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OSNABRÜCK. Blauer Himmel und gute Stimmung: So begann gestern Abend die einstündige offizielle Eröffnung des Katholikentages vor dem Osnabrücker Dom. In allen evangelischen und katholischen Kirchen der Osnabrücker Innenstadt läuteten daher wenige Minuten vor 18 Uhr die Glocken. Die Mitwirkenden auf der riesigen Bühne vor dem Osnabrücker Dom beschien die Mai-Abendsonne, so dass das Bischofskreuz von Bischof Franz-Josef Bode glänzte. Bis zu 15 000 Besucher drängten sich auf den Straßen und Plätzen rund um den Dom. Moderator Ludger Abeln heizte wieder und wieder die Stimmung an und hieß die Gäste willkommen, darunter Bischöfe und Politiker. Als alte „ Katholikentags hasen″ bezeichnete der Moderator die Sänger der Meppener Gruppe Ashira. Sie erinnerten mit dem Lied „ Du führst uns ins Weite″ auch musikalisch an das Leitwort des Katholikentages, das Psalm 18 entlehnt ist. Einig zeigten sich die Gastgeber von Stadt und Landkreis Osnabrück, Oberbürgermeister Boris Pistorius und Landrat Manfred Hugo: Die Zusammenarbeit klappe hervorragend, verriet Pistorius, „ weil wir beim VfL gemeinsam auf der Bühne sitzen″. Großes Lob spendete Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff seiner Heimatstadt: „ Osnabrück hat diesen Katholikentag verdient″, sagte der CDU-Politiker und verband damit die Hoffnung, dass die Wirkung weit über den Sonntag hinaus fortdauern werde. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans-Joachim Meyer, erinnerte in seiner Begrüßung an die Geschichte der Katholikentage, die vor 160 Jahren im Revolutionsjahr 1848 begann und zweimal unterbrochen wurde: vom Ersten Weltkrieg und der Nazi-Diktatur. „ Osnabrück ist mit dieser Geschichte in zweifacher Weise verbunden″, erklärte Meyer: durch den Katholikentag im Jahr 1901 und durch Ludwig Windthorst, den katholischen Politiker und Begründer der Zentrumspartei, der über Jahrzehnte in Osnabrück gelebt hat. Mit Beifall wurde Bischof Bode begrüßt, als er auf die Bühne trat. „ Die überschaubare Stadt Osnabrück wird uns eng zusammenführen und viel Nähe ermöglichen″, sagte Bode und zitierte den Jesuitenpater Alfred Delp, einen Glaubenszeugen aus der Zeit des Nationalsozialismus: „ Gott kann die Schmalspur nicht leiden.″ Hunderte Steckenpferdreiter begleiteten anschließend zu mehreren Orten der Innenstadt, wo das Bühnenprogramm begann. Bildtext: Junge und alte Gäste versammelten sich vor dem Dom, darunter (von links) Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch aus Freiburg, und die evangelische Bischöfin Margot Käßmann aus Hannover. Fotos: Jörn Martens, Michael Hehmann Die Botschaft des Papstes„ Zukunft wagen″ Papst Benedikt XVI. hat die Katholiken in einem Grußwort zum Beginn des 97. Deutschen Katholikentages in Osnabrück dazu aufgefordert, aktiv an gesellschaftlichen Diskursen teilzunehmen. „ Überlasst die Gestaltung der Zukunft nicht nur anderen″, sagte der apostlische Nuntius des Papstes in Deutschland, Jean-Claude Périsset, gestern im Auftrag des Papstes. Die Katholiken sollten sich „ mit Fantasie und Kraft″ und „ dem Evangelium als Maßstab″ in die Debatten der Gegenwart einbringen. „ Wagt die Mitgestaltung der Zukunft″, heißt es in dem Grußwort wörtlich. „. . . Auch wenn die Gegenwart uns manchmalstürmisch ins Gesicht bläst und uns angst und bange wird um die Zukunft: Wir dürfen Vertrauen haben, wir müssen uns nicht fürchten, weil Gott es ist, der uns entgegenkommt.″„ Wenn wir die Zukunft auf diese Weise begreifen, dann können wir die Herausforderungen annehmen, die sie an uns stellt″, schreibt Benedict XVI. „ Dann können wir die Zukunft gestalten und ihre Chancen nutzen. Dazu rufe ich euch, die ihr in Osnabrück versammelt seid, auf: Überlasst die Gestaltung der Zukunft nicht nur anderen, sondern bringt euch selbst mit Fantasie und Überzeugungskraft in die Debatten der Gegenwart ein!″ Der Papst führt weiter aus: „ Deshalb ist es gut, dass ihr in Osnabrück zunächst Gott in den Blick nehmt, Gottesdienst feiert und biblische Impulse hört und von daher dann auch über die verschiedenen Felder der Politik und der Gesellschaft diskutiert. Nehmt mit dem Evangelium als Maßstab aktiv am politischen und gesellschaftlichen Geschehen in eurem Land teil! Wagt die Mitgestaltung der Zukunft als katholische Laien in Verbundenheit mit den Priestern und Bischöfen! Mit Gott im Rücken könnt ihr mutig handeln, denn er ist es, der uns versichert: ‚ Ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben...′″ DIE KIRCHIS Alles in Weiß und Hellblau Wenn wir Kirchis es nicht besser wüssten, würden wir meinen, wir seien in Bayern: Alles in Hellblau-Weiß: der Himmel, die Plakate hellblau-weiß, die Badelatschen und die Sonnenkäppis hellblau-weiß und die Info-Säulen auch. Und dazu diese Massen an Katholiken! So viel Bayrisch-Katholisches – das muss für die Osnabrücker schwer zu ertragen sein. Vermutlich reden sie deshalb seit Monatennicht vom Katholikentag, sondern vom Kirchentag. Angeblich weil es kürzer ist, einfacher, praktischer. Weil es besser klarmacht, worum es geht: um Kirche. Und weil ja auch ganz viele Protestanten dabei sind, auf diesem Kirchen-Katholiken-Tag. Wir Kirchis haben aber eine andere Theorie. Es ist dieses bayrische Hellblau. Die anderen Kirchentage, die evangelischen, kämen nie auf diese Farbe. Die haben etwas, was viel besser nach Osnabrück passt. Lila! Oder noch besser: Lila-Weiß! Davon träumt der Osnabrücker: Von einer Stadt ganz in Lila-Weiß. Das gäbe es eben nur auf Kirchentagen. Trotzdem: Wir sind froh, dass wir auf dem Katholikentag sind. In Hellblau-Weiß. Vor allem, wenn wir in den Himmel schauen. Bismorgen Heute 10 Uhr, Eucharistiefeier zum Hochfest Fronleichnam, Schlossgarten, anschließend Prozession 12 Uhr, Eröffnung der Caritas-Bühne, Nikolaiort, Gesprächspartner ist OB Boris Pistorius 12 bis 19 Uhr, Kirchenmeile, Innenstadt 13.30 Uhr, Orgelmusik am Mittag, St. Johann/ Johannisfreiheit 13.30 Uhr, Impulsveranstaltung „ Braucht Mama Papa Staat?