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1.
Erscheinungsdatum:
31.08.2018
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Stolpersteine für eine Familie, die überlebte
Zwischenüberschrift:
Stadt Osnabrück weicht Kriterien für Verlegung auf / Ausnahme, um Wunsch der Nachfahren zu erfüllen
Artikel:
Originaltext:
Zum
ersten
Mal
werden
in
Osnabrück
Stolpersteine
für
eine
Familie
verlegt,
die
den
Holocaust
überlebte.
Die
Meyers
flohen
vor
dem
Naziterror
nach
Argentinien.
Ihre
Nachfahren
wünschten
sich
die
in
Stein
gemeißelte
Erinnerung.
Die
Stadt
kam
der
Bitte
nach
–
und
weicht
damit
von
ihrer
Linie
ab.
Osnabrück
Carl
Meyer
reiste
in
die
Ungewissheit.
Im
Dezember
1936
packte
er
seine
Koffer,
stieg
in
den
Zug
und
überquerte
mit
einem
Dampfer
den
Atlantik
in
Richtung
Südamerika.
Er
hatte
niemanden
bei
sich,
nur
die
Hoffnung:
Dass
seine
Frau
und
seine
beiden
Töchter
würden
nachkommen
können.
11000
Kilometer
trennten
den
40-
Jährigen
nach
seiner
Ankunft
im
argentinischen
Basavilbaso
von
seiner
Familie
in
Osnabrück
–
der
Heimatstadt,
wo
Nazis
Juden
das
Leben
immer
schwerer
machten.
Die
Meyers
waren
Juden.
Sie
bekamen
die
zunehmenden
Drangsalierungen
am
eigenen
Leib
zu
spüren.
Ein
Jahr
sollte
es
dauern,
bis
Clara
Meyer
ihrem
Mann
gemeinsam
mit
den
beiden
Kindern
Helga
und
Ingeborg
folgen
können
sollte.
Mit
welchen
Gefühlen
sie
Familie
und
Freunden
Lebewohl
sagten
und
dem
Kontinent
den
Rücken
kehrten,
lässt
sich
nur
erahnen.
„
Ohne
die
mutige
Entscheidung
unserer
Urgroßeltern
hätte
es
uns
vermutlich
nie
gegeben″,
sagt
Ronny
Reinberg.
„
Wir
verdanken
ihr
unser
Leben.″
Der
Urenkel
Carls
und
Claras
ist
gemeinsam
mit
seinem
Vater
Raul
Reinberg
(Sohn
von
Helga
Meyer)
,
seiner
Mutter,
seiner
Frau,
seinen
Kindern,
zwei
Cousins
und
ihren
Kindern
nach
Osnabrück
gekommen.
Sie
sind
aus
Israel
angereist,
um
dabei
zu
sein,
wenn
die
Stadt
dieser
lebensrettenden
Entscheidung
vier
zehn
mal
zehn
Zentimeter
große
Denkmäler
aus
Messing
und
Beton
setzt.
Vier
Stolpersteine:
für
Carl
und
Clara,
Ingeborg
und
Helga
Meyer.
Unterschlupf
in
Kaufhaus
Nun
versammeln
sich
die
Enkel,
Urenkel
und
Ururenkel
vor
dem
Haus
in
der
Krahnstraße
1–2.
Bis
vor
Kurzem
beherbergte
das
prachtvolle
Sandsteingebäude
das
Drei-
Sterne-
Restaurant
La
Vie.
In
den
1930er-
Jahren
befand
sich
dort
das
jüdische
Kaufhaus
Samson
David.
Es
bot
den
Meyers
1935
Unterschlupf,
als
ihr
Vermieter
sie
aus
der
alten
Wohnung
geworfen
hatte
–
weil
sie
Juden
waren.
In
dem
Haus
blieben
sie,
bis
sie
Deutschland
verließen.
Stolpersteine
sollen
vor
dem
letzten
freiwillig
gewählten
Wohnort
der
Menschen
liegen,
an
die
sie
erinnern,
so
hat
es
der
Künstler
und
Stolperstein-
Erfinder
Gunter
Demnig
vorgesehen.
Und
so
hält
es
auch
die
Stadt
Osnabrück.
Raul
Reinberg
fällt
vor
den
vier
Steinen
auf
die
Knie.
Er
streicht
mit
der
Hand
über
die
Gravuren
in
der
Messingfläche
und
küsst
sie.
Als
die
Biografie
seiner
Familie
verlesen
wird,
filmt
der
Sohn
von
Helga
Meyer
die
Reihen
der
Besucher
in
der
Krahnstraße,
die
der
Verlegung
beiwohnen.
