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1.
Erscheinungsdatum:
11.04.2018
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Schindler oder Schwindler?
Zwischenüberschrift:
„Historikerstreit″ über Hans Calmeyer geht weiter, aber ohne neue Fakten
Artikel:
Originaltext:
Der
Judenretter
Hans
Calmeyer
wird
nicht
vom
Sockel
gestürzt.
Jedenfalls
nicht
von
Katja
Happe
und
ihrer
neueren
Untersuchung
zur
Judenverfolgung
in
den
Niederlanden.
Ein
Streitgespräch
unter
Historikern
aus
Anlass
ihrer
Buchvorstellung
brachte
nun
keine
neuen
Argumente
für
die
Bewertung
der
Tätigkeit
Calmeyers
als
„
Rassereferent″
der
deutschen
Besatzungsbehörde
in
Den
Haag.
Osnabrück.
Die
VHS
der
Stadt
Osnabrück
und
die
Buchhandlung
zur
Heide
hatten
die
Historikerin
Katja
Happe
in
die
Gaststätte
„
Blue
Note″
eingeladen,
um
wesentliche
Ergebnisse
aus
ihrem
Forschungsbericht
„
Viele
falsche
Hoffnungen.
Judenverfolgung
in
den
Niederlanden
1940–1945″
zu
erfahren.
Für
die
anschließende
Diskussion
nahm
Mathias
Middelberg
auf
dem
Podium
Platz,
Bundestagsabgeordneter
der
CDU,
promovierter
Jurist
und
Autor
der
Calmeyer-
Biografie
„‚
Wer
bin
ich,
dass
ich
über
Leben
und
Tod
entscheide?
′ – ‚
Rassereferent′
Hans
Calmeyer
in
den
Niederlanden
1941
–
1945″.
Als
Moderator
gewann
man
den
Stuttgarter
Geschichtsprofessor
Gerhard
Hirschfeld,
der
selbst
auch
schon
mit
Forschungen
zu
den
besetzten
Niederlanden
hervorgetreten
ist.
Im
Vorfeld
der
Veranstaltung
und
auch
in
den
Eingangsbemerkungen
von
Buchhändler
Lennart
Neuffer
wurde
ein
wenig
die
Erwartung
geweckt,
dass
Happe
noch
bestehende
Lücken
in
der
Bewertung
Calmeyers
würde
schließen
können,
dass
womöglich
gar
ein
völlig
neues
Bild
des
Osnabrücker
Juristen
im
Dienste
des
Reichskommissariats
für
die
besetzten
Niederlande
gezeichnet
werden
müsse.
Um
es
vorwegzunehmen:
Dem
war
nicht
so.
Es
lag
auch
wohl
nicht
in
der
Absicht
Happes,
speziell
in
der
Calmeyer-
Diskussion
Stellung
zu
beziehen.
So
erklärte
sie
auch
rundheraus,
keine
Calmeyer-
Expertin
zu
sein.
In
der
Kernfrage,
ob
Calmeyer
„
ein
Schindler
oder
ein
Schwindler″
war,
ob
er
also
durch
manipulierte
Abstammungsnachweise
Tausende
Juden
in
den
besetzten
Niederlanden
tatsächlich
vor
der
Deportation
in
die
Vernichtungslager
retten
konnte,
oder
ob
er
letztlich
doch
nur
ein
funktionierendes
Rädchen
im
Getriebe
der
NS-
Mordmaschinerie
war,
zog
sie
sich
auf
den
häufig
von
ihr
benutzten
Satz
„
Es
war
alles
ambivalent″
zurück.
Hohe
Todesquote
Happe
beschreibt
in
ihrem
Buch
allgemein
das
Schicksal
der
niederländischen
Juden
in
den
fast
fünf
Jahren
der
deutschen
Besetzung.
Sie
sucht
nach
Gründen,
weshalb
drei
Viertel
der
140
000
niederländischen
Juden
den
Holocaust
nicht
überlebten,
wohingegen
es
in
Frankreich
25
Prozent
und
in
Belgien
35
Prozent
waren.
Die
hohe
Quote
führt
sie
zum
Teil
auf
das
hoch
entwickelte
Meldewesen
in
den
Niederlanden
zurück,
das
schon
lange
vor
1940
in
den
Registern
das
Merkmal
„
Jood″
(Jude)
ausgewiesen
habe.
Die
niederländische
Verwaltung
habe
nach
der
Besetzung
ihren
Ehrgeiz
dareingesetzt,
weiterhin
gut
zu
funktionieren,
und
damit
den
Deutschen
im
Ergebnis
in
die
Hände
gespielt.
Happe
geht
die
einzelnen
Möglichkeiten
durch,
die
lebensrettend
für
die
Juden
hätten
sein
können:
Emigration?
War
per
Gesetz
verboten.
Flucht
per
Boot
nach
England?
War
ein
langer
und
gefährlicher
Weg
über
die
Nordsee,
den
nur
insgesamt
300
Menschen
geschafft
haben.
Flucht
ins
unbesetzte
Frankreich
oder
in
die
Schweiz?
War
ein
noch
längerer
Weg,
gespickt
mit
Kontrollen
und
Abweisungsmöglichkeiten.
Annahme
einer
falschen
Identität?
Gefälschte
Ausweispapiere
waren
viel
zu
teuer
für
die
allermeisten
Juden.
Untertauchen,
wie
Anne
Frank
und
ihre
Familie?
Dazu
brauchte
man
nichtjüdische
Helfer,
die
auch
noch
bereit
waren,
von
den
eigenen
Lebensmittelrationen
etwas
abzugeben.
