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1.
Erscheinungsdatum:
16.03.2018
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Jeder Hundertste starb
Zwischenüberschrift:
Cholera und Spanische Grippe wüteten auch in Osnabrück
Artikel:
Originaltext:
Immer
wieder
in
der
Geschichte
haben
Viren
oder
Bakterien
ganze
Landstriche
entvölkert
.
Die
Pest
raffte
im
Mittelalter
bis
zu
einem
Drittel
der
Bevölkerung
Europas
dahin.
Der
Spanischen
Grippe
fielen
von
1918
an
binnen
zwei
Jahren
40
bis
50
Millionen
Menschen
zum
Opfer.
Auch
Osnabrück
war
betroffen.
Osnabrück.
Heutzutage
leiden
überwiegend
die
Menschen
in
Entwicklungsländern
an
Seuchen
wie
Tuberkulose,
Malaria
oder
Aids,
während
in
den
Industriestaaten
solche
Lebensumstände
herrschen
und
Medikamente
verfügbar
sind,
die
die
Ausbreitung
und
die
Folgen
begrenzen.
Das
war
jedoch
nicht
immer
so.
Selbst
Osnabrück
ist
noch
in
den
beiden
zurückliegenden
Jahrhunderten
von
Epidemien
heimgesucht
worden,
die
–
anders
als
die
aktuellen
Grippewellen
–
Hunderte
von
Toten
zur
Folge
hatten.
Die
Rede
ist
von
der
Cholera
im
19.
Jahrhundert
und
der
Spanischen
Grippe
im
20.
Jahrhundert.
Enge
durch
Stadtmauer
Am
17.
Juli
1859
wurde
in
Osnabrück
der
erste
Cholera-
Erkrankte
gemeldet.
In
kurzer
Zeit
infizierten
sich
295
Menschen,
von
denen
die
Hälfte
die
Krankheit
nicht
überlebte.
Die
Seuche
hatte
innerhalb
von
drei
Monaten
ein
Prozent
der
Bevölkerung
hinweggerafft.
Auf
heutige
Größenordnungen
übertragen,
wäre
es
gleichbedeutend
mit
dem
Tod
von
1600
Mitbürgern
in
kurzer
Zeit.
Das
Wissen
um
die
medizinischen
Zusammenhänge
machte
im
19.
Jahrhundert
große
Fortschritte.
So
wurde
auch
bald
dem
Magistrat
bewusst,
dass
beengte
und
unhygienische
Wohnverhältnisse,
wie
sie
bis
zur
Abtragung
der
Stadtmauern
in
der
Altstadt
herrschten,
den
Ausbruch
einer
Cholera-
Epidemie
in
Osnabrück
begünstigt
hatten.
Zu
viele
Menschen
auf
zu
kleinem
Raum,
das
war
der
Kern
des
Problems.
Um
1800
zählte
Osnabrück
8564
Einwohner
in
1474
Wohngebäuden.
Jedes
Haus
wurde
somit
durchschnittlich
von
5,
8
Menschen
bewohnt.
Mit
der
beginnenden
Industrialisierung
wuchs
die
Bevölkerung
rasch.
1875
hatte
sie
sich
mit
30
000
fast
vervierfacht.
Jedes
Haus
war
statistisch
nun
mit
11,
5
Menschen
belegt,
die
Wohndichte
hatte
sich
also
verdoppelt.
Zwar
wurde
das
Festungsgebot
1843
aufgehoben,
aber
die
Stadt
breitete
sich
nur
sehr
zögerlich
außerhalb
der
Stadtmauern
aus.
Vier
Fünftel
der
Menschen
hausten
weiterhin
in
der
durch
die
Wälle
und
den
Hasefluss
limitierten
Altstadtfläche
von
nur
142
Hektar.
Die
Bevölkerungsverdichtung
traf
auf
eine
nicht
mitgewachsene,
völlig
unzureichende
Ver-
und
Entsorgungs-
Infrastruktur.
Trinkwasser
wurde
aus
Brunnen
geschöpft,
die
oft
dicht
an
Aborten
lagen.
Abwässer
wurden
in
teils
noch
offene
Gerinne
geleitet,
die
ungeklärt
in
die
Hase
entwässerten.
Eine
Müllabfuhr
gab
es
nicht.
Unrat
wurde
häufig
zusammen
mit
den
Fäkalien
von
Mensch
und
Tier
sowie
Schlachtabfällen
und
betrieblichen
Abwässern
jeder
Art
und
Konsistenz
in
die
Gräben
gegeben.
Abort-
Gruben
mussten
von
Zeit
zu
Zeit
entleert
werden,
was
eine
wenig
begehrte
Tätigkeit
darstellte.
Da
schien
es
praktischer,
die
„
Abtritte″
direkt
über
den
Gräben
anzulegen.
Die
Wasserspülung
funktionierte
jedoch
häufig
nicht,
weil
die
Gräben
zu
wenig
oder
gar
falsches
Gefälle
hatten.