″, Schlosswallhalle, u. a. mit der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen 18 Uhr, Ökumenische Thomasmesse, St. Katharinen 20 Uhr, „ Die Bibel – eine gesprochene Symphonie″ mit Ben Becker, Schlossgarten 20 Uhr, „ In Terra Pax″, Konzert mit dem Osnabrücker Symphonieorchester und dem Jugendchor, Dom 21 Uhr, Konzert mit Ombre di Luci 21 Uhr, Nacht der Lichter mit Brüdern aus Taizé, Altes Busdepot 22 Uhr, Pilgernacht mit dem Jugendchor und dem Ensemble Sarband, Dom Das ganze Programm im Internet: www.katholikentag.de Tageskarten für 22 Euro (ermäßigt 17 Euro) u. a. in der Tourist-Info, Bierstraße, und dem Ticketshop der Neuen OZ, Große Straße. OSNABRÜCK. „ Endlich Katholikentag″, freute sich gestern der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode in der Auftakt-Pressekonferenz zum Katholikentag. Er zeigte sich überzeugt, „ dass die Teilnehmer in ihren Herzen viele gute Bilder und Worte mitnehmen werden, die weitaus länger wirken, als diese Tage dauern″. Bode rief wie der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans-Joachim Meyer, zu mehr Zuversicht bei der Bewältigung von Zukunftsfragen in Gesellschaft und Kirche auf. Der Bischof verwies darauf, dass die vergangenen Monate im Bistum Osnabrück deutlich von den Vorbereitungen auf den Katholikentag eprägt waren. Die hohe Zahl der Teilnehmer aus der Diözese werde auch eine gute Nachbereitung des Katholikentags begründen. Dank an Protestanten: Ausdrücklich dankte Bode den evangelischen Mitchristen für ihre „ selbstverständliche Bereitschaft″, Quartiere oder Kirchenräume zur Verfügung zu stellen. Nicht so sehr spektakuläre Einzelereignisse wirkten in der Ökumene auf Dauer, sondern die Verbundenheit im Alltag. Dass der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber aus Berlin, aus Termingründen abgesagt hatte, bedauerten die Verantwortlichen des Katholikentages. Lob fürs Bistum: ZdK-Präsident Meyer lobte die „ überwältigende Sympathie für unser Projekt″ in Bistum, Stadt und Region Osnabrück. Nach dem Saarbrücker Katholikentag habe sich das Zentralkomitee dazu entschlossen, das Programm zu konzentrieren. Diese Absicht und die lokalen Gegebenheiten Osnabrück hätten sich ergänzt. Förderung von Familien: Zuvor hatte die ZdK-Vollversammlung eine bessere Förderung von Familien mit Kindern angemahnt. „ Nach unserer Überzeugung sind Grabenkämpfe um das katholische Familienbild oder um das eine richtige Familienmodell nicht im Sinne der Familien″, unterstrich Meyer. „ Vielmehr plädierten wir für ein entideologisiertes, wohlwollendes Verständnis für unterschiedliche Lebens- und Familiensituationen.″ Konkret fordern die katholischen Laien unter anderem:• eine Ausweitung der bisherigen zwei Partnermonate beim Elterngeld,• die Abschaffung der Steuerklasse V • und eine stärkere Unterstützung beim beruflichen Wiedereinstieg nach der Elternphase. Verständnis für Juden: Meyer äußerte noch einmal Verständnis für die Enttäuschung der jüdischen Partner wegen der Karfreitagsfürbitte des Papstes. Er betonte, das ZdK habe sich bereits im Februar selber kritisch zu den Formulierungen geäußert und in einer Stellungnahme seines Gesprächskreises „ Juden und Christen″ den Papst gebeten, nur die Kar- freitagsfürbitte „ Für die Juden″ in der Fassung von 1970 zuzulassen. Bischof Bode plädierte dafür, die umstrittene Karfreitagsfürbitte nicht isoliert zu behandeln, sondern auf das insgesamt positive Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Judentum zu schauen. So gebe es im Bistum Osnabrück ein gutes Miteinander. Bode verwies auch darauf, dass die Diözese der jüdischen Gemeinde die jetzigen Räume der Katholikentags-Geschäftsstelle zur Verfügung stellt, während die Synagoge erweitert wird. Zweifel am Papst-Ziel: Bode bezweifelte, dass Papst Benedikt XVI. sein Anliegen erreicht habe, mit der Fürbitte die katholischen Traditionalisten stärker einzubinden. Für die alte lateinische Messe hatte der Vatikan die Karfreitagsfürbitte neu formuliert. Sie wird allerdings in Deutschland nur in sehr wenigen Gemeinden gebetet und zum Beispiel im Bistum Osnabrück und im Erzbistum Hamburg überhaupt nicht. OSNABRÜCK. Die Reformbewegung „ Wir sind Kirche″ hat vor einem Bedeutungsverlust der katholischen Kirche in Deutschland gewarnt. „ Es brodelt überall″, sagte der Sprecher Christian Weisner gestern in Osnabrück. Die Stimmung ist nach seinen Worten von Abbruch und nicht von einem Aufbruch geprägt. „ Wir sind Kirche″-Sprecherin Sigrid Grabmeier bemängelte, innerkirchliche Konflikte würden auf dem Katholikentag „ nicht thematisiert″. „ Das ist für uns ein übles Zeichen.