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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Teurer Lärmschutz am Wall
 
Neue Fenster für 700 Wohnungen am Wall?
Zwischenüberschrift:
Lärmberechnung ergibt: Neumarktsperre würde Stadt zum Handeln zwingen
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Wenn der Neumarkt gesperrt würde, müssten möglicherweise 174 Häuser am Wallring mit Lärmschutzfenstern ausgestattet werden. Die Kosten müsste die Stadt zu 75 Prozent übernehmen, den Rest der jeweilige Eigentümer.

Wenn der Osnabrücker Neumarkt gesperrt würde, müssten möglicherweise 174 Häuser am Wallring mit Lärmschutzfenstern ausgestattet werden mitfinanziert von der Stadt. Das dürfte teuer werden.

Osnabrück. Der passive Schallschutz am Wallring also der Einbau von lärmdichten Fenstern ist mit der Diskussion um die Neumarktsperrung auf die politische Tagesordnung gekommen. Die Verlagerung des Verkehrs vom Neumarkt auf den innerstädtischen Ring führt zu zusätzlichen Lärmbelastungen, die die erlaubten Werte zum Teil deutlich überschreiten. Eine Lösung könnte der passive Lärmschutz sein, sagten die Fraktionen der Regenbogenmehrheit aus SPD, Grünen, FDP, Linken, UWG und Piraten. Die Kosten müsste die Stadt zu 75 Prozent übernehmen, den Rest hätte der jeweilige Eigentümer zu tragen.

Die Stadt hat vom Osnabrücker Fachbüro RP Schalltechnik errechnen lassen, wie viele Wohngebäude am Wallring vom zusätzlichen Krach betroffen wären, sollte der Neumarkt für den Individualverkehr gesperrt werden. Das Ergebnis: 80 Prozent der untersuchten Wohngebäude am Wallring müssten im schlimmsten Fall mit Lärmschutzfenstern ausgestattet werden. Die Eigentümer wären grundsätzlich anspruchsberechtigt″, wie es in einer Vorlage der Verwaltung für den am Donnerstag tagenden Stadtentwicklungsausschuss heißt. Konkret wären es 174 Gebäude oder 700 Stockwerke, an deren Fronten nachts die Lärmbelastungen Werte erreichen, die die Stadt aufgrund der Rechtsprechung zum Handeln zwängen.

Die Anzahl der Anspruchsberechtigten und zu ersetzenden Fenster kann in diesem Stadium der Bearbeitung noch nicht ermittelt werden″, teilt die Verwaltung mit. In der Tat wäre die Umsetzung ein komplexer Vorgang: Die Experten müssten in jeder betroffenen Wohnung prüfen, in welchen Räumen zu hohe Lärmwerte auftreten. Nicht ständig genutzte Räume wie Flure oder Badezimmer fallen nicht unter die Lärmschutzregelung. Küche, Schlaf- oder Wohnzimmer sehr wohl. Außerdem wäre zu prüfen, ob bereits moderne Fenster mit maximalem Lärmschutz eingebaut sind. Und wenn ein Eigentümer den passiven Lärmschutz ablehnt, weil er den Eigenanteil nicht tragen will, hat die Stadt keine Handhabe. Kurzum: Eine verlässliche Kostenschätzung ist derzeit unmöglich.

Der Lärmberechnung liegen die Verkehrsdaten zugrunde, die die Verwaltung im Kontext der geplanten Sperrung des Neumarktes hatte sammeln lassen. Im nächsten Schritt ermittelten die Experten Zahl und Lage der bewohnten Häuser am Wall und berechneten die vor den Fassaden herrschenden Lärmpegel. Die Berechnungen ergaben laut Verwaltung, dass das Lärmniveau auf dem Wallring auch bei einem zweispurig befahrbaren Neumarkt schon jetzt als sehr hoch einzustufen″ ist. An fast allen Referenzobjekten habe der Schallpegel die Richtwerte von 70 Dezibel am Tag und 60 Dezibel in der Nacht (Wohnbereiche) überschritten.

Die Neumarktsperrung hätte den Berechnungen zufolge vor allem für den Johannistorwall und Petersburger Wall Folgen. Dort würden die Werte um drei Dezibel steigen was die Experten als wesentliche Erhöhung″ einordnen, die für die Menschen deutlich wahrnehmbar wäre. An den anderen Abschnitten des Wallrings würden die Werte um ein bis zwei Dezibel ansteigen. Ausnahme: Am Remarque-Ring bliebe die Belastung unverändert.

Tempo 30?

Nach verschiedenen Gerichtsurteilen sind Lärmpegel von 70 Dezibel am Tage und 60 Dezibel in der Nacht als gesundheitsschädlich einzustufen. Wenn sich der Pegel auch nur geringfügig erhöhte was nach einer Neumarkt-Sperrung zu erwarten wäre –, müssten Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms″ zwingend ergriffen werden, wie es in der Vorlage für den Ausschuss heißt. Eine Maßnahme könnte der Einbau neuer Fenster sein. Der 2013 verabschiedete Lärmaktionsplan sieht aber auch andere Werkzeuge vor: Tempo 30, Flüsterasphalt, Umleitung des Lkw-Verkehrs.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte im Januar den Klagen von Wall-Anwohnern gegen die sofortige Neumarkt-Sperrung stattgegeben. Das OVG schloss nicht aus, dass die Verlagerung des Verkehrs die körperliche Unversehrtheit und das Grundeigentum der Kläger beeinträchtigt. Jetzt müssen die Gerichte in der Hauptsache entscheiden, ob eine Neumarkt-Sperre die Grundrechte der Wall-Anwohner verletzt. Ein Kriterium wird sein, welche Vorkehrungen die Stadt trifft, um Lärm und Schadstoffe auf dem Wall zu reduzieren.

Neumarkt-Story: noz.de/ neumarkt

Bildtext:
Laienhafte Verkehrslärm-Messung gestern Vormittag um 11.42 Uhr am Remarquering. Die Lärm-App zeigt 88 dB( A). Schon 70 dB( A) gelten als gesundheitsgefährdend.
Foto:
Gert Westdörp

Kommentar
Hoher Preis

Der Preis für einen attraktiven Neumarkt steigt: Will die Ratsmehrheit den Neumarkt autofrei machen, muss sie etwas für den Wallring tun entweder viel Geld in die Hand nehmen oder zu unpopulären Maßnahmen wie Tempo 30 greifen.

Denn über allem schwebt das laufende Gerichtsverfahren. Das Oberverwaltungsgericht hat im Eilverfahren erkennen lassen, dass die Neumarkt-Sperrung rechtlich wohl nur haltbar ist, wenn die Wall-Anwohner nicht zusätzlich durch Lärm und Schadstoffe belastet werden. Jetzt wissen wir, dass 700 Stockwerke, die sich, großzügig überschlagen, mit Wohnungen gleichsetzen lassen, betroffen wären. Aber keiner weiß zurzeit, wie viele Fenster ausgetauscht werden müssten und was das die Stadt kosten würde. Ein unkalkulierbarer Posten, vielleicht sogar ein Fass ohne Boden.

Was bleibt dann noch, um den Lärm zu reduzieren? Flüsterasphalt: auch teuer. Lkw-Verbot: schwer durchsetzbar. Tempo 30: ein Ärgernis für Autofahrer, Pendler, Shoppingkunden. Egal, welches Mittel der Rat am Ende wählt: Er wird dafür Kritik ernten.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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