen bei Kaufhof. Laut Spiegel″ soll im abgelaufenen Geschäftsjahr ein Fehlbetrag von mehr als 100 Millionen Euro aufgelaufen sein. Als HBC den deutschen Kaufhauskonzern 2015 übernahm, wurden Investitionen angekündigt, um Filialen und Onlinehandel voranzubringen. Davon war schon bald nicht mehr die Rede.

In Osnabrück wurde das Warenhaus zuletzt vor sieben Jahren in größerem Umfang modernisiert. Den Lebensmittelmarkt im Erdgeschoss und die Elektronik-Abteilung gibt es seitdem nicht mehr, dafür wurde ein neuer Schwerpunkt auf Schuhe und Parfümerieartikel gelegt. Unübersehbar ist, dass am Gebäude der Zahn der Zeit nagt. In der Vorhangfassade mit den markanten Horten-Kacheln zeigen sich zum Beispiel Lücken, für die es keinen Ersatz mehr gibt.

Mietvertrag endet bald

Der fünfgeschossige Bau gehört einer englischen Fondsgesellschaft. Aus Immobilienkreisen in Osnabrück ist zu erfahren, dass der Mietvertrag 2021 auslaufen soll. Ob eine Verlängerung angestrebt wird, ist von der Kölner Kaufhof-Zentrale nicht zu erfahren. Makler aus Osnabrück machen sich aber schon Gedanken über eine Nachnutzung. Andreas Grüß, Geschäftsführer des auf Einzelhandelsimmobilien spezialisierten Maklerunternehmens Lührmann Osnabrück, kann sich einen guten und hochwertigen Nahversorger im Erdgeschoss″ vorstellen. Die oberen Etagen ließen sich für studentisches Wohnen nutzen, wenn der große Kasten aus Beton in der Mitte atriumartig geöffnet werde. Ich hatte bereits Kontakt mit Interessenten für eine potenzielle Nachnutzung″, verrät Grüß.

Kleine Hoffnung

Er glaubt nicht, dass Galeria Kaufhof den Standort Osnabrück nach dem Auslaufen des Mietvertrags weiter erhalten wird. Andere Makler aus Osnabrück teilen diese Einschätzung. Wenn das Unternehmen weiter rote Zahlen schreibe, könne das neue Management auch schon vorher die Reißleine ziehen, meint ein Insider, der nicht genannt werden will.

Es gibt aber auch andere Stimmen. Kay Rose vom Maklerunternehmen projekt 1A sieht noch Chancen, dass die Adresse Wittekindstraße 23 als Kaufhaus eine Perspektive behält, wenn der neue Eigner eine günstige Miete aushandelt. Obgleich es auf den ersten Blick nicht so gut aussehe, müssten einige Pluspunkte in die Waagschale geworfen werden. Es gebe ein zumeist älteres Stammpublikum, das dem Kaufhaus die Treue halte, das Erdgeschoss mache noch einen frischen Eindruck und die Spiele-Abteilung sei in Ordnung. Ein Vorteil des Standorts Osnabrück sei, dass es keine Doppelbelegung von Kaufhof und Karstadt gebe wie in Hannover oder Münster. Ich glaube, das Ding funktioniert″, meint Rose.

Bildtext:
Als Kaufhaus eine Institution: Auch die Osnabrücker Filiale von Galeria Kaufhof gerät in den Strudel der Fusion mit Karstadt.
Foto:
Michael Gründel

Kommentar
Unter Denkmalschutz?

Erst Merkur, dann Horten und später Galeria Kaufhof das große Warenhaus an der Wittekindstraße ist in Osnabrück seit 1955 eine Institution. Die Fusion des Kaufhauskonzerns mit Karstadt wirft nun die Frage auf, ob der einstige Stolz des Wirtschaftswunders überhaupt noch eine Zukunft hat. Wenn nicht, wäre das ein herber Verlust für Osnabrück.

Im Amazon-Zeitalter mag aus dem Blick geraten, welche Bedeutung so ein Kaufhaus für einen urbanen Organismus hat. Eine Innenstadt entwickelt sich, wenn Menschen kommen und Geld ausgeben. Wo große Geschäfte sind, fällt auch etwas für die kleineren ab. Und natürlich für die Gastronomie. Die richtige Mischung ist eine gute Grundlage für das, was wir als lebendige Stadt empfinden.

Was aber, wenn der Zug in die umgekehrte Richtung fährt? Mit dem Niedergang eines Kundenmagneten verliert ein ganzes Oberzentrum an Bedeutung. Es nützt aber nichts, ein in die Jahre gekommenes Kaufhaus unter Denkmalschutz zu stellen oder künstlich am Leben zu erhalten. Behaupten kann es sich nur, wenn der Einkauf dem Kunden zum Mehrwert auch noch einen gewissen Spaßfaktor beschert. Ungefähr so wie ein Klick bei Amazon.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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