″ Stattdessen herrsche eine Art „ Kuschelkatholizismus″ vor. Wie viele aktive Mitarbeiter die sogenannte Kirchenvolksbewegung in Deutschland hat, konnte Weisner auf Nachfrage nicht sagen BERLIN. Schauspieler, Musiker und Enfant terrible Ben Becker wird heute Abend auf dem Katholikentag die Bibel vorlesen. Wie ihn die Beschäftigung mit der Heiligen Schrift beeinflusst, sagte der 43-Jährige im Interview mit unserer Zeitung: Ben, ist Ihr Auftritt auf dem Katholikentag eine Bestätigung Ihrer Bibel-Arbeit? Durchaus. Ich freue mich sehr darüber, zumal ich auch nicht das Gefühl habe, instrumentalisiert zu werden. Ich komme und lese etwas vor. Gab es bereits Resonanz seitens der Kirche? Ich habe bis jetzt nur Gutes gehört. Die Kirche findet das sehr spannend und hat festgestellt, dass ich das Buch der Bücher mit großer Wahrhaftigkeit und großem Respekt behandele und mit all meiner Liebe ans Werk gehe. Das honorieren die. Woher kommt diese Liebe? Die Bibel ist nun mal Bstandteil unserer Kultur, damit wächst man auf, egal ob man nun Christ ist oder Atheist. Wenn ich Shakespeare vorlese, nehme ich das auch ernst. Sonst muss ich die Finger davon lassen. Welche Bibelfiguren finden Sie spannend? Der Prophet Jona ist mir sehr nahe, und natürlich Jesus. Warum? Jona hat einen Auftrag, will aber immer weglaufen und es sich gemütlich machen. Das lässt Gott aber nicht zu, maßregelt ihn und gibt ihm immer wieder eine Chance. Jona hat für mich etwas Clowneskes, ohne das zu ironisieren, sondern in aller Schönheit. Ein guter Clown hat auch immer eine melancholische Seite an sich. Die kenne ich auch von mir. Darum ist mir der Jona sehr nah. Die Geschichte Jesu geht einem ohnehin sehr nahe, weil dieser Mann für jeden von uns ans Kreuz genagelt wurde. Das spürt man, wenn man das liest. Gibt es eine bestimmte Stelle, die Sie da sehr berührt? Wenn sie ihn verhaften, foltern und dann ans Kreuz schlagen – das zieht einem schon die Schuhe aus, das tut einem weh. Darin spiegelt sich alles Elend wider, was ich in der Tagesschau sehe: Krieg, hungernde Kinde oder auch Guantánamo. In Ihrer dreistündigen Show tragen Sie nicht nur Bibelverse vor, sondern mit Ihrer Band auch Songs von Elvis und Johnny Cash. Was sollen die Menschen mit nach Hause nehmen? Ich bin nicht angetreten, um zu missionieren oder zu bekehren. Ich nehme die Leute mit auf eine himmlische Reise. Dieser Austausch zwischen mir oder dem Geschehen auf der Bühne und dem Publikum ist eine sehr, sehr emotionale und intensive Angelegenheit. Zum Schluss kommt mit Aretha Franklins Gospelsong „ He′s Alive″ große Oper ins Spiel. In diesem Moment möchte ich eine Art Glückshormon ausstreuen. Ein Moment, in dem man sagen kann, alle Menschen werden Brüder, und in dem man sich gemeinschaftlich an die Hand nimmt und sagt: Das Leben ist schön. Seit drei Jahren beschäftigen Sie sich mit dem Bibel-Projekt. Wie sehr hat Sie das geprägt? Ich würde mich nicht als bibelfest bezeichnen, aber die eine oder andere Sache versuche ich zu verstehen und mehr über den Sinn des Lebens zu erfahren. Ich denke, dass jeder Mensch einen Glauben braucht. Ohne Glauben würde man morgens nicht mehr aufstehen, man würde sich die Existenz des Menschseins entziehen. Hat sich der Glaube nach einer höheren Instanz bei Ihnen verfestigt? Das gehört dem Privatmenschen Ben Becker an, wohin der betet oder ob überhaupt. Sie hätten immerhin selbst beinahe an die Himmelspforte geklopft. Wie nachhaltig ist dieses Erlebnis? Das hat mit der Bibel überhaupt nichts zu tun. Ich habe mir die Finger verbrannt, habe Scheiße gebaut, und das ist jetzt Bestandteil meiner Biografie. Daraus ziehe ich nach wie vor meine Schlüsse, habe daraus gelernt und werde weiter daraus lernen. Können Sie sich vorstellen, dass Sie als so eine Art Blues Brother „ im Auftrag des Herrn″, der auch seine Ecken und Kanten hat, glaubwürdiger für Jugendliche sind als viele Pfarrer? Das kann sein. Ich höre das in letzter Zeit öfter in Kommunikation mit den Medien der Kirche – nach dem Motto: Wir kriegen sie nicht in die Kirche, aber zu Deinem Gottesdienst kommen sie. Hätten Sie das Zeug zum Prediger? Nein. Ich distanziere mich absolut davon zu sagen, ich würde predigen. Das wäre blasphemisch. Ich lese den Leuten lediglich etwas vor. Es hat bei diesen Texten schnell den Anschein des Predigens. Das Pathos, das drinsteckt, schöpfe ich in vollen Zügen aus. Schließlich lese ich nicht aus Micky-Maus-Heften vor. Ben Becker, die Zero Tolerance Band und das Deutsche Filmorchester Babelsberg: Die Bibel – eine gesprochene Symphonie. 20 Uhr, Bühne im Schlossgarten Bildtext: Energisch und emotional wird es, wenn Ben Becker aus der Bibel vorliest. Dazu singt er Songs von Johnny Cash und Elvis. Foto: dpa OSNABRÜCK. Zu Beginn des Katholikentages in Osnabrück hat der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) zu einer dringenden Abkehr von einer „ ungerechten Klimapolitik″ aufgerufen und an die Deutschen appelliert, durch eigenes Verhalten Energie zu sparen – von der Urlaubsreise über den Gebrauch des Autos bis hin zur Spar-Glühbirne. In einem Gespräch mit unserer Zeitung sagte Töpfer, zu einer notwendigen Veränderung für eine gerechtere Klimapolitik gehöre „ zunächst ein ehrliches Überdenken unserer eigenen Lebensentwürfe″. Wirtschaftliche Erfolge dürfen laut Töpfer nicht alleinige Kriterien von Wohlstand sein. Vieles, „ was wir heute Verzicht nennen, stellt sich bei näherem Hinsehen als Chance für die Integration der Gesellschaft und für das Zusammenleben der Generationen heraus″. Wer etwa nicht so viele Urlaubsreisen in ferne Länder unternehme, gewinne zugleich Zeit für die Familie. Töpfer zeigte sich in diesem Zusammenhang selbstkritisch: „ Sicher bin ich nicht glücklich darüber, dass wir elektronische Mittel noch zu wenig für Konferenzen nutzen und noch zu sehr physisch anwesend sein müssen.