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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Tollkühne Jungs und rasende Kisten
Zwischenüberschrift:
Wie Fritz Wolf 10 000 Zuschauer zum Rennen an die Rheiner Landstraße lockte
Artikel:
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Originaltext:
An morgigen Himmelfahrtstag startet auf dem Hauswörmannsweg das jährliche Osnabrücker Seifenkistenrennen, das vom Gemeinschaftszentrum Ziegenbrink organisiert wird. Zu den ersten Chronisten des Wettbewerbs gehörte seit 1950 der Karikaturist Fritz Wolf.

Osnabrück. Wer ist der Schnellste?″, fragte das Neue Tageblatt″ (NT) am 2. August 1950 und kündigte zugleich an, gemeinsam mit dem Tickethandel Universum-Dienst und dem ADAC im September das erste Osnabrücker Seifenkistenrennen zu organisieren und zwar auf der Rheiner Landstraße zwischen dem Ausflugslokal Bellevue (gegenüber vom heutigen Parkplatz des Heger Friedhofs) und dem Lotter Kirchweg.

Gestartet wurde in zwei Altersklassen für acht- bis elfjährige sowie zwölf- und dreizehnjährige Osnabrücker Jungen. Mädchen waren damals hinter den Lenkseilen nicht vorgesehen.

Frischauf also, in Vaters Werkzeugkiste gekramt, auf dem Boden und im Keller nach Rädern und Holz gesucht, das Ölkännchen bereitgestellt und fleißig gehämmert und gesägt″, versuchte der Autor der Ankündigung die jungen Rennfahrer zu motivieren.

Sein Beifahrer″ in der Berichterstattung war Fritz Wolf, der seit einem Jahr als Illustrator bei der Neuen Tagespost″ arbeitete. Er zeichnete drei Jungen, die im elterlichen Holzschuppen an einer Rennmaschine mit der Nr. 1 werkeln. An dieser Kiste prangt der Schriftzug Seife″, der an die Geschichte der selbst gebauten Vehikel erinnert: Ein amerikanischer Seifenhersteller hatte sie populär gemacht, indem er Baupläne auf seine Verpackungen druckte. Irgendwann schwappte der Seifenkisten-Trend über den Atlantik nach Deutschland.

Die potenziellen Osnabrücker Starter sollten Teilnahmescheine vorlegen, die sie aus der NT″ ausgeschnitten hatten, der ADAC überprüfte die Renntauglichkeit der Gefährte, und der Universum-Dienst war nicht nur für die praktische Durchführung verantwortlich, sondern beantwortete auch technische Anfragen und lieferte bei Bedarf genormte Achsen und Räder.

Im medialen Countdown erinnerte Fritz Wolf an das bevorstehende Rennen mit einer weiteren lustigen Kisten-Zeichnung. Zu sehen sind ein Vater mit seinem Sohn Till″ und eine Reminiszenz an die Henkelwerke″.

Trotz der feuchten Witterung erschienen an der Rennstrecke bis zum Nachmittag des 10. Septembers unglaubliche 10 000 Zuschauer, die insgesamt 200 Startern die Daumen drückten.

Durch diesen Erfolg war eine Neuauflage im nächsten Jahr programmiert, für die der Zeichner noch öfter zur Feder griff: Die Vorankündigungen zeigen einen bastelwütigen väterlichen Helfer, der am Telefon sogar seinen blöden Skatabend″ absagt, einen rennbegeisterten Lümmel, der seinem kleinen Bruder vorübergehend die Räder des Kinderwagens klaut oder einen ambitionierten Großvater, dem der Enkel die Rennteilnahme ausreden muss. Allerdings versucht Opa″ in der nächsten Folge der Karikaturenserie, sich dennoch anzumelden, um außer Konkurrenz″ zu starten. In der letzten Szene macht ein Herr Papa seinen mit drei Seifenkisten ausgerüsteten Sprösslingen gehörig Dampf: „… wenn ihr morgen ohne Preis nach Hause kommt, gibt′s Senge…″

1952 würdigte Fritz Wolf das dritte Seifenkisten-Rennen nur noch in seiner samstags erscheinenden Kleinen Osnabrücker Wochenschau″: Ein junger Starter erklärt in einem von insgesamt vier zeichnerischen Kommentaren zum Geschehen der Woche angesichts der Olympischen Spiele von Helsinki: Nix Olympia Seifenkistenrennen, mein Lieber!

Die Seifenkisten-Illustrationen der frühen 1950er-Jahre beleuchten eine Facette im frühen Schaffen Fritz Wolfs, die lange vergessen war und nun von dem Medienwissenschaftler Sebastian Scholtysek dank intensiver Recherchen im Zeitungsarchiv wiederentdeckt wurde: Noch ist Wolfs Meisterschaft nicht erblüht, mit wenigen Strichen komplexe politische Sachverhalte augenzwinkernd zu pointieren. Beeindruckend ist indes seine Freude am Bildwitz und seine Gabe, ein Thema aus unterschiedlichsten Perspektiven mit differenziertem Humor zu beleuchten: In den Bildern aus der Provinz″ des Stern″ sollte er diese Fähigkeit zu seinem überregional geschätzten, unverwechselbaren Markenzeichen vervollkommnen.

Fritz Wolf im Spiegel seiner Karikaturen

Die Neue Osnabrücker Zeitung″ widmet ihrem langjährigen Hauskarikaturisten Fritz Wolf anlässlich seines 100. Geburtstag am 7. Mai eine Karikaturen-Serie. Im Diözesanmuseum sind noch bis zum 15. Juli in der Sonderausstellung Er war ein Osnabrücker! Karikaturen des Altmeisters zu regionalen Themen zu sehen (darunter auch die Seifenkisten-Serie), während im Stadtmuseum Quakenbrück gerade die Sonderausstellung Fritz Wolf und die Musik″ eröffnet wurde. Darüber hinaus laufen derzeit die Ausstellungen Fritz Wolf und die Umwelt″ im Museum am Schölerberg, Fritz Wolf und die Kunst″ im Kunstverein Melle, Engelgarten 31, sowie Fritz Wolf und die Kirche″ im Ludwig-Windthorst-Haus in Holthausen-Biene bei Lingen. Das Museum Industriekultur zeigt im Rahmen seiner Sonderausstellung Prost! über die Osnabrücker Kneipenkultur Wolf′sche Bilderfindungen rund um das Thema Bier″. Infos erteilt die Fritz-Wolf-Gesellschaft, Telefon 01 76/ 31 11 06 63, oder per E-Mail an post@ Fritz-Wolf.de
Autor:
Hermann Queckenstedt
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