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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Hendricks kritisiert deutsche Klimapolitik
 
Fidschi, Fahrräder und Verhandlungen
Zwischenüberschrift:
Weltklimakonferenz in Bonn eröffnet – Ministerin verspricht Inselstaaten weitere 50 Millionen Euro
 
Weltklimakonferenz soll Ziele des Pariser Abkommens schärfen – es geht aber auch um gute Stimmung
Artikel:
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Originaltext:
Bonn. Mit der Forderung nach einer konsequenten Umsetzung des Pariser Klimaabkommens hat die Weltklimakonferenz in Bonn begonnen. Die bisher größte internationale Konferenz auf deutschem Boden mit 25 000 Teilnehmern aus 195 Ländern soll in den nächsten zwei Wochen einheitliche Regeln dafür erarbeiten, wie einzelne Länder ihren CO2-Ausstoß messen und angeben. Niemand dürfe dabei schummeln, forderte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks .

Die SPD-Politikerin zog eine verheerende Bilanz der deutschen Anstrengungen im Kampf gegen die Erderwärmung. Wenn man es genau nimmt, hat in den letzten zwanzig Jahren in keinem einzigen Jahr die Regierung egal welcher Couleur genug getan, um dahin zu kommen, wo wir hinkommen wollen″, sagte Hendricks .

Nach einer neuen Studie der Weltwetterorganisation WMO wird 2017 wohl zu den drei heißesten bisher gemessenen Jahren gehören. Frank Bainimarama, Premierminister der Republik Fidschi und Vorsitzender der Konferenz, betonte, das in Paris gegebene Versprechen müsse deshalb unbedingt gehalten werden. Deutschland will seine finanzielle Hilfe für die vom Klimawandel besonders bedrohten Inselstaaten verstärken. Die Bundesrepublik werde weitere 50 Millionen Euro in den Anpassungsfonds der UN einzahlen, kündigte Hendricks an.

Die Weltklimakonferenz in Bonn ist die größte zwischenstaatliche Konferenz, die es je in Deutschland gegeben hat. Wer die riesigen Zeltstädte am Rhein besucht, meint sich in einer anderen Welt. Der Grund: Es geht nicht nur um Politik. Sondern auch um das Gefühl.

Bonn. Es ist kurz vor 11 Uhr, als in Bonn Südpazifik und Rhein aufeinandertreffen. Im großen Saal des World Conference Centers trommeln Männer vom Inselstaat Fidschi mit bunten Halsketten und in Röcken auf den Boden. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), geboren in Kleve am Niederrhein, schaut etwas fragend, als ihr ein Schälchen überreicht wird. Schließlich schlürft sie es beherzt aus. Willkommen auf der Weltklimakonferenz.

Es ist einiges anders in diesen Tagen in Bonn. Der Klimagipfel hat begonnen. Der Inselstaat Fidschi hat zwar die Präsidentschaft inne, Deutschland tritt aber als technischer Gastgeber″ auf, da es Fidschi kaum möglich gewesen wäre, eine Konferenz dieser riesigen Dimension zu beherbergen. Bis zum 17. November werden rund 25 000 Teilnehmer erwartet. Inhaltlich geht es darum, einheitliche Regeln zu erarbeiten, nach denen die Länder ihren CO2-Ausstoß messen und angeben sollen.

Soll und Ist klaffen weit auseinander: Im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 hatten sich die Vertragsparteien verpflichtet, die weltweite Klimaerwärmung auf höchstens zwei, besser noch 1, 5 Grad Celsius zu begrenzen. Im Moment steuert die Erde laut wissenschaftlichen Studien allerdings auf eine Erwärmung von fast drei Grad zu.

Entscheidungen dürften trotz des Zeitdrucks von der größten internationalen Konferenz, die je in Deutschland stattgefunden hat, allerdings nicht getroffen werden. Wegweisende Beschlüsse sind in diesem Jahr nicht zu erwarten″, schreibt selbst die deutsche Regierung in einem Hintergrundpapier zum Klimagipfel.