″ Die Klimapolitik ist nach Töpfers Worten vor allem deshalb bislang ungerecht, „ weil die Ärmsten der Armen einen Teil der Kosten für unseren Wohlstand zahlen″. Es sei „ ethisch nicht verantwortbar″, dass der Klimawandel zwar bisher „ entscheidend verursacht worden ist durch massenhafte CO2-Emissionen in den hoch entwickelten Ländern, dass letztlich aber die damit verbundenen Folgen vor allem bei denen auftreten, die an der Verursachung überhaupt keinen Anteil haben″. Töpfer nannte drei ziele für eine Veränderung: Eine kohlenstoffärmere Energieversorgung durch Energieeffizienz und Entwicklung regenerativer Energien. Technische und materielle Hilfe für die betroffenen Entwicklungsländer. Drittens „ müssen wir endlich verstehen, dass eine enge technologische Zusammenarbeit mit diesen Ländern unumgänglich ist″. Töpfer: „ Wir dürfen nicht dazu beitragen, dass die Überwindung von Armut dadurch blockiert wird, dass wir diesen Ländern den Zugang zu einer umweltgerechten Energie verwehren.″ Mit Blick auf die während des Katholikentages zeitgleich in Bonn stattfindende UNO-Biodiversitätskonferenz CBD nannte es der frühere Umweltminister „ einen Fehler″, dass die Konvention über Artenvielfalt bislang „ etwas zu stark im Windschatten der Klimadiskussion gestanden hat. Denn zerstörte Natur beseitigt endgültig die Hoffnung auf Überwindung der Armut.″ Mit Hinweis auf die „ Verantwortung für Schöpfung″ sprach Töpfer von einer „ besonderen Herausforderung für den Katholikentag″. Wie bibelfest sind eigentlich die jungen Besucher des Katholikentages? Das Medienhaus Neue OZ wollte es wissen und stellte zwei Teams bei einem Glaubensquiz auf die Probe. Insgesamt 14 Jugendliche beantworteten zehn Fragen rund um das Themam „ Glauben und Kirche″. Dabei traten katholische Jugendliche vom BDKJ gegen evangelische Schüler der Osnabrücker Paulusgemeinde an. Wer das Rennen machte, erfahren Sie unter www.neue-oz.de/ katholikentag. Dort gibt es das komplette Quiz auch als Audio-Datei und eine Bildergalerie. So viel vorab: Die Sache ging ganz knapp aus. Am Schluss des Ratespiels kam es – wie könnte es anders sein – zum ökumenischen Händedruck. Foto: Jörn Martens OSNABRÜCK. „ Mission possible – Eine Welt ist möglich!″ – unter diesem Motto feiern die Sternsinger am Samstag ihr Weltkinderfest. Das Programm beginnt um 13.30 Uhr im Schlossgarten und soll um 16.30 Uhr enden. Das Fest im Rahmen des Katholikentags soll die Feierlichkeiten zur 50. Aktion Dreikönigssingen abrunden. Das große Engagement der kleinen Könige wird so zum Ende des Jubiläums noch einmal gewürdigt. An dem Fest nehmen Sternsinger aus ganz Deutschland teil. Rund 40 königliche Sänger aus vier Pfarrgemeinden präsentieren bei einer Modenschau ihre prächtigen Königsgewänder. Moderiert wird diese von den Sternsingerbegleitern und zum Teil auch von den Näherinnen der Gewänder. Mit Trommeln und Tänzen sollen die „ N′dere-Kids″, Straßenkinder aus Kampala (Uganda), sowie Mädchen und Jungen aus dem Kinderdorf Cidade da Crianca in Brasilien dem Fest eine internationale Dimension verleihen. Projektpartner und Aktionsverantwortliche erzählen auf der Bühne von der Lebenssituation benachteiligter Kinder in den Aktionsländern. Die „ Samba-Kids″ aus Berlin, der Dresdener Bistums-Kinderchor und die Band „ Patchwork″ begleiten das Fest mit Musik. Der Mitmachzirkus „ Barbarella″ will die Besucher mit einem bunten Programm unterhalten und zum Mitmachen anregen. Außerdem werden Sternsinger aus Quedlinburg über das Engagement der kleinen Könige in Deutschland berichten. Zum Abschluss des Weltkinderfests soll gemeinsam mit den Besuchern ein großes Netz aus Stoffbahnen geknüpft werden. Seit 1959 haben die Sternsinger mit ihren Aktionen mehr als 612 Millionen Euro für 51 000 Projekte und Hilfsprogramme ersungen. Die Gelder werden weltweit ver- wendet: für Bildung, Gesundheit, Ernährung und Evangelisierung. Kinder, die sich für eine gerechte Welt einsetzen möchten, können sich von heute bis Samstag am Stand des Kindermissionswerks im „ Eine Welt Dorf ″ an der Johannisfreiheit fotografieren lassen. Die Fotos werden dann zusammen mit kindgerecht umformulierten Forderungen der Millenniumsziele auf Postkarten montiert. Diese Ziele der UNO werden zudem für Kinder erklärt – in einer Sonderausgabe des Magazins „ Sternsinger-Kinder mit einer Mission″. Außerdem gestaltet das Kindermissionswerk an allen drei Tagen unter dem Motto „ Kinder helfen Kindern″ einen Teil des Bühnenprogramms im „ Eine Welt Dorf ″. Dabei kommen Kinder zu Wort, die sich für benachteiligte Gleichaltrige in aller Welt einsetzen. OSNABRÜCK. Heiner Schwering sieht aus wie ein uriges Museumsstück, mitten aus dem Herzen des Emslandes: Als Torfstecher steht der 73-jährige Geester beim Abend der Begegnungen während des Katholikentages auf der Bühne Emsland/ Grafschaft Bentheim auf dem Domplatz. Fast 12 500 lassen sich an diesem Abend begeistern, als sich die Region mit Musik und Tanz, historische Figuren und eben Arbeitertypen wie Schwering den Gästen aus ganz Deutschland vorstellt. „ Du führst uns hinaus ins Weite″ lautet das Motto des Kirchentages. Schwering hat darauf seine eigene Antwort: „ Ich komme aus der Weite des Moores nach Osnabrück.