Zudem
wurden
sie
nicht
gereinigt,
sodass
der
Abfluss-
Querschnitt
immer
weiter
abnahm.
Bei
Starkregen
kam
es
zu
Stauungen,
Erdgeschoss-
und
Kellerwohnungen
liefen
mit
stinkender
Brühe
voll.
Von
der
„
guten
alten
Zeit″
sollte
man
gerade
in
dieser
Hinsicht
besser
nicht
reden.
Jedenfalls
fand
die
Cholera
1859
zu
ihrer
Ausbreitung
ideale
Bedingungen
vor.
Der
Ausbruch
der
Krankheit
lässt
sich
längs
des
„
Hauptcanals″
und
seiner
Nebengräben
und
Gossen
nachvollziehen,
die
seit
dem
Mittelalter
die
Wasser
des
aus
der
Wüste
kommenden
Poggenbachs
aufnahmen
und
westlich
an
der
Domburg
vorbei
beim
Hasetor
in
die
Hase
leiteten.
Krahnstraße,
Bierstraße,
Lohstraße,
Gerberhof
und
Vitihof
zeichnen
in
etwa
den
Verlauf
des
„
Hauptcanals″
nach.
Historiker
Michael
Haverkamp
schreibt:
„
Die
Ausscheidungen
der
ersten
Cholerafälle
waren
in
den
Abwassergraben
der
Bierstraße
entsorgt
worden.
Prompt
traten
daraufhin
die
nächsten
Fälle
in
der
Lohstraße,
Hasestraße
und
am
Vitihofe
auf,
folgten
also
dem
Verlauf
dieses
Abwasserkanals.″
Der
Schrecken
der
Cholera
machte
den
Stadtverantwortlichen
Beine.
1860
gilt
als
Geburtsjahr
der
zentralen
städtischen
Abwasserkanalisation,
die
1875
für
die
Innenstadt
zu
einem
ersten
Abschluss
kam
und
nach
und
nach
in
die
Außenbereiche
vordrang.
Städtisches
Trinkwasser
gibt
es
seit
1890,
Straßenreinigung
und
Müllabfuhr
seit
1898.
Das
alles
half
jedoch
nicht
gegen
die
Spanische
Grippe,
die
im
Frühjahr
1918
vermutlich
im
US-
Staat
Kansas
erstmals
auftrat,
mit
amerikanischen
Soldaten
auf
den
europäischen
Kriegsschauplatz
geschleppt
wurde
und
sich
rasend
schnell
weiter
verbreitete.
„
Spanisch″
wird
die
Grippe
vermutlich
deshalb
genannt,
weil
auch
der
spanische
König
Alfons
XIII.
betroffen
war.
Und
weil
das
neutrale
Spanien
im
Gegensatz
zu
den
kriegführenden
Mächten
keine
strenge
Pressezensur
unterhielt
und
offen
über
das
katastrophale
Ausmaß
der
Epidemie
berichtete.
Die
Epidemie
wurde
zur
weltweit
grassierenden
Pandemie,
die
sich
besonders
in
Afrika
und
Asien
ihre
Opfer
holte.
Nach
Schätzungen
starben
50
Millionen
Menschen
an
der
Grippe
oder
der
Folgeerkrankung
Lungenentzündung.
Das
sind
etwa
dreimal
so
viele,
wie
im
Ersten
Weltkrieg
insgesamt
an
militärischen
und
zivilen
Opfern
zu
beklagen
war.
Für
das
Deutsche
Reich
wird
die
Zahl
der
Grippetoten
mit
426
000
angegeben.
Das
entspricht
etwa
0,
7
Prozent
der
Gesamtbevölkerung
von
62
Millionen.
In
Osnabrück
waren
es
415
Todesfälle
zwischen
Juni
und
Dezember
1918
oder
rund
0,
5
Prozent
von
80
000
Einwohnern.
Die
erste
Welle,
die
im
Juni
eintraf,
kam
noch
recht
harmlos
daher.
Die
„
Osnabrücker
Volkszeitung″
benennt
als
typische
Symptome
„
Fieber,
grenzenlose
Abgespanntheit,
tränende,
oft
anschwellende
Augenlider″.
Am
3.
Juli
heißt
es,
in
München
werde
nach
1500
Fällen
bereits
von
einer
Epidemie
gesprochen,
in
Berlin
würden
sich
die
gemeldeten
Krankheitsfälle
von
Stunde
zu
Stunde
mehren.
Alle
Osnabrücker
Hospitäler,
die
über
Isolierzimmer
verfügen,
stünden
zur
Aufnahme
von
Infizierten
bereit.
Noch
im
Juli
zitiert
die
Zeitung
den
Bremer
Obermedizinalrat
Prof.
Tjaden
mit
beruhigenden
Worten:
„
Die
Erreger
stellen
nichts
Neues
dar.
Sie
haben
Ähnlichkeit
mit
der
Influenzawelle
Anfang
der
1890er.
Der
Verlauf
ist
aber
leichter.