In Paris hatten sich die Vertragsparteien verpflichtet, mit nationalen Klimaschutzplänen am großen Ziel mitzuarbeiten. Allerdings fehlen Kriterien, mit denen die Vorgaben verglichen und transparent gemacht werden könnten. Noch wichtiger ist die Finanzierung des Klimaschutzes und der Beseitigung der Folgen des Klimawandels. Die Industrieländer, die für den Löwenanteil der Erderwärmung verantwortlich sind, wollen den Entwicklungsländern dabei laut den Pariser Vereinbarungen ab 2020 mit 100 Milliarden Dollar (86 Mrd. Euro) jährlich unter die Arme greifen. Bisher sind aber maximal zwei Drittel dieser Summe zugesichert. Nachdem US-Präsident Donald Trump den Ausstieg der Vereinigten Staaten angekündigt hat, steht die Einhaltung der Zusage erst recht in den Sternen.

Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten für die Voraussage, dass Konferenz-Präsident Frank Bainimarama beim Geld besonderen Druck machen wird. Der Regierungschef der Fidschi-Inseln vertritt eine Allianz tief liegender pazifischer Inselstaaten, deren Bewohner ihre Dörfer wegen des ansteigenden Meeresspiegels zum Teil bereits verlassen mussten. Auf der anderen Seite des Tisches sitzt den Südsee-Insulanern die Großmacht USA gegenüber, die noch an der Konferenz teilnehmen kann. Da die Kündigung des Pariser Abkommens erst in zwei Jahren wirksam wird, könnte Washington einigen Sand ins Getriebe streuen.

Wer das Konferenzgelände besucht, merkt aber schnell: Es geht um noch mehr. Vor allem um das Gefühl. Die vorhandenen Konferenzräume wurden mit provisorischen Zeltstädten massiv erweitert. Und darin wird nicht nur verhandelt, sondern Klimaschutz auch als ziemlich stylishe Angelegenheit inszeniert. Im deutschen Pavillon gibt es etwa klimafreundlichen Kaffee″ aus Costa Rica und einen Selfie-Automaten, der abwechselnd Emojis und Sprüche wie Save the Oceans″ über den Kopf zaubert. Ab und zu saust auch jemand auf einem kleinen Elektroroller vorbei.

Die Konferenz will unbedingt den Eindruck vermeiden, wegen ihrer schieren Größe der Umwelt womöglich eher zu schaden als zu nutzen. Die Gäste bekommen daher Trinkflaschen, die sie selbst nachfüllen können. So gut es geht, wird auf Papier verzichtet. Und vor den Türen stehen zum Pendeln Elektro-Shuttle und Leihfahrräder bereit. (Mit dpa)

Die Politik und das Klima: mehr auf noz.de / themen/ klimaschutz

Bildtext:
Völker, hört die Signale: Die Fidschi-Inseln, nominell Gastgeber der Konferenz, machen in Bonn mit einem Plakat auf ihre prekäre Lage aufmerksam.
Foto:
dpa

kommentar
Gut fürs Gefühl

Vor knapp 400 Jahren führte ein Örtchen in der Schweiz eine neue Prozession ein. Die Bürger von Fiesch holten sich den Segen des Papstes für ihren Wunsch, dass der Gletscher oberhalb ihres Dorfes nicht weiter wachsen und sie bedrohen möge. Gott hat sie erhört. Heute beten die Walliser, dass der Gletscher nicht weiter schrumpft, schon weil er eine viel besuchte Attraktion für Touristen ist.

So wandelt sich die Zeit, so wandelt sich das Klima. Ebenfalls erst vor 400 Jahren hat die große Burchardiflut der Nordseeküste ihren heutigen Verlauf gegeben, der seither mit Klauen und Zähnen verteidigt wird. Der historische Normalzustand von Klima ist Veränderung, nicht Bestand. Niemand kann den Wandel in Abrede stellen. Keiner sollte ihn aber auch dramatisieren.

Hilfreich wäre daher, wenn nicht jeder Herbststurm zum Reiter der Apokalypse aufgeblasen würde, häufig von Leuten, denen Jütland-Typ nichts sagt oder die noch nie ein Barometer aus der Nähe gesehen haben. Ebenso fair wie wichtig wäre es, etwa den Anteil des Bevölkerungswachstums zu erkennen, das sich weit stärker aufs Klima auswirkt als das letzte Mikrogramm Kohlenstoffdioxid aus einem Motor, auf das sich die Debatte oft verengt.

Vielen aber geht es beim Klima wie beim Gipfel eher ums Gefühl. Für die Bonner UN-Konferenz wurde eigens ein kleiner Jahrmarkt errichtet, weil sich die Gäste aus aller Welt folkloristische Weihnachtsmarktstimmung wünschten. Zu früh? Egal. Irgendwie passt das.
Autor:
dpa, Ulrich Glauber, Jonas-Erik Schmidt, Burkhard Ewert


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