″ Und er hofft, dass er den Gästen eines näherbringen kann: " Die Torfstecher haben ja großen Anteil daran, dass aus dem Emsland überhaupt Kulturland entstanden ist″, sagt Schwering. Er weiß, wovon er redet, hat selbst jahrelang im Moor gearbeitet – und ist mit der Prise Humor ausgestattet, die wohl die Torfstecher einst dringend benötigten, um die harte Arbeit auszuhalten. Schwering hat etwa eine recht plausible Erklärung dafür, warum er trotz des Altersnoch so rüstig aussieht: „ Letztes Jahr musste mein Blut komplett ausgetauscht werden. Anscheinend habe ich es von einem jungen Mädchen bekommen″, lacht er. Eine Charaktertype ist auch Helmut Kleene aus Walchum-Hasselbrock. „ Hochtiet! Hochtiet! Hochtiet!″, ruft er den verdutzten Zuschauern auf Plattdeutsch zu, denen er dann erst einmal erklären muss, warum er einen Zylinder mit buntem Lametta trägt: Der Hochtiedsnöger war nämlich einst so etwas wie der heutige Hochzeitsplaner. „ Er kümmerte sich um Brauttanz, das Kranzbinden und vor allem um die Bekanntmachung der Hochzeit.″ Jeder Nachbar, dem er die Hochzeit ankündigte, heftete ihm einen bunten Faden an den Zylinder. Als Zugabe gab′s dann noch einen kurzen Klaren... Buchstäblich ins Zeug für die Katholikentagsgäste legten sich aber auch die Kleinen: Die Minis aus Twist drehten in Tracht und Holsken auf der Bühne beim Volkstanz ihre Pirouetten. Und natürlich durften einige plattdeutsche Einlagen nicht fehlen: Die traditionelle Weise „ Pastor sin Kau″ sorgte ebenso für Stimmung und Schwung bei den Gästen wie ein Klassiker in niederdeutscher Sprache: Welch ein Vergnügen, „ Dinner for One″ einmal im Volksmund zu erleben! Franz-Josef Tenambergen, der den Abend der Begegnungen konzipiert hat, zeigt sich in jedem Fall zufrieden: „ Unser Ziel ist es, das Bistum mit all seinen verschiedenen Regionen vorzustellen. Die Gäste sollen Osnabrück als gastfreundliches und vor allem lebendiges Bistum in Erinnerung behalten.″ Der Katholikentag, so Tenambergen, soll vor allem „ Fest und Feier″ sein. „ Die Leute sollen reinschnuppern in fünf Tage Katholikentag und sich ein sinnliches Bild machen.″ Die Emsländer und Grafschafter haben dazu auf jeden Fall ihren Beitrag geleistet – von Hochtiedsnöger über Twister Minis bis hin zum Torfstecher. Bildtext: Welch ein Vergnügen! Spaß hatten nicht nur die Zuschauer, sondern auch die Kleinen auf der Bühne. Foto: Jörn Martens OSNABRÜCK. Die Klänge der Bigband Unicorns der Osnabrücker Ursula-Schula lockten gestern Abend Tausende Besucher zum Abend der Begegnung vor das Rathaus. Dort wurde gelacht, geklatscht und geredet. Und Dutzende Imbissstände sorgten dafür, dass niemand hungrig blieb. Kurzum: gute Laune pur. Oberbürgermeister Boris Pistorius stillte zudem noch den Wissensdurst der Gäste. Umringt von Dutzenden Osnabrücker Schülern mit Steckenpferden, erzählte das Stadtoberhaupt den Katholikentagsgästen die Geschichte der Osnabrücker Steckenpferdreiter. Auch diese Osnabrücker Tradition findet ihre Wurzeln im Dreißigjährigen Krieg – wie so vieles in der Hasestadt. Alljährlich im Oktober, seit mittlerweile 60 Jahren, reiten Osnabrücker Grundschüler mit ihren Steckenpferden über die Rathaustreppe, um sich dort vom Oberbürgermeister eine süße Brezel abzuholen. Die Friedensstadt, so Pistorius, sei in Osnabrück nicht nur ein Zusatz auf dem Ortsschild. „ In unserer Stadt wird die Friedenskultur gelebt.″ So beschäftigten sich schon die Viertklässler intensiv mit dem Westfälischen Frieden. Mit einem erkennbar gequälten Lächeln nahm Pistorius allerdings zur Kenntnis, dass es einige Zeit dauerte, bis einer der Schüler 1648 als Jahr des Westfälischen Friedens benennen konnte. Viel Applaus bekam der Oberbürgermeister bei der Bemerkung, dass der Katholikentag in Osnabrück nicht auf einem anonymen Messegelände stattfindet, sondern im Herzen der Stadt – „ unter den Menschen″. Bis spät in den Abend wurden die Zuschauer noch mit Musik auf der Bühne unterhalten. Nicht weniger sehenswert war das, was abseits der Bühne geboten wurde. So ein schönes, altes, knallrotes Feuerwehrauto, aus dem gestern emsländisches Bier floss, hat der Förder- verein El Factor aus Melle nicht. Denn ausgediente Feuerwehrautos werden von den Vereinsmitgliedern aufgearbeitet und dann zur Feuerwehr in die Dominikanische Republik verschifft. Ehemalige Feuerwehrleute haben auch den Verein gegründet, um eine Missionsstation in der Dominikanischen Republik zu unterstützen. Dafür grillten sie wie viele andere Gemeinden und Organisationen aus Osnabrück und Umgebung gestern beim Abend der Begegnung auf dem Marktplatz Würstchen. Ob Antoniusburger von der Antoniusgemeinde Voxtrup, Solebrot mit Schinken, Salami oder Käse von der Pfarrkirche Mariä Geburt aus Bad Laer, Gesmolder Pickert oder Rosmarin-Kartoffeln von der Gemeinde St. Clemens in Bad Iburg – alle boten den auswärtigen Gästen Leckereien ihrer Region, wobei der Erlös immer einem guten Zweck zufließt. Etwas schleppend lief der Verkauf der süßen Spieße der Osnabrücker St.