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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Aus der „Kleinen Post″ wird „MQ4″
Zwischenüberschrift:
Das Akzisehaus am Heger Tor ist als einzige Torwache in Osnabrück erhalten
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
In den Akzisehäusern an den Stadttoren kassierte die Stadt Einfuhrzölle. Von ehemals fünf Torhäusern ist dasjenige am Heger Tor als einziges erhalten. Nachdem seine eigentliche Funktion hinfällig geworden war, erlebte es eine zweite Karriere als Postamt und eine dritte als Museumsstandort.

Osnabrück Wer früher aus dem Umland in die Stadt kam, um auf dem Markt landwirtschaftliche und andere Produkte zu verkaufen, musste eine Art Binnenzoll oder Verbrauchssteuer (Akzise oder Ziese) bezahlen. Sie wurde auf Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln, Getreide und Mehl, auf Lebensmittel wie Zucker, Salz, Fett und Fleisch, auf Genussmittel wie Tabak, Kaffee, Tee, Bier und Branntwein, auf Lebendvieh und vieles andere erhoben. In Zeiten, als es noch keine direkten Kommunalsteuern gab, stellte die Akzise noch bis etwa 1850 zusammen mit den Erträgen aus dem städtischen Steinkohlenbergwerk am Piesberg die Haupteinnahmequelle der Stadt dar.

Solange Osnabrück noch eine von Mauern umkränzte Stadt war, erfolgte die Einhebung″ unmittelbar am Stadttor innerhalb der Fortifikationen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts aber hatten die Befestigungen ihren militärischen Sinn verloren, die engen Durchlässe erwiesen sich nur noch als ärgerliche Verkehrshindernisse. Das alte Heger Tor und die vorgelagerte Bastion wurden 1815/ 16 abgerissen. Im Dezember 1815 kehrten die siegreichen Osnabrücker Krieger nach der Schlacht bei Waterloo in ihre Heimatstadt zurück und ließen sich von der Spalier stehenden Bevölkerung bejubeln. Ein Osnabrücker war so begeistert, dass er ein Großteil seines Vermögens für ein Denkmal opferte: Advokat Gerhard Friedrich von Gülich (1754–1825) ließ 1816/ 17 in Anlehnung an den klassizistischen Titusbogen zu Rom ein neues prächtiges Heger Tor errichten, das zu Ehren der Osnabrücker Krieger Waterloo-Tor heißen sollte.

Die alte Einhebungsstelle war mit der Einebnung der Bastion entfallen. Die Stadt konnte und wollte aber nicht auf die ihr zustehende Akzise verzichten. Deshalb baute sie vor das neue Stadttor etwa zeitgleich und ebenfalls im klassizistischen Baustil das Akzisehaus. Ähnliches geschah an vier weiteren Stellen : vor dem Natruper Tor, dem Hasetor, dem Herrenteichstor und dem Johannistor. Diese vier anderen Torhäuser wurden, obwohl unter Denkmalschutz stehend, wegen Verkehrserfordernissen zwischen 1913 und 1933 abgerissen oder nach Kriegszerstörung nicht wiederaufgebaut.

Das einzige erhaltene Akzisehaus ist die um 1817 errichtete Neue Wache″ am Heger Tor. Es handelt sich um einen verputzten Bau mit Sandsteineinfassungen, dem ein auf fünf dorischen Sandsteinsäulen ruhender Portikus vorgebaut ist. Der hatte für den Normalbürger nach 1906 den sehr angenehmen Nutzen, dass er ihn beim Warten auf die Straßenbahn vor Wind und Wetter schützte. Die Mittelachse des 1862–64 errichteten ehemaligen Stadtkrankenhauses (heute Stüvehaus und Sitz der VHS) ist exakt auf die Mittelachse des Akzisehauses ausgerichtet.

Nach dem Beitritt des Königreichs Hannover zum Zollverein (1854) wurden die Einnahmemöglichkeiten begrenzt und verloren an Bedeutung. Im Zuge der Neuordnung des städtischen Finanzaufkommens schaffte man die Akzise 1922 ganz ab. Schon vorher, nämlich im Jahr 1894, richtete die Kaiserliche Post in dem Wachhäuschen eine Zweigpostanstalt″ ein. Als Pendant zur großen Post″, der Hauptpost an der Wittekindstraße, hatte die Filiale bald den Spitznamen Kleine Post″ weg. Das auf der historischen Aufnahme über der Mittelsäule erkennbare Wappenschild mit der Aufschrift Kaiserl. Postamt″ befindet sich heute im Postmuseum Mettingen.

Bis 1972 unterhielt die Deutsche Bundespost ein Postamt im Akzisehaus. Danach übernahm das Museum die Räumlichkeit, was sich aufgrund der direkten Nachbarschaft anbot. Das Museum zeigte hier zunächst Kunst des 20. Jahrhunderts, richtete dann einen Museumsladen und die Erhebungsstelle für seine eigene Akzise″, nämlich den Ticketshop, darin ein. Mit Fertigstellung des Erweiterungsbaus an das Nussbaum-Museum 2011 wanderten Museumskasse und Museumsladen dorthin, während im Akzisehaus die Museums-Werkstatt des museumspädagogischen Dienstes Einzug hielt.

Seit Neuestem präsentiert es sich frisch renoviert und aufgewertet als Veranstaltungsort MQ4″. Damit soll ausgedrückt werden, dass es als der vierte Bestandteil des Museumsquartiers auf Augenhöhe neben das Kulturgeschichtliche Museum, das Felix-Nussbaum-Haus und die Villa Schlikker rückt. Lesungen, Konzerte, Präsentationen und kleine Ausstellungen sollen hier stattfinden. In der enthusiastischen Sprache der Kulturschaffenden klingt das so: Das Akzisehaus markiert schon aufgrund seiner Lage das Entree ins Museumsquartier Osnabrück: Weithin sichtbar öffnet es das MQ4 in die Stadt; als vitaler Ort für Veranstaltungen bietet es umgekehrt den Menschen in Osnabrück den Raum, Themen aus ihrer Stadt und ihrer Lebenswirklichkeit in das MQ4 hineinzutragen. […] Je mehr Menschen zum MQ4 finden, desto lebendiger werden die Impulse ins, im und aus dem Stadtlabor für den Frieden.″

Bildtexte:
Das Akzisehaus vor dem Heger Tor wurde nach 1894 als Kaiserliche Zweigpostanstalt″ genutzt.
Als" MQ4" ist das alte Zollhaus heute ins Museumsquartier integriert.
Quittung fürs Chaussee-Geld″ aus dem Jahr 1844: Pro Zugthier″ war ein Gutegroschen zu entrichten.Repro: Verein für Philatelie und Numismatik Osnabrück von 1928 e. V.
Fotos:
Archiv NOZ, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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