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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Teure Kunst im Hinterzimmer des Klinikums
 
Braucht das Klinikum teure Kunst?
Zwischenüberschrift:
14 000 Euro für ein Bild im Konferenzraum – „Räume kultiviert ausstatten″
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Der Geschäftsführer des Klinikums Osnabrück, Alexander Lottis, hat für ein Konferenzzimmer des Krankenhauses ein Kunstwerk für 14 000 Euro angeschafft. Das Bild des Osnabrücker Künstlers Helle Jetzig ist nach Einschätzung des Kunstexperten mindestens das Doppelte wert. Dennoch stellt sich die Frage, warum sich ein finanziell angeschlagenes Krankenhaus teure Kunst gönnt, die für Patienten oder Besucher nicht zugänglich ist. Es war und ist uns ein Grundanliegen, die Räume des Klinikums kultiviert und schön auszustatten″, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Geschäftsführung. Aufsichtsratsvorsitzender Fritz Brickwedde (CDU), der über den Kauf vorab nicht informiert war, sagte, er habe Lottis den freundschaftlichen Rat″ gegeben, das Bild wieder zu verkaufen.

Es schmückt die Wand des ehemaligen Restaurants im Klinikum Osnabrück. Es ist künstlerisch wertvoll und entsprechend teuer. Warum kauft der Geschäftsführer des kommunalen Krankenhauses ein Bild für 14 000 Euro?

Osnabrück. Geschäftsführer Alexander Lottis hat das Werk des in Osnabrück lebenden Künstlers Helle Jetzig im vergangenen Jahr für das Klinikum erworben. Das Bild hängt im großen Saal des früheren Cafés Vital″, der heute für hausinterne Veranstaltungen und Sitzungen des Aufsichtsrates genutzt wird. Ansonsten ist der Raum verschlossen. Patienten oder Besucher kommen daher nicht ohne Weiteres in den besonderen Kunstgenuss.

Lottis ist in der fünfköpfigen Geschäftsführung unter anderem für das Gebäudemanagement und den Einkauf zuständig. Er hat mit dem Kauf des Kunstwerkes weder seine Kompetenzen noch die finanziellen Spielräume überschritten, die die Stadt als Trägerin des Krankenhauses den Geschäftsführern zubilligt. Das bestätigt eine Untersuchung, die der städtische Finanzchef Thomas Fillep veranlasst hatte. Wirtschaftsprüfer vom Büro BDO aus Osnabrück durchleuchteten die Tätigkeiten von Lottis und seines früheren Geschäftsführerkollegen Frans Blok. Sie prüften zahlreiche Akten und befragten Mitarbeiter. Das Ergebnis: Lottis und Blok haben ihre Kompetenzen nicht überschritten.

Das ist die rechtliche Seite. Nicht minder wichtig scheint die Frage, wozu eine Klinik, die sich in einem harten Sanierungsprozess befindet, ein Kunstwerk in dieser Preisklasse anschafft. Lottis will sich dazu persönlich nicht äußern. Auf Anfrage unserer Redaktion antwortet der Sprecher der Geschäftsführung, Martin Eversmeyer, der zum Zeitpunkt des Kunst-Kaufs noch nicht in Osnabrück tätig war. Das Klinikum habe das Bild sehr günstig erworben″, so Eversmeyer in seiner schriftlichen Stellungnahme. Weiter heißt es: Es war und ist uns ein Grundanliegen, die Räume des Klinikums kultiviert und schön auszustatten.″ Eversmeyer verweist auf den Leitfaden Kunst am Bau″ des Bundesbauministeriums, das empfiehlt, bei Neubauten bis zu 1, 5 Prozent der Baukosten Kunst im oder am Bau vorzusehen. Das Klinikum sieht seine Anschaffungen in Bezug auf die durchschnittliche jährliche Investitionssumme von etwa 5 Millionen Euro als angemessen an″. Ein Vermögensschaden sei dem Klinikum nicht entstanden. Das Bild könnte mit Gewinn weiterverkauft werden, so die Geschäftsführung.

Zum Schnäppchenpreis

In der Tat war das Werk von Helle Jetzig wohl ein Schnäppchen. Kunstexpertin Julia Draganovic, Direktorin der Kunsthalle Dominikanerkirche und von Finanzchef Thomas Fillep zurate gezogen, schätzte den Marktwert auf mindestens 25 000 Euro. Ein Verkauf würde dem Klinikum also einen Gewinn von mindestens 11 000 Euro einbringen.