- Marien-Gemeinde. Während die Jüngsten begehrliche Blicke darauf warfen, sagten die meisten gesundheitsbewussten Eltern „ Nein″. Bildtext: Unicorns heißt die Bigband der Ursula-Schule, die gestern Abend vor dem Osnabrücker Rathaus den Abend der Begegnung schwungvoll eröffnete. OSNABRÜCK. Der Ministerpräsident bekommt erst mal eine Tasse Tee. Das Dekanat Ostfriesland hat zur traditionellen Teezeremonie geladen – und dort erfährt auch Christian Wulff, dass man auf keinen Fall umrühren darf. Auch die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann und Weihbischof Theo Kettmann lassen sich durch Gisela Buss vom Teemuseum in Leer gerne in die Geheimnisse der ostfriesischen Trinkkultur einführen. Ob der Krabbenpulwettbewerb, die Abnahme des Ostfriesenabiturs oder der Auftritt des Shanty-Chors „ Bunner Jungs″ – die Mitglieder des flächenmäßig größten Dekanats im Bistum Osnabrück haben sich etwas einfallen lassen. „ Wir kommen aus der Weite und haben uns aufgemacht ins Weite″, scherzt Michael Fischer, der Dekanatsreferent, in Anlehnung an das Katholikentags-Motto und seine eher dünn besiedelte Heimat. Seit 1980, damals in München, war der 43-Jährige bei fast jedem Katholikentag dabei. Jetzt kümmert sich der Gemeindereferent von Sankt Marien in Leer um die Organisation des Abends, aber auch um die 72 Jugendlichen aus Ostfriesland, die sich als Dauergäste akkreditiert haben. „ Das ist ein riesiges ostfriesisches Projekt″, sagt er stolz – und erzählt von der Gemeindearbeit, die mehr als anderswo von der Ökumene geprägt sei. „ Sonst könnten wir Kirche gar nicht leben″, sagt er. Rund 35 000 katholische Christen sind hier in der Diaspora in 17 Kirchengemeinden organisiert. Zwischen 18 Prozent im Süden, in Westoverledingen, und knapp 3 Prozent im Moormerland schwankt der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung. 250 Katholiken aus Ostfriesland kümmern sich an diesem Abend der Begegnung um die Organisation. Anderthalb Jahre lang haben sie sich auf das Ereignis vorbereitet, damit alles klappt. Jetzt moderiert Edzard Wagenaar, beliebter Conferencier aus Emden, das bunte Programm im Schatten der Strandkörbe, die die Katholiken aus Norderney und Neuharlingersiel mitgebracht haben. Und auch die nichtprominenten Katholikentagsbesucher laben sich – am Tee oder an ebenso traditionellen Matjes mit Bratkartoffeln. Und vielleicht einem Kräuterschnaps. Bildtext: Tee bei Ostfriesen: Regierungschef Christian Wulff, Landessuperintendent Detlef Klahr, Kirchenpräsident Jann Schmidt und Schwester Anna Mayrhofer lassen sich einschenken. Foto: Lindemann OSNABRÜCK. Deftig-würzig schmeckt die Ökumene. Ingrid Gneiße aus dem Dekanat Twistringen hat für den Katholikentag „ Knüppel″ besorgt. So heißen in Syke die Mettwürste. Die sind so dick wie ein Männerarm und auch fast so lang. Die Salamispezialität stellt ein evangelischer Fleischer her. So richtig lecker schmeckt sie allerdings erst auf Schwarzbrot vom katholischen Bäcker. Zusammen ergibt das den „ Syker Knüppel″. Nicht nur für ökumenische Verpflegung sind die Helfer an den Buden der Dekanate Bremen und Twistringen auf dem Katholikentag Spezialisten. „ Für uns ist es schon ein Erlebnis, dass hier alle Katholiken sind″, staunt Gneiße. Die 47-Jährige kennt aus ihrem Alltag sonst nur die Diaspora. Weniger als zehn Prozent der Menschen im Dekanat Twistringen sind katholisch, in Bremen sind es zwölf Prozent. Dafür beherrschen die Gemeindemitglieder aus diesem Teil des Bistums Osnabrück perfekt den Dialog mit anderen Konfessionen. „ Ökomene ist spannend″, sagt Twistringens Dekanatsreferentin Sabine Grotjohann. Und genau das wollen die Regionen auch auf dem Katholikentag zeigen. Eine Gruppe aus Stolzenau etwa hat Plakate mit bunten Schnappschüssen beklebt. Die Fotos zeigen fröhliche Menschen während des Gebets, bei Radausflügen und Festen. „ Wir sind ganz bodenständige Leute – auf dieser untersten Ebene ist der Umgang völlig unkompliziert″, sagt Anke Blume. Sie selbst ist evangelisch. Bislang war sie nur auf großen Treffen ihrer Konfession. „ Ich habe aber schon gemerkt, dass auf dem Katholikentag doch vieles ist wie bei uns.″ Wirklich überraschen konnte sie das nicht mehr. Bildtext: Evangelische Salami auf katholischem Schwarzbrot – so schmeckt die Ökumene, meinen Ingrid Gneiße (2. von links) und die anderen Helferinnen aus Syke. Foto: Jörn Martens OSNABRÜCK. Christliche Verkündigung ohne Musik, das ist undenkbar. Heute und morgen laden die Chöre des Doms und die Marienkantoriei zu musikalischen Großveranstaltungen ein. Der Donnerstag wird ein langer Tag für die Kinder und Jugendlichen, die in der Domkantorei und im Osnabrücker Jugendchor singen: Vormittags wirken sie beim Open-Air-Gottesdienst im Schlossgarten mit, nachmittags steht die Generalprobe für die Pilgernacht „ Ultreia″ im Dom an, um 20 Uhr das Oratorienkonzert „ In terra pax″ mit dem Osnabrücker Symphonieorchester und ab 22 Uhr schließlich die Pilgernacht. Die soll zwar laut Programm bis um 6 Uhr früh dauern, doch Domchordirektor Johannes Rahe korrigiert: „ Wir könnten tatsächlich die ganze Nacht durchsingen, aber wir werden gegen zwei Uhr aufhören. Schließlich stehen morgens schon wieder die nächsten Veranstaltungen im Dom an, für die Umbauten erforderlich sind.