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1.
Erscheinungsdatum:
03.08.2018
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Als das Bier noch 40 Pfennig kostete
Zwischenüberschrift:
Erwin Grätz blickt auf 61 Berufsjahre in Hotels und Restaurants zurück
Artikel:
Originaltext:
Erwin
Grätz
hat
61
Berufsjahre
in
Gastronomie
und
Hotellerie
auf
dem
Buckel
und
in
den
Knochen.
Seine
Erinnerungen
an
die
Nachkriegszeit
eröffnen
Einblicke
in
eine
andere
Welt,
in
der
es
einfacher,
bescheidener,
aus
heutiger
Sicht
oft
auch
kurioser
zuging.
Osnabrück
Grätz
meldete
sich
in
der
Redaktion,
weil
er
sich
durch
den
„
Zeitreise″-
Bericht
zum
Ratskeller
(Ausgabe
vom
11.
Juli)
persönlich
angesprochen
fühlte.
Von
1956
bis
1962
war
sein
Schwiegervater
Willi
Voges
Pächter
der
Ratskeller-
Gastronomie.
Grätz
musste
öfter
aushelfen,
wenn
dort
größere
Veranstaltungen
waren.
Etwa
das
Grünkohlessen
des
Verkehrsvereins,
die
„
Osnabrücker
Mahlzeit″.
Heute
kommen
1300
Männer
dazu
in
die
Osnabrück-
Halle.
In
den
Anfangsjahren
ab
1954
war
der
Ratskeller
der
vergleichsweise
noch
familiäre
Schauplatz.
Grätz
kellnerte
auch,
wenn
offizieller
Besuch
des
Rathauses
zu
bewirten
war,
etwa
Delegationen
aus
den
Partnerstädten.
Einmal,
so
erinnert
er
sich,
wurde
ein
frisch
geschossenes
Wildschwein
aus
den
Forsten
des
Gutes
Leye
angeliefert.
„
Das
haben
wir
alles
selber
gemacht,
das
Ausnehmen,
Zerlegen
und
Zubereiten
für
ein
Festessen″,
sagt
er.
Eigentlich
war
Grätz
im
Hotel
Reichshof
an
der
Möserstraße
angestellt,
bei
Hotelier
Willi
Voges.
Da
Voges
gleichzeitig
auch
den
Ratskeller
betrieb,
kam
es
zu
wechselseitigen
Aushilfen
im
Service.
Im
Reichshof
lernte
Grätz
Voges′
Tochter
kennen,
die
später
seine
Ehefrau
wurde.
Aber
zunächst
einmal
begann
er
1955
als
14-
Jähriger
die
Kellner-
Lehre.
Der
Küchenmeister
des
Reichshofs
machte
sich
einen
Spaß
daraus,
die
jungen
Stifte
als
Erstes
zum
„
Märzkirschen-
Holen″
in
den
gegenüberliegenden
Feinkostladen
Krechting
am
Goethering
zu
schicken.
Die
im
Laden
kannten
das
natürlich
schon
und
hatten
ebenfalls
ihren
Spaß
auf
Kosten
der
jungen
Grünschnäbel.
Es
sind
dies
die
Initiationsriten
der
harmlosen
Sorte.
Wer
einmal
zur
See
gefahren
ist,
kennt
das
vielleicht
auch,
dass
man
Neulinge
in
die
Maschine
schickt,
um
„
die
Mittschiffsbremse
zu
ölen″
oder
mit
einem
Eimer
Küchenabfälle
„
das
Kielschwein
zu
füttern″…
Wenn
der
Nachtportier
betrunken
war
oder
aus
anderem
Grund
ausfiel,
wurde
einer
der
Kellnerlehrlinge
geweckt.
Der
musste
dann
mit
einem
Korb
die
Flure
abgehen
und
die
vor
den
Türen
abgestellten
Schuhe
aufsammeln,
nachdem
er
mit
Kreide
die
Zimmernummer
unter
die
Sohle
geschrieben
hatte.
„
Im
Keller
hatten
wir
so
eine
Schuhputzecke,
da
haben
wir
es
uns
in
der
Nachtschicht
gemütlich
gemacht
mit
den
ganzen
Schuhen″,
erzählt
Grätz.
Auf
einer
Tafel
waren
die
Uhrzeiten
angeschrieben,
zu
denen
einzelne
Gäste
zu
wecken
waren.