Die
vielfach
mit
hohem
Fieber
einsetzenden
Krankheitserscheinungen
pflegen
bald
abzuklingen.
Bei
der
starken
Ansteckungsfähigkeit
sind
Isolierungsmaßregeln
zwecklos,
wenngleich
unnötiges
Aufsuchen
von
Kranken
durch
Gesunde
vermieden
werden
sollte.
Eine
sofortige
Inanspruchnahme
der
Ärzte,
zumal
nachts,
beim
Eintreten
des
Fiebers,
ist
meistens
unnötig.
Bettruhe
ist
das
beste
Mittel.″
Das
Statement
zeigt,
wie
ahnungslos
die
deutschen
Mediziner
in
die
Katastrophe
hineinschlitterten.
Sie
gingen
von
einem
Bakterium
aus
–
erst
1933
wurde
nachgewiesen,
dass
es
sich
um
einen
Influenza-
Virus
handelte.
Richtig
gefährlich
wurde
die
Sache
ab
August
1918.
Der
Virus
änderte
seine
genetische
Struktur
und
zog
bakterielle
Lungen-
oder
Hirnhautentzündungen
nach
sich,
die
oft
tödlich
endeten.
Antibiotika
gab
es
noch
nicht.
Ebenso
wenig
standen
Methoden
der
invasiven
Beatmung
zur
Verfügung,
wenn
die
Patienten
an
Atemnot
litten.
Sie
erstickten.
247
Tote
in
einem
Monat
Im
Verwaltungsbericht
der
Stadt
Osnabrück
für
den
Zeitraum
1913
bis
1923
spiegelt
sich
die
reichsweite
Entwicklung
wider.
Für
Juni
und
Juli
1918
werden
26
Todesfälle
gemeldet,
im
August
und
September
sind
es
44,
um
dann
im
Oktober
den
Höhepunkt
mit
247
Grippetoten
zu
erreichen.
Insgesamt
werden
im
Verlauf
des
Jahres
1918
in
Summe
415
Todesfälle
der
Spanischen
Grippe
zugeordnet.
Auffällig
ist
auch
in
Osnabrück,
dass
in
der
Altersgruppe
15
bis
40
Jahre
die
vermeintlich
besonders
Lebenskräftigen
gehäuft
sterben,
während
bei
sonstigen
Erkrankungen
Kinder
und
Alte
die
Risikogruppen
bilden.
Die
Todesrate
von
0,
5
Prozent
darf
nicht
darüber
hinwegtäuschen,
dass
„
der
größte
Teil
der
Bevölkerung
von
der
Krankheit
ergriffen″
wurde,
wie
es
im
Verwaltungsbericht
heißt.
Viele
Menschen
waren
über
Wochen
ans
Krankenbett
gefesselt,
auch
wenn
sie
letztlich
überlebten.
Bildtexte:
Das
Marienhospital
und
die
Johanniskirche
in
Osnabrück.
Die
alte
Dechanei
(zweiter
Gebäudeteil
von
links)
ist
die
Keimzelle
des
Hospitals.
Aquarellierte
Bleistiftzeichnung
von
Friedrich
Gottlieb
Müller,
um
1865.
Felix-
Nussbaum-
Haus/
Kulturgeschichtliches
Museum.
Auch
Kinder
befiel
die
Spanische
Grippe.
Hier
ein
Blick
in
ein
Krankenzimmer
des
alten
Kinderhospitals
in
der
Klubstraße.
Foto:
Atelier
Lichtenberg;
Archiv
des
Kinderhospitalvereins
Die
Cholera
und
das
Marienhospital
Die
ersten
Cholera-
Erkrankten
konnte
man
noch
im
Städtischen
Krankenhaus
unterbringen.
Dessen
Kapazitäten
erschöpften
sich
jedoch
rasch.
Bürgermeister
Carl
Bertram
Stüve
sah
sich
genötigt,
den
Pfarrkaplan
zu
St.
Johann,
Mathias
Seling,
um
die
Bereitstellung
eines
„
Lokals″
für
eventuell
in
der
Neustadt
auftretende
Cholerafälle
zu
bitten.
Tatsächlich
war
auch
bald
die
Neustadt
betroffen.
Bischof
Paulus
Melchers
kündigte
am
9.
August
1859
die
Einrichtung
einer
„
Cholerastation″
in
der
Dechanei
von
St.
Johann
an.
Für
die
Pflege
der
Kranken
stellte
das
Mutterhaus
der
Barmherzigen
Schwestern
in
Trier
mehrere
Schwestern
ab.
Bereits
am
20.
August
wurde
die
Dechanei
zur
Aufnahme
von
Kranken
freigegeben.
Das
„
Lokal″
wurde
zur
bleibenden
Einrichtung.
Mit
Zustimmung
der
Königin
Marie
von
Hannover
durfte
es
sich
noch
im
gleichen
Jahr
„
Marienhospital″
nennen.
Es
ist
somit
aus
der
Notsituation
des
Cholera-
Jahres
1859
entstanden.
Autor:
Joachim Dierks