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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Radschnellweg: Anlieger haben Bedenken
 
Radschnellweg bis zum Herrenteichswall?
Zwischenüberschrift:
Stadt informiert über Planung: Anwohner aus Widukindland befürchten Konflikte mit Fußgängern
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück Die Stadt Osnabrück hat 150 Anliegern aus dem Stadtteil Widukindland ihre Planung für den Radschnellweg vorgestellt. Noch in diesem Jahr soll ein Teilabschnitt der 6, 4 km langen Strecke am Kalkrieser Weg ausgebaut werden. Von den Anliegern kamen vor allem Bedenken bezüglich ihrer Grundstückszufahrten. Außerdem wurde wiederholt die Sorge geäußert, dass Fußgänger unter die Räder geraten könnten. Die Planer machten deutlich, dass der Radweg entlang der gesamten Strecke vom Fußweg getrennt wird. Alle Grundstücke bleiben überdies für Pkw und Lkw erreichbar. Bedenken gab es auch, dass Autofahrer am Haster Weg künftig lange warten müssten, weil Radler Vorrang bekommen sollen. Das lasse sich aber mit intelligenter Signaltechnik lösen, erklärte ein Planer.

Warum wird der Weg nicht jenseits des Bahndamms gebaut? Weshalb endet er an der Liebigstraße? Und wie groß ist die Gefahr, dass Fußgänger unter die Räder kommen? Auf alle Fragen gab es Antworten, als die Planer der Stadt über den Radschnellweg Osnabrück-Belm informierten.

Osnabrück 150 Interessierte hielten es mehr als zweieinhalb Stunden auf den harten Stühlen im Schulzentrum Sonnenhügel aus, um kein Detail zu verpassen. Das Durchschnittsalter dürfte oberhalb von 60 Jahren gelegen haben, und die Fragen drehten sich überwiegend um Probleme, die Anlieger aus dem Widukindland mit dem Radschnellweg auf sich zurollen sehen. Zum Beispiel, wenn es um ihre Grundstückszufahrten geht.

Alle Grundstücke blieben weiterhin für Autos, Lieferfahrzeuge oder etwa Müllabfuhr erreichbar, versicherten Heike Stumberg und Matthias Drees vom Fachbereich Städtebau mehrfach. Aber sie brauchten mehrere Anläufe, um die Bedenken der skeptischen Anwohner auszuräumen. Die Planer wollen die Abschnitte mit den Zufahrten nicht als Radschnellweg, sondern als Fahrradstraße deklarieren. Dort haben Radfahrer Vorrang, es gilt Tempo 30, Autos sind zugelassen.

Fußwege bleiben

Angesichts der erwarteten Frequenz von 1700 Radlern am Tag werde es keine Konflikte geben, meinte Verkehrsplanerin Heike Stumberg. Sie kündigte an, dass Radschnellweg und Fußgängerweg durchgehend baulich getrennt würden. Und der Angst, dass von schnellen Radlern eine Gefahr ausgehe, hielt sie entgegen, dass auch sie die Verkehrsregeln einhalten müssten. Im Übrigen stehe für die Velofahrer nicht das Tempo im Vordergrund, sondern die Möglichkeit, ohne Barrieren sicher von A nach B zu kommen. Das zeige sich auch in Nimwegen, Göttingen und im Ruhrgebiet, wo es schon mehr Erfahrungen gebe.

Nicht alle im Publikum ließen sich davon überzeugen. Im Widukindland gebe es viele ältere Menschen, die gerne spazieren gingen, wurde den Planern vorgehalten. Und ausgerechnet dort, wo sich viele Fußgänger bewegten, wolle die Stadt nun den Radschnellweg bauen. Warum nicht auf der anderen Seite der Bahn, bei Bauer Langsenkamp?″, fragte ein Anwohner des Bahlweges und fügte hinzu: Dann müsste man nicht die Bahn kreuzen.″

Autos müssen warten

Stadtbaurat Frank Otte gab die Antwort: Ziel sei es, möglichst viele Menschen aufs Fahrrad zu holen, und das gelte nicht nur für Belm, sondern auch für die Siedlungen entlang der Strecke. Auf der anderen Seite der Bahn wäre der Radschnellweg aber über längere Abschnitte nicht zu erreichen, und das mache ihn weniger attraktiv.

Mehrere Fragesteller wollten wissen, warum die neue Verbindung zwischen Belm und Osnabrück ausgerechnet in der Gartlage aufhöre. An der Schlachthofstraße solle nicht das Ende sein, erklärte Planer Matthias Drees. Es gebe Pläne, den Radschnellweg über die Liebigstraße bis zum Nonnenpfad und zum Herrenteichswall zu verlängern. Dort werde es dann einen Anschluss an den Haseuferweg geben.