„
Wir
mussten
dann
raufflitzen
und
an
die
Türen
klopfen.
Zimmertelefone
gab
es
nicht″,
sagt
Grätz,
der
in
Rulle
lebt.
Und
dann
war
da
der
Patriarch
einer
Textilfirma,
der
in
München
wohnte
und
stets
mit
dem
Fernschnellzug
„
Gambrinus″
erster
Klasse
angebraust
kam.
Er
stieg
im
Hotel
Reichshof
ab
und
wartete
auf
seinen
Chauffeur,
der
mit
dem
schwarzen
Mercedes
die
gleiche
Strecke
zurücklegte.
Der
Fabrikant
konnte
oder
wollte
auf
seinen
eigenen
Wagen
nicht
verzichten,
um
hier
vor
Ort
seine
Fertigungsstätte
an
der
Dammstraße
und
Großkunden
besuchen
zu
können.
Der
Herr
blieb
stets
eine
Woche
und
zahlte
7,
50
DM
pro
Nacht
fürs
Zimmer
einschließlich
Frühstück.
Das
Zimmer
für
den
Chauffeur
unter
dem
Dach
war
noch
billiger,
es
kostete
5
DM.
Viele
Hotelgäste
waren
Handelsvertreter.
Manchmal
veranstalteten
sie
„
Hotel-
Ausstellungen″.
Um
nicht
bei
jedem
Kunden
all
ihre
Musterkoffer
ausbreiten
zu
müssen,
luden
sie
die
Kunden
in
den
Reichshof
ein
und
zeigten,
was
es
Neues
an
Süßwaren,
Schuhen,
Cromargan-
Erzeugnissen
oder
bügelfreien
Nyltest-
Hemden
gab.
So
war
der
Reichshof
unter
der
Woche
immer
gut
ausgelastet.
„
Wenn
wir
belegt
waren,
vermittelten
wir
weiter
ans
Hohenzollern,
ans
Central-
Hotel
oder
an
Hackmann,
Alte
Münze.
Oder
ans
‚
Auto-
Hotel′
Risch
an
der
Bohmter
Straße,
die
hatten
115
Betten,
da
war
eigentlich
immer
noch
was
frei″,
berichtet
Grätz.
Aber
viele
Kunden
hätten
abgewinkt,
die
wollten
nicht
zu
Risch,
weil
der
„
Kristallpalast″
und
damit
viel
Remmidemmi
direkt
nebenan
war.
„
Die
fragten
dann
lieber:
Ist
denn
nicht
das
Badezimmer
noch
frei?
Das
war
unser
Notzimmer,
das
kannten
die
schon″,
so
Grätz.
Es
war
das
einzige
Bad
im
ganzen
Hotel,
während
es
eine
Toilette
immerhin
auf
jeder
Etage
gab.
Die
Badnutzung
musste
man
vorher
anmelden,
dann
wurde
der
Badeofen
angeheizt
und
Handtücher
ausgelegt.
Wenn
aber
keine
Anmeldungen
fürs
Bad
vorlagen,
dann
wurde
ein
Bett
hineingeschoben,
und
der
Raum
wurde
als
Notzimmer
verkauft.
„
Als
1968
die
Autobahn
Hansalinie
fertig
war,
wurde
es
mit
den
Vertreter-
Übernachtungen
weniger″,
erzählt
Grätz.
Viele
seien
dann
in
ihre
Heimat
zurückgefahren,
ins
Ruhrgebiet
oder
nach
Bremen,
weil
das
über
die
neue
Autobahn
flott
ging.
Das
Restaurantgeschäft
sei
aber
noch
länger
gut
gelaufen.
So
habe
das
Stahlwerk
regelmäßig
die
„
Abnahme-
Beamten″
zum
großen
Essen
eingeladen.
Das
waren
Vertreter
der
Bundesbahn
oder
auch
anderer
europäischer
Bahnverwaltungen,
die
nach
Osnabrück
gekommen
waren,
um
die
vom
Stahlwerk
hergestellten
Schienen
oder
Radsätze
zu
begutachten.
Klöckner
habe
sie
stets
gut
bewirtet,
um
günstige
Rahmenbedingungen
für
die
Abnahme
zu
schaffen.