Thomas Fillep nimmt die Geschäftsführung in Schutz. Blok und Lottis hätten 2015 und 2016 den schwierigen Sanierungsprozess sehr erfolgreich gesteuert″. Fillep: Bei der Dichte der Arbeit können Fehler passieren.″

Der Aufsichtsrat war über den Kauf nicht informiert. Der Vorsitzende, CDU-Fraktionschef Fritz Brickwedde, unterstützt das Grundanliegen, eine angenehme Atmosphäre im Krankenhaus zu schaffen″ und die Gebäude kultiviert″ zu gestalten. Aber: Ich hätte etwas genommen, was preisgünstiger ist.″ Alexander Lottis hält er zugute, mit dem KOS-Work-Prozess mehrere Millionen für das Klinikum erwirtschaftet zu haben. Das muss man auch in Relation sehen″, so Brickwedde. Lottis habe er dennoch den freundschaftlichen Rat″ gegeben, das Bild wieder zu verkaufen.

Lottis steht im Klinikum auch aus anderen Gründen in der Kritik. Die Wirtschaftsprüfer nahmen auch seine Spesenabrechnungen unter die Lupe, fanden aber keine Anhangspunkte für ein fehlerhaftes Verhalten.

Kunst im Krankenhaus: Diskutieren Sie mit auf noz.de/ lokales

Bildtext:
Konferenzraum mit Bild. Das Werk des Osnabrücker Künstlers Helle Jetzig, das das Klinikum vergangenes Jahr für 14 000 Euro kaufte, soll mindestens 25 000 Euro wert sein.
Foto:
hin

Der Künstler

Helle Jetzig ist 1956 in Emden geboren, studierte von 1978 bis 1984 Kunst an der Uni Osnabrück. Er gilt als einer der wenigen in Osnabrück lebenden Künstler, deren Werke einen echten Markt haben und sich gut verkaufen. Jetzigs Stil: Er kombiniert Fotografie, Malerei und Siebdruck zu Hochglanzbildern mit knalliger Farbgestaltung. Als Grundlage nutzt Jetzig seine eigenen Fotografien von Metropolen aus aller Welt, von Skylines und großstädtischen, belebten Plätzen. Die zahlreichen, arbeitsaufwendig aufgebrachten Schichten behandelt der Künstler schließlich mit einer Lackschicht.

Bildtext:
Helle Jetzig bei einer Vernissage 2010.
Archivfoto:
Elvira Parton

Kommentar
Ohne Augenmaß und Sensibilität

Kunst im Krankenhaus? Wenn sie der Genesung der Patienten und Arbeitsmoral der Beschäftigten zuträglich ist, bitte gern. Aber die teure Kunst im Hinterzimmer des Klinikums dient beidem nicht. Im Gegenteil. Geschäftsführer Lottis hat großspurig eingekauft, ohne Augenmaß, ohne Sensibilität. Sein Kunst-Fehler ist unverzeihlich, auch wenn dem Klinikum kein finanzieller Schaden entsteht. Der Imageschaden ist schlimm genug.

Lottis schweigt dazu. So bleibt es ein Rätsel, was den Geschäftsführer geritten haben mag, mitten in der Sanierungsphase 14 000 Euro für die hohe Kunst auszugeben. Kulturförderung mit eigenem Geld gehört ganz sicher nicht zu den Aufgaben eines Krankenhauses. Oder hatte der Geschäftsführer die Kunst als kluge Geldanlage gedacht, um Einnahmen für den weiteren Sanierungsprozess zu generieren?

Der Alleingang des Geschäftsführers wäre schon in einem finanziell gesunden Krankenhaus erklärungsbedürftig. Hier nun muss die Geschäftsführung einer jungen Krankenschwester im ersten Berufsjahr die fünf Jahre auf 3, 5 Prozent ihres Gehaltes verzichten muss, um das Klinikum vor der Pleite zu retten erklären, warum eine Summe im Umfang ihres halben Jahresgehalts der Kunst gewidmet wurde.

Was jetzt? Verkaufen, das Bild. Jetzt, da es im Mittelpunkt eines kleinen Skandals steht, ist es den Liebhabern vielleicht sogar ein paar Euro mehr wert.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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