Den
Moment
will
er
festhalten.
„
Vor
82
Jahren
verließ
meine
liebe
Mutter
mit
ihrer
kleinen
Familie
Osnabrück
und
entkam
nach
Argentinien″,
sagt
Ronny
auf
Englisch
im
Namen
seines
Vaters.
„
Die
Verlegung
der
Stolpersteine
im
Gedenken
an
meine
Familie
werde
ich
nie
vergessen,
und
ich
bin
sehr
dankbar.″
Zwei
Straßenarbeiter
schaben
das
quadratische
Loch
für
die
Steine
noch
etwas
tiefer,
sie
fügen
die
Betonquader
ein,
füllen
die
Fugen
und
polieren
die
Gravur.
Mit
den
vier
Messingplatten
für
Familie
Meyer
liegen
im
Osnabrücker
Stadtgebiet
nun
290
Stolpersteine.
Erstmalig
ließ
die
Stadt
dort
in
der
Krahnstraße
Steine
in
den
Boden
setzen,
mit
denen
ausschließlich
Überlebender
der
Naziverfolgung
gedacht
wird.
Normalerweise
verlegt
die
Stadt
Steine
nur
für
Todesopfer
des
NS-
Regimes.
Einen
einzigen
Fall
hat
es
bisher
gegeben,
in
dem
sie
von
dieser
Linie
abwich.
Eine
Familie,
die
durch
den
Tod
getrennt
worden
war,
führte
die
Stadt
symbolisch
mit
Stolpersteinen
wieder
zusammen.
Dem
Anwalt
Ernst
Jacobson
war
es
nicht
gelungen,
dem
Naziterror
zu
entkommen.
Er
starb
1938
in
Osnabrück.
Die
Namen
seiner
Frau
und
seiner
beiden
Kinder
wurden
ebenfalls
in
Stolpersteine
eingeprägt
–
die
drei
waren
rechtzeitig
in
die
USA
geflohen.
Auch
die
Meyers
überlebten
den
Holocaust,
aber
waren
sie
nicht
dennoch
Opfer?
Hatten
sie
nicht
alles
aufgeben
müssen?
Hatten
sie
nicht
eine
dauerhafte
Erinnerung
in
ihrer
Heimatstadt
verdient,
aus
der
sie
hatten
fliehen
müssen,
damit
ihre
Kindeskinder
eine
Zukunft
würden
haben
können?
Zu
dieser
Sichtweise
gelangte
der
Osnabrücker
Initiativkreis,
der
über
die
Verlegung
neuer
Steine
berät.
„
Es
wäre
ein
Affront
gewesen,
den
Wunsch
der
Angehörigen
abzulehnen″,
sagt
Christine
Grewe
vom
Büro
für
Friedenskultur.
„
Sich
in
diesem
Fall
als
deutscher
Prinzipienreiter
zu
präsentieren
wäre
vollkommen
unangebracht
gewesen.″
Trotzdem
solle
es
eine
Ausnahme
bleiben,
dass
für
Überlebende
Stolpersteine
gefertigt
würden.
In
Argentinien
sprachen
Carl
und
Clara
Meyer
nur
wenig
über
ihre
deutsche
Vergangenheit.
Auch
ihre
Töchter
Ingeborg
und
Helga
lebten
lieber
im
Hier
und
Jetzt,
statt
von
der
Nazizeit
zu
erzählen.
Dass
die
Reinbergs
heute
so
viel
über
ihre
Osnabrücker
Wurzeln
wissen,
verdanken
sie
nicht
zuletzt
Dieter
Przygode.
In
Bramsche
lebend,
begann
der
geschichtsinteressierte
Angestellte
der
Stadt
Osnabrück,
in
Archiven
das
jüdische
Leben
in
seiner
Stadt
zu
erforschen.
In
einem
Buch
schildert
er
das
Schicksal
der
jüdischen
Familie
Voss
aus
Bramsche,
die
1937
nach
Argentinien
auswanderte.
Ida
Voss
war
eine
Schwester
von
Carl
Meyer.
Für
seine
Recherchen
nahm
Przygode
Kontakt
zu
Raul
Reinberg
auf.
Przygode
traf
ihn
in
Israel
und
wurde
zu
einem
Freund
der
Meyer-
Ahnen.
Neues
Familienmitglied
„
Dieter
gehört
inzwischen
zu
unserer
Familie.