An
einen
regelmäßigen
Gast
erinnert
sich
Grätz
besonders
gut:
Das
war
der
Schnapsfabrikant
und
Zoopräsident
Hermann
Gosling
(1893–1972)
.
Der
kam
immer
sonntagmittags
mit
seiner
Frau
Martha
und
bestellte
Seezunge.
Als
Martha
später
Witwe
war,
kehrte
sie
oft
in
der
Zoogaststätte
ein,
die
Grätz
von
1980
bis
2000
als
Pächter
führte.
Nicht
ohne
Stolz
blickt
Grätz
auf
den
22.
September
1999
zurück,
als
er
den
100.
Geburtstag
der
alten
Dame
ausrichten
durfte.
Nach
seiner
Zeit
im
Reichshof
diente
Grätz
ab
1964
in
der
Bundeswehr
in
der
einschlägigen
Fachrichtung.
Bald
kam
er
zum
Fernmelderegiment
71
am
Hauswörmannsweg
und
genoss
die
Privilegien
eines
„
Heimschläfers″.
Er
kellnerte
als
Ordonnanz
im
Offizierskasino,
hatte
an
den
Wochenenden
aber
ausreichend
Zeit,
sich
etwas
hinzuzuverdienen,
etwa
beim
Schwiegervater,
in
der
„
Vitischanze″
oder
in
der
„
Ludwigshalle″.
Und
er
belegte
Fortbildungslehrgänge
zum
Serviermeister.
Im
Juli
1968
legte
er
vor
der
IHK
die
Meisterprüfung
ab,
wobei
die
praktischen
Prüfungsteile
in
der
„
Deele
mit
Kutscherstube″
stattfanden,
damals
ein
angesehenes
Restaurant
in
der
Hasestraße.
Es
folgte
die
Zeit,
in
der
Grätz
verschiedene
Betriebe
als
„
Chef
de
Rang″
kennenlernte,
bevor
er
sich
selbstständig
machte.
Er
arbeitete
im
Parkhotel
Kampmeyer,
im
„
Burggrafen″
(Tecklenburg)
,
im
„
Kiepenkerl″
(Münster)
,
im
„
Achtermann″
(Goslar)
und
im
„
Atrium″
(Braunschweig)
.
Prominente
kreuzten
häufig
seinen
Weg.
Im
„
Achtermann″
etwa
empfahl
er
Altbundeskanzler
Ludwig
Erhard
die
Haus-
Zigarre
von
der
besten
Sorte,
im
„
Atrium″
servierte
er
Udo
Jürgens
Frühstück
am
Bett,
nach
ihren
Auftritten
in
der
Stadthalle
Braunschweig
versorgte
er
Lou
van
Burg,
Gisela
Schlüter,
Hans-
Joachim
Kulenkampff,
Peter
Maffay,
Otto
Waalkes
und
andere
Künstler.
„
Große
Tiere″
der
anderen
Art
erlebte
er
1980
bis
2000
im
Osnabrücker
Zoo
als
Gastronomie-
Pächter.
In
den
letzten
Jahren
seines
Berufslebens
ging
es
dann
geruhsamer
zu:
Grätz
führte
die
Gaststätte
im
Clubhaus
des
TuS
Engter,
bis
er
2016,
mit
76
Jahren,
endgültig
Tablett
und
Serviertuch
aus
der
Hand
legte
und
sich
zur
Ruhe
setzte.
An
die
Zeiten
im
Ratskeller
und
im
Reichshof
denkt
der
Ruller
oft
und
gerne
zurück:
„
Sie
haben
mich
geprägt,
sie
haben
die
Liebe
zum
Beruf
in
mir
verankert.″
Bildtexte:
Andere
Zeiten:
Direkt
vor
der
Tür
des
Ratskellers
ließen
hochrangige
Gäste
in
den
1950er-
Jahren
ihre
Nobelkarossen
parken.
„
Wildwoche″
im
Ratskeller:
Küchenjungen
tragen
ein
Wildschwein
aus
den
Leyer
Forsten
in
den
Ratskeller.
Altbundeskanzler
Ludwig
Erhard
lässt
sich
1973
von
Grätz
ein
Helles
einschenken.
Erwin
Grätz
hat
61
Berufsjahre
in
der
Gastronomie
auf
dem
Buckel.
Fotos:
Archiv
Erwin
Grätz,
Joachim
Dierks
Autor:
Joachim Dierks