″ Ganz neu ist die Idee der Pilgernacht im Dom nicht. Denn schon im Januar gab es, damals speziell für das Osnabrücker Publikum, einen Vorgeschmack. Das damalige Konzert im Dom war allerdings nur eine Kurzfassung des heutigen Programms. Auch die Musiker sind nicht identisch: Zwar werden wieder die Sängerinnen Fadia el-Hage aus Beirut und Miriam Andersen aus Schweden zu hören sein, doch die Instrumentalisten des renommierten Ensembles Sarband (Leitung: Vladimir Ivanoff ) haben gewechselt. Die Pilgernacht besteht aus vier Teilen, zwischen denen Pausen eingeschoben werden, die zur Erholung dienen und zum Stillwerden einladen. Es erklingen mittelalterliche Pilgergesänge aus verschiedenen Kulturkreisen wie etwa aus dem Codex Calixtinus (Santiago de Compostela). Auch Tänze werden aufgeführt. Der zweite Teil wird mit mittelalterlichen und orientalischen Musikinstrumenten rein instrumental gestaltet. „ So lange können sich die Chormitglieder in ihre mitgebrachten Schlafsäcke im Chorsaal zurückziehen″, sagt Rahe. In St. Marien kümmert sich Kirchenmusikdirektor Carsten Zündorf um ein musikalisches Großereignis: Als evangelischer Beitrag zum Katholikentag wird amFreitagabend das Oratorium „ Les Béatitudes″ von César Franck aufgeführt, dem die acht Seligpreisungen aus der Bergpredigt zugrunde liegen. Neben der Marienkantorei und dem Jungen Philharmonischen Orchester Niedersachsen hat Carsten Zündorf dafür sieben Gesangssolisten verpflichtet. „ Das Oratorium wurde zum letzten Mal im Jahr 1901 in Osnabrück aufgeführt″, sagt Zündorf. „ Das war sogar wohl auch im Rahmen eines Katholikentags. Aber das wusste ich nicht. Das ist reiner Zufall.″ Heute im Dom: 20 Uhr: In terra pax. 22 Uhr „ Ultreia″, lange Pilgernacht. Morgen in St. Marien: 20 Uhr, „ Les Béatitudes″ Bildtext: Rüsten sich für große Musik: der Osnabrücker Jugendchor und die Domkantorei bestreiten die lange Pilgernacht (l.), die Marienkantorei bereitet „ Les Béatitudes″ vor. Fotos: Stärker, Lewandowski OSNABRÜCK. Jede Religion, die auf sich hält, hat ihre eigene Zeitrechnung. Für Reverend Hardy Hardon zum Beispiel schreiben wir das Jahr 73. Womit wir mitten in der „ Church of Elvis″ wären. Parallel zum Katholikentag gründet Reverend Hardy seine Religion, und bei ihr steht Elvis Presley, the King of Rock ′ n′ Roll, im Zentrum. Und ganz oben. Gleich darunter aber siedelt sich Hardy an: „ Oben steht der King, ich bin der Kong of Rock ′ n′ Roll″, sagt er hinter dem rosa Plüschaltar, den er vor seiner Kapelle, dem „ Tiefenrausch″, in der Redlinger Straße aufgebaut hat. Dorthin wird er sich in den kommenden Tagen immer wieder zurückziehen, um sich auf Elvis zu besinnen. Die Gründung der Church of Elvis fällt keineswegs zufällig mit dem Katholikentag zusammen. Denn Reverend Hardy sucht den interreligiösen Dialog; „ Togetherness″ ist eine wichtige Säule seiner Religion, und der Ökumene steht er offen gegenüber. Die Basis für den Dialog mit anderen Glaubensgemeinschaften liefern die Anleihen bei anderen Religionen. So wird er in seiner Kapelle taufen und die Beichte abnehmen, Trauungen – „ für 24 Stunden, bis dass der Tag euch scheidet″ – durchführen, aus dem Heiligen Buch der Church of Elvis lesen und gemeinsam mit seiner Gemeinde die Lieder von Elvis singen – der christliche Bezug ist unverkennbar. Selbst einen Jünger hat er bereits gefunden: Aniel Wooden Heart sammelt Spenden in Form von Geld und Zigaretten. Ebenfalls dankbar angenommen werden Elvis-Poster und - Platten, sagt der Reverend mit der blauen Spiegelbrille, der Zebra-Stola und dem Priesterkragen. Auch Islam und Buddhismus fließen in die neue Religion ein: So richten sich die Gläubigen für das Gebet Richtung Memphis aus, dort wo der King „ für uns vom Klo gefallen ist″. Und ein heiliges Mantra gibt es ebenfalls: „ A-wop-bop-a-loo-lop″ ruft der Reverend, und die Gemeinde antwortet „ a-lop-bam-boo″. Weitere Rituale müssen erst noch entstehen. Denn „ wir sind eine Church in Progress, und die Vorbereitung des Kirchentags war die Hölle″. Aber vor Sendungsbewusstsein strotzt der Reverend in jedem Fall. Deshalb will er seine Botschaft auf dem Katholikentag verbreiten, im Jahr 73 nach Elvis. Bildtext: Der Reverend, und sein Jünger: Hardy Hardon (links) und Aniel Wooden Heart sammeln Spenden vor der Kapelle der Church of Elvis. Foto: Westdörp OSNABRÜCK. Der Terminkalender von Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode ist während des Katholikentags prall gefüllt. Mindestens 20 Interviews muss der Bischof bis zum Samstag geben, sagt Hermann Haarmann, Pressesprecher des Bistums Osnabrück. Aber machen Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, vom bischöflichen Terminkalender ein eigenes Bild. Das sind beispielsweise die Einträge des Bischofs für den morgigen Freitag: Freitag, 23. Mai 2008 8.20 Uhr: Bereits kurz nach dem Frühstück wartet das erste von insgesamt fünf Interviews an diesem Tag auf Franz-Josef Bode: ein Live-Gespräch mit dem Nordwestradio. 8.30 Uhr: Bereits zehn Minuten nach dem ersten Katholikentagsinterview an diesem Freitag wartet der Saarländische Rundfunk – und damit Interview Nummer zwei. 10–10.20 Uhr: Eine kurze Verschnaufspause muss genügen, bevor der Bischof dem NDR in dessen Osnabrücker Studio Interview Nummer drei gibt. 11–12 Uhr: Ein paar Minuten nach der Aufnahme wird der Bischof an diesem Tag in der Domschule erwartet. In der Sporthalle übernimmt er die Preisverleihung eines Schülerwettbewerbs. 12.30–13.30 Uhr: Jetzt wird es zum ersten Mal ganz offiziell kirchlich: Der Bischof geht zu einer gemeinsamen Eucharistiefeier mit den nordischen Bistümern von Island, Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland im Osnabrücker Dom. 13.45–14.30 Uhr: Nach so vielen Terminen kommt Franz-Josef Bode endlich mal zum Essen. Auf ihn wartet am späten Mittag ein ökumenisches Mittagessen in der Neuen Mühle am Kollegienwall. 