Durch
seine
Arbeit
haben
wir
mehr
über
Carl
Meyer
und
sein
Engagement
für
die
jüdische
Gemeinschaft
in
Osnabrück
erfahren″,
sagt
Ronny
Reinberg
in
seiner
Ansprache.
Przygode
fand
heraus:
Carl
Meyer
hatte
als
junger
Kaufmann
bei
der
Delikatessengroßhandlung
Julius
Cantor
in
Osnabrück
gearbeitet.
Seine
Freizeit
hatte
er
dem
Sport
gewidmet,
speziell
der
Fußball
hatte
es
ihm
angetan.
Nachdem
er
vom
antisemitischen
Vorsitzenden
des
OTV
aus
dem
Verein
gedrängt
worden
war,
gründete
Carl
Meyer
1924
den
„
Jüdischen
Sportverein
Osnabrück″.
Er
gab
begeisterten
Sportlern
eine
Heimat,
die
ein
ähnliches
Schicksal
erlitten
hatten.
Als
deutschlandweit
jüdische
Geschäfte
boykottiert
wurden,
verlor
Carl
Meyer
seinen
Job.
Seine
Töchter
mussten
die
evangelische
Schule
in
Eversburg
verlassen
und
auf
eine
jüdische
Schule
wechseln.
Bevor
Carl
Meyer
nach
Argentinien
auswanderte,
ließ
er
sich
in
Brandenburg
vier
Wochen
lang
auf
das
harte
Leben
als
Landwirt
in
einer
jüdischen
Kolonie
in
Argentinien
vorbereiten.
Siedler
bekamen
dort
eine
Parzelle
Land,
Vieh
und
Arbeitsgeräte,
um
sie
zu
bewirten.
Mitte
der
1950er-
Jahre
zogen
die
Meyers
nach
Buenos
Aires.
Dort
starb
Carl
Meyer
am
23.
Mai
1956,
nachdem
er
schon
vorher
mit
gesundheitlichen
Problemen
zu
kämpfen
hatte.
14
Jahre
später
starb
auch
seine
Tochter
Inge,
sie
war
verheiratet,
aber
kinderlos
geblieben.
Ihre
Schwester
Helga
wanderte
ebenso
wie
ihre
beiden
Söhne
Raul
und
Daniel
nach
Israel
aus.
Ihre
Mutter
Clara
Meyer
starb
im
März
1976
während
eines
Besuchs
in
Israel.
Helga
Reinberg,
die
jüngste
der
vier
Osnabrücker
Auswanderer,
starb
im
Juni
1994,
sieben
Jahre,
nachdem
sie
ihre
Geburtsstadt
ein
erstes
und
einziges
Mal
gemeinsam
mit
ihrem
Sohn
Raul
wieder
besucht
hatte.
„
Meine
Mutter
war
13,
als
sie
Osnabrück
verlassen
musste.
Als
sie
vor
ihrem
alten
Haus
stand,
fühlte
es
sich
für
sie
an,
wie
nach
Hause
zu
kommen″,
sagt
Raul.
Die
Familie
habe
nie
einen
Groll
gegen
die
Osnabrücker
Bevölkerung
gehegt.
Wohl
aber
gegen
die
Partei
und
all
ihre
Anhänger,
die
den
Judenhass
schürten.
Durch
die
Flucht
war
es
den
Meyers
gelungen,
der
Vernichtung
zu
entgehen.
Doch
längst
nicht
alle
Verwandten
hatten
dieses
Glück.
Carl
Meyer
verlor
seinen
Vater,
eine
Schwester,
einen
Bruder
und
deren
junge
Familien.
Sie
wurden
in
Konzentrationslagern
umgebracht.
Das
jüngste
Kind
war
drei
Jahre
alt.
In
Badbergen,
der
Geburtsstadt
von
Carl
Meyer,
erinnern
zehn
Stolpersteine
an
sie.
Bildtexte:
Osnabrücks
Oberbürgermeister
Wolfgang
Griesert
sprach
vor
dem
ehemaligen
La
Vie,
wo
die
Stolpersteine
für
Familie
Meyer
in
den
Boden
gesetzt
wurden.
Ronny
Reinberg
(Mitte)
dankte
der
Stadt
im
Namen
seines
Vaters
Raul
(mit
Hut)
für
die
Verlegung
der
Stolpersteine.
„
Das
werde
ich
nie
vergessen.″
Das
Sandsteingebäude
in
der
Krahnstraße
beherbergte
früher
das
jüdische
Kaufhaus
Samson
David.
Dort
fanden
die
Meyers
einst
Unterschlupf.
Autor:
Meike Baars