Als anspruchsvolle Aufgabe″ bezeichnete er die Querung des Bahndamms am Haster Weg. Die Radler sollen Vorfahrt bekommen, wenn sie die Eisenbahnunterführung passieren, trotz der hohen Verkehrsbelastung. Mit einer intelligenten Signalsteuerung sei das aber ohne lange Wartezeiten leistbar, versicherte Drees. Ein Teilnehmer der Diskussion sah das kritisch. Bei 1700 Radlern pro Tag werde der Haster Weg de facto fünf Stunden für den Autoverkehr gesperrt, rechnete er vor. Die Planer zeigten sich aber zuversichtlich, dass die Technik ein verträgliches Miteinander möglich machen werde.

Navi-Probleme

Das Vertrauen in die Technik führt andererseits dazu, dass Autofahrer offensichtlich blind ihrem Navi folgen und sich schon jetzt auf den Kalkrieser Weg verirren, obwohl der für Autos gesperrt ist. Ein gewitzter Stadtteilbewohner schlug deshalb vor, dass die Stadt absenkbare Poller einbaut und den Anwohnern eine Funkfernsteuerung zur Verfügung stellt. So etwas könne man machen, meinte Stadtbaurat Frank Otte, aber er vermute, dass die Anlieger wenig Neigung hätten, an den Kosten beteiligt zu werden.

Bildtexte:
Immer am Bahndamm entlang: Der Radschnellweg von Osnabrück nach Belm soll Pendlern das Fahrrad als Alternative zum Auto schmackhaft machen.
Getrennte Fußwege soll es auch neben dem künftigen Radschnellweg geben.
Grafik:
Google/ Neue OZ
Foto:
Michael Gründel

Alles für den Klimaschutz

Flott nach Belm zu kommen, ohne den Schinkelberg erklimmen zu müssen das klingt verlockend. Schon jetzt sind die Wege entlang der Bahn größtenteils mit dem Rad befahrbar. Aber mit dem Radschnellweg soll die Verbindung weitaus komfortabler werden. Bei einer Breite von vier Metern werden auch das Nebeneinanderfahren und das Überholen problemlos möglich. Und wer mit dem Rennrad oder Pedelec unterwegs ist, kann auch locker mit etwas höherem Tempo über den ebenen Asphalt rollen. Obwohl das eher eine theoretische Frage ist: Auch auf dem Radschnellweg gilt für die geschlossene Ortschaft eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/ h.

Der Radschnellweg ist derzeit Osnabrücks wichtigstes Klimaschutzprojekt. Mit dem Modellversuch soll der Nachweis erbracht werden, dass viele Autofahrer aufs Rad umsteigen, wenn ihnen optimale Bedingungen angeboten werden. Für die 6, 4 km lange Strecke zwischen der Schlachthofstraße und dem Ortszentrum von Belm werden 7, 5 Millionen Euro veranschlagt. Bund und Land beteiligen sich zu 90 Prozent an den Kosten des Klimaschutzprojekts. An der Schlachthofstraße sind die ersten 500 Meter des Radschnellweges schon fertiggestellt. Der vordere Teil der Schlachthofstraße soll ebenfalls in diesem Jahr ausgebaut werden, ebenso das Teilstück am Kalkrieser Weg.

Kommentar
Umdenken fällt schwer

Morgens und nachmittags lange Schlangen, verstopfte Straßen, schlechte Luft: 50 000 Pendler kommen jeden Tag nach Osnabrück, die meisten von ihnen mit dem Auto. Und die Stadt hat wenig in der Hand, um den Verkehr in erträgliche Bahnen zu lenken. Da ist es schon ein Glücksfall, dass Bund und Land mehrere Millionen Euro zur Verfügung stellen, um neue Wege der Mobilität auszuprobieren. Und was ist die Reaktion? Bedenken, Vorbehalte, Misstrauen. Das kann ja wohl nicht alles gewesen sein! Es ist an der Zeit, den Blick über den Tellerrand zu werfen, um die Dimensionen zu erkennen. Und den Planern Danke zu sagen für ihre Weitsicht und ihr Engagement.

Es ist verständlich, dass die Anlieger zuerst einmal ihre Grundstückszufahrten im Auge haben, wenn Veränderungen bevorstehen. Aber die aufgezeigten Sorgen sind keine große Geschichte im Vergleich zu den Problemen, die der entfesselte Autoverkehr an anderer Stelle anrichtet. Zumal die Verantwortlichen der Stadt alles tun, um den Anliegern entgegenzukommen.

Das Neue am Radschnellweg ist, dass hier nicht mehr der motorisierte Individualverkehr im Vordergrund steht. Ja, die Autos müssen sogar warten, wenn Radler den Haster Weg kreuzen wollen. Ein starkes Signal: Wer auf vier Rädern in die Stadt kommt, ist zwar willkommen, aber nicht automatisch bevorrechtigt.

Umdenken fällt vielen schwer. Aber Osnabrück hat die Chance, sich zum Besseren zu verändern.
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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