15–15.30 Uhr: Hoffentlich gut gestärkt richten sich jetzt die Fernseh-Kameras auf Franz-Josef Bode: ein Auftritt im ARD-Fernsehen. 15.30–16.15 Uhr: Auf der Bühne des Bistumsstandes Osnabrück gibt Bischof Bode sein letztes Interview an diesem Tag. 16.30–16.50 Uhr: Mit Vertretern der Caritas spricht Bode auf der Caritasbühne am Nikolaiort. 18–19 Uhr: Der Kirchenmann leitet eine Jugendvesper in der Herz-Jesu-Kirche. 19.30–19.45 Uhr: Gegen Abend dieses dritten Tages hält Bode zum Abschluss einen ökumenischen Gottesdienst im Rathaus am Markt. 20.15 Uhr: Zum Jugendkonzert auf der Bühne im Schlossgarten spricht der Bischof ein paar begleitende Worte. 21–21.30 Uhr: Und noch mal muss der Kirchenmann eine Rede halten. Zu dieser späten Stunde wird er sich im Rahmen einer Fete bei Katholikentags-Helfern im Rosenhof bedanken. 22.15–24 Uhr: Mit der Sitzung der Katholikentagsleitung endet an morgigen Freitag gegen Mitternacht der Arbeitstag des Bischofs. Bildtext: Mit dem Hubsteiger nach oben: Auch so einen Termin musste Bischof Bode im Vorfeld des Katholikentages wahrnehmen (rechts am Schalthebel Sebastian Thum). Foto: Jörn Martens OSNABRÜCK. Sie werden feiern und singen, beten und diskutieren – und vielleicht auch auf der Straße tanzen. 35 000 Katholiken aus ganz Deutschland treffen sich seit gestern in Osnabrück. Bis Sonntag gibt es Gottesdienste, Konzerte und Workshops. Welche Erwartungen haben sie an die Großveranstaltung mit ihren 1200 Programmpunkten? Wir sind gestern Abend während der Eröffnung vor dem Dom auf Stimmenfang gegangen. Die Besucher freuen sich auf gemeinschaftliche Erlebnisse und die Begegnungen mit anderen Gläubigen. Bei den jungen Menschen steht eine Veranstaltung hoch in Kurs: das Konzert von Culcha Candela. Bildtexte: Johanna Honecker (16) aus Bonn ist mit ihrem Chor angereist. Sie will in den Gottesdiensten kräftig mitsingen und freut sich auf die Gemeinschaft beim Katholikentag. Ihr persönliches Highlight: das Culcha-Candela-Konzert. Rita Leutermann (39) aus Rosendahl bei Coesfeld möchte sich überraschen lassen, denn sie ist das erste Mal auf einem Katholikentag. Sie ist mit ihren beiden Söhnen dabei und möchte vor allem die Kinderangebote nutzen. Horst Dena (71) aus Osnabrück erwartet ein Gemeinschaftserlebnis, besonders für die Jugendlichen. Außerdem hofft er auf Impulse für die Ökumene. Protestanten und Katholiken sollten näher zusammenrücken, findet er. Philipp Gilbert (21) aus Seebach hat bereits zweimal am Katholikentag teilgenommen. Mit seiner Pfadfindergruppe ist er in Osnabrück als Helfer im Einsatz. Er wird sich als Belohnung Culcha Candela im Schlossgarten anschauen. Kathrin Schön (18) aus Nagold bei Tübingen kommt aus der Diaspora. Sie möchte auf dem Katholikentag ihren Glauben teilen und feiern. Die Begegnungen mit anderen Menschen machen für sie das Besondere des Events aus. Marius Müller (17) aus Belm wünscht sich eine friedliche Veranstaltung. Er ist begeistert von den unterschiedlichen Kulturen, die im Eine-Welt-Zentrum präsent sind. Am Freitagabend ein Muss für ihn: Culcha Candela. Großer Auftritt vor großer Kulisse. Bei der Probe am Nachmittag war der Marktplatz schon gut gefüllt, am Abend standen die Besucher des Katholikentages dann dicht an dicht, als der Jugendgospelchor Rhythm of Joy (Bild links) die Bühne betrat. Die jungen Sängerinnen und Sänger aus der Stadt und dem Umland begeisterten das Publikum mit fetzigen Gospel-Songs. Die BigBand „ Unicorns″ der Ursulaschule hatte das Programm auf der Regionalbühne schwungvoll eröffnet. Zwischenzeitlich war der Besucherandrang zwischen Rathaus und Dom so groß, dass Helfer Schilder mit der Aufschrift „ Platz überfüllt″ in die Höhe hielten (Mitte) Trotz der Enge war die Atmosphäre den ganzen Abend über entspannt und fröhlich. Prominente wie Wolfgang Thierse (SPD) und die evangelische Bischöfin Margot Käßmann mischten sich unter das Publikum. Osnabrücker, die der Großveranstaltung zunächst skeptisch gegenübergestanden hatten, äußerten sich positiv. „ Das ist wie die Maiwoche auf Katholisch″, sagte ein Besucher. Begeistert waren auch die aus ganz Deutschland angereisten Ordensleute (rechts). Fotos: Jörn Martens/ Gert Westdörp OSNABRÜCK. Am Stand von Donum Vitae hat sich viel Prominenz angekündigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird heute zwischen 12.45 und 13.15 Uhr erwartet. Am Freitag um 10.25 Uhr kommt der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering. Der frühere Ministerpräsident von Thüringen und Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bernhard Vogel, wird um 12 Uhr dort sein, vier Stunden später die niedersächsische Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann, 16.40 Uhr die niedersächsische Staatssekretärin Christine Hawighorst und um 17.55 Uhr Ministerpräsident Christian Wulff. Die minutiöse Zeitplanung belegt den prall gefüllten Terminkalender der Promis während des Katholikentages. Der Verein ist im Zelt G 108 auf der Kirchenmeile in der Hans-Böckler-Straße vertreten. Er bietet Schwangerschaftskonfliktberatung auf der Basis katholischer Wertvorstellungen.
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Autor:
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hav, KNA, ddp, epd, dpa, Marcus Tackenberg, Klaus Jongebloed, kri, rent, Ulrike Schmidt, Stefan Prinz, Jens Peter Dohmes, Anne Overesch, Martina Binnig, Ralf Döring, prin, chö
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