Außerdem
erschwerten
die
verdichteten
Wohnverhältnisse
das
Verstecken.
Von
20
000
untergetauchten
Juden
wurde
rund
die
Hälfte
verraten
oder
auf
andere
Weise
entdeckt.
Petitionen
an
die
niederländische
Exilregierung
in
London?
Die
krümmte
kaum
einen
Finger
für
die
verfolgten
Mitbürger,
sondern
war
um
ein
gutes
Verhältnis
zu
den
Alliierten
bemüht.
Und
die
Alliierten
hatten
überhaupt
nichts
dafür
übrig,
Juden
freizukaufen,
weil
das
dank
der
Deviseneinnahmen
dem
Nazireich
geholfen
hätte,
noch
länger
Krieg
zu
führen.
Internationale
jüdische
Hilfsorganisationen?
Sie
hatten
alle
verfolgten
Juden
Europas
auf
dem
Schirm,
und
da
spielten
die
wenigen
in
den
Niederlanden
für
sie
kaum
eine
Rolle.
Rettende
Listen?
Blieben
noch
die
Freistellungslisten.
Es
gab
Listen
für
die
Mitarbeiter
des
jüdischen
Rates,
weil
die
als
Funktionsträger
gebraucht
wurden,
Listen
für
christlich
getaufte
Juden,
Listen
für
Kulturschaffende
und
andere
gesellschaftlich
bedeutende
Gruppen.
„
Jeder
Jude
versuchte,
auf
irgendeine
Liste
zu
kommen″,
so
Happe.
Und
dazu
gehörte
auch
die
Liste,
die
bei
der
„
Entscheidungsstelle
für
Zweifelsfragen
der
Abstammung″
geführt
wurde.
Leiter:
Hans
Calmeyer.
„
Mit
den
Listen
wurden
falsche
Hoffnungen
geweckt″,
sagte
Happe,
„
denn
sie
erweckten
zunächst
den
Anschein
geordneter
und
rechtsstaatlicher
Verhältnisse.
Hinterher
deportierten
die
Nazis
auch
aus
den
Listen
heraus,
einen
nach
dem
anderen.″
Die
anschließende
Diskussion
drehte
sich
im
„
Blue
Note″
im
Wesentlichen
um
die
Frage,
ob
das
Urteil
über
Calmeyer
„
ambivalent″
bleiben
müsse
oder
ob
man
nach
neueren
Forschungsergebnissen
nicht
doch
wohl,
wie
Middelberg,
resümieren
dürfe,
dass
Calmeyer
mit
seiner
Strategie
scheinbarer
Anpassung,
aber
tatsächlicher
Sabotage
mehr
als
3000
Menschen
das
Leben
gerettet
habe.
Moderator
Hirschfeld
positionierte
sich
deutlicher
noch
als
Happe
zur
Ambivalenz-
These
und
bezweifelte,
dass
Calmeyer
„
intentional
gehandelt″
habe,
also
mit
dem
Vorsatz,
Juden
retten
zu
wollen.
Viele
Anhänger
hätten
nach
dem
Krieg
in
ihm
eine
„
lineare
Lichtgestalt″
gesehen.
Er,
Hirschfeld,
neige
aber
eher
zu
der
Einschätzung,
dass
Calmeyer
seine
Entscheidungen
„
situativ″
mal
so
und
mal
so
getroffen
habe.
Eine
gewisse
Unterstützung
bekam
er
von
dem
Historiker
Christoph
Rass
im
Publikum,
der
etwas
provokant
die
Frage
stellte,
ob
man
einen
ambivalent
zu
beurteilenden
Calmeyer
zu
einem
Leuchtturm
der
Osnabrücker
Geschichtskultur
mit
nach
ihm
benanntem
Museumshaus
machen
dürfe.
Gegenpositionen
aus
dem
Publikum
kamen
mit
deutlichen
Worten
von
der
früheren
Osnabrücker
Bürgermeisterin
Karin
Jabs-
Kiesler
(SPD)
,
die
sich
vor
allem
gegen
die
Einschätzung
verwahrte,
der
Calmeyer-
„
Entdecker″
Peter
Niebaum
sei
naiv
und
voreingenommen
gewesen,
und
vom
Historiker
und
Ausstellungsmacher
Joachim
Castan,
der
auf
den
weit
fortgeschrittenen
Forschungsstand
gegenüber
den
frühen
Calmeyer-
Kritikern
wie
etwa
Coenraad
Stuldreher
verwies.
Middelberg
empfahl,
auf
das
Urteil
der
israelischen
Holocaust-
Gedenkstätte
Yad
Vashem
zu
vertrauen,
die
Calmeyer
zu
den
„
Gerechten
unter
den
Völkern″
zähle:
„
Daran
dürfen
und
sollten
wir
uns
orientieren.″
Was
nicht
heiße,
dass
eine
neue
Ausstellung
im
Calmeyer-
Haus
ihn
zu
einem
Säulenheiligen
verklären
sollte.
Sie
müsse
jederzeit
offen
für
neue
Forschungsergebnisse
sein
und
sollte
Calmeyer
in
einen
allgemeinen
Kontext
der
Friedenskultur
stellen.
Bildtexte:
Über
Calmeyer
und
eine
angemessene
Bewertung
seiner
Person
durch
die
Nachwelt
diskutierten
(von
links)
Mathias
Middelberg,
Gerhard
Hirschfeld
und
Katja
Happe.
Hans
Calmeyer
(1903–1972)
Foto:
Elvira
Parton
Autor:
Joachim Dierks