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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Auf den Spuren Calmeyers
Zwischenüberschrift:
Initiative zeichnet Petra van den Boomgaard aus
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Petra van den Boomgaard arbeitete sich zwei Jahre lang in Amsterdam durch 30 Meter Akten aus dem Zweiten Weltkrieg: Die niederländische Historikerin und Juristin erforschte das Wirken des Osnabrücker Rechtsanwalts Hans Georg Calmeyer (1903–1972), der als Mitarbeiter der deutschen Besatzungsbehörde in Den Haag zwischen 1941 und 1945 mehr als 3000 Juden vor der Deportation bewahrte. Die Osnabrücker Hans-Calmeyer-Initiative verlieh ihr jetzt die Ehrenmitgliedschaft.

Die in Den Haag lebende Niederländerin ist an der Universität Amsterdam und in der Stiftung Sobibor tätig. Ihre Forschungsarbeit wird demnächst als Dissertation vorliegen. Der Titel lautet: Legale Umgehung der Deportation aus den Niederlanden″. So lässt sich auch das Engagement von Hans Calmeyer beschreiben. Er entschied als Beamter über rassische Zweifelsfälle″ und damit über Leben und Tod der Betroffenen: Wer war Jude, wer nicht? Calmeyer versuchte, Menschen vor der Ermordung in Konzentrationslagern zu retten. Van den Boomgaard hat festgestellt, wie Calmeyer Schlupflöcher in den Rassengesetzen der Nationalsozialisten genutzt hat. Sie berichtete von Antragstellern, die erklärten, als Adoptivkind in eine jüdische Familie aufgenommen worden zu sein.

Im Friedenssaal beschrieb Bürgermeister Burkhard Jasper die Situation, in der sich Calmeyer befand, als tragisch nämlich so oder so schuldig zu werden, egal was er tat″, denn: Calmeyer befand sich in dem Dilemma, dass er die Judengesetzgebung″ der Nationalsozialisten nur zum Teil sabotieren konnte. Jasper zitierte ihn so: Ich sah mich selbst als eine Art Arzt, der auf einem von der Außenwelt völlig abgeschnittenen Posten für 5000 Todkranke nur 50 Ampullen einer Medizin besitzt, durch die es ihm möglich ist, mit 50 Injektionen nur 50 von 5000 vor dem sicheren Tod zu retten. Welche 50 Patienten soll er retten? Ralf Steiner, Vorsitzender der Hans-Calmeyer-Initiative, beschrieb diese Situation als unerträglich drückend″. Joachim Castan, stellvertretender Vorsitzender der Initiative, erinnerte daran, dass sich Calmeyer mit seinem Engagement in Gefahr brachte, denn in Berlin fiel es auf, dass in Den Haag so viele Abstammungsverfahren zugunsten der Antragsteller entschieden wurden. Die SS wurde argwöhnisch, und schließlich sollten die Akten des Osnabrückers beschlagnahmt werden. Doch dazu kam es nicht: Die Alliierten nahten, und es war das Kriegsende, das nun Calmeyer selbst rettete.

Für die Osnabrücker Initiative ist Petra van den Boomgaard nun die dritte in der Reihe der Autoren über Hans Calmeyer: Der erste war Peter Niebaum, der in den 1980er-Jahren auf dessen Lebensgeschichte gestoßen war, es folgte Matthias Middelberg zuletzt mit seinem Buch Wer bin ich, dass ich über Leben und Tod entscheide?″.

Bildtext:
Im Friedenssaal: Petra van den Boomgaard, Ehrenmitglied der Hans-Calmeyer-Initiative, trägt sich in das Gästebuch der Stadt ein begleitet von Ralf Steiner (von links), Joachim Castan und Bürgermeister Burkhard Jasper.

Foto:
Egmont Seiler
Autor:
jweb


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